Entscheidungsstichwort (Thema)
Erbschaftsteuer
Leitsatz (amtlich)
Bei beschränkter Erbschaftsteuerpflicht können Schulden, die nur mit der Verwaltung, nicht aber dem Bestand des Inlandvermögens wirtschaftlich zusammenhängen, nicht abgezogen werden.
Orientierungssatz
Schuldabzug bei beschränkter Erbschaftsteuerpflicht
Normenkette
BewG § 77 Abs. 3; ErbStG 1951 § 8 Abs. 1, § 23 Abs. 5 S. 2
Tatbestand
Die Bgin. ist Alleinerbin ihres am 11. Juni 1949 verstorbenen Ehemanns (Erblassers). Der Erblasser hatte seinen letzten Wohnsitz im Ausland, die Bgin. ist ebenfalls im Ausland aufsässig. Der inländische Nachlaß des Erblassers besteht aus zwei Grundstücken in A, aus Wertpapieren und Bankkonten. Das FA hat die Bgin. durch endgültigen Steuerbescheid vom 7. Dezember 1956 nach den Einheitswerten der beiden Grundstücke von zusammen 280.800 DM unter Abzug der auf dieses Vermögen entfallenden Vermögensabgabe von … DM zur Erbschaftsteuer herangezogen. Gegen diesen Steuerbescheid hat die Bgin. Einspruch eingelegt. Sie hat ausgeführt, daß der Erblasser am 17. April 1948 dem in A wohnhalten Herrn B C eine Schenkung von 500.000 RM versprochen habe. Nach dem Tode des Herrn C sei eine Vereinbarung über die Herabsetzung dieses Betrages auf 90.000 DM zwischen dem ausländischen Testamentsvollstrecker und dem Anwalt der Erbin des Herrn C zustande gekommen. Das Schenkungsversprechen des Erblassers habe sich aus den Bemühungen des Herrn C um das inländische Vermögen des Erblassers ergeben. Hiervon mache das Grundvermögen etwa die Hälfte aus. Es sei deshalb billig, daß bei Ermittlung des stpfl. Erwerbs von dem der beschränkten Erbst-Pflicht unterliegenden Vermögen ein Betrag von 90.000 DM: 2 = 45.000 DM abgezogen werde. Das FA halt den Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Es hat ausgeführt, die durch das Schenkungsversprechen begründete Schuld des Erblassers stehe nach der Rechtsprechung des RFH nicht in der nach § 23 Abs. 5 Satz 2 ErbStG für die Abzugsfähigkeit einer Schuld vom Inlandsvermögen erforderlichen wirtschaftlichen Beziehung zu diesem Teil des Erwerbs. Die Berufung der Bgin. gegen die Einspruchsentscheidung hat Erfolg gehabt; die Vorinstanz hat entsprechend dem Antrag der Bgin. den Betrag von 40.000 DM bei der Ermittlung des stpfl. Erwerbs vom Inlandsvermögen abgezogen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde (Rb) des Vorstehers des FA; …
Die Bgin. hat mündliche Verhandlung beantragt, es erscheint jedoch Erlaß eines Bescheids nach § 294 Abs. 2 AO angezeigt.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist begründet.
Zu Recht rügt die Rb., daß das Berufungsgericht die vom FA in der Einspruchsentscheidung in Bezug genommene Rechtsprechung des RFH nicht beachtet bzw. sich nicht mit ihr auseinandergesetzt hat. Der RFH hat in den Urteilen I A 429/27 vom 6. Dezember 1927 (StuW 1928 Nr. 169, Mrozek-Kartei, R 1 zu § 47 Abs. 3 RBewG), I A 205/28 vom 8. Januar 1929 (RStBl 1929 S. 167) und III A 623/30 vom 7. Mai 1931 (StuW 1931 Nr. 1079) ausgeführt, daß eine wirtschaftliche Beziehung zwischen Schuld und belastetem Vermögensgegenstand im Sinne von § 47 Abs; 3 des RBewG 1925 – jetzt § 77 Abs. 3 BewG – nur dann vorliegt, wenn die Entstehung der Schuld ursächlich und unmittelbar auf Vorgänge zurückzuführen ist, die den belasteten Gegenstand betreffen. An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Dem § 77 Abs. 3 BewG entspricht für das ErbSt-Recht § 23 Abs. 5 Satz 2 ErbStG. Nach dieser letzteren Bestimmung sind nur die zu dem übergegangenen Inlandsvermögen (§ 8 Abs. 1 II ErbStG) in wirtschaftlicher Beziehung stehenden Schulden und Lasten abzugsfähig. Für diese Abzugsfähigkeit wird also wirtschaftliche Beziehung zu dem Inlandsvermögen, d.h. zu den Gegenständen dieses Vermögens verlangt. Eine solche Beziehung liegt aber entgegen der Auffassung der Vorinstanz nicht vor, wenn wie im vorliegenden Fall, die Schuld, deren Abzug begehrt wird, auf die Verwaltung des Inlandsvermögens zurückgeht. Diese Verwaltung steht i.S. der oben erwähnten Rechtsprechung des RFH nichtunmittelbar mit dem der Besteuerung nach dem ErbStG unterliegenden Inlandsvermögen in wirtschaftlicher Beziehung. Vielmehr hängt eine solche Verwaltung mit der laufenden Betreuung des Vermögens (der Vermögensgegenstände), d.h. mit der Sicherung der Erträge, nicht aber mit dem Bestand des Vermögens selbst zusammen. Etwas anderes könnte nur gelten, soweit sich die Verwaltung auf Maßnahmen hinsichtlich der Substanz des Vermögens bezöge. Etwas derartiges ist vorliegendenfalls aber weder vorgebracht noch auch ersichtlich. Der beschränkten ErbSt-Pflicht (§ 8 Abs. 1 II ErbStG) entspricht ein auch nur beschränkter Schuldenabzug (vgl. Bescheid/Urteil des BFH III 131/56 U vom 30. August 1957/9. Mai 1958, BStBl 1959 III S. 271, Slg. Bd. 69 S. 29). Mit Rücksicht hierauf ist es nicht angängig, die Abzugsfähigkeit von Schulden und Lasten über den erkennbaren Sinn des ErbStG hinaus auszudehnen. Im vorliegenden Fall kann deshalb ein auch nur teilweiser Abzug der betreffenden Summe vom Erbschaftserwerb nicht zugelassen werden, ohne daß auf die vom FA noch aufgeworfene Frage eingegangen zu werden braucht, ob eine Schenkungsverpflichtung grundsätzlich überhaupt nicht abzugsfähig ist.
Das Urteil des erkennenden Senats II 155/59 U vom 11. Januar 1961 (BStBl III S. 102) steht der hier vertretenen Auffassung nicht entgegen, weil es sich bei dem dort entschiedenen Fall um Abzüge handelte, die unmittelbar mit den vererbten Vermögensgegenständen im Zusammenhang standen.
Hiernach war die angefochtene Entscheidung wegen rechtsirriger Anwendung des § 23 Abs. 5 Satz 2 ErbStG aufzuheben und die Berufung der Bgin. gegen die Einspruchsentscheidung als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen