Leitsatz
- Wird die Einberufungsfrist nicht eingehalten, sind in der Versammlung gefaßte Eigentümerbeschlüsse nur dann nicht für ungültig zu erklären, wenn feststeht, daß sie ohne den Einberufungsmangel ebenso gefaßt worden wären.
- Bei der Beschlußfassung darüber, ob eine Wohnung zu gewerblichen oder beruflichen Zwecken genutzt werden darf, ist der betreffende Wohnungseigentümer nicht von der Abstimmung ausgeschlossen.
- Der mit einer Steuerberater- und Wirtschaftsprüferkanzlei bei der gebotenen generalisierenden Betrachtung verbundene Parteiverkehr stellt grundsätzlich keine unzumutbare Beeinträchtigung der übrigen Wohnungseigentümer dar.
Sachverhalt
Die Gemeinschaftsordnung einer Wohneigentumsanlage enthält unter anderem die Bestimmung, daß zur Ausübung eines Gewerbes in einer Wohnung die schriftliche Zustimmung des Verwalters erforderlich ist, die ihrerseits nur aus einem wichtigen Grund verweigert werden darf, was insbesondere dann der Fall sein soll, wenn die Ausübung des Gewerbes eine unzumutbare Beeinträchtigung der übrigen Wohnungseigentümer mit sich bringt. über die entsprechende Genehmigung sollte auf einer Eigentümerversammlung beschlossen werden, wobei hinsichtlich dieses Beschlußgegenstandes die Tagesordnung vier Tage vor Durchführung der Eigentümerversammlung ergänzt wurde. Durch entsprechenden Eigentümerbeschluß ermächtigten die Wohnungseigentümer die Verwalterin, der Nutzung der Wohnung als Büro für eine Wirtschaftsprüfer- und Steuerberatungskanzlei zuzustimmen. Einer der Wohnungseigentümer ficht jedoch nunmehr diesen Beschluß an.
Entscheidung
Zunächst hatten sich die Richter hier mit einem Einberufungsmangel auseinanderzusetzen. Nach § 24 Abs. 4 S. 2 WEG soll die Frist der Einberufung einer Eigentümerversammlung mindestens eine Woche betragen, soweit nicht eine besondere Eilbedürftigkeit gegeben ist. Bei dieser maßgeblichen Bestimmung ist aber zu berücksichtigen, daß es sich lediglich um eine Soll-Vorschrift handelt, deren Verletzung nicht automatisch dazu führt, daß in einer nicht fristgemäß einberufenen Versammlung gefaßte Eigentümerbeschlüsse ungültig sind. Ist aber der Einberufungsmangel für die Beschlußfassung ursächlich, dann ist der betreffende Eigentümerbeschluß bei entsprechender Anfechtung für ungültig zu erklären. Andererseits scheidet dies dann aus, wenn feststeht, daß er auch ohne den Einberufungsmangel ebenso gefaßt worden wäre. In vorliegendem Fall konnte eindeutig ausgeschlossen werden, daß der Beschluß anders gefaßt worden wäre, wäre die Wochenfrist eingehalten worden, so daß sich also der Einberufungsmangel nicht auf das Beschlußergebnis ausgewirkt hatte.
Nunmehr mußte geklärt werden, ob nicht der Wohnungseigentümer im Rahmen der Abstimmung vom Stimmrecht ausgeschlossen war, da § 25 Abs. 5 WEG bestimmt, daß ein Wohnungseigentümer dann nicht stimmberechtigt ist, wenn die Beschlußfassung die Vornahme eines auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums bezüglichen Rechtsgeschäfts mit ihm oder die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits der anderen Wohnungseigentümer gegen ihn betrifft. Die Frage aber, ob eine Wohnung nun zu beruflichen oder gewerblichen Zwecken genutzt werden darf hat keinen rechtsgeschäftlichen Charakter und betrifft insbesondere nicht die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, sondern die Nutzung des Sondereigentums des Wohnungseigentümers. Da also keine der beiden Voraussetzungen gegeben war, konnte der Wohnungseigentümer selbstverständlich mitstimmen.
Letztlich war noch zu klären, ob die geplante Steuerberater- und Wirtschaftsprüferkanzlei eine unzumutbare Beeinträchtigung der übrigen Wohnungseigentümer darstellt, insbesondere der Mandantenverkehr zu einer solchen führen könnte. Dies konnte jedoch verneint werden.
Link zur Entscheidung
BayObLG, Beschluss vom 28.10.1998, 2Z BR 137/98
Fazit:
Ein Wohnungseigentümer ist ausschließlich in drei Fällen vom Stimmrecht ausgeschlossen:
- Die Beschlußfassung beinhaltet die Vornahme eines Rechtsgeschäfts mit ihm, das sich auf die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums bezieht. Das ist also beispielsweise dann der Fall, wenn der Wohnungseigentümer mit Instandsetzungs- und Instandhaltungsmaßnahmen in der Wohnanlage beauftragt wird oder zu einer baulichen Veränderung nach der Teilungserklärung ein Mehrheitsbeschluß erforderlich wäre und der Wohnungseigentümer selbst diese Veränderung durchführen will;
- Die Beschlußfassung beinhaltet die Einleitung oder Erledigung eines Rechtsstreits der anderen Wohnungseigentümer gegen ihn;
- Durch die Beschlußfassung soll dem Wohnungseigentümer das Wohnungseigentum gemäß § 18 WEG rechtskräftig entzogen werden.