Entscheidungsstichwort (Thema)
Selbständiger EDV-Berater ist kein dem Ingenieur ähnlicher Beruf
Leitsatz (amtlich)
Ein selbständiger EDV-Berater, der Computer-Anwendungsprogramme entwickelt, übt keinen dem Ingenieur ähnlichen Beruf i.S. des § 18 Abs.1 Nr.1 EStG aus (Einschränkung von BFHE 139, 84, BStBl II 1983, 677).
Orientierungssatz
1. Der Diplom-Informatiker mit Hochschulabschluß oder Fachhochschulabschluß ist von seiner Ausbildung her einem Ingenieur vergleichbar (Festhalten an BFH-Urteil vom 4.8.1983 IV R 6/80). Das typische Berufsfeld eines Diplom-Informatikers mit Hochschulabschluß oder Fachhochschulabschluß ist --jedenfalls im Softwarebereich-- nur das der Systemsoftwareentwicklung.
2. Anwendungsprogramme sind Computerprogramme, die den --aufgrund des Systemprogrammes einsatzfähigen-- Computer in die Lage versetzen, die vom jeweiligen Anwender geforderten Arbeiten zu verrichten (vgl. BFH-Urteil vom 3.7.1987 III R 147/86).
3. Ein Diplom-Physiker, der Anwendungsprogramme für den Bereich der physikalischen Forschung entwickelt, kann wissenschaftlich i.S. des § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG tätig sein.
4. Einen dem beratenden Betriebswirt ähnlichen Beruf übt derjenige aus, der Kenntnisse in den hauptsächlichen Bereichen der Betriebswirtschaftslehre in einer Breite besitzt, wie sie die Ausbildungsgänge zum Diplom-Kaufmann, zum "Diplom-Betriebswirt (FH)" oder zum "staatlich geprüften Betriebswirt" vermitteln, und der mit Hilfe dieser Kenntnisse eine Beratungstätigkeit in einem der Hauptbereiche der Betriebswirtschaftslehre ausübt. Ein EDV-Berater wird nicht in einer dem beratenden Betriebswirt ähnlichen Weise tätig (Festhalten an BFH-Rechtsprechung).
5. Will ein Senat des BFH in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Senats des BFH abweichen, so bedarf es einer Anfrage beim anderen Senat dann nicht, wenn aufgrund der Änderung des Geschäftsverteilungsplans die Zuständigkeit für diese Rechtsfrage auf den erkennenden Senat übergegangen ist (vgl. BFH-Beschluß vom 21.10.1985 GrS 2/84).
Normenkette
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1; GewStDV § 1 Abs. 1; GewStG § 2 Abs. 1; FGO § 11 Abs. 3
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) im Streitjahr 1983 freiberuflich tätig war.
Der Kläger ist staatlich geprüfter Techniker für Maschinenbau. Nach Beendigung der Ausbildung für diesen Beruf nahm er an folgenden Lehrgängen teil:
1. Vom 2. bis 13.Dezember 1968 an einem "Grundlehrgang Arbeitsvorbereitung" des Ausschusses für wirtschaftliche Fertigung e.V.,
2. vom 1.April 1970 bis zum 30.März 1971 an einem Jahreslehrgang "Datenverarbeitungs-Organisation",
3. vom 5.April 1971 bis zum 17.September 1971 an einem Lehrgang für Programmierer.
Im Anschluß an diese Lehrgänge war der Kläger zunächst nichtselbständig im EDV-Bereich tätig, zuletzt von 1979 bis 1981 als Systemanalytiker bzw. EDV-Berater in verschiedenen Unternehmen. Im Jahre 1981 machte sich der Kläger als Unternehmensberater selbständig. Er arbeitete u.a. an einem Betriebsführungs- und Informationssystem für den öffentlichen Personennahverkehr mit. Sein Gesamtumsatz in Höhe von 159 241 DM entfiel in Höhe von 148 015 DM auf Systementwicklungsarbeiten und in Höhe von 11 266 DM auf Programmierungsarbeiten.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) sah diese Tätigkeit als gewerblich an und erließ deshalb für das Streitjahr einen Gewerbesteuermeßbescheid. Der Kläger hingegen ist der Auffassung, er übe eine freiberufliche Tätigkeit aus. Sein Einspruch hatte keinen Erfolg. Im Klageverfahren machte er geltend, seine Tätigkeit setze eine mit der Berufsausbildung eines Ingenieurs vergleichbare Ausbildung voraus.
Das Finanzgericht (FG) hat der Klage stattgegeben. Es vertrat die Auffassung, der Kläger übe eine dem Ingenieur ähnliche Tätigkeit aus. Er habe im Streitjahr Systemanalysen erarbeitet. Diese Tätigkeit habe er nicht erfolgreich ausüben können, wenn er nicht --zumindest in den Kernbereichen-- das Wissen eines aufgrund eines Studiums der Ingenieurwissenschaften tätigen Systemanalytikers hätte.
Hiergegen richtet sich die vom Bundesfinanzhof (BFH) zugelassene Revision des FA, mit der die fehlerhafte Anwendung des § 18 Abs.1 Nr.1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sowie der Verfahrensmangel der mangelnden Sachaufklärung gerügt wird.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs.3 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--).
1. Das FG ging zutreffend davon aus, daß der Kläger nicht den Beruf eines Ingenieurs ausgeübt hat, weil er wegen Fehlens der in den Ingenieurgesetzen der Länder vorgeschriebenen Ausbildung nicht berechtigt war, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen (BFH-Urteil vom 18.Juni 1980 I R 109/77, BFHE 132, 16, BStBl II 1981, 118). Entgegen der Auffassung des FG hat aber der Kläger auch keine dem Ingenieurberuf ähnliche Tätigkeit ausgeübt.
a) Eine ähnliche Berufstätigkeit i.S. des § 18 Abs.1 Nr.1 EStG liegt vor, wenn sie in ihren wesentlichen Punkten mit einem in dieser Vorschrift genannten Katalogberuf verglichen werden kann. Dazu ist zum einen erforderlich, daß die Tätigkeit des Steuerpflichtigen in einem für den Katalogberuf typischen Bereich gelegen hat. Zum anderen muß er über eine Ausbildung verfügen, die der für den Katalogberuf erforderlichen vergleichbar ist (BFH-Urteile vom 31.Juli 1980 I R 66/78, BFHE 132, 22, BStBl II 1981, 121; vom 22.Januar 1988 III R 43-44/85, BFHE 152, 345, BStBl II 1988, 497).
b) Die Tätigkeit des Klägers lag nicht in einem für den Beruf des Ingenieurs typischen Bereich. Aufgabe des Ingenieurs ist es, auf der Grundlage natur- und technikwissenschaftlicher Erkenntnisse und unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Belange technische Werke zu planen, zu konstruieren und ihre Fertigung zu überwachen. In seinem Urteil vom 4.August 1983 IV R 6/80 (BFHE 139, 84, BStBl II 1983, 677) hat der erkennende Senat entschieden, daß ein selbständiger Diplom-Informatiker, dessen Ausbildung der Berufsausbildung der Ingenieure vergleichbar ist, eine dem Ingenieurberuf ähnliche Tätigkeit i.S. des § 18 Abs.1 Nr.1 EStG ausübt, wenn er Systemanalysen erarbeitet, aus denen sich ergibt, ob gewisse betriebliche Vorgänge mit Hilfe von EDV-Anlagen vollziehbar sind. Der III.Senat des BFH hat sich dem in seinem Urteil vom 19.Juli 1985 III R 175/80 (BFHE 144, 413, BStBl II 1986, 15) angeschlossen, wohingegen der I. und X. Senat offengelassen haben, ob sie dieser Auffassung folgen könnten (Urteile vom 11.Dezember 1985 I R 285/82, BFHE 146, 121, BStBl II 1986, 484, und vom 12.Oktober 1988 X R 18/87, BFH/NV 1989, 366).
Der Senat hält an der in BFHE 139, 84, BStBl II 1983, 677 getroffenen Entscheidung nicht mehr uneingeschränkt fest.
aa) Festzuhalten ist allerdings daran, daß der Diplom-Informatiker mit Hochschul- oder Fachhochschulabschluß von seiner Ausbildung her einem Ingenieur vergleichbar ist. Der Studiengang des Diplom-Informatikers ist weitgehend von der Mathematik aber auch von Fächern wie Nachrichten- und Elektrotechnik geprägt (vgl. Brockhaus-Enzyklopädie, 1988, Stichwort "Informatik"). Die Ausbildung zum Diplom-Informatiker befähigt demnach dazu, auf der Grundlage natur- und technikwissenschaftlicher Erkenntnisse Werke zu planen, zu konstruieren und ihre Fertigung zu überwachen, mögen diese "Werke" auch nicht immer als körperliche Gegenstände (Hardware) in Erscheinung treten, sondern als Software nur aus dem Programm, dessen Beschreibung und dem maschinenlesbaren Programmträger bestehen. Diese Einordnung wird dadurch bestätigt, daß an manchen Fachhochschulen der Studiengang Informatik zum Abschluß als "Ingenieur" führt (vgl. Leib, Eingruppierung der Angestellten in der Datenverarbeitung, 1984, S.43).
Demgegenüber kann nach erneuter Prüfung nicht daran festgehalten werden, daß ein Diplom-Informatiker immer dann, wenn er "Systemanalysen" ausführt, eine Tätigkeit ausübt, die in einem für den Beruf des Ingenieurs typischen Bereich liegt. Der Begriff der "Systemanalyse" ist zu weit gefaßt und zu ungenau, als daß er zur Abgrenzung herangezogen werden könnte. Es ist daher eine Präzisierung erforderlich, die zu einer Einschränkung der ingenieurähnlichen Tätigkeiten im Bereich der Datenverarbeitung führt.
Unter Systemanalyse versteht man zum einen die Tätigkeit des sog. Systemsoftwareentwicklers, zum anderen aber --sogar überwiegend-- die sog. Anwendungssoftwareentwicklung, in Gesetzen und Tarifverträgen als "Datenverarbeitungsorganisation" bezeichnet (vgl. Traunmüller in H.J. Schneider, Lexikon der Informatik und Datenverarbeitung, 1986, Stichwort "Methoden der Systemanalyse"; § 5 Abs.2 der Verordnung über die Prüfung zum anerkannten Abschluß Geprüfter Wirtschaftsinformatiker/Geprüfte Wirtschaftsinformatikerin vom 20.Dezember 1983, BGBl I, 1502; Tarifvertrag zur Änderung und Ergänzung der Anlage 1a zum BAT vom 4.November 1983 --im folgenden: "Tarifvertrag für Angestellte in der DV"-- Protokollerklärung Nr.1 zum Unterabschnitt II).
bb) Das typische Berufsfeld für den an einer Fachhochschule oder wissenschaftlichen Hochschule ausgebildeten Diplom-Informatiker, den sog. Kerninformatiker, ist --jedenfalls im vorliegend ausschließlich interessierenden Softwarebereich-- nur das der Systemsoftwareentwicklung. Zur Tätigkeit des Systemsoftwareentwicklers gehört zunächst die Grundlagenforschung, d.h. die Systematisierung und Gestaltung der den Rechenanlagen eigenen Strukturen. Dabei geht es um die allgemeinen Gesetze, die der Informationsverarbeitung zugrunde liegen, um Algorithmen, künstliche, formale Sprachen, deren Syntax und Semantik.
Quantitativ gewichtiger zeigen sich die Aufgaben bei der Planung von Systemsoftware. Es geht dabei vor allem um den Entwurf von Strukturen zwischen der Hardware und der Anwendernahtstelle. Dies sind vor allem Betriebssysteme, d.h. die Systeme, ohne die die jeweiligen Computer nicht einsatzfähig sind, Hilfs- und Dienstprogramme, Compiler und Übersetzer oder Datenbanksysteme. Solche Systeme werden vom Systemsoftwareentwickler entworfen, im Pflichtenheft fixiert und detailliert. Die Vielfalt und Komplexität bereits bestehender Programme, die Varianten bei der Hardwareausstattung verbunden mit der Forderung nach störungsfreiem, schnellen Ablauf kennzeichnen die Ansprüche, die an die Ausbildung in diesem Bereich gestellt werden. Die Tätigkeit setzt nach den Bestimmungen des Tarifvertrags für Angestellte in der DV stets eine an Hochschule oder Fachhochschule erworbene Informatikausbildung voraus (Unterabschnitt IV). Auch außerhalb des öffentlichen Dienstes wird für den Systemsoftwareentwickler eine mathematisch-naturwissenschaftliche Ausbildung vorausgesetzt. Twiehaus/Dostal (Computerberufe, 1985, S.37) nennen neben dem Diplom-Informatiker die Ausbildungsgänge zum Diplom-Mathematiker, Elektroingenieur, Physiker und zum technischen Assistenten Informatik.
cc) Demgegenüber ist die Anwendersoftwareentwicklung, obwohl sie in vielen Fällen nicht weniger anspruchsvoll sein mag als die Systemsoftwareentwicklung, keine Tätigkeit, die in einem für den Beruf des Ingenieurs typischen Bereich liegt. Anwendungsprogramme sind die Computerprogramme, die --den aufgrund des Systemprogramms einsatzfähigen-- Computer in die Lage versetzen, die vom jeweiligen Anwender geforderten Arbeiten zu verrichten (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 3.Juli 1987 III R 147/86, BFHE 150, 490, BStBl II 1987, 787). Der Anwendersoftwareentwickler prüft zunächst, ob sich bestimmte Prozesse mit Hilfe der EDV lösen lassen. Sodann entwickelt er realisierungsreife Fachkonzepte mit dem Ziel des wirtschaftlichen Einsatzes der Datenverarbeitung zur Rationalisierung dieser Prozesse. Dazu erstellt er --insoweit ähnlich wie der Systemsoftwareentwickler-- Leistungsbeschreibungen und Spezifikationen (Pflichtenhefte). Der Unterschied zum Systemsoftwareentwickler besteht darin, daß mindestens gleichberechtigt neben die Informatikkenntnisse, Kenntnisse im jeweiligen Anwendungsbereich (also z.B. Betriebswirtschaft, Technik, Medizin, Rechtswissenschaft) treten (vgl. Thome, FAZ vom 22.März 1982; ders. in Studien- und Forschungsführer Betriebs- und Wirtschaftsinformatik, S.3 ff.; Pressmar, ebenda, S.29 ff.; Twiehaus/Dostal, a.a.O., S.116).
c) Die Rolle, die die jeweiligen Anwendungsfächer in der Ausbildung der Anwendersoftwareentwickler spielen, wird in Vergütungsregelungen, Prüfungsordnungen und der Einrichtung von Studiengängen deutlich.
aa) Von den Arbeitgebern der öffentlichen Hand werden im Bereich der Anwendersoftwareentwicklung neben Diplom-Informatikern (FH) gleichwertig Mitarbeiter mit Graduierung im nichttechnischen Bereich (dem jeweiligen Anwendungsbereich) und zusätzlicher DV-Ausbildung eingesetzt (vgl. Tarifvertrag für Angestellte in der DV, Protokollerklärung Nr.2 b zum Unterabschnitt II).
bb) Mit der Verordnung über die Prüfung zum Abschluß "Geprüfter Wirtschaftsinformatiker/Geprüfte Wirtschaftsinformatikerin" vom 20.Dezember 1983 (a.a.O.) wurde ein staatlich anerkannter Beruf geschaffen, der nach Abschluß einer kaufmännischen Lehre oder Verwaltungsausbildung und dreijähriger einschlägiger Berufspraxis oder nach sechsjähriger Berufspraxis im kaufmännischen, verwaltenden oder datenverarbeitenden Bereich zu einer Prüfung vor der Industrie- und Handelskammer führt. Der Beruf soll neben der Programmierung zu Arbeiten auf dem Gebiet der "Analyse und Überarbeitung von Organisationskonzepten sowie Entwicklung und Einführung von Anwendersoftware in der Datenverarbeitungs-Anwendungsorganisation" befähigen (§ 1 Abs.2 Nr.1 der Verordnung).
cc) An zahlreichen deutschen Hochschulen ist im Rahmen eines wirtschaftswissenschaftlichen Studiums das Fach Wirtschaftsinformatik wählbar (Thome, a.a.O.). In Darmstadt kann der Grad eines Diplom-Wirtschaftsinformatikers erworben werden (Twiehaus/Dostal, a.a.O., S.133). Auch auf Fachhochschulebene sind fachübergreifende Studiengänge geplant (Twiehaus/Dostal, a.a.O., S.116).
Die vorstehenden Erwägungen schließen es nicht aus, daß beispielsweise ein Diplom-Physiker, der Anwendungsprogramme für den Bereich der physikalischen Forschung entwickelt, wissenschaftlich i.S. des § 18 Abs.1 Nr.1 EStG tätig ist.
Der Kläger war, indem er Anwendungssoftware für den öffentlichen Personennahverkehr entwickelte, nicht auf einem für den Ingenieurberuf typischen Gebiet tätig. Somit stellt sich nicht die Frage, ob seine mathematisch-naturwissenschaftlichen Kenntnisse denen eines Ingenieurs oder Diplom-Informatikers vergleichbar waren.
2. Das angefochtene Urteil kann auch nicht mit der Erwägung bestätigt werden, daß der Kläger eine dem beratenden Betriebswirt ähnliche Tätigkeit i.S. des § 18 Abs.1 Nr.1 EStG ausgeübt habe.
a) Einen dem beratenden Betriebswirt ähnlichen Beruf übt derjenige aus, der Kenntnisse in den hauptsächlichen Bereichen der Betriebswirtschaftslehre in einer Breite besitzt, wie sie die Ausbildungsgänge zum Diplom-Kaufmann, zum "Diplom-Betriebswirt (FH)" oder zum "staatlich geprüften Betriebswirt" vermitteln, und der mit Hilfe dieser Kenntnisse eine Beratungstätigkeit in einem der Hauptbereiche der Betriebswirtschaftslehre ausübt. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH wird der EDV-Berater nicht in einer dem beratenden Betriebswirt ähnlichen Weise tätig (BFH- Entscheidungen vom 27.Mai 1975 VIII R 199/73, BFHE 116, 30, BStBl II 1975, 665; vom 28.Juli 1976 I R 63/75, BFHE 120, 253, BStBl II 1977, 34; vom 3.Dezember 1981 IV R 79/80, BFHE 134, 565, BStBl II 1982, 267). In neueren Entscheidungen wird dies damit begründet, daß der Berater in EDV-Angelegenheiten steuerrechtlich als ein eigenständiger Beruf anzusehen sei, der sich in seiner totalen Ausrichtung auf Theorie und Technologie der Datenverarbeitung wesentlich von dem beratenden Betriebswirt unterscheide (BFH-Urteile in BFHE 146, 121, BStBl II 1986, 484; vom 11.Dezember 1986 V R 54/85, BFH/NV 1987, 333; vom 12.Oktober 1988 X R 18/87, BFH/NV 1989, 366). Der Streitfall bietet keine Veranlassung hiervon abzugehen. Insbesondere läßt sich ein anderes Ergebnis nicht mit dem Einwand rechtfertigen, die Wirtschaftsinformatik werde heutzutage als Hauptfach an den betriebswirtschaftlichen Fakultäten der Hochschulen gelehrt. Dieser Umstand ändert nichts daran, daß beim selbständigen Berater für Anwendersoftwareentwicklung auch dann, wenn seine Aufgabenbereiche wirtschaftlich orientiert sind, nicht die betriebswirtschaftliche Beratung, sondern die Entwicklung eines Anwenderprogramms im Vordergrund steht. Das wird vollends deutlich, wenn man sich die Tätigkeit eines selbständig tätigen Rechtsinformatikers vor Augen hält; er könnte keinesfalls als Rechtsberater bezeichnet werden. Eine Ausdehnung des Begriffs "beratender Betriebswirt" würde auch das grundsätzliche Problem, daß der Gesetzgeber den Beruf des "EDV-Beraters" bisher nicht in den Katalog der freien Berufe aufgenommen hat, nicht lösen. Allerdings sind die meisten EDV-Programme wirtschaftlich orientiert, so daß die Mehrzahl der Anwendersoftwareentwickler (auch) kaufmännisch ausgebildet sein wird. Zunehmend werden aber --wie bereits dargestellt-- Arbeitsabläufe in allen Zweigen der Wissenschaft und Technik mit Hilfe von EDV-Anlagen bewältigt. Steuerpflichtige, die mit einer Ausbildung auf einem der entsprechenden Anwendungsgebiete Computersysteme für dieses Gebiet entwickeln, könnten keinesfalls als beratende Betriebswirte eingestuft werden, auch wenn sie auf ihrem Fachgebiet über eine Hochschul- oder Fachhochschulausbildung verfügen, wie z.B. Juristen, Mediziner, Geisteswissenschaftler, Diplombibliothekare.
Der Senat verkennt nicht, daß die bestehende Rechtslage als unbefriedigend empfunden werden mag. Die Fortentwicklung der Bereiche der freiberuflichen Tätigkeit i.S. des § 18 Abs.1 EStG ist jedoch Sache des Gesetzgebers.
b) Das FG hat dahinstehen lassen, ob der Kläger eine einem beratenden Betriebswirt ähnliche Tätigkeit ausgeübt hat. Die Sache ist gleichwohl entscheidungsreif. Die Feststellungen des FG ergeben, daß sich der Kläger mit der Erstellung von Anwendersoftware und in geringerem Umfang mit Programmierungsarbeiten befaßt hat. Daraus ist nach dem oben Ausgeführten zu folgern, daß er nicht in einer dem beratenden Betriebswirt ähnlichen Weise tätig war.
3. Einer Anfrage beim III.Senat nach § 2 Abs.2 der Geschäftsordnung, wegen einer Abweichung vom Urteil in BFHE 144, 413, BStBl II 1986, 15, bedarf es nicht. Nach Abschnitt II Nr.6 der ergänzenden Regelungen des Geschäftsverteilungsplans für das Geschäftsjahr 1989 ist die Zuständigkeit für Streitigkeiten über die Frage, ob Einkünfte als freiberuflich zu qualifizieren sind, auf den erkennenden Senat übergegangen. Der III.Senat kann daher nicht mehr in die Lage kommen, über die gleiche Streitfrage entscheiden zu müssen (vgl. hierzu Beschluß des Großen Senats vom 21.Oktober 1985 GrS 2/84, BFHE 145, 147, BStBl II 1986, 207).
Fundstellen
Haufe-Index 62554 |
BFH/NV 1990, 26 |
BStBl II 1990, 337 |
BFHE 159, 171 |
BFHE 1990, 171 |
BB 1990, 835 |
BB 1990, 835-837 (LT) |
DB 1990, 1070 (T) |
DStR 1990, 247 (K) |
HFR 1990, 254 (LT) |
StE 1990, 102 (K) |