Leitsatz
Leitsatz:
a) Rechnet der Vermieter preisfreien Wohnraums über Betriebskosten in gemischt genutzten Abrechnungseinheiten ab, ist – soweit die Parteien nichts anderes vereinbart haben – ein Vorwegabzug der auf Gewerbeflächen entfallenden Kosten für alle oder einzelne Betriebskostenarten jedenfalls dann nicht geboten, wenn diese Kosten nicht zu einer ins Gewicht fallenden Mehrbelastung der Wohnraummieter führen.
b) Der Mieter preisfreien Wohnraums hat grundsätzlich keinen Anspruch gegen den Vermieter auf Überlassung von Fotokopien der Abrechnungsbelege zur Betriebskostenabrechnung.
Normenkette
BGB § 556
Kommentar
In dem zur Entscheidung stehenden Fall ging es um die Abrechnung von Betriebskosten für ein in Berlin gelegenes Gebäude, in dem sich neben zahlreichen Wohnungen auch ein sog. "Job-Center" und ein Internet-Café mit 30 Sitzplätzen befanden. Der Vermieter hatte die Betriebskosten entsprechend dem Verhältnis der Flächenanteile auf die einzelnen Mieter umgelegt. Einer der Wohnungsmieter hat den Vermieter aufgefordert, ihm Fotokopien der Abrechnungsbelege gegen Kostenerstattung zu überlassen. Dem ist der Vermieter nicht gefolgt; er hat angeboten, die Belege in seinen – ebenfalls in Berlin gelegenen – Geschäftsräumen einzusehen. Dies wiederum hat der Mieter abgelehnt. In der Folgezeit hat der Vermieter den sich aus der Abrechnung ergebenden Nachzahlungsbetrag eingeklagt. Der Mieter hat eingewendet, dass die Abrechnung zum einen fehlerhaft sei, weil die auf die Gewerbeflächen entfallenden Kostenanteile nicht vorweg abgezogen worden sind. Zum anderen hat der Mieter beanstandet, dass ihm der Vermieter keine Belegkopien übersandt habe.
Die Instanzgerichte haben den Mieter zur Zahlung verurteilt. Der BGH hatte in der Revision zwei Fragen zu entscheiden:
1. Müssen die Betriebskosten für den gewerblich genutzten Teil des Gebäudes gesondert erfasst werden?
2. Hat der Mieter einen Anspruch auf Aushändigung von Belegkopien?
Der BGH hat beide Fragen verneint.
Zu Frage 1: Die Behandlung gemischt genutzter Räume bei der Betriebskostenabrechnung ist für den Bereich des preisgebundenen Wohnraums in § 20 Abs. 2 S. 1 NMV geregelt. Danach sind die Betriebskosten grundsätzlich nach dem Verhältnis der Wohnfläche umzulegen. Daran anschließend ist in § 20 Abs. 2 S. 2 NMV Folgendes bestimmt:
"Betriebskosten, die nicht für Wohnraum entstanden sind, sind vorweg abzuziehen; kann hierbei nicht festgestellt werden, ob die Betriebskosten auf Wohnraum oder auf Geschäftsraum entfallen, sind sie für den Wohnteil und den anderen Teil des Gebäudes oder der Wirtschaftseinheit im Verhältnis des umbauten Raums oder der Wohn- und Nutzflächen aufzuteilen."
Bei dieser Sachlage stellt sich die Frage, ob diese Vorschrift bei frei finanziertem Wohnraum analog anzuwenden ist. Dies wird vom BGH verneint. Eine Analogie setzt u. a. voraus, dass eine planwidrige Gesetzeslücke besteht. Hierzu führt der BGH aus, dass die Regelung des § 20 Abs. 2 S. 2 NMV nur noch für den Altbestand des sozialen Wohnungsbaus gilt (§ 50 WoFG) und der Gesetzgeber davon abgesehen hat, eine entsprechende Regelung in § 556a BGB zu übernehmen.
Nach dessen Wortlaut sind die Betriebskosten mangels einer abweichenden Regelung nach dem Verhältnis der Wohnflächen auf die Mieter umzulegen. Ein Teil der Literatur folgert aus der Verwendung des Begriffs der "Wohnfläche", dass die Betriebskosten für den gewerblich genutzten Teil des Hauses vorweg erfasst und abgerechnet werden müssen. Auch diese Ansicht teilt der BGH nicht. Eine gewollte begriffliche Unterscheidung zwischen der Wohnfläche einerseits und der Gewerbefläche andererseits sei weder dem Gesetz noch der Gesetzesbegründung zu entnehmen. Deshalb kann aus dem Wortlaut des § 556a BGB nicht geschlossen werden, dass bei der Abrechnung stets zwischen der Wohn- und der Nutzfläche zu trennen ist.
Eine getrennte Erfassung ist nach Ansicht des BGH nur dann erforderlich, wenn durch die Gewerbeflächen eine "erhebliche Mehrbelastung" verursacht wird. Ein Grenzwert ist der Entscheidung des BGH allerdings nicht zu entnehmen.
Zu Frage 2: Hinsichtlich des Anspruchs des Mieters auf Überlassung von Belegkopien ist in § 29 Abs. 2 S. 1 NMV geregelt, dass der Mieter anstelle der Einsicht in die Berechnungsunterlagen Ablichtungen davon gegen Erstattung der Auslagen verlangen kann. Auch hier stellt sich die Frage einer analogen Anwendung der Vorschrift auf Mietverhältnisse über frei finanzierten Wohnraum; dies wird aus den zu Frage 1 dargestellten Gründen verneint. Eine Ausnahme soll gelten, wenn dem Mieter "die Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen in den Räumen des Vermieters nicht zugemutet werden kann". Einzelheiten hierzu sind der Entscheidung nicht zu entnehmen. Sicher ist, dass ein Fall der Unzumutbarkeit vorliegt, wenn die Einsichtnahme nicht am Ort des Mietobjekts angeboten wird und der Mieter aus diesem Grund einen unzumutbar langen Anreiseweg hätte. Befindet sich die Wohnung und das Verwaltungsgebäude des Vermieters innerhalb derselben Gemeind...