Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Regelmäßig wiederkehrende Kosten für Werbung sind als laufende Betriebsausgaben abzugsfähig und nicht aktivierungspflichtig, es sei denn, daß eine Zusammenballung der Werbung für mehrere Jahre in einem Wirtschaftsjahr vorliegt.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, §§ 5, 6/1/2
Tatbestand
Die Bgin. vertreibt Bücher und Schallplatten für einen Lese- und Schallplattenring im Großhandel; der Absatz erfolgt an Vertriebsfirmen (VF). Zwischen dem VF und den Lesering- oder Schallplattenring-Mitgliedern bestehen Abonnementsverträge.
Im vorläufigen Körperschaftsteuerbescheid für 1958 hat das Finanzamt den Abzug von Werbekostenzuschüssen (WKZ) in Höhe von 500 000 DM, die die Bgin. an ihre VF in 1958 gezahlt hat ( = rund 3,-- DM pro neugeworbenes Mitglied ) , nicht zum Abzug zugelassen, sondern sie wegen des Nutzens für die Folgejahre und einer richtigen Periodenabgrenzung aktiviert.
Gegen die Veranlagung hat die Steuerpflichtige Sprungberufung eingelegt und die Ansicht vertreten, daß von einer Nutzungsdauer der WKZ für die Folgejahre nicht gesprochen werden könne. Die Lebensdauer eines Belieferungsrechtes könne nicht ermittelt werden. Auch bestehe zwischen der Zahlung der WKZ und dem Vorhandensein der Mitgliedschaften kein Zusammenhang. Die WKZ seien Werbeaufwendungen besonderer Art, die zusammen mit den übrigen Werbekosten die Quote einer normalen Verlagswerbung nicht übersteigen.
Das Finanzgericht hat die WKZ im Jahr der Verausgabung als vollabsetzbare Betriebsausgaben anerkannt. Für die VF sei die attraktive Rohgewinnhöhe Anlaß für die Werbebemühungen, nicht aber die Hingabe des WKZ. Die WKZ seien keine Anschaffungskosten für ein bewertungsfähiges Wirtschaftsgut, sondern laufende Geschäftsunkosten des Betriebes. Selbst wenn man daher davon ausgehen würde, daß in den WKZ Gewinnchancen für Zukunftsjahre steckten, so fehle es doch an einer objektiven Feststellbarkeit der Bemessungsgrundlage, und es müsse auch aus diesem Grunde eine Rechnungsabgrenzung entfallen.
Gegen das Urteil hat der Vorsteher des Finanzamts Rb. eingelegt. Die WKZ seien Mengenrabatte für mehrjährige Belieferungsrechte und damit Kosten, die mit den Erträgen der späteren Buch- und Schallplattenlieferungen in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang stünden. Soweit diese Erträge erst in späteren Wirtschaftsjahren verwirklicht würden, seien die Kosten insoweit zu aktivieren. Die richtige periodenmäßige Aufwandsverteilung müsse im Vordergrund stehen. Die Abweichungen in der absoluten Höhe der Kosten seien beträchtlich ( 1955 = rd. 790 000 DM; 1958/1959 = rd. 2.000.000 DM).
Entscheidungsgründe
Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts führt nicht zum Erfolg.
Dem Bf. ist zuzugeben, daß nach den Grundsätzen des Einkommensteuerrechtes mit dem Ziel einer richtigen Gewinnermittlung jedem Wirtschaftsjahr nur solche Ausgaben zur Last gelegt werden sollen, die wirtschaftlich Aufwand dieser Periode darstellen. Macht ein Kaufmann einmalige, eindeutig und klar abgrenzbare Aufwendungen, die sich erkennbar aus den laufenden Aufwendungen hervorheben und erst auf den Ertrag der Folgezeit auswirken, so schafft er damit in der Regel ein steuerlich selbständig bewertbares Wirtschaftsgut, das in einem aktiven Rechnungsabgrenzungsposten in Erscheinung treten muß (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs I 46/57 U vom 13. August 1957, BStBl 1957 III S.350, Slg. Bd. 65 S. 307). Das hat aber nicht zur Folge, daß Aufwendungen, die in dem Unternehmen regelmäßig vorkommen, selbst wenn sie sich auf spätere Jahre auswirken, stets aktivierungspflichtig sind. Der erkennende Senat hat wiederholt zum Ausdruck gebracht, daß der an sich richtige Grundsatz der periodengerechten Aufwandsermittlung nicht überspannt werden ( vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs I 46/57 U a. a. O.) und nicht dazu führen soll, daß jede Ausgabe auf ihre Wirkung in späteren Jahren untersucht werden muß.
Im Streitfall handelt es sich um Ausgaben, die der Werbung dienen. Der Reichsfinanzhof hat in ständiger Rechtsprechung die Ansicht vertreten, daß die regelmäßig wiederkehrenden Kosten für Werbung als laufende Betriebsausgaben abzugsfähig und somit nicht aktivierungspflichtig seien. Anders sei die Rechtslage bei einer stoßweisen Werbung, also dort, wo sich die Ausgaben für eine längere Zeit in einem Jahr zusammenballen. Es wird hierzu auf die Entscheidung des Obersten Finanzgerichtshof IV 3/48 vom 23. November 1948, Deutsche Steuer-Zeitung, Ausgabe B (Eildienst) 1949 S. 91, verwiesen, wo die Rechtsprechung im einzelnen dargestellt ist, sowie auf die Entscheidung des Reichsfinanzhofs I 422/38 vom 26. September 1939 (RStBl 1940 S. 34, Slg. Bd. 47 S. 302) in Verbindung mit der Entscheidung des Reichsfinanzhofs III 132/37 vom 26. Januar 1939 (RStBl 1939 S. 553, Slg. Bd. 46 S. 106). Der Reichsfinanzhof hat möglicherweise in diesen Urteilen teilweise den Begriff des selbständigen Wirtschaftsgutes enger aufgefaßt als es durch die Rechtsprechung des Senates (so in den Entscheidungen I 46/57 U vom 13. August 1957, BStBl 1957 III S. 350, Slg. Bd. 65 S. 307, und I 173/59 vom 16. Februar 1960, Steuerrechtsprechung in Karteiform - StRK - , Einkommensteuergesetz, § 4 Rechtsspruch 307) geschehen ist. Wirtschaftlich beruhen jedoch seine Ausführungen auf gleichartigen Erwägungen wie sie in der Rechtsprechung des Senates hinsichtlich der Frage der Grenzen der dynamischen Bilanz unter Berücksichtigung der Grundsätze der ordnungsmäßigen Buchführung über die Vorsicht bei der Bewertung und einer angemessenen Vereinfachung in der Buchführung vertreten werden (siehe Entscheidungen I 290/56 U vom 13. Mai 1958, BStBl 1958 III S. 331, Slg. Bd. 67 S. 154; I 195/57 vom 13. Mai 1958, StRK, Einkommensteuergesetz, § 5, Rechtsspruch 168; I 189/60 U vom 15. November 1960, BStBl 1961 III S. 48, Slg. Bd. 72 S. 126). Ausgehend von diesen Rechtsgrundsätzen hat die Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI 303/40 vom 12. Februar 1941 (RStBl 1941 S.499) eine Aktivierungspflicht für Zeitschriften-Belieferungsrechte dort gefordert, wo durch außergewöhnliche der Verbreitung der Geschäftsgrundlage dienende Kundenwerbung das Zeitschriftenunternehmen gefördert wird. Hierbei ist zu beachten, daß diese Ausgaben keine Aufwendungen für den Geschäftswert, sondern für ein davon unabhängiges bilanzierungspflichtiges Wirtschaftsgut darstellen. Der derivative Geschäftswert wird in Verbindung mit dem Kauf eines Gewerbebetriebes erworben (siehe Entscheidung des Bundesfinanzhofs I 116/57 U vom 28. Oktober 1958, BStBl 1959 III S. 242, Slg. Bd. 68 S. 633). Von gleichartigen Grundsätzen geht auch die Entscheidung des Bundesfinanzhofs IV 432/56 U vom 19. Dezember 1957 (BStBl 1958 III S. 162, Slg. Bd. 66 S. 414) aus, deren Grundsätzen der Senat beitritt.
Im vorliegenden Fall sind wohl sehr erhebliche Beträge in den einzelnen Jahren für Werbung aufgewandt worden. Es muß jedoch beachtet werden, daß es sich um ein Großunternehmen mit erheblichen Umsätzen handelt. Es liegt keine Zusammenballung der Werbung für mehrere Jahre in einem Wirtschaftsjahr vor. Der Unterschied der Beträge in den einzelnen Jahren erklärt sich im wesentlichen aus der unterschiedlichen Steigerung des Umsatzes der einzelnen Jahre. Unter diesen Verhältnissen sind die Voraussetzungen für eine Aktivierungspflicht nicht gegeben. Es kann im Streitfalle zweifelhaft sein, ob die GmbH im vorliegenden Falle überhaupt Vertragsteil der mit den Kunden abgeschlossenen Verträge ist. Die Frage kann aber dahingestellt bleiben, da steuerlich die Entscheidung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu treffen ist und wirtschaftlich betrachtet die Verträge bedeutsam für das Unternehmen sind. Siehe hierzu auch die Entscheidung des Bundesfinanzhofs V 251/58 U vom 17. Dezember 1959 (BStBl 1960 III S. 97, Slg. Bd. 70 S. 264).
Diese Grundsätze widersprechen nicht den Auffassungen, wie sie in dem Gutachten des erkennenden Senats I D 1/58 S vom 26. Januar 1960 (BStBl 1960 III S. 191, Slg. Bd. 70 S. 508) hinsichtlich der Unkosten beim Abschluß von Versicherungsverträgen dargestellt werden. Im vorliegenden Fall handelt es sich um Verträge mit einer kurzen Laufzeit. Die auf die einzelnen Verträge entfallenden Ausgaben für Werbung sind außerordentlich niedrig und werden auch nicht in ähnlicher Form, wie dies durch die Zillmerung geschieht, verrechnet. Siehe auch Urteil des Bundesfinanzhofs I 207/57 U vom 9. Juli 1958 (BStBl 1958 III S. 416, Slg. Bd. 67 S. 370), in dem ausgesprochen wird, daß es nicht geboten sei, bei der Bilanzierung von schwebenden Verträgen (einschließlich der Abschreibungen) die Möglichkeit einer Verlängerung der Verträge zu berücksichtigen. Zwischen Versicherungsverträgen und den Verträgen der vorliegenden Art ist rechtlich und wirtschaftlich ein grundlegender Unterschied.
Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts ist deshalb unbegründet.
Fundstellen
Haufe-Index 410610 |
BStBl III 1963, 7 |
BFHE 1963, 16 |
BFHE 76, 16 |
BB 1962, 1415 |
DB 1962, 1628 |
DStR 1962/63, 151 |