Leitsatz
Aus der Umlagevereinbarung muss sich klar und eindeutig ergeben, welche Betriebskosten der Mieter neben der Grundmiete zu tragen hat. Die Parteien können zum einen die umzulegenden Betriebskosten namentlich benennen. Zum anderen kann die Umlagevereinbarung auf die Anlage 3 zu § 27 der II. BV oder auf die Betriebskostenverordnung Bezug nehmen. Ob allein durch die Verwendung des Begriffs "Betriebskosten" eine wirksame Umlagevereinbarung zustande kommt, richtet sich nach dem Einzelfall.
(Leitsatz der Redaktion)
Normenkette
BGB § 556
Kommentar
Der zwischen den Parteien bestehende Wohnungsmietvertrag enthält hinsichtlich der Miete und der Nebenkosten folgende Regelung:
3.1 Die Miete beträgt monatlich |
DM 580,77 |
3.2 Nebenkosten Heizkosten zurzeit Betriebskostenvorschuss zurzeit |
DM ./. DM 232,50 |
3.3 Außerdem hat der Mieter nachfolgende Nebenkosten, soweit nicht bereits in 3.1 und 3.2 enthalten, in der zulässigen Höhe anteilig im Verhältnis der Wohnfläche zu tragen ... |
4.1 Miete und Nebenkosten sind monatlich im Voraus zu zahlen. |
4.2 Die Nebenkosten für Betriebskosten werden in Form monatlicher Abschlagszahlungen erhoben. |
Das Vertragsformular sieht unter der Ziff. 3.3 vor, dass die Regelung entsprechend der Besonderheiten des konkreten Mietverhältnisses ergänzt wird. Eine solche Ergänzung haben die Parteien allerdings nicht vorgenommen.
Der BGH hatte zu entscheiden, ob der Vermieter aufgrund dieser Regelung zu einer Betriebskostenabrechnung berechtigt ist und ob der Mieter die sich aus der Abrechnung ergebende Nachforderung bezahlen muss.
Aus dem Mietvertrag muss sich klar und eindeutig ergeben, welche Betriebskosten der Mieter neben der Grundmiete zu tragen hat. Für die Gestaltung der Umlagevereinbarung stehen im Allgemeinen 2 Methoden zur Wahl:
- Die Parteien können zum einen die umzulegenden Betriebskosten namentlich benennen.
- Zum anderen kann die Umlagevereinbarung auf die Anlage 3 zu § 27 der II. BV (oder auf die Betriebskostenverordnung) Bezug nehmen, weil dort Art und Umfang der umlagefähigen Betriebskosten aufgezählt sind.
Hier zählt der Mietvertrag weder die umzulegenden Betriebskosten auf noch verweist er auf die Anlage 3 zu § 27 der II. BV (oder auf die Betriebskostenverordnung). Jedoch ist dem Mietvertrag zu entnehmen, dass der Mieter "Betriebskosten" zu tragen hat.
In der Literatur wird hierzu die Ansicht vertreten, dass allein durch die Verwendung dieses Begriffs eine wirksame Umlagevereinbarung zustande kommt (Schmid, in MünchKomm, § 556 Rdn. 18; a.A.: Langenberg, in Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 556 Rdn. 36). Der BGH lässt offen, ob diese Ansicht im Regelfall zutrifft, weil der zur Entscheidung stehende Fall von Besonderheiten geprägt wird, die eine abweichende Beurteilung rechtfertigen.
- Zum einen sind für die Heizkosten keine Vorauszahlungen vorgesehen: Daraus ist zu schließen, dass die Parteien unter dem Begriff der "Betriebskosten" etwas anders verstehen als die gesetzliche Regelung.
- Zum anderen haben die Parteien unter der Ziff. 3.2 relativ hohe Vorauszahlungen – ca. 40 % der Miete – vereinbart. Bei dieser Sachlage ist zu überlegen, dass mit dem Begriff der "Betriebskosten" auch Positionen erfasst werden sollen, die in der gesetzlichen Regelung nicht enthalten sind.
- Schließlich und endlich kommt hinzu, dass der Vermieter über viele Jahre hinweg keine Abrechnung erteilt hat. Dies spricht dafür, dass keine Umlagevereinbarung mit Abrechnungspflicht gewollt war.
In Betriebskostenpauschale umdeuten
Der BGH hat – weil für die Entscheidung unerheblich – nicht entschieden, ob der Mieter bei der gegebenen Vertragslage keine Betriebskosten schuldet (so OLG Dresden, Urteil v. 20.6.2000, 23 U 403/00, NZM 2000 S. 827; Weitemeyer, in Staudinger (2011), § 556 Rdn. 52) oder ob die Vereinbarung über die Zahlung eines Betriebskostenvorschusses in eine Betriebskostenpauschale umzudeuten ist (so OLG Düsseldorf, Urteil v. 23.5.2002, 10 U 96/01, GuT 2002 S. 136; Langenberg, in Schmidt-Futterer, Mietrecht, 10. Aufl. 2011, § 556 Rdn. 63 ff.; Sternel, Mietrecht aktuell, 4. Aufl. 2009, Rdn. V 138; Wall, in Eisenschmid/Wall, Betriebskostenkommentar, 3. Aufl. 2010, Rdn. 1574; Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl. 2008, § 556 Rdn. 79).
Nach der hier vertretenen Ansicht trifft zu, die Zahlungsregelung in eine Betriebskostenpauschale umzudeuten.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 2.5.2012, XII ZR 88/10, WuM 2012 S. 453