Entscheidungsstichwort (Thema)
Grunderwerbsteuer/Kfz-Steuer/sonstige Verkehrsteuern
Leitsatz (amtlich)
Zahlt der Grundstückserwerber ein besonderes Entgelt dafür, daß der Veräußerer das Grundstück räumt und freimacht, so ist auch dieses Entgelt Teil der Gegenleistung für das Grundstück.
Normenkette
GrEStG § 11 Abs. 1 Ziff. 1
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin (Bfin.) kaufte durch notariellen Vertrag vom 31. Oktober 1949 ein bebautes Grundstück für 5.000 DM. Besitz, Nutzungen und Lasten sollten am 1. November 1949 auf die Käuferin übergehen.
Danach schloß die Bfin. gleichfalls am 31. Oktober 1949 mit der Verkäuferin und ihrem Sohn einen privatschriftlichen Vertrag. In diesem Vertrag verpflichtet sich die Bfin., der Verkäuferin und ihrem Sohn ein zinsloses Darlehen von 19.000 DM für ein von der Verkäuferin und ihrem Sohn an anderer Stelle zu errichtendes Wohnhaus zu gewähren, das in erster Linie zur Aufnahme der Bewohner des verkauften Hausgrundstücks dienen sollte. Das Darlehen sollte sich unter gewissen Voraussetzungen in einen verlorenen Bauzuschuß umwandeln. Nach Fertigstellung des Neubaues, spätestens am 1. Juni 1950, sollten die Verkäuferin und ihr Sohn das verkaufte Grundstück, in dem noch eine Mieterin wohnte, restlos räumen; bis dahin konnten sie mietfrei wohnen bleiben. Die Bfin. wollte die Baulichkeiten auf dem erworbenen Grundstück (Wohnhaus und Stall) abbrechen.
Die Vorinstanzen haben außer dem eigentlichen Kaufpreis auch den Bauzuschuß der Grunderwerbsteuer unterworfen.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.), mit der die Bfin. wie bisher geltend macht, der Zuschuß sei nicht eine Gegenleistung für das Grundstück, weil er lediglich für die Räumung gewährt worden sei, hat keinen Erfolg.
Es kann der Bfin. darin gefolgt werden, daß es nicht der Wille der Vertragschließenden gewesen ist, die Verkäuferin solle das Haus an dem in der Notariatsurkunde bezeichneten 1. November 1949 freimachen müssen, daß vielmehr von vornherein die Räumungsverpflichtung nur im Sinne des privatschriftlichen Vertrages vom gleichen Tage gedacht war. Das hindert aber nicht die Zurechnung des Zuschusses zur Gegenleistung.
Nach § 433 BGB ist der Verkäufer einer Sache verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben. In welcher Weise und welcher Zeit die übergabe zu erfolgen hat, steht näherer Parteivereinbarung offen. Wenn nun im Streitfall vereinbart ist, daß die Verkäuferin noch bis zu einem gewissen Zeitpunkt mietfrei wohnen und dann das Haus räumen soll, so ist dies eine Vereinbarung der Einzelheiten einer Verpflichtung, die der Verkäuferin als solcher nach dem Gesetz obliegt, also eine Verkäuferverpflichtung. Es ist deshalb auch das, was die Bfin. als Gegenleistung für die Räumung betrachtet, ein Entgelt für die Erfüllung der Verpflichtung zur übertragung des Grundstücks. An dieser Betrachtung ändert auch der Umstand nichts, daß die Räumung von Wohnungen zur Zeit durch die Wohnraumnot erschwert ist.
In dem Hause wohnte eine Mieterin. Hier greift § 434 BGB ein, wonach der Verkäufer verpflichtet ist, dem Käufer den verkauften Gegenstand frei von Rechten zu verschaffen, die von Dritten gegen den Käufer geltend gemacht werden können. Diese Vorschrift ist zwar hinsichtlich der Rechte der Mieter durch § 571 BGB modifiziert. Wenn sich der Veräußerer aber zur Freimachung des verkauften Grundstücks verpflichtet, so geht er damit eine in der Modifikation abgeänderte Verkäuferverpflichtung ein. Hiernach ist der Zuschuß auch insoweit für eine Leistung gewährt, die die Veräußerin in ihrer Eigenschaft als Verkäuferin des Grundstücks traf. Er ist deshalb in ganzer Höhe eine Gegenleistung für das Grundstück.
Es ist ständige Rechtsprechung der höchsten Steuergerichte, daß das veräußerte Grundstück für die Berechnung der Grunderwerbsteuer in dem Zustand der Besteuerung zugrunde zu legen ist, in dem es die Beteiligten zum Gegenstand des Erwerbsvorganges gemacht haben. Das ist im Streitfall das von den Bewohnern befreite Grundstück. Um das Grundstück in diesem Zustand zu erwerben, mußte die Bfin. nach dem Inhalt der beiden Verträge den eigentlichen Kaufpreis und den Zuschuß aufwenden. Ohne diese Gesamtgegenleistung hätte die Veräußerin das Grundstück nicht aus der Hand gegeben.
An der vorstehenden Beurteilung ändert es auch nichts, daß der privatschriftliche Vertrag auch mit dem Sohn der Verkäuferin abgeschlossen worden ist. Denn die Abmachungen in diesem Vertrage haben die oben erwähnten Verpflichtungen (die Räumung und die Freimachungsverpflichtung) der früheren Eigentümerin als Verkäuferin zum Inhalt, und es kann keinen Unterschied begründen, ob sie die Durchführung ihrer Verpflichtung im Innenverhältnis mit den Beteiligten allein regelt, oder ob darüber hinaus noch eine unmittelbare Vertragsbeziehung zwischen dem Erwerber und einem Mitbenutzer hergestellt wird.
Fundstellen
Haufe-Index 407632 |
BStBl III 1953, 145 |
BFHE 1954, 371 |
BFHE 57, 371 |