Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Unternehmereinheit zwischen einer Einzelfirma des Ehemanns und einer OHG, an der die Ehegatten je zur Hälfte beteiligt sind, wenn die Ehegatten vor dem 1. April 1953 den Güterstand der allgemeinen Gütergemeinschaft vereinbart haben; die zur Annahme einer Unternehmereinheit erforderliche Gewährleistung einer einheitlichen Willensbildung in beiden Firmen ist in einem solchen Falle gegeben.
Normenkette
UStG 1951 § 2 Abs. 1 S. 2; StAnpG § 11 Nr. 5; BGB §§ 717, 1416-1418, 1431; HGB § 105 Abs. 2, § 115 Abs. 1; GleichberG Art. 8 I Nr. 6 Abs. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob zwischen einer Einzelfirma des Ehemannes und einer OHG, an der die Ehegatten je zur Hälfte beteiligt sind, Unternehmereinheit besteht, wenn die Ehegatten allgemeine Gütergemeinschaft vereinbart haben.
Die Eheleute K. und J. B. (im folgenden B) leben seit 1927 im Güterstand der allgemeinen Gütergemeinschaft. Im Veranlagungszeitraum 1962, auf den sich der Rechtsstreit bezieht, bestanden nebeneinander die Einzelfirma "K. B." und die OHG "B. & Co." (Klägerin und Revisionsklägerin, im folgenden Steuerpflichtige), an der die Eheleute zu je 50 v. H. beteiligt waren. Der zwischen den Eheleuten am ... 1927 geschlossene Ehevertrag enthält über die Verwaltung des Gesamtguts keine Bestimmungen. Es wurde bei der Steuerpflichtigen für beide Gesellschafter nur ein einziges Kapitalkonto geführt, dem die Gesamtgewinne gutgebracht und die Gesamtentnahmen angelastet wurden.
Die Steuerpflichtige, die an die Einzelfirma Baugeräte vermietet hatte, gab für 1962 eine Umsatzsteuererklärung nicht ab, weil sie die Auffassung vertrat, zwischen beiden Firmen bestehe Unternehmereinheit. Demgegenüber verneinte der Beklagte und Revisionsbeklagte (FA) das Vorliegen einer Unternehmereinheit und zog die Steuerpflichtige außer mit den übrigen Entgelten mit den von der Einzelfirma erhaltenen Mietentgelten zur Umsatzsteuer heran. Die hiergegen eingelegte Sprungberufung (jetzt Sprungklage) wurde als unbegründet zurückgewiesen. Das FG ist der Auffassung, daß eine der Voraussetzungen der Unternehmereinheit, nämlich die Gewährleistung einer einheitlichen Willensbildung in beiden Firmen, nicht gegeben ist. Da die allgemeine Gütergemeinschaft durch Ehevertrag vom ... 1927, mithin vor dem 1. April 1953, vereinbart worden sei, verwalte gemäß Art. 8 I Nr. 6 Abs. 2 des Gesetzes über die Gleichbehandlung von Mann und Frau auf dem Gebiete des bürgerlichen Rechts (GleichberG) vom 18. Juni 1957 (BGBl I 1957, 609) der Ehemann B weiter das Gesamtgut allein; die Ehefrau B habe auf die Verwaltung, soweit sie ordnungsgemäß geführt werde, keinen Einfluß; ihr seien die für die Willensbildung bei der Einzelfirma entscheidenden Funktionen versagt. Anders sei die Rechtslage der Ehefrau B hinsichtlich ihrer Gesellschaftsrechte an der Steuerpflichtigen. Da die OHG-Anteile gemäß § 105 Abs. 2 HGB in Verbindung mit § 717 BGB nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden könnten, gehörten diese Anteile gemäß § 1417 Abs. 2 BGB zum jeweiligen Sondergut der Eheleute. Gemäß § 1417 Abs. 3 BGB verwalte jeder Ehegatte sein Sondergut selbständig. Frau B sei daher güterrechtlich nicht gehindert, an der Willensbildung der Steuerpflichtigen mitzuwirken, zumal sie zu Rechtsgeschäften, die der Betrieb eines mit Einwilligung des Mannes geführten Erwerbsgeschäfts mit sich bringt, dessen Zustimmung nicht bedürfe (§ 1431 BGB). Die in § 7 des Gesellschaftsvertrages vom ... 1959 jedem Gesellschafter eingeräumte Befugnis zur Alleinvertretung und -geschäftsführung entspreche der gesetzlichen Regelung (§ 115 Abs. 1 erster Halbsatz HGB). Frau B habe das Recht, einer von ihrem Manne im Betrieb der Steuerpflichtigen beabsichtigten Maßnahme jederzeit zu widersprechen (§ 115 Abs. 1 zweiter Halbsatz HGB). Ob sie von diesem Recht auch tatsächlich Gebrauch mache, sei nicht entscheidend. Da die Willensbildung bei der Einzelfirma allein vom Ehemann B, bei der Steuerpflichtigen dagegen von beiden Eheleuten ausgehe, sei eine Willensübereinstimmung in beiden Firmen nicht gewährleistet.
Mit der Rechtsbeschwerde, die nach dem Inkrafttreten der FGO als Revision zu behandeln ist (§ 184 Abs. 2, §§ 115 ff. FGO), bemängelt die Steuerpflichtige, daß das FG auf ihr Vorbringen, Frau B sei die Stellung einer Gesellschafterin in der OHG nur nominell gewährt worden, um die in der Öffentlichkeit als Gesellschaft bekannte Firma B. & Co. zu erhalten, nicht eingegangen sei. Da nicht nur in der Einzelfirma, sondern auch in der Steuerpflichtigen nur der Wille des Ehemannes B gegolten habe, scheide die Möglichkeit einer abweichenden Willensbildung aus. Außerdem komme es - entgegen der Ansicht des FG - nicht auf die rechtliche Möglichkeit einer unterschiedlichen Willensbildung, sondern auf die praktische Handhabung durch die Gesellschafter an. Mindestens sei die tatsächliche Übung der Vertragspartner ein Beweisanzeichen für den Willen, die Ehefrau B an der Vertretung und Geschäftsführung der Steuerpflichtigen nicht teilhaben zu lassen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision führt zur Aufhebung der Vorentscheidung, jedoch aus anderen als den von der Steuerpflichtigen geltend gemachten Gründen.
Unstreitig gehört die vom Ehemann B geleitete Einzelfirma zum Gesamtgut der Eheleute B. Es sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar, daß sie Sondergut (§ 1417 BGB) oder Vorbehaltsgut (§ 1418 BGB) des B wäre. Wie in der Vorentscheidung zutreffend dargelegt ist, wird bei einer vor dem 1. April 1953 vereinbarten "allgemeinen Gütergemeinschaft" das Gesamtgut weiterhin vom Manne verwaltet (Art. 8 I Nr. 6 Abs. 2 GleichberG). Dieser behält infolgedessen, sofern im Ehevertrag nichts anderes vereinbart ist, seine im Verhältnis zur Frau starke Rechtsstellung: Die zum Gesamtgut gehörenden Sachen bleiben in seinem Besitz; er ist berechtigt, über das Gesamtgut zu verfügen (§ 1422 BGB); er bedarf nur zu einzelnen ungewöhnlichen Rechtshandlungen (Verfügungen über das Gesamtgut im ganzen - § 1423 BGB -, Verfügungen über ein Gesamtgutsgrundstück - § 1424 BGB -, Schenkungen aus dem Gesamtgut - § 1425 BGB -) der Einwilligung der Frau. Grundsätzlich konnte daher Frau B auf die Willensbildung bei der Führung der Geschäfte der Einzelfirma keinen Einfluß nehmen.
Anders ist die Rechtsstellung der Frau beim Sondergut. Nach § 1417 Abs. 1 BGB ist vom Gesamtgut das Sondergut ausgeschlossen. Nach § 1417 Abs. 3 BGB verwaltet der berechtigte Ehegatte - im Gegensatz zu früher (Alleinverwaltung des Mannes, §§ 1439 Satz 2, 1525, 1374 BGB a. F.) - sein Sondergut selbständig, wenn auch für Rechnung des Gesamtguts. Die Selbstverwaltung ist wegen der rechtlichen Gleichstellung der Ehegatten und wegen der persönlichen Natur der vom Sondergut erfaßten Gegenstände angeordnet worden. Der Berechtigte ist befugt, über sein Sondergut nach freiem Belieben und ohne Zustimmung oder Mitwirkung des anderen Ehegatten sowie ohne Rechenschaftspflicht zu verfügen (vgl. Kommentar von Reichsgerichtsräten und Bundesrichtern zum BGB - BGB-RGRK -, 11. Aufl., Anm. 18 zu § 1417; Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 10./11. Aufl., Anm. 25 zu § 1417). Sondergut sind die Gegenstände, die nicht durch Rechtsgeschäft übertragen werden können (§ 1417 Abs. 2 BGB). Hierher gehört - wie das FG zutreffend ausführt - wegen ihrer Nichtübertragbarkeit (vgl. § 105 Abs. 2 HGB, § 717 Satz 1 BGB) u. a. die Beteiligung eines Ehegatten an einer OHG. Sondergut ist der Anteil an einer OHG auch dann, wenn er von einem Ehegatten durch Einbringung eines zum Gesamtgut gehörenden Vermögensstücks erworben wird. In einem solchen Erwerb ist keine unzulässige Umwandlung von Gesamtgut in Sondergut zu erblicken. Die in Gütergemeinschaft lebenden Eheleute können sich des Gesamtguts zu einem wesentlichen Teil durch Rechtsgeschäft unter Lebenden entäußern.
Eine Ausnahme von der Zugehörigkeit einer OHG-Beteiligung zum Sondergut ist aber dann gegeben, wenn es sich - wie im Streitfalle - um eine aus Eheleuten bestehende OHG handelt. Bringt eine Ehefrau zeitlich nach dem Abschluß des Ehevertrages über die Gütergemeinschaft Vermögensstücke des Gesamtguts in eine mit dem Ehemann gebildete OHG ein, so bleiben sie Gesamtgut, weil (im Gegensatz zum Vorbehaltsgut) Sondergut nicht durch Parteivereinbarung begründet werden kann (vgl. BGB-RGRK, 11. Aufl., Anm. 6 zu § 1417; Staudinger, a. a. O., Anm. 36 zu § 1417). Der Abschluß des Gesellschaftsvertrages zwischen den Eheleuten B vom ... 1959 konnte daher nicht zur Folge haben, daß sich Teile ihres Gesamtguts in Sondergut verwandelten (vgl. Urteil des BFH V 186/59 U vom 11. Januar 1962, BFH 74, 400, BStBl III 1962, 150). Hiervon abgesehen fällt der Gesellschaftsanteil der Ehefrau B auch deswegen in das Gesamtgut der Eheleute B, weil nach herrschender Ansicht (vgl. Staudinger, a. a. O., Anm. 22 zu § 1417) ein unübertragbares Recht dann nicht zum Sondergut nach § 1417 BGB gehört, wenn beide Ehegatten das Erwerbsgeschäft gemeinschaftlich vornehmen, wie dies nach dem Gesellschaftsvertrag im Streitfalle vorgesehen war. In diesen Fällen greifen die Gründe, die den Gesetzgeber bewogen haben, die Vorschrift über das Sondergut einzuführen, nicht durch. Wenn die OHG nicht mit dritten Personen, sondern mit dem Ehegatten als Gesellschafter gebildet wird, besteht für eine Selbstverwaltung der Gesellschaft durch die einzelnen Ehegatten-Gesellschafter keine Veranlassung.
Gehören aber die Einzelfirma des B und die OHG-Anteile der Ehegatten B gleichermaßen zum Gesamtgut und wird das Gesamtgut gemäß Art. 8 I Nr. 6 Abs. 2 GleichberG vom Manne verwaltet, so kann ein Dissens bei der Führung der beiden Firmen nicht eintreten. Das Widerspruchsrecht eines geschäftsführenden Gesellschafters (§ 115 Abs. 1 zweiter Halbsatz HGB) besteht nicht, soweit der Ehegatte-Gesellschafter infolge einer vereinbarten Gütergemeinschaft (hier aufgrund des Art. 8 I Nr. 6 Abs. 2 GleichberG) von der Verwaltung des Gesamtguts ausgeschlossen ist.
Die übrigen Voraussetzungen der Unternehmereinheit sind nicht streitig. Die Beteiligung der Ehegatten an den beiden Firmen im gleichen Verhältnis (Gemeinschaft zur gesamten Hand), nämlich je zur Hälfte, ergibt sich aus § 1416 Abs. 1 und 2 BGB in Verbindung mit § 11 Nr. 5 des Steueranpassungsgesetzes. Die Vorschriften über das eheliche Güterrecht sind anzuwenden, weil es - wie im o. a. Urteil des Senats V 186/59 U vom 11. Januar 1962 dargelegt - für die Frage der Unternehmereinheit (hier: gleiche Personen, gleiche Beteiligungsverhältnisse) hauptsächlich auf die Eigentumsverhältnisse zwischen den Ehegatten ankommt, die in den §§ 1363 bis 1518 BGB geregelt sind.
Die Vorentscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist entscheidungsreif. Die angefochtene Umsatzsteuerveranlagung für 1962 war wegen Vorliegens von Unternehmereinheit zwischen der Steuerpflichtigen und der Einzelfirma ersatzlos aufzuheben. Die Umsätze beider Firmen sind von dem Verwalter des Gesamtguts B zutreffend in einer Umsatzsteuererklärung zusammengefaßt worden.
Fundstellen
Haufe-Index 68406 |
BStBl II 1969, 175 |
BFHE 1969, 165 |