Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonstiges Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur Anwendung des § 8 UStDB bei Rückgabe von Butter durch Molkereien, Käsereien u. ä. an die Milchlieferer.
Normenkette
UStDB § 8; UStG § 3/9
Gründe
Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und der Einspruchsentscheidung.
Die Auffassung des Finanzgerichts wird dem Sinne des § 8 der Durchführungsbestimmungen zum Umsatzsteuergesetz (UStDB) nicht gerecht. § 8 ist, wie der II. Senat schon in dem Urteil II 13/51 U vom 24. August 1951 (Bundessteuerblatt III S. 97) hervorgehoben hat, keine Vorschrift über die Anwendung einer formellen Berechnungsmethode, sondern eine Vorschrift materiellen Inhalts. Es kommt nach § 8 nicht auf die Berechnungsform, sondern auf das Berechnungsergebnis an, und zwar darauf, ob die Berechnung nach ihrem Ergebnis ein Handels-(Lieferungs-)entgelt oder ein Arbeits-(Werkleistungs-)entgelt zur Folge hat. Die Auffassung des Finanzgerichts, daß es auf das Ergebnis der Berechnung nicht ankomme, ist unrichtig.
§ 8 UStDB ist eine Einzelvorschrift, die in den großen Rahmen der Vorschriften über die richtige Feststellung des Leistungsaustausches und des dementsprechenden Entgelts gehört. Grundgedanke ist, daß nicht zivil- oder handelsrechtliche Vorschriften, sondern eine wirtschaftliche Betrachtungsweise dafür maßgebend ist, was Inhalt des Leistungsaustausches ist. Nach § 8 UStDB soll ein Geschäftsvorfall, der sich äußerlich in den Formen von Lieferung und Gegenlieferung abspielt, dennoch nach seinem wirtschaftlichen Inhalt als Werkleistung gelten, wenn das Entgelt für die Leistung "nach Art eines Werklohns ... berechnet wird". Diese Vorschrift ist aus der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs entstanden, durch die der wirtschaftliche Inhalt von Geschäftsvorgängen als entscheidend gegenüber der Form behandelt worden ist. Die Worte "Berechnung nach Art eines Werklohns" können daher keine Formvorschrift sein. Ihr materieller Inhalt ist vielmehr der, daß nur ein wirklicher Werklohn nach § 8 UStDB behandelt werden soll, daß aber Entgelte, die sich aus handelsmäßigen Gesichtspunkten ergeben, für die Anwendung des § 8 ausgeschlossen sind. Diese Auffassung gilt auch für die Worte des § 8, daß das Entgelt "unabhängig vom Unterschied zwischen dem Marktpreis des empfangenen Stoffes und dem des überlassenen Gegenstandes" berechnet sein muß. Ein Werkleistungslohn kann auf verschiedene Weise berechnet werden: Es werden z. B. Stundenarbeitslöhne, gegebenenfalls unter Hinzurechnung eines Unternehmergewinns und etwaiger Materialbeigaben des Unternehmers angesetzt; oder es wird der Wert des hergestellten Gegenstands dem Werte des vom Auftraggeber beigestellten Stoffes in Rechnung gestellt. Auch diese zweite Methode ergibt einen Werkleistungslohn; es sei denn, daß handelsmäßige oder spekulative Momente in diese Rechnung hineingebracht werden. Dies ist z. B. dann der Fall, wenn die jeweiligen Marktpreise bei der Berechnung eine Rolle spielen. Marktpreise sind Schwankungen unterworfen. Wer unter Ausnutzung von Marktpreisschwankungen seinen Preis berechnet, ist von der Regelung der günstigen Entgeltsberechnung nach § 8 UStDB ausgeschlossen. Der Nachdruck in § 8 liegt also auf dem Wort "Marktpreis", d. h. einem Schwankungen unterworfenen Preis. Wer aber, wie es im Streitfalle geschehen ist, feststehende Preise zum Ausgangspunkt seiner Berechnung macht, rechnet nicht wie ein Händler, sondern wie ein Werkleistender; er berechnet sein Entgelt "nach Art eines Werklohns", wie § 8 UStDB vorschreibt. Die Beschwerdeführerin (Bfin.) hat ihrer Werklohnberechnung den in der Streitzeit feststehenden und gleichgebliebenen Butterpreis von 4,48 DM einerseits und den ebenfalls gleichgebliebenen Preis der für die Butter verarbeiteten Fetteinheiten andererseits zu Grunde gelegt. Aus dieser Berechnung ergibt sich kein Händlerlohn, sondern ein Werklohn. Allerdings beträgt dieser Werklohn je kg nicht 30 Pfg., wie es in den Werklohnverträgen der Bfin. vereinbart war, sondern 4,48 - 4,10 0,38 DM (bei 82 verbrauchten Fetteinheiten zu je 5 Pfg. je kg Butter). Die Tatsache, daß sich die Bfin. nicht an den vereinbarten Werklohn gehalten hat, führt nicht dazu, daß die Anwendung des § 8 UStDB unterbleibt, wie die Vorinstanzen meinen, sondern dazu, daß der wirklich berechnete Werklohn von 38 statt 30 Pfg. der Besteuerung gemäß § 8 UStDB zu Grunde gelegt wird. Auch der Umstand, daß die Bfin. die Ausscheidung des Werklohns in den von der Oberfinanzdirektion vorgeschriebenen Formularen nicht vorgenommen hat, steht der Anwendung des § 8 nicht entgegen. Die Formulare sind ein gutes Hilfsmittel für die Berechnung des Werklohns, und ihre Anwendung ist für die Praxis anzuraten; aber in § 8 UStDB und auch sonst im Umsatzsteuerrecht sind für diese Fälle förmliche Berechnungsmethoden nicht vorgeschrieben. Auch ein Buchnachweis nach Art des § 14 UStDB kann nicht gefordert werden, weil die Anwendung des § 8 UStDB an keiner Stelle des Umsatzsteuergesetzes oder der UStDB von einem solchen Buchnachweis abhängig gemacht ist. Natürlich müssen die wirklichen Werklohnentgelte aus der Buchführung mit genügender Sicherheit und ohne Schwierigkeiten errechenbar sein; andernfalls wäre das Finanzamt zur Schätzung der Werklohnentgelte berechtigt.
Fundstellen
Haufe-Index 407819 |
BStBl III 1954, 65 |
BFHE 1954, 402 |
BFHE 58, 402 |