Leitsatz (amtlich)
Ein beim FG anhängiger Rechtsstreit wird, wenn das FA dem Stpfl. zusagt, dem Klagebegehren gemäß § 94 Abs. 3 AO zu entsprechen, nicht schon durch diese Zusage in der Hauptsache erledigt, sondern erst dadurch, daß das FA dem FG gemäß § 77 Abs. 3 FGO die tatsächliche Änderung des angefochtenen Bescheides mitteilt. Bis diese Mitteilung eingeht, kann das FG die Hauptsache nicht für erledigt erklären und eine isolierte Kostenentscheidung gemäß § 138 FGO erlassen.
Normenkette
FGO § 128 Abs. 1, 3, § 138 Abs. 1-2, § 77 Abs. 3
Tatbestand
Der Stpfl. hatte in den Lohnsteuer-Jahresausgleichsverfahren 1965 und 1966 beim FG Klage erhoben und beantragt, ihn nach der Steuerklasse III als Verheirateten zu behandeln und unter Änderung der Einspruchsentscheidung den sich dabei ergebenden Lohnsteuer-Erstattungsbetrag festzusetzen. Die Ehe des Stpfl. wurde durch das Urteil des Landgerichts vom 29. April 1965 geschieden. Über die Berufung des Stpfl. gegen dieses Urteil ist noch nicht entschieden.
In der mündlichen Verhandlung vor dem FG erklärte sich das FA bereit, die Einspruchsentscheidung für 1965 den Anträgen des Stpfl. entsprechend zu ändern; der Stpfl. erklärte sich damit einverstanden. Die Beteiligten erklärten daraufhin zu Protokoll des FG die Hauptsache für erledigt. Das FG entschied dann mit dem Beschluß vom 22. Juni 1967, daß jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten zu tragen habe; die Gerichtskosten legte es dem FA auf.
Gegen diesen Beschluß erhob der Stpfl. Beschwerde und machte geltend, das FA habe ihm die begehrte Lohnsteuer bisher nicht erstattet und mache die Erstattung von einem neuen Antrag abhängig, der von ihm und seiner Ehefrau unterschrieben sei. Die Unterschrift seiner Ehefrau könne er nicht beibringen, da seine Ehefrau inzwischen verschwunden sei. Der Stpfl. beantragt, das FA anzuweisen, die Lohnsteuer sofort zu erstatten und Verzugszinsenfestzusetzen.
Das FA hält die Beschwerde des Stpfl. nach § 128 Abs. 3 FGO für unzulässig. Den angefochtenen Bescheid über den Lohnsteuer-Jahresausgleich hat das FA inzwischen ersatzlos aufgehoben, weil nach den inzwischen getroffenen Feststellungen des FA der Stpfl. und seine Ehefrau getrennt zur Einkommensteuer veranlagt werden müssen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Beschwerde ist zulässig und begründet.
Die Beschwerde ist - entgegen der Auffassung des FA - nicht nach § 128 Abs. 3 FGO unzulässig; denn der Stpfl. wendet sich nicht in erster Linie gegen die Kostenentscheidung des FG, sondern rügt, daß das FA ihm die Lohnsteuer nicht wie vereinbart erstattet, sondern von ihm einen neuen Erstattungsantrag, der von ihm mit seiner Ehefrau unterschrieben sei, verlangt habe. Unstreitig hat das FA die angefochtene Einspruchsentscheidung bis zur Einlegung der Beschwerde nicht dem Klageantrag des Stpfl. entsprechend geändert.
Das FG hat die Sache nicht richtig behandelt, wenn es annahm, daß nach der mündlichen Verhandlung die Hauptsache erledigt sei, weil die Beteiligten übereinstimmend die Klage für in der Hauptsache erledigt erklärt hatten, nachdem das FA die Änderung seiner Einspruchsentscheidung nach den Anträgen des Stpfl. zugesagt hatte. Mit dieser Zusage des FA war indessen die Hauptsache nicht erledigt. Die Hauptsache konnte vielmehr nur dadurch ihre Erledigung finden, daß das FA dem Klagebegehren des Stpfl. durch die Änderung der Einspruchsentscheidung gemäß § 94 Abs. 3 AO tatsächlich auch entsprach (§ 77 Abs. 3 FGO). Das FG durfte darum die Hauptsache erst für erledigt erklären, nachdem es sich durch die übereinstimmende Erklärung der Beteiligten die Gewißheit verschafft hatte, daß das FA dem Klageantrag des Stpfl. auch tatsächlich entsprochen hatte.
Das FG ist also bei seiner Kostenentscheidung unzutreffend davon ausgegangen, daß der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt sei. Für seine Kostenentscheidung, die der Stpfl. angreift, fehlt die gesetzliche Grundlage. Der Stpfl. ist durch die Kostenentscheidung auch beschwert, da er offensichtlich mit seiner Beschwerde die Fortsetzung des beim FG noch anhängigen Klageverfahrens erstrebt.
Die Kostenentscheidung war deshalb ersatzlos aufzuheben. Das FG muß, nachdem das FA den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufgehoben hat, dem anhängigen Klageverfahren Fortgang geben.
Fundstellen
Haufe-Index 412787 |
BStBl II 1968, 35 |
BFHE 1968, 259 |