Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Förderungsgesetze Bewertung Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage, welche Bedeutung einer vor dem Währungsstichtag getroffenen Vereinbarung über eine spätere Anpassung der Gegenleistung an die neue Währung beizumessen ist.
Die in § 64 LAG getroffene Regelung schließt nicht nur die Anwendung der im ersten Absatz dieser Vorschrift aufgeführten Vorschriften des BewG, sondern als lex specialis auch eine Berichtigung nach § 4 Abs. 2 StAnpG aus.
Normenkette
LAG §§ 21, 64; BewG § 5; StAnpG § 4
Tatbestand
Die Mutter des Bf. war im Jahr 1944 verstorben und von ihrem Ehemann und ihren drei Söhnen (dem Bf. und dessen zwei Brüdern) zu je 1/4 beerbt worden. Der Nachlaß bestand überwiegend aus Grundbesitz. Mit gemeinsamem Vertrag vom Januar 1948 verkauften und übertrugen die drei Söhne ihren mütterlichen Erbteil auf ihren Vater. Der Kaufpreis betrug für jeden der drei Söhne 120.000 RM. Der Kaufpreis wurde fällig mit dem Ableben des Vaters und war solange nicht zu verzinsen und zu sichern. Dagegen hatte der Vater die Hälfte der ihm zufließenden Erträgnisse aus dem gesamten Grundbesitz ohne Rücksicht darauf, ob es sich um sein bisheriges Alleineigentum oder um Grundstücke des Gesamtgutes oder seiner Ehefrau handelte, rückwirkend vom Januar 1947 ab an die drei Söhne auszufolgen. Wegen der Berechnung des Kaufpreises ist in dem Vertrag ausgeführt, es werde davon ausgegangen, daß folgendes zum Nachlaß gehörende Sachwertvermögen vorhanden sei:
eingebrachtes Gut -------------------- rd. 250.000 RM Hälfteanteil am Errungenschafts= Grundstücksvermögen ---------------------- 150.000 RM.Unter Berücksichtigung des Kapitalvermögens und der vorhandenen Hypothekenschulden errechne sich ein Muttergut für jeden der drei Söhne von rund 70.000 RM, wobei nur die Einheitswerte, nicht die Tageswerte berücksichtigt seien. Bei der Erhöhung auf 120.000 RM Kaufpreis werde berücksichtigt, daß die Söhne ihr Muttergut sofort zu fordern hätten und sie auf die Lebensdauer des Vaters, geboren im Jahre 1876, keine Zinsen, sondern einen unsicheren Erträgnisanteil zu fordern hätten. Weiterhin sei für die Söhne nachteilig, daß nur von den Einheitswerten bei dem Wert des Muttergutes ausgegangen würde, statt von den erheblich höheren Grundstückstageswerten. Die Erhöhung des Kaufpreises sei demnach wirtschaftlich angemessen. Außerdem wurde in dem Vertrag noch folgendes vereinbart (Ziff. 2 des Vertrages):
"Wenn die bevorstehende Geldneuregelung eingetreten ist, können die Beteiligten gegenseitig verlangen, daß der Kaufpreis der neuen Währung angepaßt wird."
In seiner Vermögenserklärung für die Hauptveranlagung zur Vermögensteuer 1949 vom Dezember 1955 gab der Bf. an, sein am 21. Juni 1948 vorhandenes Vermögen habe aus einer Kaufpreisforderung von 120.000 DM an seinen Vater bestanden.
Im Januar 1956 veranlagte das Finanzamt den Bf. mit der Forderung von 120.000 DM zu einer Vermögensabgabe von 60.000 DM. Die Veranlagung wurde unanfechtbar.
Der Bf. beantragte mit Schreiben vom Mai 1957 eine Berichtigung seiner Vermögensabgabe-Veranlagung gemäß § 4 StAnpG, da zu erwarten sei, daß die im Vertrag vom Januar 1948 vorgesehene Umstellung der Forderung von ursprünglich 120.000 RM alsbald erfolgen werde. Diese Vereinbarung wirke steuerrechtlich zurück. Zur Begründung wurde hierzu ausgeführt, die Kaufpreisforderung von 120.000 RM sei gesetzlich im Verhältnis 10 : 1 von RM auf DM umgestellt worden.
Im Mai 1958 schlossen der Vater des Bf. und seine drei Söhne einen privatschriftlichen Vertrag. § 2 dieses Vertrages lautet:
"In Erfüllung der in Ziff. 2 des oben erwähnten Vertrages vom .... Januar 1948 vorgesehenen Anpassung des dort vereinbarten Kaufpreises an die Geldneuregelung (zum 21. Juni 1948), wird nunmehr die Umstellung des Kaufpreises von bisher RM 360.000 auf DM 72.000, für jeden der oben genannten Söhne ergibt sich somit ein Kaufpreisanteil von DM 24.000, festgestellt."
Der Vater des Bf. ist im Jahre 1958 verstorben. Er wurde von seinen drei Söhnen beerbt.
Das Finanzamt lehnte den Antrag auf Vornahme einer Berichtigung der Vermögensabgabe-Veranlagung ab, weil der Vertrag vom Januar 1948 keine Bedingung enthalten habe und von der Währungsreform im Ergebnis nicht berührt worden sei. Aus den Vermögenserklärungen und aus der Hinnahme der Vermögensabgabe-Veranlagung ohne Rechtsmitteleinlegung sei zu schließen, daß die Vertragsparteien die Kaufpreisschuld bzw. -forderung im Verhältnis 1 : 1 von RM auf DM umgestellt hätten.
Die mit Einwilligung des Vorstehers des Finanzamts eingelegte Sprungberufung blieb ohne Erfolg. Die Vorinstanz führte im wesentlichen aus: Der Vertrag vom Januar 1948 stelle eine Erbauseinandersetzung dar, wenn man auch das Wort "Erbauseinandersetzung" im Vertrag selbst - offenbar aus Kostenersparnisgründen - vermieden habe. Die Forderung des Bf. gegen seinen Vater sei deshalb gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 3 des Dritten Gesetzes zur Neuordnung des Geldwesens (UG) vom 20. Juni 1948 im Verhältnis 1 : 1 von RM auf DM umgestellt worden. Der im Vertrag enthaltene Währungsvorbehalt stelle eine Bedingung im bürgerlich-rechtlichen Sinne dar. Vor der Währungsreform getroffene Parteiabreden über eine anderweitige Umstellung seien unwirksam. Die Vereinbarung vom Mai 1958 sei überdies verspätet abgeschlossen worden und könne deshalb die Vermögensabgabe-Veranlagung des Bf. nicht rückwirkend beeinflussen. Das hätte nur durch eine Umstellungsvereinbarung geschehen können, die dann beim Abschluß der Ermittlungen des Finanzamts für die Vermögensabgabe-Veranlagung des Bf. vorgelegen hätte.
Mit der Rb. beantragt der Bf., die Vermögensabgabe-Veranlagung rückwirkend ersatzlos aufzuheben, weil durch den Vertrag vom Mai 1958 mit Wirkung vom Währungsstichtag die Forderung des Bf. im Verhältnis 10 : 2 von RM auf DM umgestellt worden sei und damit die Voraussetzungen für eine Vermögensabgabe-Veranlagung gemäß § 24 Ziff. 1 Buchst. c LAG nicht mehr vorlägen. Hilfsweise beantragt der Bf., die Vermögensabgabe-Veranlagung dahin zu berichtigen, daß als gesamtes der Vermögensabgabe unterliegendes Vermögen die Forderung mit einem Wert von 24.000 DM behandelt werde. Zur Begründung der Rb. wird vorgetragen: Das Finanzgericht habe die Rechtsnatur des Vertrages vom Januar 1948 verkannt; dieser Vertrag sei entsprechend seinem klaren Wortlaut ein Kaufvertrag und kein Auseinandersetzungsvertrag. Der Vertrag sei auch unbedingt und von Anfang an wirksam gewesen. Die Parteien seien lediglich übereingekommen, daß der bezifferte Kaufpreis nicht endgültig vereinbart sein sollte, sondern daß hierüber erst nach der Währungsreform die endgültige Einigung zwischen den Beteiligten herbeigeführt werden würde. Das sei später auch tatsächlich geschehen. Die endgültige Kaufpreisbestimmung sei auch keine unzulässige Währungsklausel. Vielmehr habe der Vertrag vom Januar 1948 eine schuldrechtliche Vereinbarung über die Verpflichtung zur Bestimmung des endgültigen Kaufpreises enthalten. Was aus dem Vertrag 1948 endgültig zu fordern bzw. zu leisten sei, ergebe sich erst aus dem Vertrag vom Mai 1958. Die Parteien hätten auch im Vertrag vom Mai 1958 zunächst den Kaufpreis endgültig auf dreimal 240.000 RM (zusammen also 720.000 RM) bestimmen können und dann das UG für eine Umstellung von 10 : 1 heranziehen können, so daß alsdann der DM-Kaufpreis sich auf dreimal 24.000 DM beziffert hätte. Das Endergebnis bleibe das gleiche. Nehme man aber mit dem Finanzamt eine Umstellung der Forderung im Verhältnis von 1 : 1 von RM auf DM an, so ergebe sich für den Bf. nur eine Kapitalforderung von 24.000 DM, nicht aber eine solche von 120.000 DM. - § 4 StAnpG treffe gerade auf die Fälle zu, bei denen - wie hier - ein steuerlich zu beachtender Vertrag den Grund für eine in der Zukunft liegende änderung der Verpflichtung mit Wirkung für die Vergangenheit enthalte. Das Finanzgericht habe seine Aufklärungspflicht verletzt und sei von Umstellungen ausgegangen.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist unbegründet.
Die Forderung des Bf. aus dem Vertrag vom Januar 1948 ist eine Forderung "aus der Auseinandersetzung zwischen Miterben" im Sinne von § 18 Abs. 1 Ziff. 3 UG und ist deshalb im Verhältnis 1 : 1 von RM auf DM umgestellt worden.
Der Begriff der "Auseinandersetzung" im Sinne von § 18 Abs. 1 Ziff. 3 UG ist weit auszulegen (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 4. Juni 1961 IV ZR 14/50, Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen - BGHZ - Bd. 2 S. 270, 272). Eine Auseinandersetzung im Sinne dieser Vorschrift ist auch dann anzunehmen, wenn ein Miterbe den ganzen Nachlaß oder einzelne Nachlaßgegenstände gegen eine den übrigen Miterben zu leistende Abfindung übernimmt (vgl. Bayer. Oberstes Landesgericht vom 29. Dezember 1951, veröffentlicht in Deutsche Notar-Zeitschrift 1951 S. 235; vgl. auch Beschluß des Bundesgerichtshofs vom 16. April 1953 IV ZB 22/53, veröffentlicht in Neue Juristische Wochenschrift 1953 S. 1021). Die Rechtsprechung der Zivilgerichte hat sich damit der Ansicht von Harmening-Duden (Die Währungsgesetze, 1949, besonders S. 256) angeschlossen. Hiernach ist § 18 UG insbesondere anwendbar auf Ansprüche auf den Preis von Nachlaßgegenständen, die ein Erbe übernommen hat und auf Ansprüche auf den Kaufpreis für die Abtretung eines Erbteiles als solchen an einen Miterben.
Die Forderung des Bf. aus dem Vertrag vom Januar 1948 war auflösend bedingt.
Für die Auseinandersetzungsforderung war ein ziffernmäßig bestimmter RM-Betrag fest vereinbart; über die Höhe dieser von den Vertragsparteien als Kaufpreis bezeichneten Forderung hätten keinerlei Zweifel bestanden, wenn nicht die Währungsreform erfolgt wäre. Die sogenannte Kaufpreisschuld war demnach eine Geldsummenschuld. Es kann dahingestellt bleiben, ob die vertragliche Vereinbarung vom Januar 1948 eine sogenannte Wertsicherungsklausel darstellt. Denn etwaige Wertsicherungsklauseln wären gegenüber den zwingenden Vorschriften der Währungsgesetze unwirksam (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs vom 15. Februar 1952 V ZR 54/51, BGHZ Bd. 5 S. 173, besonders S. 180/181). Die Forderung des Bf. ist deshalb im Verhältnis 1 : 1 von RM auf DM umgestellt worden. Trotz dieser gesetzlichen Umstellung der Forderung konnten aber die Parteien des Vertrages vom Januar 1948 nach der Währungsreform eine andere Umstellung vereinbaren. Diese andere Umstellung war im Vertrag sogar ausdrücklich vorgesehen, denn die Wirksamkeit der Vereinbarung des Kaufpreises von 120.000 RM sollte - ungeachtet der Geldneuregelung - durch das Recht der Beteiligten entfallen, wenn sie oder auch nur einer von ihnen eine Neufestsetzung des Kaufpreises begehren würden. Damit war die umgestellte RM-Forderung des Bf. auflösend bedingt (Hinweis auf das Urteil des erkennenden Senats III 59/61 U vom 19. Juli 1963, BStBl 1963 III S. 509, Slg. Bd. 77 S. 516).
Gemäß § 21 Abs. 1 Ziff. 1 LAG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 Satz 1 BewG werden Wirtschaftsgüter, die unter einer auflösenden Bedingung erworben sind, wie unbedingt erworbene behandelt. Zu Recht hat deshalb das Finanzamt die Forderung des Bf. gegen seinen Vater mit dem vollen auf DM umgestellten Nennbetrag bei der Vermögensabgabe-Veranlagung angesetzt. Durch die Neufestsetzung des Kaufpreises im Vertrag vom Mai 1958 trat die Bedingung ein. Der Eintritt der Bedingung hatte zur Folge, daß die Forderung des Bf. von (umgestellt) 120.000 DM entfiel und statt dessen nur noch eine Forderung von 24.000 DM bestand. Für die rechtlichen Folgen des Eintritts einer auflösenden Bedingung enthält das LAG eine Sonderregelung, § 64 Abs. 1 LAG sieht ausdrücklich vor, daß § 5 Abs. 2 BewG nicht anzuwenden ist. Im Gegensatz zum BewG ist die Vermögensabgabe-Veranlagung nach Eintritt der auflösenden Bedingung nicht zu berichtigen; vielmehr ordnet § 64 Abs. 2 LAG für den Eintritt einer auflösenden Bedingung einen gesetzlichen Schuldübergang an. Damit schließt § 64 LAG als lex specialis auch eine Berichtigung nach § 4 StAnpG aus, die in ihrer Wirkung ebenso wie eine Berichtigung nach § 5 Abs. 2 BewG auf den Stichtag (21. Juni 1948) zurückreichen würde. Zu Recht hat deshalb das Finanzamt das Berichtigungsbegehren des Bf. mit Rückwirkung auf den Währungsstichtag abgelehnt. In Höhe des bei der Vermögensabgabe-Veranlagung erfaßten auflösend bedingten Wirtschaftsgutes wird nach der Sondervorschrift des § 64 LAG der bisherige Abgabepflichtige nach Eintritt der auflösenden Bedingung infolge des gesetzlichen Schuldüberganges frei; an seine Stelle tritt ein neuer Abgabeschuldner, nämlich der durch den Eintritt der Bedingung Begünstigte, hier also der inzwischen verstorbene Vater des Bf. (vgl. auch Urteil des erkennenden Senats III 220/55 S vom 9. Dezember 1955, BStBl 1956 III S. 115, Slg. Bd. 62 S. 312). Diese rechtliche Folge tritt aber nur mit Wirkung für die Zukunft ein. Der Bf. kann daher nicht verlangen, rückwirkend von der Vermögensabgabe aus dem Grunde befreit zu werden, weil nunmehr eine Umstellung durch Vertrag vorgenommen worden sei, die ein Fünftel des ursprünglichen Reichsmark-Nennbetrages der Auseinandersetzungsforderung nicht übersteige. Vielmehr kann durch den Eintritt der auflösenden Bedingung nur der Teil der Vierteljahresbeträge an Vermögensabgabe des Bf. auf einen Dritten gegebenenfalls übergegangen sein, der auf den auflösend bedingten Teil der Auseinandersetzungsforderung entfällt, hier also die Vierteljahrsbeträge an Vermögensabgabe für die weggefallenen (120.000 DM - 24.000 DM =) 96.000 DM.
Es kann in diesem Verfahren, in dem über das Berichtigungsbegehren des Bf., das ausschließlich auf eine Berichtigung mit Wirkung vom Währungsstichtag ab gerichtet war, zu befinden ist, nicht dazu Stellung genommen werden, ob die Voraussetzungen für einen gesetzlichen Schuldübergang nach § 64 LAG vorliegen. Falls das Finanzamt einen solchen Schuldübergang annehmen wollte, müßte hierüber ein eigener Bescheid nach § 64 LAG in Verbindung mit §§ 29 ff. der Vierzehnten Durchführungsverordnung über Ausgleichsabgaben nach dem Lastenausgleichsgesetz (14. AbgabenDV-LA) vom 13. Juni 1955 (BGBl 1955 I S. 288, BStBl 1955 I S. 206) ergehen (Aufteilungsbescheid). Dieser Bescheid könnte nach den für die Steuerbescheide geltenden Vorschriften angefochten werden (§§ 14 Abs. 1 und 34 Abs. 1 der 14. AbgabenDV-LA). Hierüber wäre aber in einem neuen, gesonderten Verfahren zu entscheiden.
Bei dieser Rechtslage ist auch die vom Bf. erhobene Rüge der mangelnden Sachaufklärung unbegründet. Die vom Bf. gewünschten weiteren Ermittlungen hätten nichts zum Problemkreis der Sonderregelung des § 64 LAG beitragen können.
Fundstellen
Haufe-Index 411469 |
BStBl III 1965, 213 |
BFHE 1965, 592 |
BFHE 81, 592 |