Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewertung im Sachwertverfahren: Berücksichtigung der nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt eingetretenen Alterung des Gebäudes - Konzeption von Ertragswertverfahren und Sachwertverfahren - überlanger Hauptfeststellungszeitraum
Leitsatz (amtlich)
Bei der Ermittlung des Gebäudewerts im Sachwertverfahren ist die nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt eingetretene Alterung des Gebäudes nicht nach § 86 BewG wertmindernd zu berücksichtigen. Die Anwendung dieser Regelung auf eine Einheitswertfeststellung auf den 1. Januar 1984 verstößt nicht gegen Art. 3 GG.
Orientierungssatz
1. Es ist grundsätzlich verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, daß die Bewertungsverfahren zur Ermittlung der Einheitswerte von Grundstücken (Ertragswertverfahren und Sachwertverfahren) von ihrer Konzeption her auf eine Ebene unterhalb der Verkehrswerte eingestellt sind. Dies rechtfertigt es, daß die Einheitswerte nicht so zueinander abgestuft sein müssen, wie die sich nach den Marktverhältnissen ergebenden Verkehrswerte zueinander abgestuft sind.
2. Eine Überlänge des Hauptfeststellungszeitraums führt dazu, daß irgendwann ein Zeitpunkt erreicht ist, nach dem die Anwendung dieser Regelung zu in sich willkürlichen und damit gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßenden Ergebnissen führt.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1; BewG 1974 § 86 Abs. 1-2, §§ 21, 76
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist seit dem 22. Juni 1983 wirtschaftliche Eigentümerin von Gebäuden. Die Gebäude bestehen aus sechs zwischen 1955 und 1961 erbauten Büro-, Schuppen- und Hallenbauten. Mit Einheitswertbescheid vom 14. Juli 1986 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 8. Dezember 1986 und der Einspruchsentscheidung vom 18. Juni 1987 stellte das beklagte und revisionsbeklagte Finanzamt (FA) den Einheitswert für diese Gebäude auf den 1. Januar 1984 mit 1 257 600 DM fest. Das FA berücksichtigte dabei nach § 86 des Bewertungsgesetzes (BewG) Wertminderungen für die bis zum Hauptfeststellungszeitpunkt eingetretene Alterung. Darüber hinaus berücksichtigte es nach § 87 BewG wertmindernd am Stichtag vorhandene bauliche Mängel und Schäden.
Mit der Klage begehrte die Klägerin, den Einheitswert unter Berücksichtigung der nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt eingetretenen Alterung der Gebäude herabzusetzen. Zwar habe das FA die maßgeblichen Bewertungsvorschriften auf der Grundlage der herrschenden Auffassung richtig angewandt. Dieser dürfe jedoch insoweit nicht mehr gefolgt werden, als sie die zwischen dem letzten Hauptfeststellungszeitpunkt --1. Januar 1964-- und dem hier maßgeblichen Stichtag --1. Januar 1984-- eingetretene Alterung völlig außer acht lasse. Die in dem Abstellen auf den Hauptfeststellungszeitpunkt liegende grobe Typisierung könne vielleicht noch für den ursprünglich bis zur nächsten Hauptfeststellung vorgesehenen Zeitraum von sechs Jahren, nicht aber für die weiterfolgenden 14 Jahre hingenommen werden. Sie führe für 1964 schon vorhandene Gebäude zu einer eklatanten Überbewertung im Verhältnis etwa zu 1983 neuerrichteten Gebäuden. Dem müsse durch eine verfassungskonforme Auslegung des § 86 BewG abgeholfen werden. Andernfalls sei es geboten, das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) einzuholen.
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage als unbegründet abgewiesen. Zu Recht habe das FA für die nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt eingetretene Alterung keine Wertminderung berücksichtigt. Die Wertminderung lasse sich weder aus dem Gesetz noch aus der Verfassung herleiten. Die im Sachwertverfahren vorgesehene Ermittlung des Gebäudewerts sehe nur eine Wertminderung wegen Alters des Gebäudes im Hauptfeststellungszeitpunkt vor. Eine Wertminderung wegen des nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt eingetretenen Alters als solchem, d.h. soweit Wertminderungen nicht nach den §§ 87 ff. BewG berücksichtigt werden könnten, scheide aus. Auch bei Fortschreibungen und Nachfeststellungen seien die Wertverhältnisse im Hauptfeststellungszeitpunkt maßgeblich. Selbst wenn diese Regelung als verfassungsrechtlich bedenklich zu beurteilen wäre, bestünde keine Möglichkeit, hiervon für Bewertungen zum 1. Januar 1984 abzuweichen. Im übrigen könne eine Überprüfung, ob ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz gegeben sei, sich nicht nur auf den Vergleich älterer und neuerer Gebäude beschränken, sondern müßte auch in Rechnung stellen, daß die Einheitswerte durchweg erheblich unter den Verkehrswerten blieben, so daß allenfalls von einer Benachteiligung im Rahmen einer überwiegenden Bevorzugung auszugehen wäre. Eine Klage müßte somit regelmäßig auch dann abgewiesen werden, wenn auf die Wertverhältnisse zum Bewertungsstichtag 1. Januar 1984 abzustellen wäre (vgl. Urteil des BVerfG vom 10. Dezember 1987 1 BvL 18/81, 1 BvL 20/82, BStBl II 1987, 240).
Hiergegen richtet sich die Revision der Klägerin. Mit dieser macht sie Verletzung materiellen Rechts geltend. Sie beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung den angefochtenen Einheitswertbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahingehend zu ändern, daß der Einheitswert auf 944 700 DM festgestellt wird. Die Klägerin hält an ihrer Ansicht fest, daß die Nichtberücksichtigung der Gebäudealterung über den auf sechs Jahre befristeten Hauptfeststellungszeitraum hinaus rechtswidrig sei. Zur Begründung trägt sie im wesentlichen vor: Im Streitfall würden die Wertverhältnisse des Hauptfeststellungszeitpunkts auf eine quantitative Wertermittlung nach den Umständen eines um 20 Jahre danach liegenden Stichtags angewendet, so daß sich die in dieser Zeitspanne eingetretenen relativen Altersunterschiede nicht auswirkten. Ein Gebäude mit einer Nutzungsdauer von 100 Jahren altere um 20 %, dasjenige mit einer Nutzungsdauer von 60 Jahren jedoch um 33,33 %. Es bleibe also eine Wertdifferenz von 13,33 % (bezogen auf einen Neubauwert von 100 %) außer Betracht, was ohne die unbefristete Ausdehnung des Hauptfeststellungszeitraums nicht geschehen wäre. Durch die Ausdehnung des Hauptfeststellungszeitraums verliere das ganze System seine innere Logik, soweit es um zeitbezogene Komponenten wie die Altersminderung gehe. Das werde besonders deutlich, wenn man für die theoretische Vergleichsbetrachtung von Baulichkeiten ausgehe, die am Hauptfeststellungszeitpunkt schon längere Zeit bestünden. Bei einem bisherigen Nutzungsalter von nur 10 Jahren machten 20 Jahre aus einer Restnutzungsdauer von 40 Jahren 50 %, aus einer Restnutzungsdauer von 90 Jahren jedoch nur 22,22 % aus, so daß sich der relative Altersunterschied auf 27,78 % gegenüber 13,33 % des Neubaubeispiels erhöhe. Daraus werde ersichtlich, daß die Einheitsbewertung für ihren eigentlichen Zweck einer möglichst gleichmäßigen Bewertung von Grundstücken in krasser Weise bewertungsrelevante Umstände ausschließlich durch Nichtanwendung von § 21 Abs. 1 Nr. 1 BewG in einer den betroffenen Grundstückseigentümer stark benachteiligenden Weise unbeachtet lasse. § 27 BewG sei daher verfassungsgemäß dahingehend auszulegen, daß die Wertminderung wegen Alters nach § 86 BewG insoweit als eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse zu berücksichtigen sei, als sie auf die Zeit nach Ablauf der in § 21 Abs. 1 Nr. 1 BewG vorgesehenen sechs Jahre entfalle und daß dementsprechend die Wertminderung wegen Alters in entsprechender Anwendung von Abschn. 41 der Richtlinien für die Bewertung des Grundvermögens (BewRGr) zu erhöhen sei, wodurch sich der durch den Revisionsantrag angestrebte niedrigere Einheitswert ergebe. Auf die vom FG angestellten Überlegungen einer vermögensteuerlichen Bevorzugung des Grundbesitzes gegenüber sonstigen Vermögenswerten komme es hier nicht an. Die Klägerin selbst zahle keine anderen einheitswertabhängigen Steuern als die Grundsteuer. Die rechtswidrige Mehrbelastung eines Altgebäudes mit Grundsteuern geschehe auch in den Fällen, in denen der wirtschaftliche Eigentümer des Grundstücks auch bei Ansatz der Verkehrswerte dieser Grundstücke wegen vorhandener Verbindlichkeiten oder aus anderen Gründen keine Vermögensteuer zu zahlen habe. Aufgrund der überlangen --vom Gesetzgeber ursprünglich nicht vorgesehenen-- Dauer des Hauptfeststellungszeitraums müsse für die Anwendung der fortgeltenden Bewertungsvorschriften eine Auslegung gefunden werden, die jedenfalls innerhalb des gesetzlichen Bewertungssystems zu einer "richtigen" Lösung führe. Ohne die Verfassungsmäßigkeit der bewertungsrechtlichen Vorschriften in Frage zu stellen, ließe sich diese Lösung im Wege der Auslegung von § 86 Abs. 1 Satz 1 BewG in der Weise finden, daß für die Wertminderung wegen Alters auf den jeweiligen Hauptfeststellungszeitpunkt abzustellen sei, wie es sich in Anwendung von § 21 Abs. 1 Nr. 1 BewG ohne Beachtung von Art. 2 Abs. 1 letzter Satz des Bewertungsänderungsgesetzes (BewÄndG) ergäbe. Die Wertminderung wegen Alters sei im geltenden Bewertungssystem vorgesehen und nur für die Dauer von jeweils sechs Jahren unbeachtet zu lassen. Sie sei zwingend erforderlich, um für einen Hauptanwendungsbereich der Grundstückseinheitswerte, nämlich die Grundsteuererhebung, die Gleichmäßigkeit der Besteuerung zu sichern. Da es zusätzlicher Sachverhaltsermittlungen für die bloße Neuberechnung der Alterswertminderung nicht bedürfe, stünden auch Verwaltungsinteressen der Anwendung von § 86 Abs. 1 BewG zum Zwecke der ursprünglich gewollten, materiell-rechtlich richtigen Besteuerung nicht entgegen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Eine isolierte Korrektur im Sinne des Revisionsantrags komme nicht in Betracht. Die von der Klägerin begehrte Berücksichtigung der Wertminderung wegen Alters impliziere, daß der Ermittlung des Gebäudewerts nicht durchschnittliche Herstellungskosten nach den Baupreisverhältnissen im Hauptfeststellungszeitpunkt, sondern solche in Anlehnung an die Wertverhältnisse auf den Stichtag 1. Januar 1984 zugrunde zu legen seien. Die durchschnittlichen Herstellungskosten seien am 1. Januar 1984 gegenüber den durchschnittlichen Herstellungskosten nach Wertverhältnissen am 1. Januar 1964 so stark gestiegen, daß sie den von der Klägerin begehrten Abschlag kompensieren würden.
Die Beteiligten sind mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision der Klägerin ist unbegründet. Zutreffend hat das FG die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einheitswertsbescheids bejaht.
1. Bei der Ermittlung des Gebäudewerts im Sachwertverfahren ist nach § 86 Abs. 1 BewG die Wertminderung wegen Alters des Gebäudes zu berücksichtigen. Diese Wertminderung bestimmt sich nach dem Alter des Gebäudes im Hauptfeststellungszeitpunkt und der gewöhnlichen Lebensdauer von Gebäuden gleicher Art und Nutzung. Nach Abs. 2 der Vorschrift gilt als Alter des Gebäudes die Zeit zwischen dem Beginn des Jahres, in dem das Gebäude bezugsfertig geworden ist, und dem Hauptfeststellungszeitpunkt. Nach diesem eindeutigen und unmißverständlichen Wortlaut der Vorschrift ist daher das Zunehmen des Gebäudealters während des Hauptfeststellungszeitraums nicht --auch nicht bei Fortschreibungen und Nachfeststellungen von Einheitswerten-- zu berücksichtigen (vgl. Gürsching/Stenger, Kommentar zum Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, § 86 BewG Tz.3.1). Die vom FA im Streitfall vorgenommene Berechnung des Einheitswerts entspricht daher dem einfachen Recht.
2. Die (zutreffende) Anwendung des einfachen Rechts führt im Streitfall auch nicht zu einem Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG). Der Ausschluß rechnerischer Wertminderungen nach § 86 BewG für die Zeit nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt kann zwar dazu führen, daß Gebäude mit demselben nach den Baupreisverhältnissen im Hauptfeststellungszeitpunkt errechneten Gebäudenormalherstellungswert (§ 85 BewG) denselben Gebäudesachwert erhalten, auch wenn sie zu unterschiedlichen Zeitpunkten bezugsfertig geworden sind. Diese fehlende Differenzierung ist jedoch zumindest im Streitfall und mit dem für ihn maßgeblichen Stichtag zum 1. Januar 1984 verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Art. 3 Abs. 1 GG gebietet, alle Menschen vor dem Gesetz gleich zu behandeln. Der allgemeine Gleichheitsgrundsatz verlangt nicht nur, Gleiches gleich zu behandeln, sondern auch Ungleiches ungleich zu behandeln. Dieses Grundrecht ist vor allem dann verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl. Beschlüsse des BVerfG vom 9. November 1988 1 BvR 243/86, BStBl II 1989, 938; vom 23. Januar 1990 1 BvL 4, 5, 6, 7/87, BStBl II 1990, 483, 486). Der Gleichheitssatz hat im Steuerrecht seine besondere Ausprägung in Form des Grundsatzes der Steuergerechtigkeit gefunden, wobei die Besteuerung --insbesondere im Einkommensteuerrecht-- grundsätzlich an der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit auszurichten ist (vgl. z.B. Beschluß des BVerfG vom 28. November 1984 1 BvR 1157/82, BVerfGE 68, 287, 310, BStBl II 1985, 181). Dabei beruht die Anwendung des Art. 3 Abs. 1 GG stets auf einem Vergleich von Lebensverhältnissen, die nie in allen, sondern stets nur in einzelnen Elementen gleich sind. Es ist die Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche Elemente der zu ordnenden Lebensverhältnisse er als maßgebend dafür ansieht, sie im Recht gleich oder verschieden zu behandeln. Voraussetzung für die Übereinstimmung einer Regelung mit dem Gleichheitssatz ist lediglich, daß die gewählte Differenzierung auf sachgerechten Erwägungen beruht. Im Rahmen seiner weitgehenden Gestaltungsfreiheit im Bereich des Steuerrechts kann sich der Gesetzgeber auch von finanzpolitischen, volkswirtschaftlichen, sozialpolitischen oder steuertechnischen Erwägungen leiten lassen. Seine Gestaltungsfreiheit endet erst dort, wo die gleiche oder ungleiche Behandlung der geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise vereinbar ist, wo also ein sachlicher Grund für die Gleichbehandlung oder Ungleichbehandlung fehlt. Nur die Einhaltung dieser äußersten Grenze der gesetzgeberischen Freiheit ist verfassungsgerichtlich nachprüfbar (vgl. Urteil des BVerfG vom 10. Februar 1987 1 BvL 18/81, 1 BvL 20/82, BStBl II 1987, 240, 245, m.w.N.). Dies bedeutet auch, daß Art. 3 Abs. 1 GG nicht gebietet, unter allen Umständen Ungleiches ungleich zu behandeln. Der allgemeine Gleichheitssatz ist nicht schon dann verletzt, wenn der Gesetzgeber Differenzierungen, die er vornehmen darf, nicht vornimmt. Es bleibt grundsätzlich ihm überlassen, diejenigen Sachverhalte auszuwählen, an die er dieselbe Rechtsfolge knüpft, die er also im Rechtssinn als gleich ansehen will. Allerdings muß er die Auswahl sachgerecht treffen. Art. 3 Abs. 1 GG ist danach nur dann verletzt, wenn für die gleiche Behandlung verschiedener Sachverhalte --bezogen auf den in Rede stehenden Sachbereich und seine Eigenart-- ein vernünftiger einleuchtender Grund fehlt (Beschluß des BVerfG vom 23. März 1994 1 BvL 8/85, Arbeit und Arbeitsrecht, Zeitschrift für die betriebliche Praxis --AuA-- 1994, 334). Der so verstandene allgemeine Gleichheitsgrundsatz wird nicht dadurch verletzt, daß im Streitfall in dem nach dem Sachwertverfahren zu ermittelnden Einheitswert zum 1. Januar 1984 die nach dem 1. Januar 1964 (Hauptfeststellungszeitpunkt) eingetretene Alterung der Gebäude nicht zwangsläufig ohne weiteres einheitswertmindernd berücksichtigt worden ist.
3. Die nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt nicht mehr zwangsläufig wertmindernd zu berücksichtigende Alterung der Gebäude im Sachwertverfahren ist im Grundsatz für dieses Bewertungsverfahren nicht nur zweckmäßig, sondern sogar geboten. Andernfalls müßten --zumindest in letzter Konsequenz-- jährliche Wertfortschreibungen durchgeführt werden, da sich aus Gründen der Gleichbehandlung die Berücksichtigung (weiterer) Alterung der Gebäude nicht auf Neu- und Nachfeststellungen beschränken ließe. Auch würde dies zu einer (weiteren) Ungleichmäßigkeit gegenüber dem auf das Vielfache der Jahresrohmiete abstellenden Ertragswertverfahren führen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 21. Dezember 1965 III 156/62 U, BFHE 86, 1, BStBl III 1966, 346; Gürsching/Stenger, a.a.O., § 86 BewG Tz.3.1). Innerhalb eines angemessenen Hauptfeststellungszeitraums ist daher die Nichtberücksichtigung der nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt eintretenden Alterung der Gebäude eine sachgerechte und angesichts der mit der Einheitsbewertung als einem Massenverfahren notwendigen Typisierung gebotene Lösung. Die darin liegende fehlende Differenzierung ist dementsprechend als solche zunächst auch im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG verfassungsrechtlich unbedenklich.
4. Auch die im Streitfall sich aus § 86 BewG ergebende Nichtberücksichtigung der nach dem Hauptfeststellungszeitpunkt eingetretenen Alterung der Gebäude auf den Stichtag 1. Januar 1984 führt zu keiner gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßenden Belastung der Klägerin. Die Nichtberücksichtigung der nach dem 1. Januar 1964 eingetretenen Alterung der Gebäude bis zu diesem Zeitpunkt ist eine Folge der --vom Gesetzgeber ursprünglich nicht vorgesehenen, vgl. § 21 Abs. 1 Nr. 1 BewG-- Überlänge des gegenwärtigen Hauptfeststellungszeitraums. Ein Hauptfeststellungszeitraum kann allerdings nicht wesentlich über die gesetzlich vorgesehene Dauer von sechs Jahren hinaus verlängert werden, ohne daß Wertverzerrungen auftreten, die die Verfassungsfrage aufwerfen (BFH-Beschluß vom 12. Mai 1978 III R 18/76, BFHE 125, 188, BStBl II 1978, 446, 451). Dies betrifft auch und gerade die Regelung des § 86 BewG (vgl. z.B. Wolf, Deutsches Steuerrecht --DStR-- 1993, 541; Gürsching/ Stenger, a.a.O., § 86 Tz.3.1). Eine Überlänge des Hauptfeststellungszeitraums führt dazu, daß irgendwann ein Zeitpunkt erreicht ist, nach dem die Anwendung dieser Regelung zu in sich willkürlichen und damit gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoßenden Ergebnissen führt (vgl. beispielsweise Senatsbeschluß vom 11. Juni 1986 II B 49/83, BFHE 146, 474, BStBl II 1986, 782). Ausgehend von dem eingangs dargelegten Verständnis des Art. 3 Abs. 1 GG hält der Senat jedoch eine Anwendung dieser Regelung auf den im Streitfall maßgeblichen 1. Januar 1984 für mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz noch vereinbar. Diese Auffassung beruht auf folgenden Erwägungen:
a) Bei den nach § 86 BewG zu berücksichtigenden Wertminderungen wegen Alters handelt es sich zunächst nur um kaufmännische, rein wertmäßige Rechnungsposten. Sie setzen nicht voraus, daß sich der Bauzustand des Gebäudes tatsächlich entsprechend verschlechtert hat. Denkbar wäre es beispielsweise, daß Instandsetzungen und Überholungsarbeiten ausgeführt worden sind (vgl. BFH in BFHE 86, 1, BStBl III 1966, 346, 347). Tatsächlich eingetretene Verschlechterungen im Gebäudezustand --die im Streitfall vom FG über das vom FA bereits berücksichtigte Ausmaß hinaus weder festgestellt noch von der Klägerin behauptet werden-- könnten ggf. über § 87 BewG berücksichtigt werden. Die nach § 86 BewG zu gewährenden Wertminderungen sind daher allenfalls Ausdruck einer tatsächlichen Vermutung, stehen aber nicht notwendigerweise im Einklang mit dem tatsächlichen Bauzustand des Gebäudes, an dem sich die Bewertung im Sachwertverfahren orientiert. Dies rechtfertigte nach Auffassung des damals zuständigen III.Senats (Urteil in BFHE 86, 1, BStBl III 1966, 346) eine Nichtberücksichtigung dieser Wertminderungen auch über einen längeren Zeitraum (damals für die nach dem 1. Januar 1935 eingetretene Alterung). Demgegenüber hält der erkennende Senat nach einem Zeitraum von 20 Jahren eine differenzierende, das unterschiedliche Alter berücksichtigende Regelung für an sich geboten.
b) Die durch die an sich gebotene, aber nicht vorgenommene Differenzierung verursachte Ungleichbehandlung zu Lasten der Klägerin ist jedoch nicht so schwerwiegend, daß diese dadurch in ihrem Grundrecht aus Art. 3 Abs. 1 GG verletzt wird.
Sowohl die nach dem Ertragswert als auch die nach dem Sachwertverfahren sich ergebenden Werte erreichen schon von ihrer systematischen Anlage her --und zwar zumindest im Ansatz in verfassungsrechtlich durchaus unbedenklicher Weise-- nicht zwingend die im Fall einer Veräußerung zu erzielenden Preise. Beide Verfahren beruhen systematisch nicht auf einem Preisvergleich mit Veräußerungsfällen. Grundsätzlich ist es daher verfassungsrechtlich nicht bereits zu beanstanden, daß beide Bewertungsverfahren von ihrer Konzeption her auf eine Ebene unterhalb der Verkehrswerte eingestellt sind (vgl. BFH-Urteil vom 12. Juni 1974 III R 49/73, BFHE 112, 520, BStBl II 1974, 602, 605). Dies rechtfertigt es andererseits, daß die Einheitswerte nicht so zueinander abgestuft sein müssen, wie die sich nach den Marktverhältnissen ergebenden Verkehrswerte zueinander abgestuft sind. Diese Forderung könnte durch ein Massenbewertungsverfahren nicht erfüllt werden. Da Art. 3 Abs. 1 GG keine absolute Belastungsgleichheit fordert, besteht für die Abstufung der Werte innerhalb der Einheitsbewertung des Grundbesitzes verfassungsrechtlich ein relativ großer Spielraum. Zu berücksichtigen ist darüber hinaus, die relativ niedrige Belastung des Einheitswerts des Grundvermögens mit laufenden Steuern (vgl. dazu BFH in BFHE 112, 520, BStBl II 1974, 602, 605). Im Streitfall kommt hinzu, daß die Klägerin selbst ausdrücklich nur die Auswirkungen auf die Grundsteuer geltend macht.
c) Ausschlaggebend ist für den Senat die weitere Überlegung, daß eine isolierte Korrektur nur der von der Klägerin gerügten Ungleichbehandlung (= fehlende Differenzierung nach dem Alter) nicht in Betracht kommt. Die Beseitigung der von der Klägerin gerügten Ungleichbehandlung wäre vielmehr nur im Rahmen einer neuen Hauptfeststellung denkbar. Andernfalls --d.h. bei einer isolierten Korrektur durch (Wieder-)Gewährung der Wertminderung wegen Alters ab einem noch zu bestimmenden Zeitpunkt nach dem letzten Hauptfeststellungszeitpunkt-- würden nur neue Ungleichbehandlungen entstehen. Eine Korrektur könnte sich keinesfalls auf eine zeitnahe Berücksichtigung der Wertminderungen wegen Alters beschränken, sondern müßte alle stichtagsbezogenen wertbestimmenden Faktoren erfassen. Es kann also nicht davon ausgegangen werden, daß nur die Wertminderung wegen Alters der Gebäude --sich zugunsten der Klägerin auswirkend-- fortgeschrieben würde, vielmehr müßten auch sich zu Lasten der Klägerin auswirkende Faktoren, insbesondere der Gebäudenormalherstellungswert (§ 85 BewG), zeitnah verändert werden. Dies könnte nur im Rahmen einer neuen Hauptfeststellung geschehen. Die Durchführung einer neuen Hauptfeststellung rückwirkend auf den 1. Januar 1984 erscheint jedoch bereits tatsächlich nicht durchführbar. Die sich aus § 86 BewG ergebende Ungleichbehandlung der Klägerin muß daher von dieser zumindest zum 1. Januar 1984 verfassungsrechtlich noch hingenommen werden.
d) Im Ergebnis ist der Senat daher der Auffassung, daß die von der Klägerin beanstandete Anwendung der Regelung des § 86 BewG zum 1. Januar 1984 für sich gesehen im Streitfall verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Diese Auffassung steht nicht im Widerspruch zu dem Beschluß des erkennenden Senats in BFHE 146, 474, BStBl II 1986, 782. Dort hat der Senat die Auffassung vertreten, daß die bestehende Rechtslage auf dem Gebiet der Einheitsbewertung des Grundbesitzes allgemein dem Gleichheitssatz des GG widerspricht. Der Entscheidung ist nicht zu entnehmen, daß die Regelung des § 86 --zumindest nicht für einen Anwendungszeitraum von nicht mehr als 20 Jahren-- für sich gesehen verfassungswidrig sein soll.
Fundstellen
Haufe-Index 65084 |
BFH/NV 1995, 34 |
BStBl II 1995, 235 |
BFHE 176, 275 |
BFHE 1995, 275 |
BB 1995, 613 (L) |
DB 1995, 1260-1262 (LT) |
DStZ 1995, 379 (KT) |
HFR 1995, 379-381 (LT) |
StE 1995, 204 (K) |
WPg 1995, 371 (S) |
StRK, R. 3 (LT) |
Information StW 1995, 348-349 (KT) |
GStB 1995, Beilage zu Nr 6 (L) |
KFR, 1/95, 171 (6/1995) (LT) |
NWB-DokSt 1999, 1033 |