Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung, Vermögen-, Erbschaft-, Schenkungsteuer
Leitsatz (amtlich)
1) Zur Frage der ordnungsmäßigen Besetzung des Finanzgerichts, wenn ein nach § 2 Abs. 4 des Bayer. Gesetzes zur Wiederherstellung der Finanzgerichtsbarkeit vom 19. Mai 1948 ernannter beamteter Beisitzer mitgewirkt hat.
2) Bei Fortschreibung des Einheitswerts einer wirtschaftlichen Einheit wegen Bestandsveränderung können bei der vorangegangenen Einheitswertfeststellung begangene Bewertungsfehler beseitigt werden.
Voraussetzung ist, daß ein einwandfrei feststellbarer Bewertungsfehler vorliegt.
Bayer. Gesetz zur Wiederherstellung der Finanzgerichtsbarkeit vom 19. Mai 1948 (Bay. GVBl. S. 87) §
Normenkette
BewG § 22
Tatbestand
Es geht darum, ob bei der Fortschreibung des Einheitswerts des gärtnerischen Betriebs des Beschwerdeführers (Bf.) auf den 1. Januar 1948, vorausgesetzt, daß die Fortschreibung an sich zulässig ist, die vom früheren Landesfinanzamt A zur Einheitsbewertung 1931 herausgegebenen Richtlinien für die Bewertung gärtnerischer Betriebe (Bewertungs-Richtlinien 1931) oder die vom Reichsminister der Finanzen erlassenen Richtlinien für die Ermittlung des Ertragswerts der Gemüsebaubetriebe bei der Einheitswertfeststellung auf den 1. Januar 1935 (Anlage zum Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 5. Oktober 1935, Reichssteuerblatt - RStBl. - 1935 S. 1269) - kurz als "Richtlinien 1935" bezeichnet - anzuwenden sind, und zwar letztere als Anhaltspunkt für die Ermittlung des Einzelertragswerts. Das Finanzgericht hat sich in der angefochtenen Zwischenentscheidung (ß 284 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung - AO -) für die Verwendung der Richtlinien 1935 entschieden. Das Urteil beruht im wesentlichen auf folgenden Erwägungen: Auf den 1. Januar 1935 seien die gärtnerischen Betriebe nach dem Einzelertragswert zu bewerten. Die Anwendung der Bewertungs-Richtlinien 1931 bei der Bewertung des gärtnerischen Betriebs des Bf. auf den 1. Januar 1935 sei fehlerhaft gewesen. Bewertungsfehler könnten durch Wertfortschreibung berichtigt werden. Eine kollektive Wertfortschreibung im Sinne des Urteils des Bundesfinanzhofs III 116/50 S vom 7. Mai 1951, Slg. Bd. 55 S. 301 = Bundessteuerblatt (BStBl.) 1951 III S. 116, liege hier nicht vor. Die Zahl der Wertfortschreibungen der gärtnerischen Betriebe im Bezirk der Oberfinanzdirektion A betrage nur 180 von insgesamt ca. 3.000 gärtnerischen Betrieben. Im übrigen habe die Finanzverwaltung sämtliche Fälle bis auf zwei, darunter den Streitfall, in gütlichem Einvernehmen mit den Steuerpflichtigen unter Anwendung der Richtlinien 1935 erledigt. Im Streitfall komme noch hinzu, daß wegen der vorliegenden Bestandsveränderung eine Wertfortschreibung auf den 1. Januar 1948 auch bei Anwendung der Richtlinien 1931 vorzunehmen gewesen wäre. Demzufolge sei eine berichtigende Wertfortschreibung auf den 1. Januar 1948 gemäß § 48 Abs. 2 in Verbindung mit § 31 des Bewertungsgesetzes (BewG) unter Verwendung der Richtlinien 1935 zur Ermittlung des Einzelertragswerts zulässig, sofern die Wertgrenzen des § 22 BewG überschritten würden.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.). In seinen Schriftsätzen sowie in der mündlichen Verhandlung hat der Bf. geltend gemacht: Die erkennende Kammer des Finanzgerichts A sei in der Sitzung, in der das angefochtene Zwischenurteil ergangen sei, nicht ordnungsmäßig besetzt gewesen, weil der beamtete Beisitzer, ORR Dr. R., mitgewirkt habe, der nach der damals formal geltenden Bestimmung des § 2 Abs. 4 Satz 4 des Gesetzes zur Wiederherstellung der Finanzgerichtsbarkeit vom 19. Mai 1948 (Bayer. Gesetz- und Verordnungsblatt - Bay. GVBl. - S. 87) jederzeit vorzeitig abberufen werden konnte. Der Genannte habe daher nach dem Urteil des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 26. November 1954 (Bay. GVBl. 1954 S. 350) nicht die Stellung eines Richters gehabt. Es fehle somit an einer Prozeßvoraussetzung. In der Sache selbst wird ausgeführt: Die Einheitsbewertung auf den 1. Januar 1935 unter Anwendung der Richtlinien 1931 sei nicht fehlerhaft. Das BewG kenne keinen Einzelertragswert, der durch Vervielfältigung des für ein Jahr ermittelten Ertrags eines gärtnerischen Betriebs ermittelt werde. Ertragswert im Sinne des § 48 Abs. 2 BewG 1934 sei für Bayern die in den Richtlinien 1931 getroffene Regelung. Der Runderlaß vom 5. Oktober 1935 sei nicht zu der Anordnung ermächtigt gewesen, daß die Bewertungs-Richtlinien 1935 als Anhaltspunkt in Fällen zugrunde gelegt werden dürften, wo die vergleichende Bewertung mit Bewertungsstützpunkten nicht in Frage käme. Bei einer etwaigen Wertfortschreibung des Betriebs des Bf. könnten wiederum nur die Richtlinien 1931 angewandt werden. Im übrigen erachtet der Bf. die Wertfortschreibung im Hinblick auf das angeführte Urteil des Bundesfinanzhofs vom 7. Mai 1951 für unzulässig. In der mündlichen Verhandlung wurde noch besonders hervorgehoben, daß die Zulassung der Wertfortschreibung unter Anwendung der Bewertungs-Richtlinien 1935 die Gleichmäßigkeit der Einheitsbewertung der gärtnerischen Betriebe beseitigen würde. Die Bewertung und die Wertfortschreibungen seien in Südbayern einheitlich nach den Richtlinien 1931 vorgenommen worden. Ferner seien alle Betriebe in Nordbayern, bei denen Fortschreibungsvoraussetzungen nicht vorlägen, nach den Richtlinien 1931 bewertet. Zusammenfassend könne man sagen, daß in ganz Bayern etwa 90 v. H. aller gärtnerischen Betriebe bei der Einheitsbewertung 1935 noch nach den Richtlinien 1931 bewertet worden seien. Auch im Bezirk einer benachbarten Oberfinanzdirektion sei die Bewertung 1935 noch nach den alten Richtlinien 1931 durchgeführt worden. Die Vertreter des Finanzamts haben zu diesen Ausführungen im wesentlichen wie folgt Stellung genommen:
Zur Besetzung der Kammer des Finanzgerichts. Die Bestellung des ORR Dr. R. sei, wie sich aus der Ernennungsurkunde des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 16. September 1948 ergebe, auf die Dauer von sechs Jahren ohne Vorbehalt erfolgt. Der vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof für nichtig erklärte letzte Satz des § 2 Abs. 4 des Gesetzes vom 19. Mai 1948 hätte, wenn er rechtsgültig gewesen wäre, unabhängig von der Ernennung auf sechs Jahre lediglich die rechtliche Möglichkeit einer vorzeitigen Abberufung begründet. Die Möglichkeit der vorzeitigen Abberufung, die im Gesetz vorgesehen war, hätte auf die Bestellung auf bestimmte Zeit nur Wirkungen äußern können, wenn von ihr Gebrauch gemacht worden wäre. Wenn aber die Vorschrift des § 2 Abs. 4 Satz 4 a. a. O. im Fall ihrer Rechtsgültigkeit die Bestellung in ihrer Funktion als Bestellung auf bestimmte Zeit nicht verändert hätte, so könne auch die Nichtigerklärung dieser Vorschrift auf die Bestellung selbst nicht von Einfluß sein. Sie bedeute nur, daß eine vorzeitige Abberufung von Anfang an unzulässig gewesen wäre und unzulässig sei. Im übrigen fehlten im Streitfall alle Anhaltspunkte dafür, daß eine Beeinträchtigung der persönlichen Unabhängigkeit des Beisitzers vorgelegen habe. Auch die Besorgnis der Befangenheit desselben sei nicht gegeben, ganz abgesehen davon, daß sich der Genannte der Ausübung seines Amtes wegen Befangenheit nach § 69 AO nicht enthalten habe. Der Bf. habe auch erst nahezu zwei Jahre nach der Sitzung des Finanzgerichts Bedenken wegen der Mitwirkung des betreffenden Beisitzers geltend gemacht.
In der Sache selbst haben die Vertreter der Finanzverwaltung darauf hingewiesen, daß in Gebieten ohne Bewertungsstützpunkte ausschließlich Bewertung der gärtnerischen Betriebe nach dem Einzelertragswert habe erfolgen müssen, und daß hierbei die Bewertungs-Richtlinien 1935 als Anhalt zugrunde zu legen gewesen wären. Demgemäß habe das damalige Landesfinanzamt A auch mit Verfügung vom 19. Oktober 1935 die Bewertungs-Richtlinien 1935 des Reichsministers der Finanzen den unterstellten Finanzämtern zur Kenntnis und Beachtung übersandt. Diese Richtlinien seien gegenüber den alten Bewertungs-Richtlinien 1931 wesentlich verbessert und verfeinert. In Südbayern seien allerdings mit Ausnahme einiger weniger Fälle (etwa drei) die alten Bewertungs-Richtlinien bei der Einheitsbewertung 1935 und bei Wertfortschreibungen angewandt worden. Das Urteil des Bundesfinanzhofs III 116/50 S vom 7. Mai 1951 (Slg. Bd. 55 S. 301 BStBl. 1951 III S. 116) stehe der Durchführung der Wertfortschreibung im Streitfall nicht entgegen, da ein Fall der Bestandsveränderung (Bestandserweiterung) vorliege.
Für den Bf. wurde noch vorgetragen, daß das Verbot der kollektiven Wertfortschreibung dazu führen müsse, die Wertfortschreibung unter Anwendung der Bewertungs-Richtlinien 1935 auch im Fall von Bestandsveränderungen nicht zuzulassen. Denn es wäre unverständlich, wenn man zwar die generelle Wertfortschreibung zur Berichtigung von Bewertungsfehlern verbieten, in den Fällen der Betriebserweiterung jedoch die tüchtigen Betriebsinhaber dadurch bestrafen wolle, daß hier im Rahmen der Fortschreibung die Berichtigung gemäß den Bewertungs-Richtlinien 1935 gestattet würde. Im übrigen verbleibt die Rb. dabei, daß die Anwendung der Bewertungs-Richtlinien 1931 bei der Einheitsbewertung 1935 keinen Fehler darstelle. Es habe sich nur um die Anwendung einer anderen, nicht jedoch einer fehlerhaften Bewertungsmethode gehandelt, auch nicht um die Zugrundelegung der Wertverhältnisse 1931 statt derjenigen von 1935. Seitens der Vertreter der Finanzverwaltung wurde erklärt, daß sich die Bewertungs-Richtlinien 1935 im wesentlichen dadurch unterschieden, daß die Richtlinien 1931 das Freiland hoch, die Flächen unter Glas dagegen niedrig bewerteten, während die Richtlinien 1935 zutreffendere Ergebnisse lieferten.
Entscheidungsgründe
Die Prüfung der Rb. ergibt folgendes:
I. Besetzung der erkennenden Kammer des Finanzgerichts.
Nach der dem Senat im Termin der mündlichen Verhandlung überreichten Entschließung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen vom 16. September 1948 ist ORR Dr. R. gemäß § 2 Abs. 4 des bayerischen Gesetzes vom 19. Mai 1948 zum beamteten Beisitzer beim Finanzgericht A. auf die Dauer von sechs Jahren ernannt worden. Auf Grund von § 2 Abs. 4 Satz 3 a. a. O. werden die beamteten Beisitzer der Kammern vom Bayerischen Staatsministerium der Finanzen auf die Dauer von sechs Jahren ernannt. Sie können vorzeitig abberufen werden (ß 2 Abs. 4 Satz 4 a. a. O.). Der Bf. erblickt in der vorzeitigen Abberufungsmöglichkeit einen der Ernennung anhaftenden, die persönliche Unabhängigkeit gefährdenden Mangel, auf Grund dessen der Ernannte nicht als Richter angesehen werden könne. Ausgangspunkt der Betrachtung ist das Gesetz vom 19. Mai 1948, das die Wiederherstellung der Finanzgerichtsbarkeit zum Ziel hatte die durch den Führererlaß vom 28. August 1939 (Reichsgesetzblatt Teil I S. 1535 = RStBl. 1939 S. 953) beseitigt worden war. Somit diente das erwähnte bayerische Gesetz auf einem wichtigen Teilgebiet der Wiederaufrichtung des Rechtsstaats. Wenn es hierbei an die bis zur Beseitigung des Berufungsverfahrens geltende Regelung der AO (§§ 48, 49 a. a. O.) angeknüpft hat, ist das aus den damals bestehenden Verhältnissen heraus begreiflich. Grund zu der Annahme, daß durch die vorzeitige Abberufungsmöglichkeit ein Druck auf die beamteten Beisitzer in Richtung auf ihre Rechtsprechung ausgeübt werden sollte, besteht nicht. Gleichwohl läßt sich nicht leugnen, daß die beanstandete Bestimmung objektiv einen Mangel der persönlichen richterlichen Unabhängigkeit im Sinne des Art. 87 Abs. 1 der Verfassung des Freistaates Bayern (vgl. Art. 97 Abs. 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland - GG -) darstellt. Demgemäß hat auch der Bayerische Verfassungsgerichtshof in seinem Urteil vom 26. November 1954 ausgesprochen, daß § 2 Abs. 4 Satz 4 des Gesetzes vom 19. Mai 1948 gegen die bayerische Verfassung verstoße und daher nichtig sei. Diese Nichtigkeit wirkt ex tunc, d. h. vom Zeitpunkt der Entstehung der betreffenden Bestimmung ab. Gemäß Art. 108 Abs. 5, 124 GG ist nach Auffassung des Senats das Gesetz vom 19. Mai 1948 in seiner rechtswirksamen Substanz, d. h. ohne den nichtigen § 2 Abs. 4 Satz 4, Bundesrecht geworden. Im Zeitpunkt des Ergehens des angefochtenen Urteils des Finanzgerichts (26. Februar 1953) bestand daher die vorzeitige Abberufungsmöglichkeit des beamteten Beisitzers nicht mehr, weil die grundlegende Bestimmung hierfür infolge ihrer Nichtigkeit nicht mehr existierte. Das Ergebnis wäre übrigens das gleiche, wenn das Gesetz vom 19. Mai 1948 nicht Bundesrecht geworden wäre. Die Ernennung des beamteten Beisitzers war sonach trotz der Bezugnahme auf § 2 Abs. 4 des Gesetzes vom 19. Mai 1948 objektiv nicht mit der Möglichkeit vorzeitiger Abberufung behaftet. Darauf, ob der beamtete Beisitzer sich bis zum Bekanntwerden des Urteils des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes als vorzeitig abberufbar ansah, kommt es nicht entscheidend an. Im übrigen bestünde auch kein Anlaß zu der Befürchtung, daß der beamtete Beisitzer seiner evtl. Auffassung über seine vorzeitige Abberufungsmöglichkeit Einfluß auf seine amtliche Tätigkeit eingeräumt hat. Es bleibt noch zu prüfen, ob durch die Bestellung des beamteten Beisitzers auf bestimmte Zeit (sechs Jahre) seine richterliche Stellung gefährdet oder beseitigt worden ist Zu dieser Frage hat bereits der Bundesfinanzhof in dem Urteil IV 338/51 U vom 7. Februar 1952 (Slg. Bd. 56 S. 417, BStBl. 1952 III S. 162) Stellung genommen. Der erkennende Senat tritt diesem Urteil bei.
II. Zur Frage der Verwendung der Bewertungs-Richtlinien 1935 bei der Wertfortschreibung auf den 1. Januar 1948.
Gärtnerische Betriebe sind nach § 48 Abs. 2 in Verbindung mit § 31 BewG 1934 mit dem Ertragswert zu bewerten. Ertragswert ist nach § 31 Abs. 2 a. a. O. in Verbindung mit § 3a Abs. 2 der Durchführungsverordnung zum Bewertungsgesetz (BewDV) das Vielfache des Reinertrags, den ein Betrieb seiner wirtschaftlichen Bestimmung gemäß im Durchschnitt der Jahre nachhaltig erbringen kann. Das für die Bewertung landwirtschaftlicher Betriebe geltende Verfahren der vergleichenden Bewertung (§§ 34 ff. BewG) gilt danach grundsätzlich nicht für die Bewertung gärtnerischer Betriebe. Demgemäß sind die §§ 34 ff. a. a. O. im § 48 Abs. 2 a. a. O. nicht angeführt. Die in der Rb. vertretene Rechtsauffassung, daß für eine Bewertung der gärtnerischen Betriebe nach dem Einzelertragswert keine rechtliche Grundlage bestehe, ist daher unzutreffend. Bei der Einheitsbewertung 1935 hat der Reichsminister der Finanzen im Gegensatz zu der Einheitsbewertung 1931 von der ihm im § 48 Abs. 3 BewG 1934 gegebenen Ermächtigung, nähere Bestimmungen über die Bewertung gärtnerischer Betriebe zu erlassen, Gebrauch gemacht (§§ 26 - 29 BewDV). Gemäß § 27 Abs. 1 a. a. O. stellt der Reichsminister der Finanzen die Ertragswerte einzelner Betriebe als Bewertungsstützpunkte fest. Der Ertragswert gleichartiger Betriebe innerhalb des Gebiets, das bei der Feststellung des Reichsministers der Finanzen bestimmt wird, ist durch Vergleiche mit den Bewertungsstützpunkten zu ermitteln. Für gärtnerische Betriebe, die nicht nach § 27 Abs. 1 Satz 4 a. a. O. zu bewerten sind, gilt die Bewertung nach dem Einzelertragswert (ß 27 Abs. 2 a. a. O.). Bewertungsstützpunkte sind nur im Gebiet von 15 Landesfinanzämtern gebildet worden, und zwar für Gemüse-, Spargel- und Obstbaubetriebe (Bekanntmachung der Entscheidung über Bewertungsstützpunkte für die Bewertung von gärtnerischem Vermögen vom 2. Oktober 1935, RStBl. 1935 S. 1265, Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 5. Oktober 1935, RStBl. 1935 S. 1268, Richtlinien für die Ermittlung des Ertragswerts der Gemüsebaubetriebe bei der Einheitswertfeststellung auf den 1. Januar 1935, RStBl. 1935 S. 1269, Zweite Bekanntmachung über Bewertungsstützpunkte für die Bewertung von gärtnerischem Vermögen vom 27. November 1935, RStBl. 1935 S. 1465). Insoweit war die vergleichende Bewertung vorzunehmen (ß 27 Abs. 1 Satz 4 BewDV). Darüber hinaus verblieb es bei der Bewertung nach dem Einzelertragswert (ß 48 Abs. 2 in Verbindung mit § 31 BewG, § 48 Abs. 3 a. a. O. in Verbindung mit § 27 Abs. 1, 2 BewDV). Die Auffassung des Bf., daß § 27 Abs. 2 a. a. O. nur negative Bedeutung (Nichtanwendung der vergleichenden Bewertung) zukomme, hingegen nichts über die Bewertung nach dem Einzelertragswert enthalte, ist abwegig. Näherer Bestimmungen darüber, wie der Einzelertragswert zu ermitteln ist, bedurfte es grundsätzlich nicht, da diese Bestimmungen bereits im Gesetz (ß 31 BewG) sowie hinsichtlich des Vervielfältigers im § 3a Abs. 2 BewDV enthalten waren. Zwischen den Begriffen "Ertragswert" im Sinne des § 31 BewG und "Einzelertragswert" im Sinne des § 27 Abs. 2 BewDV besteht kein rechtlicher Unterschied. Bewertung nach dem Einzelertragswert hatte hiernach bei der Einheitsbewertung 1935 innerhalb der Bezirke der Landesfinanzämter mit Stützpunkten nur hinsichtlich der Arten von gärtnerischen Betrieben, für die keine Bewertungsstützpunkte gebildet waren, innerhalb der anderen Landesfinanzämter, in denen überhaupt keine Bewertungsstützpunkte aufgestellt waren, dagegen generell zu erfolgen. Diese Auffassung ist auch aus A I 2, B V und VII des Erlasses vom 5. Oktober 1935 zu entnehmen. Hiernach war der Betrieb des Bf. für den 1. Januar 1935 mit dem Ertragswert zu bewerten. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Wertfortschreibung zwecks Fehlerberichtigung im Streitfall im Hinblick auf die Rechtsprechung des Senats über die Unzulässigkeit kollektiver Wertfortschreibungen unzulässig gewesen wäre. Denn unbestritten liegt bei dem Betrieb des Bf. eine Bestandsveränderung (Bestandserweiterung) vor. Nach den getroffenen Feststellungen würde im Fall des Bf. selbst dann die für eine Wertfortschreibung vorgeschriebene Wertgrenze erreicht, wenn auch bei der Wertfortschreibung auf den 1. Januar 1948 die alten Bewertungs-Richtlinien 1931 der Bewertung zugrunde gelegt würden. Ist aber die Fortschreibung an sich wegen Bestandsveränderung zulässig, so können hierbei auch etwaige früher begangene Bewertungsfehler beseitigt werden. Der Bf. erachtet dies nicht für angängig, da er in diesem Fall schlechter behandelt würde als die Inhaber von Betrieben ohne Bestandsveränderungen bei denen die Bewertungs-Richtlinien 1935 wegen Nichtvornahme von Wertfortschreibungen nicht zur Anwendung kämen. Dieser Einwand greift nicht durch, weil das durch die Rechtsprechung des Senats entwickelte Verbot kollektiver Wertfortschreibungen nicht mit dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Bewertung begründet worden ist, sondern auf der Erwägung beruht, daß in einem Hauptfeststellungszeitraum nicht allgemein Wertfortschreibungen der wirtschaftlichen Einheiten vorgenommen werden dürfen. Denn dadurch würde das Institut der Wertfortschreibung ungebührlich ausgeweitet und im Ergebnis unter Nichtberücksichtigung der Rechtskraft der vorliegenden Einheitsbewertungen eine Art neue Hauptfeststellung der Einheitswerte vorweggenommen. Hiernach ist es nicht zu beanstanden, wenn bei der an sich zulässigen Wertfortschreibung wegen Bestandsveränderung die Bewertungs-Richtlinien 1935 angewandt werden. Voraussetzung hierfür ist allerdings, daß die Anwendung der Bewertungs-Richtlinien 1931 bei der Einheitsbewertung des gärtnerischen Betriebs des Bf. auf den 1. Januar 1935 fehlerhaft gewesen ist. Es muß sich, wie der Senat bei der Wertfortschreibung zwecks Fehlerberichtigung wiederholt ausgesprochen hat, um einen klarliegenden, einwandfrei feststellbaren Bewertungsfehler handeln.
Eine lediglich anderweitige Schätzung würde z. B. nicht ausreichen, um die vorangegangene in Rechtskraft verwachsene Schätzung zu beseitigen, es sei denn, daß die erste Schätzung offensichtlich außerhalb jeder vernünftigen überlegung gelegen hat. So würde auch der Umstand für sich allein, daß die Bewertungs-Richtlinien 1931 etwa ein rohes, die Bewertungs-Richtlinien 1935 dagegen ein verfeinertes Hilfsmittel für die Bewertung darstellen, noch nicht zur Feststellung der Fehlerhaftigheit der Bewertungs-Richtlinien 1931 ausreichen. Anders wäre die Rechtslage allerdings, wenn den Bewertungs-Richtlinien 1931 das Bewertungsniveau zu Beginn des Jahres 1931 zugrunde läge und den Bewertungs-Richtlinien 1935 das Bewertungsniveau vom 1. Januar 1935 auf das es bei der Bewertung 1935 ausschließlich ankommt. Die bloße Behauptung des Bf., es sei kein Anhalt dafür vorhanden, daß die Richtlinien 1931 den Wertverhältnissen vom 1. Januar 1935 nicht entsprächen, kann allerdings nicht als begründet angesehen werden. Nun haben jedoch die Vertreter des Bf. im Termin der mündlichen Verhandlung ausdrücklich geltend gemacht, daß sich die Bewertungs-Richtlinien 1931 und 1935 nicht durch die Verschiedenartigkeit des zugrunde gelegten Bewertungsniveaus, sondern lediglich durch die Methode der Bewertung unterschieden, und daß in vielen Fällen, insbesondere in solchen mit normalem Verhältnis von Freiland und Glasflächen, überhaupt kaum nennenswerte Unterschiede zwischen den auf Grund der Bewertungs-Richtlinien 1931 und 1935 gefundenen Werten bestünden. Tatsächlich weicht auch der im Streitfall vom landwirtschaftlichen Betriebsprüfer ermittelte Einheitswert auf den 1. Januar 1948 nach den Bewertungs-Richtlinien 1931 (11.800 RM) nicht wesentlich von dem nach den Bewertungs-Richtlinien 1935 ermittelten Wert (14.400 RM) ab, wobei es sich noch um einen Betrieb handelt, der in den Jahren von 1935 - 1948 erheblich intensiviert worden ist. Hinzu kommt, daß die Errechnung des Einzelertragswerts, insbesondere bei den Ansätzen Arbeitslohn, Lohnanspruch des Betriebsinhabers, Risikoabschlag, Konjunkturausgleich, vom Bf. beanstandet worden ist. Da hiernach auf Grund des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung nicht völlig geklärt ist, ob die Anwendung der Bewertungs-Richtlinien 1931 bei der Einheitsbewertung 1935 - wie bisher angenommen - wirklich fehlerhaft war, ob insbesondere eine Verletzung der Rechtsgrundsätze über die Berücksichtigung der Wertverhältnisse vom 1. Januar 1935 stattgefunden hat, mußte die Vorentscheidung aufgehoben werden. Die nicht spruchreife Sache wird an das Finanzgericht zurückverwiesen. Dem Bf. wird Gelegenheit zu geben sein, seine Behauptung, daß die Anwendung der Bewertungs-Richtlinien 1931 bei der Einheitsbewertung 1935 nicht die Zugrundelegung des Wertniveaus 1931 anstatt der Wertverhältnisse vom 1. Januar 1935 zur Folge gehabt habe, näher zu begründen. Sollten die weiteren Ermittlungen die bisherige Annahme der Fehlerhaftigkeit der Einheitsbewertung 1935 infolge Benutzung der alten Bewertungs-Richtlinien einwandfrei ergeben, ist die Anwendung der Bewertungs-Richtlinien 1935 bei der im Hinblick auf die Bestandsveränderung an sich zulässigen Wertfortschreibung zum 1. Januar 1948 nicht zu beanstanden.
Fundstellen
Haufe-Index 408245 |
BStBl III 1955, 289 |
BFHE 1956, 237 |
BFHE 61, 237 |