Leitsatz (amtlich)
Die Hausverwaltertätigkeit eines wohnungswirtschaftlichen Betreuungsunternehmens unterliegt nicht dem ermäßigten Steuersatz des § 12 Abs. 2 Nr. 6a UStG 1967.
Normenkette
UStG 1967 § 12 Abs. 2 Nr. 6a
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Steuerpflichtige) betreibt als gemeinnütziges Wohnungsunternehmen den Bau, Erwerb, die Betreuung und Verwaltung von Wohnhäusern und Eigentumswohnungen sowie den Erwerb von Baugrundstücken. Für das Jahr 1968 zog das FA die Steuerpflichtige u. a. wegen eines Betrages von 292 488,26 DM vereinnahmter Gebühren für die Verwaltung von Wohnhäusern mit dem Steuersatz von 11 v. H. zur Umsatzsteuer heran. Die gegen den Umsatzsteuerbescheid 1968 gerichtete Sprungklage, mit der die Steuerpflichtige die Anwendung des Steuersatzes von 5,5 v. H. für die Verwaltergebühren begehrte, hatte keinen Erfolg. Die Vorinstanz führte aus, die Steuerermäßigung des § 12 Abs. 2 Nr. 6a UStG 1967 gelte bei wohnungswirtschaftlichen Betreuungsunternehmen für Leistungen, die üblicherweise mit Wohnungsbauvorhaben verbunden sind. Nach dem Erlaß des BdF - IV A/3 - S 7235 - 7/68 - vom 6. März 1968 (BStBl I 1968, 415) sei die technische und wirtschaftliche Vorbereitung oder Durchführung von Wohnungsbauvorhaben gemeint. Da sich aus dem Wortlaut der obengenannten Bestimmung ergebe, daß nur solche Leistungen begünstigt seien, die der freiberuflichen Tätigkeit entsprechen, beschränke sich die Steuerermäßigung auf die für die freien Berufe typischen Leistungen. Alle Hilfsgeschäfte gehörten nicht zu den begünstigten Leistungen. Die Durchführung von Hausverwaltungen entspreche nicht einer freiberuflichen, sondern einer gewerblichen Tätigkeit. Da eine für einen freien Beruf typische Tätigkeit nicht erbracht werde, seien die Entgelte für die Hausverwaltungen nicht begünstigt. Ein Verstoß gegen Art. 3 GG läge nicht vor.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision, mit der die Steuerpflichtige die Verletzung materiellen Rechts rügt. Sie führt aus, bei der Begünstigungsvorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 6a UStG 1967 komme es auf die Art der Tätigkeit an. Da zu dem satzungsmäßigen und tatsächlichen Zweck des Unternehmens der Steuerpflichtigen auch die Verwaltung von Häusern gehöre, stehe der Steuerpflichtigen die Steuerermäßigung nach dieser Vorschrift für die Erlöse aus der Verwaltung zu. Die Verwaltertätigkeit sei kein Hilfsgeschäft. Die Vorinstanz habe unrichtigerweise unter Berücksichtigung des Urteils des BFH I R 123/69 vom 25. November 1970 (BFH 101, 215, BStBl II 1971, 239), wonach die Durchführung von Hausverwaltungen nicht einer freiberuflichen, sondern einer gewerblichen Tätigkeit entspreche, den Schluß gezogen, daß auch die Hausverwaltung im Rahmen eines wohnungswirtschaftlichen Betreuungsunternehmens eine gewerbliche Tätigkeit darstelle. Nach dem Gesetzeswortlaut komme es aber nicht darauf an, ob die Verwaltertätigkeit eine typisch freiberufliche sei. Der Gesetzgeber habe global Gruppen von Leistungen begünstigt und "Leistungsgesamtheiten" gemeint, nämlich alle Tätigkeiten, die mit Gesetz oder Satzung in Einklang stehen. Damit seien auch "Hilfsgeschäfte" begünstigt. Nach § 12 Abs. 2 Nr. 6a UStG 1967 könne kein Unterschied gemacht werden zwischen Haupt- und Nebentätigkeiten, die für sich betrachtet nicht freiberuflich oder nicht typisch für eine freiberufliche Tätigkeit seien. Die Steuerpflichtige sei als Wohnungsunternehmen durch die oberste Landesbehörde zugelassen und erfülle damit die alleinige materielle Begünstigungsvoraussetzung.
Die Steuerpflichtige beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Verwaltergebühren von 292 488,26 DM mit einem Steuersatz von 5,5 v. H. zur Umsatzsteuer heranzuziehen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision hat keinen Erfolg.
Nach § 12 Abs. 2 Nr. 6a UStG 1967 sind die der freiberuflichen Tätigkeit entsprechenden Leistungen der wohnungswirtschaftlichen Betreuungsunternehmen im Steuersatz begünstigt. Die Vorschrift kann, wie sich aus dem Sachzusammenhang und der Entstehungsgeschichte ergibt, nur im Zusammenhang mit der Vorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 5 UStG 1967 gesehen werden. Nur diese Vorschrift, nicht aber die Nr. 6 war bis zur zweiten Lesung im Entwurf des Mehrwertsteuergesetzes enthalten. Erst in der zweiten Lesung des Gesetzes wurde der Antrag gestellt und angenommen, die in Rede stehende Vorschrift als Nr. 5a in § 12 Abs. 2 UStG 1967 aufzunehmen. Zur Begründung führten die Antragsteller folgendes aus: "Nach einem alten Grundsatz des Umsatzsteuerrechts müssen gleichartige Leistungen gleichbehandelt werden. Dieser Grundsatz des Umsatzsteuerrechts stimmt mit dem Verfassungsprinzip des Art. 3 des Grundgesetzes überein. Wenn nun die freiberufliche Tätigkeit in der gleichen Form von einer Gesellschaft erbracht wird, ... dann muß diese gleichartige Tätigkeit auch der gleichen Besteuerung unterliegen, d. h. dem gleichen ermäßigten Steuersatz.
Selbstverständlich kommt es vor, daß im Rahmen etwa ... einer wohnungswirtschaftlichen Betreuungsgesellschaft ... auch Tätigkeiten ausgeübt werden, die nicht mit einer freiberuflichen Tätigkeit gleichartig sind, sondern eine gewerbliche Tätigkeit darstellen. Es ist selbstverständlich, daß diese Tätigkeit dann dem Steuersatz von 10 % unterliegen muß ...; denn eine Wohnungsbetreuungsgesellschaft kann nur mit den Leistungen Steuerermäßigung beanspruchen, die der freiberuflichen Tätigkeit gleichartig sind." (Vergl. Stenographischer Bericht über die 102. Sitzung des Deutschen Bundestages vom 13. April 1967 unter 4720 A u. B.)
Dieser Wille des Gesetzgebers hat in der Fassung des § 12 Abs. 2 Nr. 6 UStG 1967 seinen eindeutigen Ausdruck gefunden.
Die Auffassung der Steuerpflichtigen, daß die Vorschrift des § 12 Abs. 2 Nr. 6 UStG 1967 alle Tätigkeiten der dort genannten Einrichtungen einschließlich ihrer Nebentätigkeiten und Hilfsgeschäfte begünstigen wollte, kann weder aus dem Wortlaut noch der Entstehungsgeschichte der Vorschrift abgeleitet werden.
Insbesondere kann aus der Tatsache, daß in § 12 Abs. 2 Nr. 5 UStG 1967 nur die Umsätze "aus der Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufes" begünstigt sind, während nach der Fassung der Nr. 6 der Vorschrift "die der freiberuflichen Tätigkeit entsprechenden Leistungen" erfaßt werden, nichts anderes geschlossen werden. Gerade aus dieser Fassung in Verbindung mit der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergibt sich, daß der Umfang der begünstigten Leistungen nach Nr. 6 nicht größer sein sollte als der nach Nr. 5. Zutreffend hat das FG daher ausgeführt, daß im Rahmen der Nr. 6 (ebenso wie im Rahmen der Nr. 5) nur die typischen freiberuflichen Tätigkeiten begünstigt sind und daß zu diesen Hausverwaltungen in dem von der Steuerpflichtigen ausgeübten Umfange nicht gehören (BFH-Urteil I R 123/69 vom 25. November 1970, a. a. O.). Unter diesen Umständen kommt es auch nicht darauf an, daß nach § 11 Abs. 1 Nr. 3 EStDV 1953 auch die dauernde Verwaltung zu den Zwecken eines Wohnungsunternehmens gehören kann.
Fundstellen
BStBl II 1972, 402 |
BFHE 1972, 73 |