Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, unter welchen Voraussetzungen die Änderung der Gewinnverteilungsabrede einer GmbH & Co. KG im Zuge einer Kapitalerhöhung zum Nachteil der Komplementär-GmbH keine verdeckte Gewinnausschüttung darstellt.
Normenkette
KStG § 6 Abs. 1 S. 2; EStG § 15 Nr. 2
Tatbestand
Streitig ist bei einer typischen GmbH & Co. KG, ob eine Gewinnverteilung nach Maßgabe einer von allen Gesellschaftern beschlossenen Änderung des Gesellschaftsvertrags, mit der abweichend vom ursprünglichen Gesellschaftsvertrag die Gewinnanteile der Kommanditisten erhöht und der Gewinnanteil der GmbH vermindert wurde, als verdeckte Gewinnausschüttung der GmbH zu beurteilen ist.
Die Klägerin zu 1, eine KG (im folgenden KG), betreibt ein gewerbliches Unternehmen, das den Vertrieb von Möbel- und Baubeschlägen, insbesondere von Erzeugnissen der Firma M zum Gegenstand hat. Komplementärin der KG ist die Klägerin zu 2, eine GmbH (im folgenden GmbH), Kommanditisten sind der Kaufmann H, der Kläger zu 3 (im folgenden A) und der Kaufmann B, der Kläger zu 4 (im folgenden B).
A und B hatten mit Vertrag vom 1. August 1963 die GmbH mit einem Stammkapital von 20 000 DM errichtet. Gegenstand des Unternehmens war der Vertrieb von Möbel- und Baubeschlägen, insbesondere von Erzeugnissen der Firma M. A übernahm eine Stammeinlage von 15 200 DM, B eine Stammeinlage von 4 800 DM. Mit Vertrag vom 5./29. März 1965 gründeten die GmbH und A und B die KG, und zwar in der Weise, daß die GmbH ihr Unternehmen mit allen Aktiven und Passiven in die KG einbrachte.
Der Gesellschaftsvertrag bestimmte im wesentlichen:
Die GmbH wird persönlich haftende Gesellschafterin mit einer Einlage von 20 000 DM (§ 5). A und B beteiligen sich als Kommanditisten, und zwar A mit einer Einlage von 23 800 DM und B mit einer Einlage von 21 200 DM (§ 6). Die Geschäftsführung und Vertretung der KG obliegt der GmbH, die diese wiederum durch ihre Geschäftsführer A und B ausübt. Als Vergütung für ihre Geschäftsführertätigkeit erhält die GmbH vollen Ersatz aller Aufwendungen (§ 7). Dazu ist im Ergänzungsvertrag vom 29. März 1965 bestimmt, daß die Kommanditisten zu Geschäftsführern der KG bestellt werden und für die Geschäftsführung eine Vorabvergütung erhalten, und zwar A in Höhe von monatlich 1 500 DM und B in Höhe von monatlich 1 000 DM. Die Vergütung der GmbH für ihre Geschäftsführung sei mit ihrem Gewinnanteil abgegolten.
Der (Rein-)Gewinn wird in der Weise verteilt, daß zunächst "sämtliche Kapitalanteile und positiven Privatkonten der Gesellschafter" (in den Bilanzen als Kapital I und II bezeichnet) mit 6 % jährlich zu verzinsen sind und der verbleibende Gewinn (und ebenso ein Verlust) den Gesellschaftern im Verhältnis ihrer Einlagen (Kapital I), also im Verhältnis 30,8 (GmbH) : 36,6 (A) : 32,6 (B) zuzurechnen sind (§ 11). Beschlüsse der Gesellschafter werden mit einfacher Mehrheit gefaßt, wobei sich das Stimmrecht nach der Höhe der Einlagen (Kapital I) richtet (§ 8). Eine Kündigung der Gesellschafter ist jeweils zum Schluß eines Geschäftsjahres unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von einem Jahr zulässig (§ 15). Dem kündigenden oder aus sonstigen Gründen ausscheidenden Gesellschafter ist sein nach Tageswerten zu errechnender Kapitalanteil in fünf gleichen Jahresraten auszuzahlen (§ 16).
Mit am 12. März 1967 schriftlich niedergelegtem Beschluß änderten die Gesellschafter der KG den Gesellschaftsvertrag mit Wirkung vom 1. Januar 1967 wie folgt:
Die Kommanditeinlage des A wird auf 56 800 DM und die Kommanditeinlage des B auf 43 200 DM erhöht, und zwar durch Umbuchung entsprechender Anteile am Jahresgewinn 1966. Als Vorabvergütung erhalten A monatlich 2 100 DM und B 1 400 DM. Die "Kapitalanteile und positiven Privatkonten" werden aus dem Gewinn mit 9 % verzinst. Der Restgewinn wird auf die Gesellschafter im Verhältnis ihrer Einlagen, also im Verhältnis 16,7 (GmbH) : 47,3 (A) : 36,0 (B) verteilt. Ein Verlust ist von den Kommanditisten im Verhältnis 60 (A) : 40 (B) zu tragen.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 24. Oktober 1969 veräußerte A an B einen Geschäftsanteil an der GmbH im Nennwert von 5 200 DM, so daß A und B fortan an der GmbH je zur Hälfte beteiligt waren. Gleichzeitig beschlossen A und B als Kommanditisten der KG und zugleich als Geschäftsführer der GmbH, den Gesellschaftsvertrag der KG wie folgt zu ändern:
Die Kommanditeinlagen von A und B werden durch Umwandlung von anteiligen Jahresgewinnen auf je 60 000 DM erhöht. Der nach Abzug der Tätigkeitsvergütungen und der 9 %igen Verzinsung der Kapitalanteile und positiven Privatkonten verbleibende Gewinn wird im Verhältnis der Einlagen, also jetzt im Verhältnis 14,4 (GmbH) : 42,8 (A) : 42,8 (B) verteilt; einen etwaigen Verlust tragen die Kommanditisten je zur Hälfte. Die Bestimmung, daß das Auseinandersetzungsguthaben eines ausscheidenden Gesellschafters nach Tageswerten zu ermitteln ist, gilt nicht für die GmbH; diese nimmt weder an den stillen Reserven noch sonstigen Liquidationserlösen teil.
Die GmbH schüttete die in der Handelsbilanz ausgewiesenen Gewinne (Anteil am Gewinn der KG abzüglich Körperschaftsteuer) jeweils in voller Höhe an ihre Gesellschafter A und B aus.
In ihren Gewinnfeststellungserklärungen für 1967 bis 1969 errechnete die KG den erklärten Gewinn ihren Gesellschaftern jeweils nach Maßgabe des vertraglichen Gewinnverteilungsschlüssels zu, und zwar für 1967 und 1968 nach Maßgabe des am 12. März 1967 beschlossenen Gewinnverteilungsschlüssels und für 1969 nach Maßgabe des am 24. Oktober 1969 beschlossenen Gewinnverteilungsschlüssels.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) vertrat im Anschluß an eine Betriebsprüfung die Auffassung, eine Änderung der Beteiligungsverhältnisse bei der KG sei nur möglich, wenn der Gesellschaftsvertrag unter Einhaltung der vereinbarten Kündigungsfrist gekündigt werde. Demgemäß würde die Änderung der Beteiligungsverhältnisse vom 12. März 1967 erst am 1. Januar 1969 und die Änderung der Beteiligungsverhältnisse vom 24. Oktober 1969 erst am 1. Januar 1971 wirksam. Jede Änderung der Gewinnverteilung ohne Beachtung der vertraglichen Kündigungsfristen, die eine Schlechterstellung der GmbH mit sich bringe, führe zu einer verdeckten Gewinnausschüttung, da eine GmbH mit fremden Gesellschaftern derartigen Vereinbarungen nicht zustimmen würde.
Auf dieser Grundlage erließ das FA am 13. Juli 1972 Gewinnfeststellungsbescheide für 1967 bis 1969. Darin setzte es folgende verdeckte Gewinnausschüttungen an:
1967 23 453,91 DM
1968 14 821,78 DM
1969 5 847,91 DM
Diese Beträge sind errechnet für 1967 und 1968 nach dem Gewinnverteilungsschlüssel des Gesellschaftsvertrags vom 5./29. März 1965 (Differenz zwischen dem Anteil der GmbH am Gewinn der KG nach Maßgabe dieses Vertrags und dem tatsächlich gutgeschriebenen geringeren Gewinnanteil nach Maßgabe des Änderungsvertrags vom 12. März 1967) und für 1969 nach dem Gewinnverteilungsschlüssel des Vertrags vom 12. März 1967 (Differenz zwischen dem Anteil der GmbH am Gewinn der KG nach Maßgabe des Vertrags vom 12. März 1967 und dem tatsächlich gutgeschriebenen niedrigeren Gewinnanteil nach Maßgabe des Änderungsvertrags vom 24. Oktober 1969).
Einspruch und Klage waren erfolglos. Das FG war der Auffassung, daß eine verdeckte Gewinnausschüttung vorliege, weil keine einleuchtenden Gründe für eine vorzeitige Änderung des Gewinnverteilungsschlüssels zum Nachteil der GmbH vorgelegen hätten.
Mit der Revision beantragen die Kläger, das angefochtene Urteil, die Einspruchsentscheidung und die Gewinnfeststellungsbescheide 1967 bis 1969 aufzuheben und bei der Gewinnverteilung der GmbH keine verdeckten Gewinnausschüttungen zuzurechnen. Die Kläger rügen unrichtige Anwendung des § 6 Abs. 1 KStG, mangelnde Sachaufklärung und eine Verletzung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet; die Vorentscheidung ist aufzuheben und der Rechtsstreit an das FG zurückzuverweisen. Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen des FG können die rechtliche Schlußfolgerung nicht rechtfertigen, daß die Zustimmung der GmbH zu den am 12. März 1967 und 24. Oktober 1969 beurkundeten Änderungen des Gesellschaftsvertrags der KG als verdeckte Gewinnausschüttungen der GmbH an ihre Gesellschafter A und B zu beurteilen ist. Das FG hätte feststellen müssen, ob die Behauptung der Kläger zutrifft, daß die Tätigkeitsvergütungen, die A und B im Zusammenhang mit den Änderungen des Gesellschaftsvertrags für die Führung der Geschäfte der KG zugebilligt erhielten, erheblich niedriger waren als die Tätigkeitsvergütungen, die ein fremder Geschäftsführer für eine gleichartige Leistung gefordert hätte. Denn wenn diese Behauptung zutrifft, so kann unter bestimmten weiteren Voraussetzungen anzunehmen sein, daß ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter der GmbH den für die GmbH nachteiligen Kapitalerhöhungen zugestimmt hätte.
1. Ist eine GmbH alleinige persönlich haftende Gesellschafterin einer KG, deren Kommanditisten zugleich die alleinigen Gesellschafter der GmbH sind, so kann die Zustimmung der GmbH zu einer Änderung des Gesellschaftsvertrags der KG als verdeckte Gewinnausschüttung der GmbH an ihre Gesellschafter zu beurteilen sein, soweit sich durch die Vertragsänderung die vermögensrechtlichen Rechte, die der GmbH als Gesellschafterin der KG aufgrund des bisherigen Gesellschaftsvertrags der KG zustehen, verringern und sich zugleich die entsprechenden Vermögensrechte der Kommanditisten in gleicher Weise erhöhen (Urteil des BFH vom 25. November 1976 IV R 38/73, BFHE 120, 511, BStBl II 1977, 477). Eine verdeckte Gewinnausschüttung kann insbesondere dann vorliegen, wenn bei einer GmbH & Co. KG durch eine Kapitalerhöhung eine Veränderung der für die Gewinnverteilungen maßgeblichen Beteiligungsverhältnisse dadurch herbeigeführt wird, daß die GmbH an der Kapitalerhöhung nicht teilnimmt, obwohl sie hierzu berechtigt und in der Lage war (BFH-Urteil vom 25. November 1976 IV R 90/72, BFHE 120, 499, BStBl II 1977, 467).
Voraussetzung dafür, die Zustimmung der GmbH zu einer Änderung des Gesellschaftsvertrags der KG (Kapitalerhöhung) als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilen, ist, daß ein Geschäftsführer der GmbH, der bei seiner Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anwendet (vgl. § 43 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG -, § 93 des AktG), der Vertragsänderung (Kapitalerhöhung) nicht zugestimmt hätte oder - anders ausgedrückt - daß der Geschäftsführer der GmbH der Änderung des Gesellschaftsvertrags (Kapitalerhöhung) nicht zugestimmt hätte, wenn die durch die Vertragsänderung (Kapitalerhöhung) begünstigten Kommanditisten nicht zugleich Gesellschafter der GmbH gewesen wären.
2. Im Streitfall haben sich durch die am 12. März 1967 und 24. Oktober 1969 beurkundeten Änderungen des Gesellschaftsvertrags der KG die Vermögensrechte der GmbH innerhalb der KG, so wie sie aufgrund des ursprünglichen Gesellschaftsvertrags der KG bestanden, insbesondere der Anteil der GmbH am Jahresgewinn, zugunsten der Kommanditisten, die zugleich Gesellschafter der GmbH sind, erheblich verringert. Die GmbH hat demnach ihren Gesellschaftern mit der Zustimmung zu den Vertragsänderungen (Kapitalerhöhungen) jeweils einen Vermögensvorteil zugewendet. Diese Zuwendung kann als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilen sein, soweit ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter der GmbH nach den besonderen Umständen des Streitfalls den Vertragsänderungen dieser Form nicht zugestimmt hätte.
a) Der Senat pflichtet der Vorentscheidung darin bei, daß ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter der GmbH den Vertragsänderungen, also den Kapitalerhöhungen ohne Teilnahme der GmbH nicht schon deshalb zugestimmt hätte, weil der KG durch die Erhöhung der Kommanditeinlagen neues Kapital zugeführt wurde. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob, wie die Revision im Zusammenhang mit einer Rüge mangelnder Sachaufklärung vorbringt, die KG neues Kapital benötigte. Auch wenn man hiervon ausgeht, muß die Eigenart der beschlossenen Kapitalerhöhung zu der Annahme führen, daß ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter der GmbH grundsätzlich darauf bestanden hätte, daß auch die GmbH an diesen Kapitalerhöhungen teilnehmen kann. Diese Eigenart ist darin zu sehen, daß die am 12. März 1967 beurkundete Kapitalerhöhung nur durch Umbuchung "vom anteiligen Jahresgewinn des Wirtschaftsjahres 1966" und die am 24. Oktober 1969 beurkundete Kapitalerhöhung durch Umbuchung "vom anteiligen Jahresgewinn" vorzunehmen waren. Sieht man von den nachstehend zu c) noch zu erörternden Gesichtspunkten ab, so ist nicht ersichtlich, was einen ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter hätte veranlassen können, darauf zu verzichten, daß auch der GmbH die Möglichkeit eingeräumt wird, ihre Kapitaleinlage bei der KG durch Umbuchung ihres Anteils am Jahresgewinn des jeweils vorangegangenen Wirtschaftsjahres zu erhöhen. Insbesondere ist weder festgestellt noch vorgetragen; daß der Anteil der GmbH am Jahresgewinn der KG für 1966 nicht ausgereicht hätte, um in gleicher Weise wie die Kommanditisten an der Kapitalerhöhung teilzunehmen. Entsprechendes gilt für den Anteil am Jahresgewinn 1968. Dabei kommt es auf das übliche Ausschüttungsverhalten der GmbH schon deshalb nicht an, weil weder festgestellt noch vorgetragen ist, daß die GmbH zu den Zeitpunkten, zu denen die Kapitalerhöhungen der KG beschlossen wurden, ihrerseits bereits die Ausschüttung ihres Gewinnes für das jeweils vorangegangene Wirtschaftsjahr beschlossen hatte.
b) Wenn man die nachstehend zu c) noch zu erörternden Gesichtspunkte außer Betracht läßt, so ist auch nicht zu erkennen, daß ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter der GmbH den Kapitalerhöhungen zugestimmt hätte, weil eine Verweigerung der Zustimmung die Kommanditisten veranlaßt hätte, das Gesellschaftsverhältnis zu kündigen und damit aus der Gesellschaft auszuscheiden, und weil die GmbH außerstande gewesen wäre, das Unternehmen mit ähnlichem Erfolg wie bisher allein fortzuführen.
aa) Anders als in dem vom Senat durch Urteil IV R 38/73 entschiedenen Fall ist im Streitfall nicht ersichtlich, daß die Kommanditisten A und B der KG auf der Grundlage kurzfristig kündbarer Verträge bestimmte Wirtschaftsgüter zur Nutzung überlassen haben, die die wesentlichen Grundlagen des Unternehmens der KG sind, und daß aus diesem Grunde eine aus fremden Gesellschaftern zusammengesetzte GmbH es nicht auf ein Ausscheiden der Kommanditisten aus der KG und eine damit naturgemäß verbundene Kündigung der Nutzungsverträge hätte ankommen lassen.
bb) Ebensowenig erweist sich die GmbH etwa deshalb außerstande, das Unternehmen allein fortzuführen, weil, wie der Senat in seinem Urteil vom 15. November 1967 IV R 139/67 (BFHE 90, 399 [415/416], BStBl II 1968, 152) ausgesprochen hat, in einer GmbH & Co. KG, bei welcher der oder die Kommanditisten zugleich Gesellschafter-Geschäftsführer der geschäftsführenden Komplementär-GmbH sind, diese zwar rechtlich allein Geschäftsführerin der KG ist, die tatsächliche Durchführung der Geschäfte aber in Wirklichkeit den Kommanditisten obliegt. Denn bei Beantwortung der Frage, wie ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter einer aus fremden Gesellschaftern bestehenden Komplementär-GmbH auf das Ansinnen einer für die GmbH nachteiligen Änderung des Gesellschaftsvertrags reagiert hätte, müssen die unternehmerischen Fähigkeiten und Leistungen derjenigen natürlichen Personen, die Kommanditisten und auch Gesellschafter-Geschäftsführer der GmbH sind, sowohl der KG als auch der GmbH zugerechnet werden, so daß die GmbH insoweit als funktionell fähig zu denken ist, das Unternehmen ggf. allein mit ähnlichem Erfolg weiterzuführen.
c) In der Zustimmung der GmbH zu den Vertragsänderungen ist aber, wie die Revision im Ergebnis zu Recht geltend macht, dann keine verdeckte Gewinnausschüttung zu sehen, wenn die auf tatsächlichem Gebiet liegende Behauptung der Kläger zutreffen sollte, daß die Tätigkeitsvergütungen, die A und B aufgrund der gleichzeitig mit der Kapitalerhöhung von 1967 beschlossenen Änderung des § 11 des Gesellschaftsvertrags der KG für die Führung der Geschäfte der KG erhielten, erheblich niedriger waren als die Tätigkeitsvergütungen, die an fremde Geschäftsführer für gleichartige Leistungen zu zahlen gewesen wären, und wenn ferner festgestellt werden kann, daß die mit der Zustimmung zur Vertragsänderung verbundene Minderung des vermögensrechtlichen Status der GmbH (einschließlich des Verlustes eines entsprechenden potentiellen Anteils an den stillen Reserven und am Geschäftswert) nicht außer Verhältnis steht zu den Vorteilen, die der GmbH aus einem mit der Zustimmung zur Vertragsänderung verbundenen Festhalten an den auch nach der Erhöhung durch den Vertrag vom 12. März 1967 immer noch niedrigen Tätigkeitsvergütungen für die Kommanditisten erwachsen. Denn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter der GmbH hätte in diesem Falle damit rechnen müssen, daß seine Weigerung, der vorgesehenen einseitigen Kapitalerhöhung zugunsten der Kommanditisten zuzustimmen,
aa) entweder unabweisbare Forderungen der Kommanditisten auf eine Erhöhung ihrer Tätigkeitsvergütungen ausgelöst hätte mit der Folge, daß sich der nach den Kapitalanteilen zu verteilende Restgewinn der KG und damit auch der (zur Ausschüttung an ihre Gesellschafter verbleibende) Gewinnanteil der GmbH entsprechend verringert hätte
bb) oder zu einem Ausscheiden der Kommanditisten aus der KG und damit möglicherweise dazu geführt hätte, daß bei einer alleinigen Fortführung des Unternehmens der KG durch die GmbH denjenigen natürlichen Personen, die gleiche unternehmerische Leistungen erbringen, zu Lasten des Gewinns der GmbH entsprechend höhere Tätigkeitsvergütungen gezahlt werden müßten; dabei hätte auch nicht unterstellt werden können, daß diese natürlichen Personen, etwa weil sie gleichzeitig Gesellschafter der GmbH sind, in ähnlicher Weise wie bisher die Kommanditisten der KG nicht auf einer angemessenen Tätigkeitsvergütung bestanden hätten, also die Geschäfte der GmbH nicht auf dienstvertraglicher, sondern auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage geführt hätten.
Für diese rechtliche Beurteilung ist nicht ausschlaggebend, ob im Streitfall die Kommanditisten A und B zivilrechtlich die Geschäfte der KG als geschäftsführungsbefugte Kommanditisten der KG (vgl. Baumbach/Duden, Handelsgesetzbuch, § 164 Anm. 1 zu A) geführt haben, wie dies die Formulierung des vom FG in seinem Urteil in Bezug genommenen Ergänzungsvertrags vom 29. März 1965 nahelegt, oder ob, wie das FG offenbar im Hinblick auf die Formulierungen des Gesellschaftsvertrags vom 5. März 1965 angenommen hat, die GmbH alleinige Geschäftsführerin der KG war und A und B in ihrer Eigenschaft als Geschäftsführer der GmbH die Geschäfte der KG geführt haben. Ebenso ist unerheblich, ob die Kommanditisten ihre Tätigkeitsvergütungen unmittelbar von der KG oder über die GmbH erhielten.
Entscheidend ist allein, daß nach der ständigen Rechtsprechung des BFH ein Kommanditist, der die Geschäfte einer GmbH & Co. KG führt - gleichgültig, ob dies zivilrechtlich auf der Grundlage einer im KG-Vertrag verliehenen Geschäftsführungsbefugnis oder als Geschäftsführer der innerhalb der KG geschäftsführungsbefugten Komplementär-GmbH geschieht -, wirtschaftlich betrachtet in jedem Falle im Dienste der KG tätig wird, eine Vereinbarung über seine Tätigkeitsvergütung deshalb einkommensteuerrechtlich den Charakter einer Gewinnverteilungsabrede für die KG hat und demgemäß diese Tätigkeitsvergütung auch durch § 15 Nr. 2 EStG erfaßt wird (s. z. B. BFH-Urteile vom 2. August 1960 I 221/59 S, BFHE 71, 425, BStBl III 1960, 408; vom 21. März 1968 IV R 166/67, BFHE 92, 328, BStBl II 1968, 579; vom 22. Januar 1970 IV R 47/68, BFHE 98, 479, BStBl II 1970, 415; vom 23. Februar 1972 I R 159/68, BFHE 105, 257, BStBl II 1972, 530; ferner vom 21. Dezember 1972 IV R 53/72, BFHE 107, 564, BStBl II 1973, 298).
An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest, da sie den für die Besteuerung maßgeblichen wirtschaftlichen Gegebenheiten und dem Sinngehalt der einschlägigen steuerrechtlichen Vorschriften entspricht.
Daraus ist dann aber die Folgerung zu ziehen, daß die Frage, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter der GmbH einer für die GmbH nachteiligen und für die Kommanditisten vorteilhaften Kapitalerhöhung zugestimmt hätte - unabhängig von der zivilrechtlichen Gestaltung der Geschäftsführung innerhalb der KG -, unter Berücksichtigung des Umstandes zu beantworten ist, ob die zusammen mit der Kapitalerhöhung beschlossene Höhe der Tätigkeitsvergütungen der Kommanditisten für die GmbH vorteilhaft und die Kommanditisten nachteilig ist.
Soweit aus den genannten Gründen die Zustimmung zu den Vertragsänderungen nicht als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilen ist, bleibt allerdings zu beachten, daß entgegen der Ansicht der Revision die Tätigkeitsvergütungen für die Kommanditisten nicht ohne Zustimmung der GmbH erhöht werden können (s. die Nachweise im BFH-Urteil IV R 53/72), und daß eine Zustimmung der GmbH zu einer späteren Erhöhung dieser Tätigkeitsvergütungen eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellen kann, soweit die Erhöhung für das durch die wirtschaftliche Entwicklung gebotene Maß hinausgeht und die GmbH für ihr früheres Zugeständnis keinen Ausgleich erhält.
3. Bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung wird das FG zu berücksichtigen haben, daß eine verdeckte Gewinnausschüttung jedenfalls insoweit vorliegt, als sich die GmbH mit rückwirkenden Vertragsänderungen einverstanden erklärte (s. BFH-Urteil IV R 38/73). Dabei bleibt es den Klägern unbenommen, den Nachweis für ihre Behauptung zu führen, daß die Vertragsänderungen jeweils zu Beginn des Wirtschaftsjahres klar und eindeutig vereinbart und lediglich erst später beurkundet worden seien.
Soweit das FG bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung wiederum zur Annahme verdeckter Gewinnausschüttungen gelangen sollte, wird es Gelegenheit haben, auch auf die Einwendungen der Kläger zur Zurechnung der verdeckten Gewinnausschüttungen bei den Anteilseignern der GmbH in rechtlicher und rechnerischer Hinsicht einzugehen. Dabei ist zu berücksichtigen, daß für diese Zurechnung nicht die Beteiligungsverhältnisse an der GmbH maßgeblich sind, sondern daß es der tatsächliche Zufluß, also die Gewinnverteilung innerhalb der KG ist.
Fundstellen
Haufe-Index 72319 |
BStBl II 1977, 504 |
BFHE 1977, 333 |