1 Leitsatz

Die Beurkundung eines Teilungsvertrags kann eine Amtspflichtverletzung des Notars sein.

2 Normenkette

§ 3 WEG

3 Das Problem

Die Antragsteller sind in Bruchteilsgemeinschaft im Grundbuch eingetragene Eigentümer eines bebauten Grundstücks. Sie wollen eine Regelung über die Zuordnung der einzelnen Wohnungen für den Fall der Auseinandersetzung herbeiführen und wenden sich an einen Notar. Die Antragsteller wollen kein Wohnungseigentum begründen. Der Notar beurkundet dennoch einen Teilungsvertrag nach § 3 WEG. Die Antragsteller stoppen den Vollzug dieses Vertrags. Der Notar erteilt ihnen darauf eine Kostenberechnung über 34.843,06 EUR, wobei er bei der Beurkundungsgebühr einen Geschäftswert von 10.380.000 EUR zugrunde legt. Die Antragsteller wenden sich gegen die Kostenberechnung. Der Notar habe sie über die Folgen eines Teilungsvertrags und die stattdessen mögliche und gebotene Beurkundung einer Teilungserklärung nach § 8 WEG, die zudem billiger gewesen wäre, nicht belehrt. Vorsorglich erklären sie die Aufrechnung mit einem der Kostenberechnung entgegengerichteten Schadensersatzanspruch.

4 Die Entscheidung

Die Überprüfungs- und Rückzahlungsanträge sind nach Ansicht des LG begründet! Die Kostenberechnung sei aufzuheben, weil dem Notar eine Amtspflichtverletzung vorzuhalten sei. Die Beurkundung eines Teilungsvertrags gem. § 3 WEG habe weder dem Willen noch dem Interesse bzw. dem verfolgten Zweck der Antragsteller entsprochen. Der Wille der Antragsteller sei zwar auf die Begründung von Wohnungseigentum gerichtet gewesen, um Wohnungseigentum dann einem jeden von ihnen (in einem 2. Schritt im Rahmen einer GbR) zuordnen zu können. Dafür habe es allerdings keines Teilungsvertrags bedurft. Eine Wohnungseigentümergemeinschaft habe nicht nur nicht praktiziert werden sollen. Zur Erreichung des verfolgten Zwecks sei diese auch nicht notwendig gewesen und habe zudem unnötig höhere Kosten verursacht. Bereits mit der Eintragung im Grundbuch entstehe bei einem Teilungsvertrag nicht nur Wohnungseigentum, sondern auch zwingend kraft Gesetzes eine Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, also ein selbstständiger neuer Rechtsträger mit eigenen (zwingenden) Organen. Insoweit stehe es dann nicht (mehr) zur Disposition der Teilenden, ob sie Gemeinschaft "praktizieren". Erst wenn dann alle Miteigentumsanteile auf eine GbR zwischen den Antragstellern übertragen würden, würde die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer wieder erlöschen. Außerdem wäre die erst für den Fall der Beendigung der GbR gewollte Zuordnung einzelner Wohnungen an jeweils einen der Antragsteller bereits durch die Teilung herbeigeführt und damit durch nachfolgende Eintragung (schon) ein Vermieterwechsel (§ 566 BGB) bewirkt worden. Weiter hätte sich das bereits auf die Vermieterstellung bei den Wohnungen ausgewirkt (§ 566 BGB).

Hinweis

  1. So kann man es sehen! Das KG Berlin sah es anders (KG, Beschluss v. 12.1.2021, 9 W 1093/20). Es sei kein offen zutage tretender Verstoß gegen eindeutige gesetzliche Normen oder ein offensichtliches Versehen des Notars zu erkennen. Auch sei nicht festzustellen, dass der Notar von mehreren gleich sicheren Gestaltungsmöglichkeiten die teurere gewählt habe. Denn die Gestaltungsmöglichkeiten zur Begründung von Wohneigentum nach § 3 WEG einerseits und § 8 WEG andererseits seien derart unterschiedlich, dass sie nicht allein unter Kostengesichtspunkten austauschbar wären. Die Antragsteller könnten der Kostenrechnung in dem gerichtlichen Verfahren in Notarkostensachen auch keine materiell-rechtlichen Einwände entgegenhalten. Die Geltendmachung materiell-rechtlicher Einwände, sei es im Wege der Aufrechnung oder der Arglisteinrede, sei im gerichtlichen Verfahren in Notarkostensachen nicht statthaft. Der "Ball" liegt mittlerweile im "Spielfeld" des BGH (V ZB 9/21). Mal sehen, was er entscheidet.
  2. Im neuen Recht entsteht die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer nach § 9a Abs. 1 Satz 2 WEG auch im Fall der Teilungserklärung bereits mit Anlegung der Wohnungsgrundbuchblätter.

5 Entscheidung

LG Berlin, Beschluss v. 10.6.2020, 80 OH 253/19

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