Entscheidungsstichwort (Thema)
Veräußerungsgewinne ausländischer Investmentgesellschaften - AfA nach § 18 Abs. 1 Satz 2 AuslInvestmG - Veröffentlichungen der Erträge aus ausländischen Investmentfonds im BStBl - Auslegung einer Rechtsnorm gegen den Wortlaut
Leitsatz (amtlich)
1. Die unterschiedliche Behandlung der Veräußerungsgewinne ausländischer Investmentgesellschaften in § 17 und § 18 AuslInvestmG ist mit Art.3 GG vereinbar.
2. § 18 Abs.1 Satz 2 AuslInvestmG enthält nur eine Höchstgrenze für den Ansatz der AfA. Ein niedrigerer AfA-Betrag kann, muß aber nicht angesetzt werden.
Orientierungssatz
1. Den Veröffentlichungen des BfF im Bundessteuerblatt hinsichtlich der Erträge aus ausländischen Investmentfonds kommt keine Bindungswirkung zu (vgl. Literatur).
2. Gegenüber einer vom Wortlaut der Rechtsnorm abweichenden Auslegung ist besondere Zurückhaltung geboten; sie kann nur in Betracht kommen, wenn die auf den Wortlaut abgestellte Auslegung zu einem sinnwidrigen Ergebnis führen würde. Dagegen ist es nicht Aufgabe einer lückenfüllenden Interpretation --zu der auch die teleologische Reduktion gehört--, rechtspolitische Fehler zu korrigieren, d.h. das Gesetz zu verbessern, obwohl es sich --gemessen an seinem Zweck-- noch nicht als planwidrig unvollständig oder zu weitgehend erweist (vgl. BFH-Rechtsprechung; Literatur).
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1; EStG § 7; AuslInvestmG §§ 17, 18 Abs. 1 S. 2
Tatbestand
Die Klägerinnen und Revisionsklägerinnen (Klägerinnen) sind Erbinnen ihrer am 16.Januar 1984 verstorbenen Mutter (M). Diese war in den Jahren 1980 und 1981 Inhaberin von Anteilen an den schweizerischen offenen Immobilienfonds ... Die in § 17 Abs.3 des Gesetzes über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile und über die Besteuerung der Erträge aus ausländischen Investmentanteilen (AuslInvestmG) vom 28.Juli 1969 (BGBl I 1969, 986, BStBl I 1969, 435) genannten Voraussetzungen liegen bei diesen Fonds nicht vor.
Die Geschäftsleitungen der Immobilienfonds haben dem Bundesamt für Finanzen (BfF) die Höhe der sich nach § 18 Abs.1 AuslInvestmG ergebenden Besteuerungsgrundlagen nachgewiesen; sie sind im BStBl I 1981, 570, 1982, 218 f., 1982, 668 f. und 1983, 6 f. veröffentlicht. Das BfF hat die als ausgeschüttet zu behandelnden Erträge aus diesen Fonds unter Berücksichtigung von Veräußerungsgewinnen aus dem Verkauf bebauter Grundstücke und aufgrund von Zuweisungen auf ein Amortisationskonto, hier Amortisationsfonds genannt, ermittelt, die erheblich unter den nach § 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) anzusetzenden Absetzung für Abnutzung (AfA)-Beträgen lagen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) hat diese Feststellungen unverändert übernommen. Demgegenüber vertraten die Klägerinnen die Ansicht, daß es verfassungsrechtlich bedenklich sei, im Rahmen des § 18 Abs.1 AuslInvestmG Veräußerungsgewinne zu erfassen, vor allem aber, daß bei der Ermittlung der Einkünfte aus Kapitalvermögen die nach § 7 EStG zulässigen AfA-Beträge zugrunde zu legen seien.
Einspruch und Klage blieben erfolglos.
Mit der Revision rügen die Klägerinnen Verletzung materiellen Rechts (Art.3 Abs.1 des Grundgesetzes --GG--, § 18 Abs.1 AuslInvestmG).
1. Es bestehe kein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung der Veräußerungsgewinne in § 17 und § 18 AuslInvestmG. § 18 Abs.1 Satz 1 AuslInvestmG sei deshalb insoweit gemäß Art.3 GG nichtig, als er die Besteuerung der Veräußerungsgewinne in weiterem Umfang vorschreibe als § 17 AuslInvestmG.
2. § 18 Abs.1 Satz 2 AuslInvestmG enthalte keine Höchstgrenze für den Ansatz der AfA, sondern ein Gebot zum Ansatz der sich aus § 7 EStG ergebenden Beträge.
Die Klägerinnen beantragen,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung
und Entscheidung zurückzuverweisen.
Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
Die an M ausgeschütteten --bzw. die gemäß § 18 Abs.1 Satz 3 AuslInvestmG als zugeflossen geltenden-- Erträge der schweizerischen Immobilienfonds unterliegen in der vom BfF festgestellten und vom FA festgesetzten Höhe der Besteuerung nach § 20 Abs.1 Nr.1 EStG.
1.a) Der Inhaber nicht zum öffentlichen Vertrieb und zum amtlichen Börsenhandel zugelassener Anteile an ausländischen Investmentgesellschaften hat nach Maßgabe des § 18 Abs.1 AuslInvestmG alle Ausschüttungen bzw. als ausgeschüttet zu behandelnden Erträge zu versteuern. Das gilt u.a. auch für Erträge, die anläßlich der Veräußerung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten entstehen (§ 18 Abs.1 Satz 1 AuslInvestmG). Dagegen sind unter den in § 17 AuslInvestmG genannten Voraussetzungen Veräußerungsgewinne bei zum Privatvermögen des Inhabers gehörenden Investmentanteilen nur dann zur Besteuerung heranzuziehen, wenn sie auch nach Einkommensteuerrecht --bei Grundstücken also nur unter den Voraussetzungen des § 23 EStG-- steuerpflichtig sind. § 17 AuslInvestmG folgt damit den Grundsätzen der Besteuerung der Erträge aus dem Sondervermögen einer inländischen Kapitalanlagegesellschaft (vgl. dazu näher Beckmann/Scholtz, Investment-Handbuch 445 § 17 Rz.3, 81 f.). Insoweit unterscheiden sich die nach § 18 AuslInvestmG einerseits und die nach § 17 AuslInvestmG andererseits zu behandelnden ausländischen Immobilienfonds.
Die steuerliche Behandlung der Erträge aus inländischen und ausländischen Investmentanteilen folgt dem Grundsatz der Transparenz. Durch die Zwischenschaltung des Investmentvermögens soll im Prinzip keine höhere steuerliche Belastung, aber auch keine niedrigere Belastung eintreten. Der Umfang der Transparenz ist durch den Gesetzgeber im einzelnen bestimmt. Es ist nicht zulässig, die gesetzlichen Regelungen im Auslegungsweg im Sinn einer völligen Durchsetzung des Transparenzprinzips über den Wortlaut des Gesetzes hinaus zu ergänzen (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 4.März 1980 VIII R 48/76, BFHE 130, 287, BStBl II 1980, 453; Beckmann/Scholtz, a.a.O., 425 vor § 38 Rz.4 f.).
b) Die unterschiedliche Behandlung der Erträge aus Veräußerungen in § 17 und § 18 Abs.1 AuslInvestmG ist nicht verfassungswidrig. Insbesondere verstößt sie nicht gegen Art.3 GG.
aa) Die Anwendung des Art.3 Abs.1 GG beruht stets auf einem Vergleich von Lebensverhältnissen, die nie in allen, sondern stets nur in einzelnen Elementen gleich sind. Es ist Sache des Gesetzgebers, zu entscheiden, welche Elemente der zu ordnenden Lebensverhältnisse er als maßgebend dafür ansieht, sie im Recht gleich oder verschieden zu behandeln. Voraussetzung für die Übereinstimmung einer Regelung mit dem Gleichheitssatz ist lediglich, daß die gewählte Differenzierung auf sachgerechten Erwägungen beruht. Im Rahmen seiner weitgehenden Gestaltungsfreiheit im Bereich des Steuerrechts kann sich der Gesetzgeber auch von finanzpolitischen, volkswirtschaftlichen, sozialpolitischen oder steuertechnischen Erwägungen leiten lassen. Seine Gestaltungsfreiheit endet erst dort, wo ein sachlicher Grund für die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung fehlt (vgl. z.B. Beschluß des Bundesverfassungsgerichts --BVerfG-- vom 19.Dezember 1978 1 BvR 335, 427, 811/76, BStBl II 1979, 308, und Urteil vom 10.Februar 1987 1 BvL 18/81, 1 BvL 20/82, BStBl II 1987, 240 unter C. I. m.w.N.).
bb) Diese äußerste Grenze der gesetzgeberischen Freiheit, jenseits derer für eine vom Gesetzgeber getroffene Differenzierung sachlich einleuchtende Gründe schlechterdings nicht mehr erkennbar sind und die Regelung deshalb als willkürlich erscheint (vgl. Urteil des BFH vom 7.Mai 1987 IV R 125/86, BFHE 150, 22, BStBl II 1987, 530), ist im Streitfall nicht überschritten.
aaa) § 18 Abs.1 Satz 1 AuslInvestmG ist zunächst nicht mit der in § 17 Abs.1 Satz 1 AuslInvestmG, sondern mit der in § 45 Abs.1 Satz 1 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) i.d.F. vom 14.Januar 1970 (BGBl I 1970, 127, BStBl I 1970, 187) getroffenen Regelung zu vergleichen. Der Vergleich ergibt eine Schlechterstellung der Inhaber ausländischer Investmentanteile gegenüber den Inhabern inländischer Investmentanteile insoweit, als Veräußerungsgewinne stets und in vollem Umfang wie "sonstige Erträge" zu besteuern sind. Diese Schlechterstellung ist teils zur Vermeidung von Umgehungstatbeständen (vgl. dazu Beckmann/Scholtz, a.a.O., 445 § 17 Rz.34, 35 und 44, 45 sowie § 1 Rz.21), teils wegen der erschwerten Überwachungsmöglichkeiten von Organisation, Geschäftstätigkeit und Bonität von Gesellschaften im Ausland (vgl. die Begründung zum Gesetzentwurf, BTDrucks V/3494, S.15, 16) gerechtfertigt. Zudem ist der Gesetzgeber nicht daran gehindert, Investitionen in ausländische Kapitalanlagen weniger attraktiv zu machen als Investitionen in inländische Kapitalanlagen (vgl. auch --für Investitionen in ausländische Grundstücke-- Finanzgericht --FG-- Köln, Urteil vom 27.November 1985 I K 33/85, rkr., Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 1986, 189; BFH-Urteil vom 17.Oktober 1990 I R 182/87, BFHE 162, 307, BStBl II 1991, 136 unter III. 1. b).
Das gilt insbesondere dann, wenn die Frage zu entscheiden ist, ob und ggf. in welcher Form und in welchem Umfang steuerliche Erleichterungen gewährt werden sollen (BVerfG-Beschluß vom 6.Februar 1968 1 BvL 7/65, BVerfGE 23, 74, BStBl II 1968, 133). Diese Frage stellte sich dem Gesetzgeber auch bei Erlaß des AuslInvestmG. Denn nach deutschem Recht unterliegen alle Erträge einer Kapitalgesellschaft --also auch Veräußerungsgewinne-- zunächst der Körperschaftsteuer bei dieser Gesellschaft; die steuerrechtliche Konzeption des KAGG, diese Vorbelastung zu vermeiden, sollte ein Anreiz für das Investmentsparen sein (vgl. Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Geld und Kredit, BTDrucks II/2973 --neu--, S.1; Beckmann/ Scholtz, a.a.O., 425 vor § 38 Rz.4 f. und 445 § 18 Rz.25).
Im Rahmen dieser Steuerbefreiung hat der Gesetzgeber einen weiten Handlungsspielraum. Ob außer der von ihm gewählten Lösung eine andere gerechter oder vernünftiger gewesen wäre, ist im Rahmen des Art.3 GG nicht zu prüfen (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BVerfG-Beschluß vom 29.November 1989 1 BvR 1402/87, 1528/87, BStBl II 1990, 479 unter B. II. 1.; BFH-Urteil in BFHE 150, 22, BStBl II 1987, 530).
bbb) § 18 AuslInvestmG beruht aber auch im Verhältnis zu der in § 17 AuslInvestmG getroffenen Regelung auf sachlichen Erwägungen.
§ 17 AuslInvestmG stellt unter bestimmten Voraussetzungen die ausländischen den inländischen Kapitalanlagegesellschaften gleich. Das rechtfertigt sich aus dem Zweck des AuslInvestmG. Der Gesetzgeber mußte beim Erlaß dieses Gesetzes eine Reihe rechts-, sozial- und wirtschaftspolitischer Forderungen berücksichtigen, wie den Schutz des Investmentsparers und die Förderung des Wertpapiersparens, die Wahrung der außenwirtschaftlichen Interessen der wirtschaftlich stark verflochtenen Bundesrepublik Deutschland (Bundesrepublik), das ungestörte Funktionieren des Wettbewerbsverhältnisses zwischen inländischen und ausländischen Investmentgesellschaften, die Sicherung der steuerlichen Gleichbehandlung usw. (vgl. Philipps, Handbuch des Auslands-Investmentrechts, 1970, S.105; Beckmann/Scholtz, a.a.O., 444 Einleitung zum AuslInvestmG). Die Lösung, die der Gesetzgeber --wie aus der Begründung zum Entwurf des Gesetzes hervorgeht (BTDrucks V/3494, S.14 f.)-- nach sorgfältigen Überlegungen zu anderen Verfahren gewählt hat, besteht in einer Vertriebsregelung für ausländische Investmentgesellschaften in der Bundesrepublik, die an die Erfüllung bestimmter Voraussetzungen gebunden ist (§§ 2 f. AuslInvestmG). Mit der Vertriebsanzeige hat die Gesellschaft eine Reihe von Unterlagen einzureichen und verschiedene Verpflichtungserklärungen abzugeben, die es dem Bundesamt für Kreditwesen als der prüfenden Behörde ermöglichen, den Vertrieb bei Fehlen der entsprechenden Voraussetzungen zu untersagen (sog. Registrierungsverfahren, §§ 7, 8 AuslInvestmG). Damit ist zum Schutz der Anleger und des Wettbewerbs zwischen in- und ausländischen Kapitalanlagegesellschaften die erforderliche Kontrolle von Organisation, Geschäftstätigkeit und Bonität der ausländischen Investmentgesellschaft (s.o. unter 1. b, bb, aaa) gewährleistet.
Diese Lösung ist auch Grundlage der differenzierenden Regelungen in § 17 und § 18 AuslInvestmG (§ 17 Abs.3 AuslInvestmG) und der Abstufung der Rechtsfolgen nach der Intensität der Mitwirkung der ausländischen Investmentgesellschaften bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen (vgl. § 18 Abs.2 und 3 AuslInvestmG). Sie ist damit --auch im Sinne der neueren Rechtsprechung des BVerfG (vgl. dazu Beschluß des BVerfG vom 23.Januar 1990 1 BvL 4/87 u.a., BVerfGE 81, 228, BStBl II 1990, 483)-- hinreichend begründet. Es steht jeder ausländischen Investmentgesellschaft frei, die Voraussetzungen des § 17 Abs.3 AuslInvestmG zu erfüllen. Der Senat sieht deshalb keine Veranlassung, die Sache gemäß Art.100 Abs.1 GG, § 80 Abs.1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht (BVerfGG) dem BVerfG zur Entscheidung vorzulegen.
2. Die Einkünfte der Klägerinnen aus Kapitalvermögen sind nicht um weitere AfA-Beträge zu vermindern.
a) Das FA hat die Einkünfte aus Kapitalvermögen unter Berücksichtigung der vom BfF im Bundessteuerblatt veröffentlichten Erträge aus ausländischen Investmentfonds ermittelt. In diesen Erträgen ist die geltend gemachte AfA nicht enthalten. Das bedeutet jedoch nicht, daß das FA die insoweit von den Klägerinnen erhobenen Einwendungen im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung nicht mehr berücksichtigen durfte. Den Veröffentlichungen des BfF kommt keine Bindungswirkung zu (vgl. Beckmann/ Scholtz, a.a.O., 445 § 17 Rz.117 f. und 615 Rz.3 f., 11 sowie --für Erträge inländischer Kapitalanlagegesellschaften-- 425 § 41 Rz.16 f.; Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 19.Aufl., § 41 KAGG Anm.7; Nieland/Dietrich, Die steuerliche Betriebsprüfung --StBp-- 1987, 66; Uhrmann, StBp 1987, 67). Die Feststellungen sind mangels einer auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichteten Entscheidung keine Verwaltungsakte (§ 118 Satz 1 der Abgabenordnung --AO 1977--); damit fehlt ihnen sowohl die Tatbestands- als auch die Feststellungswirkung. Es handelt sich vielmehr um eine Hilfe des BfF bei der Aufklärung und Feststellung von Auslandssachverhalten, die ihre Rechtsgrundlage in § 5 Abs.1 Nr.4 b des Finanzverfassungsgesetzes --FVG-- und Art.108 Abs.4 GG hat.
b) Die Einwendungen der Klägerinnen greifen jedoch aus materiell-rechtlichen Gründen nicht durch. Eine Berücksichtigung höherer als die von den Investmentgesellschaften ihrem Amortisationsfonds zugeführten Beträge ist durch § 18 Abs.1 Satz 2 AuslInvestmG ausgeschlossen.
aa) Die von den ausländischen Investmentgesellschaften vereinnahmten --und nicht ausgeschütteten-- Zinsen, Dividenden, Erträge aus Vermietung und Verpachtung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten, sonstigen Erträge und Veräußerungsgewinne gehören nach § 18 Abs.1 Satz 1 AuslInvestmG nur insoweit zu den Einkünften aus Kapitalvermögen, als sie nicht zur Kostendeckung verwendet werden. Zu den Kosten in diesem Sinne gehören auch AfA, soweit diese die nach § 7 EStG zulässigen Beträge nicht übersteigen. Nach dem Wortlaut der Regelung sind damit nur höhere als die in § 7 EStG genannten AfA ausgeschlossen. Das gilt für erhöhte AfA und Sonderabschreibungen nach deutschem Recht (Beckmann/Scholtz, a.a.O., 445 § 17 Rz.61; Nissen, Deutsche Steuer-Zeitung/Ausgabe A --DStZ/A-- 1969, 281, 284; Söffing, Die Information --Inf-- 1969, 412, 414) ebenso wie für höhere Zuweisungen der Investmentgesellschaften zu einem Amortisationsfonds.
bb) Eine einschränkende Auslegung des § 18 Abs.1 Satz 2 AuslInvestmG ist nicht geboten.
aaa) Sie läßt sich insbesondere nicht mit dem abweichenden Auslegungsergebnis zu der gleichlautenden Regelung in § 45 Abs.1 Satz 2 KAGG für inländische Kapitalanlagegesellschaften begründen. Die restriktive Anwendung dieser Vorschrift ergibt sich insoweit unmittelbar aus einem einschränkenden Rechtssatz; sie ist Folge der in § 7 EStG bestimmten Pflicht zur Vornahme der Absetzungen (zur Absetzungspflicht vgl. z.B. Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 10.Aufl., § 7 Anm.1 d). Wie sich aus § 18 Abs.1 Satz 2 AuslInvestmG ergibt, steht es ausländischen Investmentgesellschaften frei, ihre Erträge ebenfalls unter Berücksichtigung der nach § 7 Abs.4 EStG zwingend abzusetzenden AfA-Beträge zu ermitteln.
bbb) Sie sind dazu aber nach deutschem Recht, dessen Anwendbarkeit sowohl durch die in Art.10 Abs.6 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11.August 1971 (DBA-Schweiz), --nach dem das deutsche Steuerrecht keinen Einfluß auf die Ermittlung des den Ausschüttungen eines Investmentfonds zugrundeliegenden Bilanzgewinns nimmt (vgl. dazu u.a. Flick/Wassermeyer/Wingert/Kempermann, DBA- Schweiz, Art.10 Anm.20, 44, 73, 103, m.w.N.) und das insoweit auch für die hier zu beurteilenden sog. transparenten Fonds gilt-- als auch durch die Sonderregelung des § 18 Abs.1 Satz 2 AuslInvestmG eingeschränkt wird, nicht gezwungen.
Die Auslegung des § 18 Abs.1 Satz 2 AuslInvestmG i.S. des in § 7 EStG angeordneten Abschreibungsgebotes würde zu einer teleologischen Reduktion des Anwendungsbereichs der Vorschrift führen. Gegenüber einer vom Wortlaut der Rechtsnorm abweichenden Auslegung ist aber besondere Zurückhaltung geboten; sie kann nur in Betracht kommen, wenn die auf den Wortlaut abgestellte Auslegung zu einem sinnwidrigen Ergebnis führen würde (BFH-Urteil vom 16.Dezember 1986 VIII R 375/83, BFHE 149, 157, BStBl II 1987, 366, m.w.N.). Dagegen ist es nicht Aufgabe einer lückenfüllenden Interpretation --zu der auch die teleologische Reduktion gehört (Tipke/ Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 13.Aufl., § 4 AO 1977 Tz.133, m.w.N.)-- rechtspolitische Fehler zu korrigieren, d.h. das Gesetz zu verbessern, obwohl es sich --gemessen an seinem Zweck-- noch nicht als planwidrig unvollständig oder zu weitgehend erweist (vgl. BFH-Urteile vom 24.Januar 1974 IV R 76/70, BFHE 111, 329, BStBl II 1974, 295 unter 2.; vom 13.Juli 1989 V R 110-112/84, BFHE 158, 157, BStBl II 1989, 1036 unter 4. a).
Im Falle des § 18 Abs.1 Satz 2 AuslInvestmG führt die wortgetreue Auslegung nicht zu einem dem AuslInvestmG zuwiderlaufenden Ergebnis. Der Gesetzgeber hat sich insoweit von sachgerechten Erwägungen leiten lassen.
Das gilt vor allem für die wirtschaftspolitische Erwägung, daß der den Sparern nützliche Wettbewerb durch das AuslInvestmG nicht eingeschränkt werden sollte (BTDrucks V/3494, S.14). Das bedeutet u.a. auch, daß Eingriffe in die Ertrags- und Ausschüttungspolitik der ausländischen Investmentgesellschaften durch den Gesetzgeber möglichst zu vermeiden waren. Es bleibt damit grundsätzlich den jeweiligen Gesellschaften überlassen, wie sie diese Politik --die bei Immobilienfonds wesentlich durch Abschreibungswahlrechte mitbestimmt wird-- gestalten wollen. Einer einschränkenden Regelung bedurfte es insoweit nur für über § 7 EStG hinausgehende Abschreibungsmöglichkeiten. Denn insoweit war eine gesetzliche Regelung sowohl zur Vermeidung von Konkurrenznachteilen deutscher Kapitalanlagegesellschaften als auch zum Schutz der Interessen des Investmentsparers geboten. Es würde der Zielsetzung der Investmentgesetzgebung widersprechen, wenn sich ausländische Investmentgesellschaften mit steuerlich günstigen Angeboten höhere Kapitalmarktanteile sichern könnten und wenn das Investmentsparen als kurzfristige Anlage zu Lasten des späteren Erwerbers vorwiegend zur "Mitnahme" von steuerlichen Vorteilen mißbraucht würde (vgl. auch Beckmann/Scholtz, a.a.O., 425 § 45 Rz.24; Kerscher in Steuer und Wirtschaft 1969 Sp.489, 497; Nissen, DStZ/A 1969, 281, 285). Solche negativen Folgen zu Lasten des Kapitalmarktes und des Sparerverhaltens sind bei Inanspruchnahme zu niedriger AfA nicht zu befürchten.
Fundstellen
Haufe-Index 64322 |
BFH/NV 1992, 66 |
BStBl II 1992, 786 |
BFHE 168, 111 |
BB 1992, 1630 (L) |
DB 1992, 2279 (L) |
HFR 1992, 677 (LT) |
StE 1992, 468 (K) |