Leitsatz
- Eine Zusammenfassung mehrerer Kostenpositionen in der Betriebskostenabrechnung ist möglich, wenn zwischen den mehreren Positionen ein enger Zusammenhang besteht, sodass die Nachvollziehbarkeit und Prüffähigkeit durch den Mieter gewahrt bleibt. Fehlt es an dem geforderten Zusammenhang, so ist die Abrechnung hinsichtlich der betroffenen Betriebskostenpositionen formell unwirksam.
- Im Übrigen bleibt die Abrechnung wirksam, wenn der Mieter die fehlerhaft abgerechneten Positionen unschwer herausrechnen kann.
(Leitsätze der Redaktion)
3. |
Macht der Mieter den Anspruch gegen den Vermieter auf Rückzahlung geleisteter Vorschüsse auf Betriebskosten, über die der Vermieter nicht innerhalb der Frist des § 556 Abs. 3 Satz 2 BGB abgerechnet hat, im Wege der Aufrechnung geltend, so entfällt die Wirkung der Aufrechnung ex nunc, soweit der Vermieter nachträglich eine wirksame Betriebskostenabrechnung erteilt und der Mieter hiernach Betriebskosten schuldet (Fortführung des Senatsurteils v. 9.3.2005, VIII ZR 57/04, NJW 2005 S. 1499). |
(amtlicher Leitsatz des BGH)
Normenkette
BGB § 556 Abs. 3
Kommentar
In dem Rechtsstreit hat der Vermieter den Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung und auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Der Mieter hat gegen diesen Anspruch mit Schreiben vom 30.8.2007 aufgerechnet, u.a. mit einem Anspruch auf Rückzahlung der in den Jahren 2003 bis 2005 geleisteten Betriebskostenvorauszahlungen. Hierzu hat der Mieter ausgeführt, dass der Vermieter für die genannte Zeit keine Betriebskostenabrechnung erteilt habe. Daraufhin hat der Vermieter am 10.12.2007 die Betriebskostenabrechnungen für die Jahre 2003 bis 2005 vorgelegt. In diesen Abrechnungen werden folgende Betriebskostenpositionen jeweils in einer Gruppe zusammengefasst:
- Wasserversorgung/Strom
- Straßenreinigung/Müllbeseitigung/Schornsteinreinigung
- Hausmeister/Gebäudereinigung/Gartenpflege
Die übrigen Betriebskostenpositionen wurden entsprechend dem System der Betriebskostenverordnung aufgegliedert und abgerechnet.
Der BGH hatte mehrere Fragen zu entscheiden, nämlich
- ob die Zusammenfassung der genannten Betriebskostenpositionen zu einer Gruppe zulässig ist;
- ob sich ein Fehler bei der Abrechnung einzelner Betriebskostenpositionen auf die Gesamtabrechnung auswirkt und
- ob und in welchem Umfang die Aufrechnung mit dem Rückzahlungsanspruch gegenstandslos wird, wenn der Vermieter nachträglich abrechnet.
Zu Frage 1:
Nach der Rechtsprechung des BGH setzt eine wirksame Betriebskostenabrechnung u.a. voraus, dass die einzelnen Betriebskosten in einzelne Abrechnungsposten gegliedert aufgelistet werden (BGH, Urteil v. 14.2.2007, VIII ZR 1/06, NJW 2007 S. 1059). Eine Zusammenfassung mehrerer Kostenpositionen ist möglich, wenn zwischen den mehreren Positionen ein enger Zusammenhang besteht, sodass die Nachvollziehbarkeit und Prüffähigkeit durch den Mieter gewahrt bleibt (BGH, Urteil v. 15.7.2009, VIII ZR 340/08, WuM 2009 S. 516 betr. Frischwasser und Schmutzwasser; BGH, Urteil v. 16.9.2009, VIII ZR 346/08, NJW 2009 S. 3575 betr. Sach- und Haftpflichtversicherung). Bei den hier fraglichen Betriebskostengruppen fehlt es an dem geforderten Zusammenhang. Eine solche Abrechnung ist hinsichtlich der betroffenen Betriebskostenpositionen formell unwirksam.
Zu Frage 2:
Der BGH hat mit Urteil vom 14.2.2007 (VIII ZR 1/06, NJW 2007 S. 1059) entschieden, dass die Abrechnung im Übrigen wirksam bleibt, wenn der Mangel nur einzelne Betriebskostenpositionen betrifft und der Mieter diese unschwer herausrechnen kann. An dieser Rechtsprechung hält der BGH fest.
Zu Frage 3:
Nach dem Urteil des BGH vom 9.3.2005 (VIII ZR 57/04, NJW 2005 S. 1499) kann der Mieter den Vermieter nach Beendigung eines Mietverhältnisses auf Rückerstattung der Betriebskostenvorauszahlungen in Anspruch nehmen, wenn der Vermieter keine Abrechnung über die Vorauszahlungen erteilt hat. Der Vermieter ist aber auch in diesem Fall nicht gehindert, über die Betriebskosten abzurechnen. Der Mieter muss dann den sich aus dieser Abrechnung ergebenden Betrag an den Vermieter zahlen. Die Rechtskraft der im Rückerstattungsprozess ergangenen Entscheidung steht der Zahlungspflicht nicht entgegen. Erfolgt die Abrechnung jedoch erst nach Ablauf der 12-monatigen Abrechnungsfrist, ist der Vermieter mit einem Nachforderungsanspruch ausgeschlossen.
In der nunmehr vorliegenden Entscheidung stellt der BGH klar, dass dieselben Grundsätze gelten, wenn der Mieter die Vorauszahlungen nicht im Wege der Klage geltend macht, sondern mit diesem Anspruch gegen eine Forderung des Vermieters aufrechnet. Soweit bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung eine wirksame Abrechnung vorliegt, wird die Aufrechnung gegenstandslos. Es gilt also nichts anderes als im Fall der Zahlungsklage.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil v. 22.9.2010, VIII ZR 285/09, NJW 2011 S. 143