Erkennt der Arbeitgeber ein derartiges Muster, darf dies in keinem Fall dazu verleiten, die Bewerbung unbeachtet zu lassen. Vielmehr sollte er dies zum Anlass nehmen, die Verpflichtungen nach dem AGG und dem SGB IX möglichst penibel zu erfüllen. Insofern sollte ggf. auch vorsorglich eine Einladung zu einem Vorstellungsgespräch erfolgen, soweit dies noch möglich ist.
Im Fall des Vergleichsvorschlags kann es sich lohnen, Kontakt aufzunehmen, einen Gegenvorschlag zu machen oder auf den Vorschlag einzugehen, wenn eine Prüfung ergibt, dass möglicherweise eine Diskriminierung vorliegt. Denn die prozessualen Möglichkeiten der Verteidigung gegen Entschädigungsansprüche sind ebenfalls begrenzt.
"Reparaturversuche"
Manchmal greifen Arbeitgeber noch auf den Versuch zurück, die bereits durch den Inhalt der Stellenanzeige erfolgte Diskriminierung außergerichtlich zu "reparieren". Der aus rein AGG-rechtlicher Sicht zu beschreitende "Königsweg" wäre natürlich, einen Bewerber einzustellen, der die diskriminierende Anforderung aus der Stellenbeschreibung gleichermaßen nicht erfüllt, also ebenfalls das diskriminierte Geschlecht (Beispiel 3), einen Migrationshintergrund (Beispiel 6) aufweist oder älter ist als der Anspruchsteller (Beispiele 1 und 2).
Die Erfolgsquote bei den übrigen Reparaturversuchen dürfte nicht besonders hoch sein. Gleichwohl seien die Strategien kurz vorgestellt:
Zweifelhafte Strategie: Keine Absage verschicken
Es gibt Arbeitgeber, die das Phänomen der professionellen Scheinbewerbungen damit zu bekämpfen suchen, dass sie gar keine Absagen mehr verfassen und so trotz Einstellung eines Bewerbers das Einstellungsverfahren formal bis in alle Ewigkeit "offen" halten. Dieses Manöver ist häufig relativ leicht durchschaubar, wenn das entscheidende Indiz für die Diskriminierung bereits mit der fehlerhaften Stellenanzeige gesetzt wurde. Professionelle Scheinbewerber reagieren hierauf mit einer Nachfrage und irgendwann mit einem Entschädigungsverlangen mit der Begründung, es sei ohnehin nicht zumutbar, bei einer Firma zu arbeiten, die solchermaßen diskriminiere. Abgesehen davon ist es natürlich ein fragwürdiger Stil, auch echte Bewerber lange Zeit im Unklaren zu lassen. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass in einem solchen Fall die Frist nach § 15 Abs. 4 AGG nicht zu laufen beginnt und daher das Entschädigungsverlangen lange Zeit als Damoklesschwert über dem Unternehmen schwebt.
Zweifelhafte Strategie: Nachträgliche Einladung
Manchmal versuchen Arbeitgeber, der Forderung nach einer Entschädigung zu begegnen, indem sie den Anspruchsteller nachträglich doch noch zu einem Vorstellungsgespräch einladen. Dies wird dann damit entschuldigt, dass die Bewerbung irgendwie verloren gegangen war oder sonst aufgrund interner Probleme nicht beachtet worden war. Auch hierauf reagieren professionelle Scheinbewerber häufig mit einer Nachfrage und einem Entschädigungsverlangen oder mit dem Vorschlag, dass eine Teilnahme am Vorstellungsgespräch erfolgen werde, wenn bis dahin die Entschädigung gezahlt sei. Letztlich kann hierdurch ein vorgehendes diskriminiertes Verhalten jedenfalls nicht beseitigt werden. Das BAG hat zudem eindeutig entschieden, dass ein "nachgeholtes" Bewerbungsgespräch nicht die gleichen Chancen eröffne wie eine im ursprünglichen Verfahren erfolgte Einladung, zumal, wenn sich aufgrund der entsprechenden Fristen bereits gegen die Diskriminierung zur Wehr gesetzt wurde.