Leitsatz

Sind Betriebskosten nach Flächenanteilen abzurechnen, ist zur Erstellung einer formell ordnungsgemäßen Abrechnung eine Erläuterung der angesetzten Flächenwerte nicht allein deswegen erforderlich, weil diese Werte für aufeinanderfolgende Abrechnungsjahre Unterschiede aufweisen, deren Grund für den Mieter nicht ohne Weiteres erkennbar ist. Gleiches gilt, wenn abgelesene Verbrauchswerte im Vergleich zu anderen Abrechnungszeiträumen auffällige Schwankungen zeigen. Ob die angesetzten Flächen und Verbrauchswerte zutreffen, berührt allein die materielle Richtigkeit der Abrechnung.

(amtlicher Leitsatz des BGH)

 

Normenkette

BGB §§ 259, 273, 556

 

Kommentar

In dem zur Entscheidung stehenden Fall hat der Vermieter den Mieter auf restliche Heiz- und Warmwasserkosten aus den Abrechnungen für die Jahre 1998 bis 2000 und 2002 bis 2004 in Anspruch genommen. In den jeweiligen Abrechnungen waren die Verbrauchswerte für das Heizöl, die Gesamtfläche des Gebäudes sowie die Fläche der Mieträume angegeben. Jedoch wiesen die Heizölverbrauchswerte sowie die Angaben der Gesamtfläche in den einzelnen Wirtschaftszeiträumen extreme Schwankungen auf. Aus diesem Grund hat der Mieter die Zahlung des Betriebskostensaldos verweigert. Die Instanzgerichte haben die Klage des Vermieters abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die Abrechnungen wegen der extremen Schwankungen nicht ordnungsgemäß und deshalb nicht fällig sind.

Der BGH ist anderer Ansicht: Nach seiner ständigen Rechtsprechung wird eine Betriebskostennachzahlung fällig, wenn dem Mieter eine formell ordnungsgemäße Abrechnung zugeht (zuletzt: Urteil v. 14.2.2007, VIII ZR 1/06). Eine Abrechnung genügt diesen Anforderungen, wenn sie eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben enthält (§ 259 BGB).

Mangels besonderer Absprachen muss eine Abrechnung folgende Mindestangaben enthalten:

  • eine Zusammenstellung der Gesamtkosten,
  • die Angabe und Erläuterung der zugrunde gelegten Verteilerschlüssel,
  • die Berechnung des Anteils des Mieters und
  • der Abzug seiner Vorauszahlungen (BGH, Urteil v. 9.4.2008, VIII ZR 84/07).

Die Abrechnung muss dabei so gestaltet werden, dass sie für einen durchschnittlich gebildeten, juristisch und betriebswirtschaftlich nicht geschulten Mieter gedanklich und rechnerisch nachzuvollziehen ist (BGH, Urteil v. 9.4.2008, VIII ZR 84/07 unter Ziff II 1b).

In der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und der Literatur ist streitig, welche Rechtsfolge gilt, wenn eine Abrechnung ungewöhnliche Abweichungen von der Vorjahresabrechnung aufweist. Hier wird zum Teil die Ansicht vertreten, dass der Vermieter die Abweichung in der Abrechnung erläutern muss; anderenfalls sei die Abrechnung nicht formell ordnungsgemäß. Dies soll namentlich bei auffälligen Kostensteigerungen und Verbrauchsschwankungen oder bei Abweichungen von der Gesamt- oder Einzelfläche gelten (KG, ZMR 2006, 446; Langenberg in: Schmidt-Futterer, Mietrecht, § 556 Rdn. 355; Blank/Börstinghaus, § 556 Rdn. 121; Lützenkirchen, WuM 2002, 179, 184). Nach anderer Ansicht spielen Abweichungen vom Vorjahresergebnis für die formelle Ordnungsmäßigkeit keine Rolle; maßgeblich ist allein, ob die einzelne Abrechnung für sich betrachtet den Anforderungen des § 259 BGB entspricht (Schmid in: MüKomm, § 556 Rdn. 75; Both in: Herrlein/Kandelhard, § 556 Rdn. 75).

Der BGH folgt der letztgenannten Ansicht. Er begründet dies im Wesentlichen mit der Erwägung, "dass § 556 Abs. 3 S. 1 BGB ... den zeitlichen Rahmen für die zu erstellende Abrechnung auf lediglich ein Jahr erstreckt."

Weicht eine Abrechnung vom Vorjahresergebnis in auffälliger Weise ab, ist dies für die formelle Ordnungsmäßigkeit ohne Bedeutung. Der BGH weist aber darauf hin, dass eine solche Abweichung "in besonderer Weise Anlass geben (kann), die inhaltliche Richtigkeit der betreffenden Kosten zu bezweifeln und sie einer Überprüfung auf ihre sachliche Berechtigung zu unterziehen."

Wichtig

Ist eine Abrechnung formell ordnungsgemäß, steht dem Mieter kein Zurückbehaltungsrecht an den künftigen Vorauszahlungen nach § 273 BGB zu. Außerdem kann der Vermieter auf der Grundlage einer solchen Abrechnung gemäß § 560 Abs. 4 BGB die Betriebskostenvorauszahlungen anpassen (BGH, Urteil v. 28.11.2007, VIII ZR 145/07 unter Ziff. II 1a und 1b-bb). Auf die inhaltliche Richtigkeit kommt es nicht an.

 

Link zur Entscheidung

BGH, Urteil vom 28.05.2008, VIII ZR 261/07BGH, Urteil v. 28.5.2008, VIII ZR 261/07, NJW 2008, 2260 m. Anm. Monschau = MietRB 2008, 259

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