Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur steuerlichen Beurteilung von Kosten für Studienreisen bei Lehrern.
Die Kosten der Ferienreise eines Realschullehrers für Englisch, Erdkunde und Sport nach England sind - einschließlich der Kosten für Fotos und Farbdias - grundsätzlich Kosten der privaten Lebenshaltung und deshalb bei der Einkommensteuer nicht absetzbar.
Normenkette
EStG § 9 S. 1, § 12 Nr. 1
Tatbestand
Der im Jahre 1937 geborene ledige Stpfl. ist Realschullehrer; seine Unterrichtsfächer sind Englisch, Erdkunde und Sport. Er unterrichtet an der Realschule, an der Volkshochschule und bei Stationierungsstreitkräften. Für das Jahr 1963 machte er die Kosten für eine Reise nach England mit zunächst 1.475 DM als Werbungskosten geltend. Der Betrag setzte sich zusammen aus den Kosten der Schiffsreise einschließlich der überführung des Pkw (175 DM), den Fahrtkosten des Pkw für 5.000 km mit 12 Pf. je Fahrtkilometer (600 DM) und den Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung für 35 Tage mit je 20 DM (700 DM). Das FA erkannte diese Beträge nicht als Werbungskosten an. Auch der Einspruch, mit dem der Stpfl. nunmehr die Fahrtkosten mit 25 Pf. je Fahrtkilometer und außerdem die Kosten für 150 Farbdias mit 99,50 DM ansetzte, hatte keinen Erfolg.
Die Klage wurde vom FG als unbegründet zurückgewiesen. Das FG führte insbesondere aus, nach der Rechtsprechung des BFH sei bei der Prüfung, ob Aufwendungen für Studienreisen in das Ausland steuerlich abzugsfähig seien, ein strenger Maßstab anzulegen. Das berufliche Interesse müsse deutlich erkennbar eine ganz überragende Bedeutung gehabt haben. Das sei anzunehmen, wenn die gesamte Reiseplanung nach Art und Umfang besonders auf das berufliche Interesse und die berufliche Fortbildung ausgerichtet gewesen sei, wie z. B. bei der Teilnahme an einem Fachkursus oder bei einer lehrgangsmäßig organisierten Reise. Diese Voraussetzung sei im Streitfall nicht erfüllt. Die Versicherung des Stpfl., der ausschließliche Grund seiner Reise sei sein berufliches Interesse gewesen, sei kein ausreichender Nachweis. Es habe sich um eine übliche Bildungs- und Erholungsreise gehandelt, wie sich schon aus der Planung und Durchführung der Reise ergebe. Der Stpfl. habe die Reise nach seinem Belieben während der Schulferien gestaltet. Auslandsreisen gehörten bei vielen Steuerpflichtigen zur privaten Lebensgestaltung. Das Reiseziel werde oft zur Bereicherung des allgemeinen Wissens und des persönlichen Erlebnisschatzes gewählt. So sei es auch beim Stpfl. gewesen. Die berufliche Weiterbildung habe bei der Reise nicht so sehr im Vordergrund gestanden, daß die sonst üblicherweise mit einer Auslandsreise verfolgten Zwecke für den Stpfl. ohne Bedeutung gewesen seien. Die Aufzeichnungen, Fotos und Farbdias bewiesen nicht das Gegenteil; denn es sei weithin üblich, derartige Reiseerinnerungen zu schaffen.
Der Stpfl. rügt mit seiner Revision unrichtige Anwendung des § 9 EStG. Das FG verkenne die Bedeutung, die für einen Sprachlehrer ein Aufenthalt in dem Land habe, dessen Sprache er unterrichte. Die Erweiterung des allgemeinen Wissens decke sich bei einem Sprachlehrer mit der Erweiterung seines Fachwissens. Eine Einengung der Berücksichtigung von Kosten einer Auslandsreise auf die Teilnahme an Kursen und ähnlichen Veranstaltungen beraube einen Sprachlehrer wichtiger Fortbildungsmöglichkeiten. Als Alleinreisender sei er ständig ausschließlich mit der Bevölkerung des Reiselandes zusammen und höre und spreche nur dessen Sprache, so daß er sich ständig fortbilde. Er lerne auch besser, als es bei einer organisierten Reise der Fall sei, die Eigenarten des Landes kennen. Das sei für ihn auch als Erdkundelehrer besonders wichtig gewesen. Das FG habe daher zu Unrecht ein überwiegendes berufliches Interesse an seiner Englandreise verneint.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Es ist dem Stpfl. zuzugeben, daß seine Reise nach England auch für seine berufliche Tätigkeit von Nutzen gewesen sein mag. Das FG hat aber festgestellt, daß die Reise eine Bildungs- und Erholungsreise war, wie sie in weiten Bevölkerungskreisen üblich geworden ist. Gegen diese tatsächliche Würdigung bestehen keine rechtlichen Bedenken. Das FG weist zutreffend darauf hin, daß viele, insbesondere jüngere Steuerpflichtige Auslandsreisen zur Bereicherung des Allgemeinwissens und des persönlichen Erlebnisschatzes machen. Daß sie dabei oft Gebiete bevorzugen, für die sie berufliche Interessen haben, ist naheliegend. Wenn das FG deshalb annimmt, daß derartige Auslandsreisen zur privaten Lebensgestaltung gehören, so trifft dies zu.
Nach § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG sind Aufwendungen der Steuerpflichtigen, die weder ausschließlich noch ganz überwiegend auf beruflicher Veranlassung beruhen, der privaten Lebenshaltung zuzurechnen und deshalb bei der Ermittlung des Einkommens grundsätzlich nicht abzusetzen. Nach der Rechtsprechung des BFH kommt für einen Teil dieser Aufwendungen ein Abzug nur in Betracht, wenn nach objektiven Merkmalen eindeutig und leicht abgrenzbar ein Teilbetrag der Aufwendungen ausschließlich oder doch ganz überwiegend aus beruflichen Gründen gemacht worden ist (vgl. z. B. BFH-Urteil IV 158/61 S vom 13. März 1964, BFH 79, 605, BStBl III 1964, 455; VI 106/62 U vom 24. August 1962, BFH 75, 673, BStBl III 1962, 512). Eine solche Ausnahme liegt hier nicht vor. Die Englandreise des Stpfl. war eine Einheit. Es besteht kein Anhalt, daß ein Teil der Reisekosten auf ausschließlich berufliche Gründe zurückzuführen ist. Das FG hat daher ohne Rechtsirrtum die Reiseaufwendungen des Stpfl. unter Hinweis auf § 12 Nr. 1 EStG nicht zum Abzug zugelassen.
Das gilt auch für die Kosten der unterwegs gefertigten Fotos und Farbdias. Wenn der Stpfl. diese auch möglicherweise beim Unterricht verwendet, so sind sie doch mehr oder weniger Reiseerinnerungen, wie bei jedem Steuerpflichtigen, der eine Urlaubsreise in ein fremdes Land unternimmt und bei dem diese Kosten auch nicht steuerlich berücksichtigungsfähig sind. Daß die Aufnahmen ausschließlich oder doch mindestens ganz überwiegend im beruflichen Interesse gemacht wurden, ist demnach nicht anzunehmen.
Da die Vorentscheidung demnach zutreffend den Abzug der Reisekosten abgelehnt hat, kann die Revision des Stpfl. keinen Erfolg haben.
Fundstellen
Haufe-Index 412719 |
BStBl III 1967, 774 |
BFHE 1968, 50 |
BFHE 90, 50 |