Leitsatz (amtlich)
Wird ein Kommanditist für Kostenschulden der KG in Anspruch genommen und hat er die Leistung seiner Einlage bewiesen, so obliegt es der Kostenstelle des Gerichts, darzutun und zu beweisen, daß eine Rückzahlung der Einlage oder eine einer solchen gleichkommende Gewinnentnahme erfolgt ist.
Normenkette
GKG a.F. § 99 Abs. 1 Nr. 3, § 103 Abs. 1; HGB § 171 Abs. 1, § 172 Abs. 4
Tatbestand
Die Kostenstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) nahm die Erinnerungsführerin mit Kostenrechnung vom 20. Juli 1976 wegen Gerichtskosten in Anspruch, nachdem die Vollstreckung in das bewegliche Vermögen der Kostenschuldnerin, einer Kommanditgesellschaft (KG), erfolglos geblieben war. Laut Eintragung im Handelsregister vom 10. Dezember 1970 war die Erinnerungsführerin mit einer Hafteinlage von 20 000 DM als Kommanditistin in die KG eingetreten. Sie machte geltend, daß sie aus der KG ausgeschieden sei und ihre Einlage voll geleistet habe. Sie legte die Fotokopie des notariellen Protokolls vom 2. November 1970 vor, in dem u. a. ihr Eintritt als weitere Kommanditistin mit einer Einlage in bar von 20 000 DM vereinbart und festgestellt ist, daß sie ihre Sacheinlage und Leistungseinlage erbracht hat.
Die Kostenstelle bat um Vorlage sämtlicher Jahresabschlüsse der KG seit dem Eintritt der Erinnerungsführerin, um gemäß § 172 Abs. 4 HGB zu prüfen, ob Teile der Einlage zu einem späteren Zeitpunkt entnommen bzw. zurückgezahlt worden seien. Die Erinnerungsführerin erwiderte, daß sie seit Jahren mit der KG keine Verbindung mehr habe und diese nach ihrer Kenntnis zahlungsunfähig sei. 12 Jahre nach der Entstehung der Steuer könnten nicht noch Kosten für deren Festsetzung angefordert werden.
Entscheidungsgründe
Die Erinnerung ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Kostenrechnung.
Die Erinnerungsführerin kann auch im Erinnerungsverfahren gegen die Kostenrechnung mit Erfolg einwenden, daß sie nicht als Kommanditistin für die Kostenschuld der KG haftet (s. Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 30. April 1955 VI ZR 19/54, Neue Juristische Wochenschrift 1955 S. 1399). Nach § 99 Abs. 1 Nr. 3 des Gerichtskostengesetzes (GKG) a. F. i. V. m. § 171 Abs. 1 HGB haftet der Kommanditist als Kostenschuldner (Gesamtschuldner nach § 103 Abs. 1 GKG a. F.) für die Kostenschuld der KG der Staatskasse gegenüber nur insoweit unmittelbar, als er seine Einlage nicht geleistet hat. Aus dem vorgelegten notariellen Protokoll vom 2. November 1970 ist zu entnehmen, daß die Erinnerungsführerin ihre Einlage voll geleistet hat. Damit hat die Erinnerungsführerin ihrer Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich ihrer Haftungsbeschränkung nach § 171 Abs. 1 Halbsatz 2 HGB Genüge getan (vgl. Beschluß des Oberlandesgerichts - OLG - Köln vom 14. Juni 1971 ZU 45/71, Der Betriebs-Berater 1971 S. 1077).
Der Kostenstelle ist zuzugeben, daß wegen der fehlenden Jahresabschlüsse ab 1972 nicht lückenlos überprüft werden kann, ob nicht Teile der Einlage zurückbezahlt oder entnommen worden sind. Soweit erstreckt sich aber die Beweislast der Erinnerungsführerin nicht. Hat sie dargetan und bewiesen, daß sie ihre Einlage voll erbracht hat, so ist es nach allgemeinen Beweisregeln Sache des Gläubigers, darzulegen und zu beweisen, daß die geleistete Einlage später dem Kommanditisten zurückgezahlt und damit seine Haftung gegenüber den Gesellschaftsgläubigern nach § 172 Abs. 4 Satz 1 HGB wieder aufgelebt ist (s. Baumbach-Duden, Handelsgesetzbuch, 23. Aufl., § 172 Anm. 2 A und C; Schilling im Großkommentar, Handelsgesetzbuch, 3. Aufl. 1970, § 171 Anm. 33; Schlegelberger-Geßler, Handelsgesetzbuch, 4. Aufl., 2. Bd., § 171 Anm. 25 a. E.). Auch wenn ab 1972 die Jahresabschlüsse nicht mehr erstellt wurden, kann dies nicht zu Lasten des Kommanditisten gehen, der mit der Erstellung der Jahresabschlüsse nicht befaßt ist. Es bleibt Sache der Kostenstelle, aus den noch vorhandenen Unterlagen darzutun, daß Rückzahlungen oder solchen gleichkommende Gewinnentnahmen vorgenommen worden sind oder sein müssen.
Fundstellen
Haufe-Index 72579 |
BStBl II 1978, 651 |
BFHE 1979, 484 |