Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer Sonstiges Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Die Gemeinde kann mit steuerlicher Wirkung das Widmungskapital des Betriebs gewerblicher Art herab bis zur Höhe eines angemessenen Eigenkapitals in ein verzinsliches Darlehen umwandeln; bei Versorgungsbetrieben liegt die Grenze des angemessenen Eigenkapitals in der Regel bei etwa 40 v. H. des Aktivvermögens. 2. Ob die Umwandlung eine verdeckte Gewinnausschüttung darstellt, richtet sich nach den Grundsätzen, die bei Kapitalgesellschaften für die Umwandlung von Nennkapital in Darlehen im Wege der Kapitalherabsetzung gelten. 3. Die Gemeinde kann in der Regel verschiedenartige Versorgungsbetriebe, nicht aber Versorgungsbetriebe mit einem Freibad zu einem Steuersubjekt verbinden.
Normenkette
KStG § 1 Abs. 1 Ziff. 6, § 6/1/2; KStDV § 1 Abs. 1, § 1/2, § 2; EigVO § 18/2; EigVO § 19/4; EigVO § 8/6; StAnpG § 6
Tatbestand
Streitig ist bei der Körperschaftsteuerveranlagung 1953 der Stadtwerke
ob die von den Stadtwerken für ein beteiligungsähnliches Darlehen der Stadt gezahlten Zinsen Betriebsausgaben oder verdeckte Gewinnausschüttungen sind und
ob die vom Gemeinderat beschlossene Zusammenfassung des Städtischen Elektrizitätswerks, des Städtischen Gaswerks, des Städtischen Wasserwerks und des im Jahr 1953 fertiggestellten Städtischen Freibades zu einem einheitlichen Eigenbetrieb auch steuerlich anzuerkennen ist.
Das bis zum Jahr 1953 einen selbständigen Eigenbetrieb und ein selbständiges Steuersubjekt bildende Städtische Elektrizitätswerk (E-Werk) wies in seinen RM-Bilanzen den überschuß der Aktiven über die Passiven als Kapital aus, ohne das Kapital in Widmungskapital und offene Rücklagen aufzugliedern. Am 9. November 1951 schloß das E-Werk mit der Stadt eine schriftliche Vereinbarung, wonach in nachträglicher Durchführung des § 18 Abs. 2 und § 19 Abs. 4 der Eigenbetriebsverordnung vom 21. November 1938 (RGBl 1938 I S. 1650) das Widmungskapital auf 600 000 RM festgesetzt wurde und das E-Werk erklärte der Stadt ein mit 5 v. H. verzinsliches, für fünf Jahre unkündbares beteiligungsähnliches Darlehen von 300 000 RM mit Wertstellung vom 20. Juni 1948 in Anrechnung auf das das Widmungskapital übersteigende Vermögen zu schulden. Das Darlehen sollte in der DM-Eröffnungsbilanz (DMEB) im Verhältnis 1:1 umgestellt werden. Die Gültigkeit der Vereinbarung hing von der steuerlichen Anerkennung ab.
Entsprechende Vereinbarungen schlossen das damals ebenfalls noch selbständige städtische Gaswerk und das Städtische Wasserwerk über die Umwandlung von bisherigem Widmungskapital in beteiligungsähnliche Darlehen von je 150 000 DM. Als der Gemeinderat durch den Beschluß vom 13. Februar 1953 diese drei Werke und das Städtische Freibad zu einem einheitlichen Betrieb, den Stadtwerken, zusammenfaßte, gingen die so begründeten Darlehnsschulden auf die Stadtwerke über. Das Finanzamt sah in der Umwandlung eines Teils der bisherigen Eigenkapitalien in beteiligungsähnliche Darlehen von insgesamt 600 000 DM einen Mißbrauch von Formen und Gestaltungsmöglichkeiten des bürgerlichen Rechts (§ 6 des Steueranpassungsgesetzes - StAnpG -), erkannte deshalb die Umwandlung nicht an und ließ die Darlehnszinsen bei der Ermittlung des Gewinns der Stadtwerke für 1953 nicht zum Abzug zu.
Der Einspruch der Stadtwerke blieb erfolglos. Auf die Berufung der Stadtwerke schloß sich das Finanzgericht der Auffassung der Stadtwerke an. Die öffentlich-rechtliche Körperschaft habe es ebenso wie private Kapitalgesellschaften grundsätzlich in der Hand, ihren Betrieb gewerblicher Art so aufzubauen, wie sie es für notwendig halte. Der Bundesfinanzhof gestatte deshalb im Urteil I 74/54 U vom 3. Juli 1956 (BStBl 1956 III S. 238, Slg. Bd. 63 S. 106) das Eigenkapital des Betriebs im Fall der überkapitalisierung herabzusetzen und den überflüssigen Kapitalbetrag der öffentlich- rechtlichen Körperschaft zurückzuzahlen. Eine solche tatsächliche Rückzahlung von Kapital liege hier in den Umbuchungen vom Konto des Widmungskapitals auf die Darlehnskonten. Denn ebenso wie bei der Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln eine steuerpflichtige Ausschüttung und Wiedereinlage des Kapitals unterstellt werde (Urteil des Bundesfinanzhofs I 165/54 S vom 17. September 1957, BStBl 1957 III S. 401, Slg. Bd. 65 S. 437), müsse auch hier eine solche Doppelmaßnahme, nämlich die Auszahlung des überflüssigen Eigenkapitals und die Wiedereinzahlung als Darlehen, unterstellt werden. Verwaltungsrechtlich könnten gegen die Kapitalrückzahlungen keine Einwendungen erhoben werden, weil die Voraussetzungen des § 8 Abs. 6 der Eigenbetriebsverordnung vorlägen. Da jedenfalls das E-Werk ohne Berücksichtigung des Umwandlungsbeschlusses in der DMEB und in der Bilanz vom 31. März 1951 bei Bilanzsummen von 1 565 266 und 2 001 276 DM ein Eigenkapital von 1 358 910 und 1 282 790 DM und nach der Kapitalrückzahlung in der Bilanz vom 31. März 1952 bei einer Bilanzsumme von 2 025 292 DM noch immer ein Eigenkapital von 965 280 DM ausweise, habe bis zum 31. März 1951 beim E-Werk eine überkapitalisierung vorgelegen. Denn bei den privaten Betrieben der Elektrizitätswirtschaft bestehe zwischen dem Eigenkapital und dem Fremdkapital in der Regel ein Verhältnis von 1:1, das bei den öffentlichen Versorgungsbetrieben 1:2 betrage.
In der Herabsetzung des Widmungskapitals liege keine verdeckte Gewinnausschüttung. Denn die Stadtwerke hätten für die Kapitalherabsetzungen beachtliche wirtschaftliche Gründe anführen können; ihre Rechtsvorgänger hätten nämlich ein zu hohes Stammkapital nur auf den den betrieblichen Bedürfnissen entsprechenden Betrag zurückgeführt (Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 865/34 vom 27. März 1935, RStBl 1935 S. 650). Entscheidend sei, daß es infolge der Währungsumstellung nicht mehr nachprüfbar und auch unerheblich sei, ob in den Kapitalherabsetzungen der DM- Zeit eine verdeckte Ausschüttung der in der RM-Zeit aus Gewinnen gebildeten Rücklagen liege. Schließlich sei zu prüfen, ob die Darlehnszinsen deshalb nicht abzugsfähig seien, weil die Darlehen steuerlich verdecktes Stammkapital bildeten. Das sei zu verneinen. Der Bundesfinanzhof habe im Urteil I 44/57 U vom 14. Januar 1959 (BStBl 1959 III S. 197, Slg. Bd. 68 S. 515) nur in besonderen Ausnahmefällen angenommen, daß einer Kapitalgesellschaft steuerlich Mittel nicht durch ein Darlehen, sondern nur als Einlage zugeführt werden dürften. Damit seien die Urteile des Reichsfinanzhofs überholt, die bei Betrieben gewerblicher Art eine angemessene Ausstattung mit Eigenkapital verlangten. Denn diese Entscheidungen beruhten auf der Erwägung, daß die bezeichneten Betriebe ebenso wie gleichartige Betriebe der Privatwirtschaft behandelt werden müßten. Es ließe sich nicht feststellen, daß bei Anwendung dieser Grundsätze die Darlehnsvaluten den städtischen Werken nur als Eigenkapital hätten zugeführt werden dürfen. Die Darlehen seien deshalb steuerlich anzuerkennen. Die Zinsen seien Betriebsausgaben.
Die von dem Gemeinderat am 13. Februar 1953 beschlossene Zusammenfassung der bisher selbständigen Elektrizitäts-, Wasser- und Gaswerke und des im Jahr 1953 fertiggestellten Freibades zu einem einheitlichen Eigenbetrieb der Stadtwerke erkannte das Finanzamt bei der Körperschaftsteuerveranlagung der Stadtwerke für 1953 hinsichtlich des Freibades unter Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs I 317/55 U vom 20. März 1956 (BStBl 1956 III S. 166, Slg. Bd. 62 S. 448) mit der Begründung nicht an, daß zwischen den Stadtwerken und dem Freibad kein engerer wirtschaftlicher Zusammenhang bestehe. Das Finanzamt berücksichtigte deshalb nicht den durch den Betrieb des Freibades erzielten Verlust.
Einspruch und Berufung blieben in diesem Punkt erfolglos. Die Stadt könne, so führt das Finanzgericht aus, nur solche wirtschaftliche Betätigungen, die sie organisatorisch verselbständigt habe, zu einem Betrieb gewerblicher Art im Sinne des § 1 Abs. 1 Ziff. 6 KStG zusammenfassen, die unabhängig von diesen organisatorischen Maßnahmen der Gemeinde in einem engen wirtschaftlichen Zusammenhang stünden (vgl. auch das Urteil des Bundesfinanzhofs I 213/58 U vom 24. Juni 1959, BStBl 1959 III S. 339, Slg. Bd. 69 S. 205). Wie sich aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs I 317/55 U ergebe, reichten vom Willen der Stadt abhängige organisatorische Maßnahmen, die Verwendung gemeinsamen Personals, eine gemeinsame Buch- und Betriebsführung und die Belieferung mit den wichtigsten Betriebsmitteln wie Wasser, Koks usw. nicht aus, um einen engen inneren wirtschaftlichen Zusammenhang zu begründen.
Gegen die Entscheidung des Finanzgerichts legte der Vorsteher des Finanzamts mit dem Antrag Rb. ein, die Darlehenszinsen als verdeckte Gewinnausschüttungen zu behandeln. Die Stadtwerke schlossen sich dieser Rb. an und beantragten, auch die Zusammenfassung des Freibades mit den drei städtischen Werken anzuerkennen.
Der am Verfahren beteiligte Bundesminister der Finanzen nahm zur Umwandlung der bisherigen Eigenkapitalien in beteiligungsähnliche Darlehen im wesentlichen wie folgt Stellung: In übereinstimmung mit den Ausführungen des Reichsfinanzhofs im Urteil I 147/42 vom 20. Juli 1943 (RStBl 1943 S. 799) sei davon auszugehen, daß die Vorschriften der Gemeindeordnungen über die Erwirtschaftung eines Gewinns der Eigenbetriebe, der mindestens die Aufwendungen decke und zur Bildung notwendiger Rücklagen verwendet werden könne, sowie die Vorschriften in § 8 Abs. 5 und Abs. 6 der Eigenbetriebsverordnung 1938 über die Erwirtschaftung einer marktüblichen Verzinsung des Eigenkapitals und über die Beschränkung der Rückzahlung von Eigenkapital ein angemessenes Eigenkapital und damit ein angemessenes Widmungskapital voraussetzten. Komme man überhaupt zur Anerkennung der Möglichkeit von Kapitalrückzahlungen, dann sei jedenfalls durch die bezeichneten Vorschriften eine Grenze gezogen, die nicht unterschritten werden dürfe. Innerhalb dieser Grenzen habe die Gemeinde die Befugnis zu bestimmen, mit welchem Widmungskapital sie ihren Eigenbetrieb ausstatten wolle. Habe eine Gemeinde ihren Eigenbetrieb mit einem festen Widmungskapital ausgestattet und stelle sich später aus wirtschaftlich gerechtfertigten Gründen heraus, daß das Widmungskapital in der zugewiesenen Höhe bei Beachtung der obigen Grundsätze nicht notwendig sei, so könnten keine Bedenken dagegen erhoben werden, daß die Gemeinde ihren Eigenbetrieb anweise, das Widmungskapital in der entsprechenden Höhe an sie zurückzuzahlen. Darüber hinaus könne es auch nicht als unzulässig angesehen werden, wenn die Gemeinde ein unter Beachtung der dargestellten Grundsätze an sie zurückgezahltes Widmungskapital als Darlehen an den Eigenbetrieb zurückgebe. Zu der angemessenen Höhe des Widmungskapitals könnten keine allgemein gültigen Feststellungen getroffen werden. Wie hoch das Widmungskapital im einzelnen Fall zu sein habe, hänge von den betriebswirtschaftlichen Verhältnissen, also von der Größe des Eigenbetriebes sowie von der Art und dem Umfang der ihm übertragenen Aufgaben ab. Man werde aber bestimmte Relationen feststellen können. Nach den Funktionen des Widmungskapitals müsse es in einem den Notwendigkeiten des Eigenbetriebs entsprechenden Verhältnis zum Anlagevermögen des Betriebes sowie zum Fremdkapital und zu den offenen Rücklagen stehen. Aus einer übersicht aus der Statistik der Bundesrepublik Deutschland (Bd. 249) über die Jahresabschlüsse 1956 und über die DMEBen der kommunalen Versorgungs- und Verkehrsbetriebe in Gemeinden mit mehr als 10 000 Einwohnern, die 485 kommunale Eigenbetriebe der Versorgungs- und Verkehrswirtschaft umfasse, ergebe sich, daß das Widmungskapital 35,6 v. H., die offenen Rücklagen 11,9 v. H., das Widmungskapital zuzüglich der offenen Rücklagen also 47,5 v. H. der Bilanzsumme betragen hätten. Mit Rücksicht darauf, daß die weitaus größte Zahl der kommunalen Unternehmen dieser Art in der Rechtsform von Eigenbetrieben geführt würden, könnten diese Zahlen als repräsentativ angesehen werden. Nach der Statistik der Bundesrepublik Deutschland, "Die Jahresabschlüsse kommunaler Versorgungs- und Verkehrsbetriebe" 1953, 1954, 1955 und 1956 (Bd. 153 Tabelle 12, Bd. 183 Tabelle 14, Bd. 213 Tabelle 3 und Bd. 249 Tabelle 4) habe sich der Anteil des Widmungskapitals zuzüglich der offenen Rücklagen bei den kommunalen Eigenbetrieben in den Jahren 1953 bis 1956 wie folgt entwickelt:
1953 58,3 v. H., 1954 54,3 v. H., 1955 50,3 v. H. und
1956 47,5 v. H. der Bilanzsumme. Der Verband der kommunalen Unternehmen e. V. vertrete die Auffassung, daß - auf die Gesamtheit der Unternehmen abgestellt - das Widmungskapital zuzüglich der offenen Rücklagen bis heute auf unter 40 v. H. der Bilanzsumme gesunken sei. Dieser Verband halte einen Eigenkapitalanteil von 331/3 v. H. der Bilanzsumme für noch angemessen. Der Verband habe den Gemeinden und den Eigenbetrieben empfohlen, durch eine rechtzeitige Erhöhung des Eigenkapitals ein allzu starkes Absinken des Eigenkapitalanteils zu verhindern. Auf der Grundlage dieses statistischen Materials und unter Berücksichtigung der Tatsache, daß die Gegebenheiten und Notwendigkeiten in den einzelnen Fällen Abweichungen bedingen könnten, sei ein Widmungskapital in Höhe von 30 bis 40 v. H. der Bilanzsumme im Durchschnitt notwendig und angemessen. Diese Zahlen könnten allerdings nicht in jedem Fall als verbindlich feststehende Maßstäbe angesehen werden. Werde Widmungskapital bis auf die bezeichnete Höhe an die Gemeinde zurückgezahlt und der zurückgezahlte Betrag gleichzeitig als Darlehen der Gemeinde an den Eigenbetrieb gegeben, so werde zumindest sehr genau zu prüfen sein, ob diese Maßnahme nicht allein in steuerlichen überlegungen begründet sei.
Entscheidungsgründe
Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts ist begründet. Die Anschlußbeschwerde der Stadtwerke ist nicht begründet.
Der Reichsfinanzhof geht in seiner älteren Rechtsprechung davon aus, daß alles das, was die öffentlich-rechtliche Körperschaft dem Betrieb an Betriebsmitteln zur Verfügung stelle, Eigenkapital sei. Dabei legte der Reichsfinanzhof entscheidendes Gewicht auf das ursprüngliche Widmungskapital als etwas historisch Gewordenes und auf die Aufrechterhaltung dieses Widmungskapitals (Urteile des Reichsfinanzhofs I A 198/35 vom 7. April 1936, RStBl 1936 S. 769, und I A 118/35 vom 21. Juli 1936, RStBl 1936 S. 922). Er ließ deshalb die von dem Betrieb für tatsächlich überlassenes Betriebskapital gezahlten Zinsen nicht zum Abzug zu, weil ursprüngliches Widmungskapital nicht durch eine Vereinbarung des Betriebs mit der öffentlich-rechtlichen Körperschaft zu Fremdkapital werde und ein Darlehnsverhältnis zwischen der öffentlich-rechtlichen Körperschaft und ihrem Betrieb nur bei Befriedigung eines vorübergehenden Geldbedarfs steuerlich anerkannt werden könne (Urteile des Reichsfinanzhofs III A 279/34 vom 8. November 1934, RStBl 1935 S. 478, und I A 317/36 vom 27. April 1937, RStBl 1937 S. 979). Diese strengen Anforderungen wurden bereits in dem Urteil des Reichsfinanzhofs I A 60/36 vom 26. Oktober 1937 (RStBl 1938 S. 365) dahin gelockert, daß der Betrieb ebenso wie ein Unternehmen der Privatwirtschaft nicht nur mit Eigenkapital, sondern auch mit Darlehen finanziert werden dürfe, daß aber ein angemessenes Eigenkapital in jedem Fall vorhanden sein müsse. Der Gedanke der Gleichstellung mit der Privatwirtschaft führte dann zur Aufstellung von Grundsätzen, nach denen das angemessene Eigenkapital zu bemessen war. Danach sollte ein Darlehen nur dann als Eigenkapital angesehen werden, wenn das Widmungskapital verglichen mit dem Eigenkapital der Privatwirtschaft so gering war, daß ein leistungsfähiger und kreditwürdiger Unternehmer nicht in der Lage gewesen wäre, die Betriebsanlagen durch Kreditaufnahme zu errichten (Urteil des Reichsfinanzhofs I 351/40 vom 11. Februar 1941, RStBl 1941 S. 267). Im Urteil des Reichsfinanzhofs I 147/42 vom 20. Juli 1943 (RStBl 1943 S. 799, Slg. Bd. 54 S. 541) ging der Reichsfinanzhof bei der Ermittlung des angemessenen Eigenkapitals von der Schätzung des Oberfinanzpräsidenten aus, die auf der Notwendigkeit der hälftigen Deckung aller Aktivwerte durch Eigenkapital beruhte.
Die Auffassung des Finanzgerichts, daß diese die Notwendigkeit eines angemessenen Eigenkapitals betonenden Grundsätze der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs durch die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs über die Behandlung von Gesellschafterdarlehen als verdecktes Eigenkapital überholt seien, ist nicht zutreffend. Denn zwischen den Kapitalgesellschaften und den Betrieben gewerblicher Art bestehen bedeutsame wirtschaftliche und rechtliche Unterschiede, die einer uneingeschränkten Anwendung der für Kapitalgesellschaften geltenden Grundsätze entgegenstehen. Bei Kapitalgesellschaften hält es der Senat für vertretbar, das Verhältnis der Finanzierung durch Darlehen (auch durch Gesellschafterdarlehen) und durch Eigenkapital auch steuerlich weitgehend den Gesellschaftern und der Gesellschaft zu überlassen, weil die handelsrechtliche und wirtschaftliche Bedeutung des Nennkapitals und die dadurch bedingten Haftungsverhältnisse in der Regel eine angemessenen Festsetzung des Nennkapitals erforderlich machen und dem Ermessen der Gesellschafter ein verhältnismäßig geringer Spielraum eingeräumt ist. Anders liegen die Verhältnisse bei den Betrieben gewerblicher Art. Hier hat die Finanzierung des Betriebs durch Darlehen der öffentlich-rechtlichen Körperschaft jedenfalls dann, wenn die laufende Zinszahlung in etwa gesichert ist und die Zinsen wirtschaftlich an die Stelle sonst vorgesehener laufender Gewinnausschüttungen treten, keine ins Gewicht fallende praktische Bedeutung, weil es für die Kreditwürdigkeit und die Schuldenhaftung wegen der unbeschränkten Haftung der öffentlich- rechtlichen Körperschaft auf die Höhe des Widmungskapitals nicht ankommt. Gerade der Gedanke der Gleichstellung der Betriebe gewerblicher Art und der entsprechenden Privatunternehmen macht es erforderlich, bei den Betrieben einen objektiven Maßstab zu finden, der eine ähnliche, das Ermessen der Gesellschafter einschränkende Bedeutung hat, wie sie bei Kapitalgesellschaften der Notwendigkeit eines bestimmten Nennkapitals zukommt. Auf diesen Erwägungen beruht es, daß der Reichsfinanzhof im Urteil I 147/42 und der Bundesfinanzhof im Urteil I 74/54 U von der bei gleichartigen Unternehmen der Privatwirtschaft im Durchschnitt üblichen Finanzierung und von den Vorschriften der Eigenbetriebsverordnung ausgingen. Man kommt somit in übereinstimmung mit dem Bundesminister der Finanzen zu dem Ergebnis, daß ein Betrieb gewerblicher Art mit Darlehen der öffentlich-rechtlichen Körperschaft nur insoweit finanziert werden darf, als ein nach diesen Grundsätzen angemessenes Widmungskapital vorhanden ist.
Dem Finanzgericht und dem Bundesminister der Finanzen ist darin zuzustimmen, daß das Widmungskapital eines Betriebs gewerblicher Art durch einen einer Kapitalherabsetzung ähnlichen Beschluß der Gemeinde vermindert werden darf, solange zwischen dem Widmungskapital und den offenen Rücklagen einerseits und der Aktivseite der Bilanz andererseits ein angemessenes Verhältnis besteht. Dieses angemessene Verhältnis kann den Ausführungen des Bundesministers der Finanzen entsprechend im allgemeinen angenommen werden, wenn das Eigenkapital (Widmungskapital und offene Reserven) wenigstens 40 v. H. der Aktivseite der Bilanz beträgt. Ist ein angemessenes Eigenkapital nicht vorhanden, so muß in der Regel ein entsprechender Teil eines von der Stadt gewährten Darlehens als verdecktes Widmungskapital behandelt werden.
Wie der Senat bereits im Urteil I 74/54 U vom 3. Juli 1956 ausgeführt hat, steht das grundsätzliche steuerliche Verbot, Auswirkungen von Vereinbarungen in die Vergangenheit zu legen, der Anerkennung der Umwandlung von Widmungskapital in Darlehen von einem in der Vergangenheit liegenden Zeitpunkt ab entgegen. Selbst wenn man davon ausgeht, daß die Rechtsvorgänger der Stadtwerke in ihren steuerlichen Eröffnungsbilanzen vom 1. April 1937 einen Teil ihres bisherigen Eigenkapitals als Darlehen hätten ausweisen dürfen, so konnten sie jedenfalls, nachdem sie mehr als zehn Jahre lang von dieser Befugnis keinen Gebrauch gemacht hatten, nicht mehr mit rückwirkender Kraft ihre seit dieser Zeit dem Finanzamt eingereichten und zur Grundlage der Besteuerung gemachten Bilanzen ändern. Die Stadtwerke waren verpflichtet, da am 20. Juni 1948 kein steuerlicher Darlehnsanspruch der Stadt bestand, in der DMEB das sich aus dem Unterschied der Aktiven und Passiven ergebende Vermögen als Eigenkapital auszuweisen. Es bestand keine Möglichkeit, die Währungsumstellung zum Anlaß zu nehmen, um einen Teil des bisherigen Eigenkapitals als beteiligungsähnliches Darlehen auszuweisen.
Lag somit der Umwandlungsvorgang in der DM-Zeit, so muß wegen des Verbots der Rückwirkung davon ausgegangen werden, daß der Umwandlungsvorgang erst vom Zeitpunkt der Vereinbarung, also vom 9. November 1951 ab, insoweit steuerliche Wirkungen haben konnte, als nach Durchführung der Umwandlung (Kapitalherabsetzung) ein angemessenes Eigenkapital verblieb. Unterstellt man, daß diese Voraussetzung der steuerlichen Anerkennung der Umwandlung, nämlich das Verbleiben eines angemessenen Eigenkapitals, erfüllt ist, so ist davon unabhängig die Frage zu prüfen, ob in dieser Umwandlung eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt. Diese Frage muß nach den Grundsätzen beurteilt werden, die für ähnliche Vorgänge, nämlich für Kapitalherabsetzungen bei Kapitalgesellschaften, gelten. Da im vorliegenden Fall die Umwandlung in engem zeitlichem Zusammenhang mit der Aufstellung der DMEB und auch erst kurze Zeit nach dem 21. Juni 1948 vereinbart wurde und die Rechtsvorgänger der Stadtwerke die der Kapitalherabsetzung entsprechenden Darlehnsbeträge nicht zurückzahlten und auch nicht zurückzahlen konnten, weil der Kapitalbedarf eher im Steigen begriffen war, als sich verringert hatte, so kann in der Umwandlung eine verdeckte Gewinnausschüttung liegen, die im Jahr 1951 der Mindestbesteuerung unterliegen würde. Da aber die Stadtwerke im Laufe des Rechtsmittelverfahrens immer wieder betonten, daß die Vereinbarung vom 9. November 1951 lediglich eine auf den 20. oder 21. Juni 1948 nachgeholte Festsetzung eines bestimmten Widmungskapitals beinhaltete und die Beteiligten demnach nur eine bestimmte Umstellung des in der RM-Zeit ausgewiesenen Vermögens herbeiführen wollten, geht der Senat zur Vermeidung einer Mindestbesteuerung zugunsten der Stadtwerke davon aus, daß die Beteiligten keine ins Jahr 1951 fallende und dann zur verdeckten Gewinnausschüttung führende Umwandlung herbeiführen wollten. Daraus folgt, daß die Stadtwerke die Zinsen für das Darlehen nicht als Betriebsausgabe absetzen dürfen.
Die Ausführungen des Finanzgerichts zur Verbindung des Freibades mit den Stadtwerken entsprechen den im Urteil des Bundesfinanzhofs I 317/55 U aufgestellten Grundsätzen. Der dort als Voraussetzung der Verbindung verschiedenartiger Betätigungsformen der Gemeinde geforderte enge wirtschaftliche Zusammenhang muß sich aus der Natur der beiden Betätigungsarten (Betrieb des Freibades und Versorgungsbetrieb) unabhängig von der von dem Willen der Stadt abhängigen organisatorischen Verbindung und Verflechtung durch Personalunion und Buchführung und Betriebsabrechnung ergeben. Deshalb müssen die von der Stadt aus Gründen der Rationalisierung und der zweckmäßigen Organisation für erforderlich gehaltenen und sicher auch notwendigen Maßnahmen bei der Entscheidung darüber, ob eine oder mehrere Einrichtungen im Sinne des § 1 KStDV vorliegen, zunächst außer Betracht bleiben. Es kommt für die steuerliche Zulässigkeit der Verbindung, da es sich ohne Zweifel bei dem Betrieb des Freibades und bei den Stadtwerken um abgegrenzte, sich genügend voneinander unterscheidende wirtschaftliche Betätigungsformen der Gemeinde handelt, nur darauf an, ob diese beiden Betätigungsformen (Einrichtungen) in einem sich objektiv aus ihrer Natur ergebenden, engen Zusammenhang stehen. Erst wenn das bejaht werden kann, kommt es auf die von dem Willen der Gemeinde abhängige organisatorische Zusammenfassung an. Die Stadtwerke wollen ihre Annahme eines solchen engen wirtschaftlichen Zusammenhanges damit begründen, daß die wichtigsten Betriebsstoffe von den Stadtwerken bezogen wurden. Wie bereits im Urteil des Bundesfinanzhofs I 317/55 U dargelegt ist, genügt diese Verbindung nicht, weil sie nicht den Charakter der wirtschaftlichen Betätigung bestimmt und deshalb keine sich aus der Sache ergebende Verbindung zwischen den Betätigungsarten begründen kann. Da das Freibad nur einer der zahlreichen, für den Charakter der Stadtwerke unerheblichen Abnehmer von Wasser und Strom ist, die Stadtwerke nicht auf das Freibad angewiesen sind und das Freibad, würde es von einem privaten Unternehmer betrieben werden, die notwendigen Betriebsmittel ebenfalls von den Stadtwerken beziehen würde, ist die geschäftliche Verbindung für den inneren Zusammenhang ohne Bedeutung.
Aus den vorstehenden Ausführungen über die Möglichkeit der Zusammenfassung verschiedenartiger Betätigungsformen der Gemeinde zu einem einheitlichen Steuersubjekt ergibt sich, daß auch die von den Vorinstanzen nicht beanstandete und nicht erörterte Zusammenfassung der drei Versorgungsbetriebe nicht unbedenklich ist. Die Vorinstanzen haben nämlich nicht geprüft, ob und welcher wirtschaftliche Zusammenhang zwischen den drei Versorgungsbetrieben bestand, die erst im Jahr 1953 zu den Stadtwerken zusammengefaßt wurden. Da die Zusammenfassung von Versorgungsbetrieben aber von der Rechtsprechung seit Jahrzehnten nicht beanstandet wurde und in zahlreichen Fällen auch seit Jahrzehnten besteht, trug der Senat dieser Entwicklung schon in dem Urteil I 164/59 S. vom 10. Juli 1962 (BStBl 1962 III S. 448) Rechnung und erkannte die Zusammenfassung von Versorgungsbetrieben wegen dieser langjährigen historischen Entwicklung steuerlich auch dann an, wenn der sonst geforderte enge wirtschaftliche Zusammenhang der verschiedenen Betätigungsformen nicht besteht. Man kann die Auffassung vertreten, daß der Charakter dieser Tätigkeiten die Zusammenfassung deshalb rechtfertigt, weil diese Tätigkeitsformen der Versorgung der Bevölkerung dienen und damit gleichartig und zweckverwandt sind.
Auf die Rb. des Vorstehers des Finanzamts wird die angefochtene Entscheidung aufgehoben. Die Berufung der Stadtwerke gegen die Einspruchsentscheidung des Finanzamts wird als unbegründet zurückgewiesen. Die Anschlußbeschwerde der Stadtwerke ist unbegründet.
Fundstellen
Haufe-Index 410548 |
BStBl III 1962, 450 |
BFHE 1963, 502 |
BFHE 75, 502 |
DB 1962, 1427 |
DStR 1962/63, 54 |