Leitsatz (amtlich)
Für die Beurteilung der Frage, ob eine Herstellung in Berlin (West) vorliegt und ob die Be- oder Verarbeitung in Berlin (West) "nur geringfügig" i. S. des § 6 Abs. 1 Satz 1 BerlinFG war, ist eine Betrachtung des gesamten Behandlungsvorgangs erforderlich. Umfaßt eine Behandlung auch Vorgänge, die für sich allein nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BerlinFG nicht als Be- oder Verarbeitung gelten (Kennzeichnen, Umpacken, Umfüllen, Sortieren, das Zusammenstellen von erworbenen Gegenständen zu Sachgesamtheiten und das Anbringen von Steuerzeichen), so sind diese in die Betrachtung einzubeziehen (Fortführung des Urteils vom 10. Oktober 1974 V R 160/73, BFHE 114, 146, BStBl II 1975, 130).
Normenkette
BerlinFG § 6 Abs. 1
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betreibt den Großhandel mit Därmen, sog. Saitlingen, die sie vorwiegend von ausländischen Lieferanten bezieht und an Großhändler und Wursthersteller in Berlin und Westdeutschland weiterliefert. Nach den Feststellungen des FG unterzieht die Klägerin die Saitlinge in ihrem Berliner Betrieb folgender Bearbeitung:
Die angelieferten Därme werden zunächst in Wasser gespült, um das Salz zu entfernen, und werden dann für einige Stunden in eine Bleichlauge gelegt, um der Ware, die Farbunterschiede aufweisen kann, ein möglichst einheitliches Aussehen zu verleihen. Sodann werden die Därme in Wasserbottiche gelegt, wo sie die Nacht über bleiben. Die dann anschließende Bearbeitung bezweckt, Darmenden gleichen Kalibers, d. h. gleichen Durchmessers, zusammenzustellen und dabei schadhafte und für die Wurstherstellung unbrauchbare Stücke zu entfernen. Die einzelnen Saitlinge, die bis zu 20 m lang sein können, haben unterschiedliches Kaliber und weisen z. T. größere Löcher auf. Für die Wurstherstellung dürfen die Darmenden um nicht mehr als 2 mm innerhalb einer Partie differieren, so daß Partien von 20 bis 22 mm, 22 bis 24 mm Durchmesser usw. zusammengestellt werden müssen. Größere Löcher müssen entfernt werden, weil durch sie die Wurstmasse hindurchdringen würde. Zu diesem Zweck stülpen die Arbeiter der Klägerin das eine Darmende über eine dünne Tülle eines Wasserhahns, lassen eine bestimmte Menge Wasser in den Darm und drücken dann das Wasser durch den Darm hindurch. Dabei erkennen sie, wo der Darm ein anderes Kaliber annimmt und wo sich größere Löcher befinden. An diesen Stellen wird der Darm mittels einer bestimmten Vorrichtung abgeschnitten und werden die einzelnen Enden, getrennt nach Durchmesser und Qualität, in verschiedene Schüsseln gelegt. Bei diesem als "Flößen" bezeichneten Vorgang werden gleichzeitig etwa am Darm verbliebene Fettreste oder Bändel (Muskelreste) entfernt. Nach dieser Bearbeitung stellen die Arbeiter der Klägerin aus gleichartigen Darmenden sog. Hanks, das sind Bündel von rd. 91 m, zusammen. Sie messen eine entsprechende Anzahl von Enden aus, binden diese mit einem Bändchen zusammen und legen dann die Hanks in bestimmter Weise in Kisten. Dies bezweckt, daß die Darmenden bei der Wurstproduktion leicht auseinandergenommen werden können und sich nicht verschlingen. Die so zusammengestellten Hanks werden zunächst in Salz eingelegt. Vor dem Versand werden sie evtl. nochmals gebleicht und in Fässern und Dosen in einer Salzlake mit verschiedenartigen Zusätzen verpackt.
Die Klägerin beschäftigte in dem hier maßgeblichen Zeitraum mit diesen Arbeiten vier Personen. Für Investitionen, insbesondere die Herstellung des Bearbeitungsraums und den Einbau eines Fahrstuhls, wurden in den letzten Jahren rd. 70 000 DM aufgewendet. Ein Arbeiter stellt pro Tag bis zu 100 Hanks her.
Nach den Feststellungen anläßlich einer vom Senator für Wirtschaft (Beklagter und Revisionskläger) durchgeführten Betriebsprüfung entfielen auf die verkaufte Ware Bearbeitungskosten von insgesamt ... DM; davon betreffen nach Schätzung des Prüfers 20 v. H. den Bleichvorgang.
Der Prüfer und ihm folgend der Beklagte haben die Auffassung vertreten, daß nur das Bleichen als Bearbeitung i. S. von § 6 Abs. 1 Satz 1 des BerlinFG i. d. F. vom 29. Oktober 1970 (BGBl I, 1482) angesehen werden könne, während die übrigen Behandlungsmaßnahmen im Betrieb der Klägerin als bloßes Sortieren zu beurteilen seien, wobei auch ein etwaiges Nachentschleimen und Entbändeln als Vorstufe eines Sortierens betrachtet werden müsse. Da das Sortieren nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BerlinFG nicht als Bearbeitung gelte, das Bleichen im Hinblick auf die geringen Kosten aber nur eine geringfügige Bearbeitung darstelle, lehnte der Beklagte die weitere Erteilung von Ursprungszeugnissen gemäß § 8 Abs. 1 BerlinFG ab.
Im vorliegenden Verfahren geht es um die Erteilung einer Ursprungsbescheinigung für eine Rechnung der Klägerin über Hanks Saitlinge, für die die Klägerin beim Beklagten die Erteilung dieser Bescheinigung beantragt hat. Mit Verfügung des Beklagten wurde dieser Antrag abgelehnt. Zur Begründung wies der Beklagte darauf hin, daß die Bearbeitungsvorgänge im Betrieb der Klägerin - mit Ausnahme des Bleichens - keine Be- oder Verarbeitung i. S. des § 6 Abs. 1 BerlinFG darstellen. Das Bleichen sei, wie er meint, für sich allein betrachtet lediglich eine geringfügige Behandlung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BerlinFG, da der Arbeits- und Kapitalaufwand für diesen Vorgang unbedeutend sei.
Mit der zum FG erhobenen Klage hat die Klägerin beantragt, die Verfügung des Beklagten aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihr zur Rechnung die Ursprungsbescheinigung zu erteilen.
Das Gericht hat der Klage mit dem angefochtenen, in EFG 1976, 322, veröffentlichten Urteil stattgegeben und die Revision zugelassen.
Es hat zur Begründung ausgeführt:
Die Klägerin könne für die vorgelegte Rechnung die Erteilung einer Ursprungsbescheinigung gemäß § 8 Abs. 1 BerlinFG verlangen, weil die Voraussetzungen hierfür vorlägen. Eine Herstellung in Berlin liege nach § 6 Abs. 1 BerlinFG vor, wenn durch eine Be- oder Verarbeitung in Berlin nach der Verkehrsauffassung ein Gegenstand anderer Marktgängigkeit entstanden sei, es sei denn, daß der Gegenstand in Berlin nur geringfügig behandelt worden sei. Unstreitig sei durch die Behandlung der Saitlinge durch die Klägerin ein Gegenstand anderer Marktgängigkeit entstanden, denn die Klägerin beziehe sog. Originalware aus verschiedenen Ländern, die Unterschiede im Durchmesser, Löcher und sonstige Fehler und z. T. unterschiedliche Farben aufweise. Sie stelle daraus entsprechend den Bedürfnissen des Marktes fehlerfreie Ware gleichen Kalibers her, die dazu noch ein möglichst gleiches Aussehen habe. Das von der Klägerin vorgenommene Bleichen könnte u. U., wenn es sich dabei um die einzige Behandlung handelte, als lediglich geringfügig i. S. von § 6 Abs. 1 Satz 1 BerlinFG angesehen werden. Die Klägerin habe aber über das Bleichen hinaus weitere Bearbeitungsmaßnahmen vorgenommen, hier insbesondere die Herstellung von Enden gleichen Kalibers und das Entfernen von Löchern und sonstigen Fehlern. Dabei handle es sich nicht nur um eine bloß geringfügige Behandlung.
Nach den Ausführungen des BFH im Urteil vom 10. Oktober 1974 V R 160/73 (BFHE 114, 146, BStBl II 1975, 130) sei entscheidend, ob und in welchem Umfang die Behandlung eines Gegenstandes in einem Produktionsverfahren nach allgemeinem wirtschaftlichen und technischen Verständnis nennenswert sei und für die Belebung der Berliner Wirtschaft (Schaffung von Arbeitsplätzen, Auslösung von Investitionen usw.) Bedeutung habe. Dabei sei der spezielle wirtschaftliche Aufwand im Verhältnis zu entsprechenden allgemeinen Bezugsgrößen der produzierenden Wirtschaft, insbesondere denen der in Betracht kommenden Branche, zu werten und der Nutzeffekt für die Berliner Wirtschaft zu beachten.
Nach diesen Kriterien sei die Behandlung der Ware durch die Klägerin nennenswert. Denn sie stelle aus einer für die Wurstherstellung ungeeigneten Originalware in einem aufwendigen, mehrere Bearbeitungsstufen umfassenden Prozeß verarbeitungsfähige Ware her. Die dafür vorgenommenen Investitionen seien mit 70 000 DM als erheblich anzusehen. Auch die Bearbeitung sei verhältnismäßig aufwendig. Sie verursache nach den eigenen Feststellungen des Beklagten Kosten von ca. 15 v. H. im Verhältnis zum Umsatz. Bei dieser Kosten-Preisrelation habe der Beklagte früher ohne weiteres Ursprungsbescheinigungen erteilt. Der Auffassung des Beklagten, daß die Bearbeitungsmaßnahmen im Betrieb der Klägerin deshalb geringfügig seien, weil sie ein bloßes Sortieren i. S. von § 6 Abs. 1 Satz 2 BerlinFG darstellen, werde nicht geteilt. Soweit dieser Auffassung das Urteil des BFH vom 30. Juni 1960 V 137/59 U (BFHE 71, 391, BStBl III 1960, 395), das zu § 12 UStDB 1951 ergangen sei, entgegenstehe, könne es dem für das Berlinförderungsgesetz nicht folgen. Diese BFH-Entscheidung sei erkennbar von der Absicht geleitet worden, dem Darmgröshandel die Steuervergünstigung des § 7 Abs. 3 UStG 1951 zu erhalten. Im vorliegenden Fall könne von einem bloßen Sortieren unter dem das "Sichten nach einheitlichen Merkmalen durch räumliche Absonderung der zu sortierenden Gegenstände" zu verstehen sei, keine Rede sein. Ein bloßes Sortieren setze nämlich voraus, daß die zu sortierenden Gegenstände bereits vollständig und fertig vorhanden seien. Ein Sortieren liege dann nicht mehr vor, wenn die Gegenstände durch die zu beurteilenden Maßnahmen erst geschaffen werden müßten. So sei es im vorliegenden Fall. Die Originalware sei noch keine bereits zur Wurstherstellung geeignete Ware, weil sie ohne die Bearbeitungen durch die Klägerin von den Weiterverarbeitern nicht abgenommen würden und von ihnen auch mangels geeigneter Arbeitskräfte und Gerätschaften nicht fertiggestellt werden könnte. Für die Beurteilung der Frage, ob eine lediglich geringfügige Bearbeitung vorliege, müsse auf den Gesamtprozeß abgestellt werden. Dieser beginne hier mit dem Entsalzen der Originalware und ende mit dem Einsalzen der fabrikfertigen Ware. In diesem Gesamtvorgang liege eine Bearbeitung, die insgesamt betrachtet nicht lediglich als geringfügig angesehen werden könne.
Mit der Revision beantragt der Beklagte, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen. Er rügt die Verletzung des materiellen Rechts, weil die angefochtene Entscheidung gegen § 6 Abs. 1 BerlinFG verstoße. Das bloße Sortieren gelte nach dieser Vorschrift nicht als Be- oder Verarbeitung. Das Urteil des FG widerspreche der BFH-Entscheidung V 137/59 U, in der dieser ausgesprochen habe, daß das bloße Sortieren auch dann, wenn dabei Saitlinge zerschnitten und von unbrauchbaren Teilen befreit werden, noch keine Bearbeitung i. S. des § 12 Abs. 1 Satz 3 UStDB 1951 darstelle. Diese Rechtsauffassung müsse auch bei der Auslegung des § 6 Abs. 1 BerlinFG zugrunde gelegt werden, weil es die erkennbare Absicht des Gesetzgebers gewesen sei, die aus dem Umsatzsteuerrecht entnommenen Begriffe "Bearbeitung" und "Verarbeitung" in der ihnen durch die Rechtsprechung zu § 7 Abs. 3 UStG 1951 (Großhandelsprivileg) verliehenen weiten Ausprägung einzuschränken und damit Mißbräuche abzustellen.
Das Sortieren sei daher im vorliegenden Fall trotz der damit verbundenen Arbeitsvorgänge noch keine Bearbeitung i. S. des § 6 Abs. 1 Satz 1 BerlinFG. Das von der Klägerin vorgenommene Bleichen stelle einen typischen Anwendungsfall einer geringfügigen Behandlung nach § 6 Abs. 1 Satz 1 BerlinFG dar. Weder die wirtschaftliche Bedeutung dieses Vorganges noch der dazu erforderliche Aufwand seien nennenswert.
Die Klägerin hat beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
1. Zutreffend hat das FG im Ergebnis die mit dem Sortieren der Saitlinge verbundenen Arbeitsvorgänge im Betrieb der Klägerin als eine Bearbeitung i. S. des § 6 Abs. 1 Satz 1 BerlinFG angesehen, die zu einer Herstellung der verkaufsfertigen Ware in Berlin führt und somit nach § 8 Abs. 1 BerlinFG den Anspruch der Klägerin auf Erteilung einer Ursprungsbescheinigung begründet.
Durch die Bearbeitung der von ausländischen Lieferanten bezogenen Saitlinge im Betrieb der Klägerin ist ein Gegenstand anderer Marktgängigkeit entstanden, weil die angelieferte Originalware ohne Bearbeitung keine bereits zur Wurstherstellung geeignete Ware war. Ein bloßes Sortieren der Saitlinge nach Kalibern (Durchmessern) liegt hier nicht vor, weil die Saitlinge jeweils vor dem reinen Sortiervorgang auch noch anderen Behandlungen unterzogen werden. Nach den Feststellungen des FG werden die angelieferten Därme zunächst in Wasser gespült, um das Salz zu entfernen, und dann für einige Stunden in eine Bleichlauge gelegt, um Farbunterschiede zu beseitigen. Die nach Durchführung dieser Bearbeitungsvorgänge erfolgende Sortierung nach Kalibern kann nicht für sich allein betrachtet werden, vielmehr muß der gesamte Bearbeitungsvorgang als einheitlicher Gesamtvorgang angesehen werden. Es kann hier dahingestellt bleiben, ob das bloße Zerschneiden und die dabei durchgeführte Entfernung schlechter und schadhafter Stellen für sich allein lediglich als eine "notwendige Vorstufe" eines Sortierens nach dem Kaliber anzusehen ist, wie der Senat im Urteil V 137/59 U entschieden hat. Denn im vorliegenden Fall wurden darüber hinaus die angelieferten Saitlinge (Originalware) in Wasser gespült, entsalzt und gebleicht. Das FG hat sich daher im Ergebnis nicht in Widerspruch zu diesem BFH-Urteil gesetzt, in dem ausdrücklich ausgeführt ist, daß dann, wenn Därme außer dem Sortieren auch noch anderen Behandlungen unterzogen werden, der Gesamtvorgang nicht mehr als reines Sortieren angesehen werden könne. Im übrigen lag der seinerzeitigen Entscheidung ein Fall zugrunde, in dem es sich bei den sortierten Därmen bereits vor dieser Maßnahme um als zur Wurstherstellung geeignete Ware handelte. Zudem hat der Senat zur Frage des Großhandelsprivilegs nach § 7 Abs. 3 UStG 1951 inzwischen im Zusammenhang mit der Frage eines steuerlich unschädlichen Einpackens (Verpackens) oder Umfüllens entschieden, daß stets die gesamte Behandlung einer Ware zu betrachten sei, die nach den Umständen einen anderen wirtschaftlichen Vorgang als das bloße Umpakken etc. darstellen könne (BFH-Urteil vom 20. Januar 1972 V R 79/68, BFHE 105, 180, Umsatzsteuergesetz, § 7 Abs. 3, Rechtsspruch 195). Ist die Bearbeitung einer Ware im Einzelfall also mit mehreren Maßnahmen verbunden, von denen nur die eine oder andere eine steuerunschädliche oder nichtförderungswürdige Bearbeitung darstellt, sind in den anderen Bearbeitungsmaßnahmen jedoch bei einer Gesamtbetrachtung steuer- oder förderungsrechtlich relevante Vorgänge zu erblicken, so verbleibt es bei der Betrachtung des Gesamtvorgangs auch dabei, selbst wenn einzelne Maßnahmen für sich steuerunschädlich bzw. nichtförderungswürdig nach dem Berlinförderungsgesetz wären.
2. Zutreffend hat sich das FG im Gegensatz zum Beklagten auch auf den Standpunkt gestellt, daß im vorliegenden Fall keine "nur geringfügige" Behandlung eines Gegenstandes i. S. des § 6 Abs. 1 Satz 1 BerlinFG vorliegt. Wie der Senat in seinem Urteil V R 160/73 näher ausgeführt hat, entzieht sich der unbestimmte Rechtsbegriff der "geringfügigen Behandlung" einer allgemeingültigen festen Abgrenzung. Die Frage, ob ein Herstellungsvorgang nur geringfügig ist, läßt sich danach nur nach dem Gesamtbild des jeweiligen Einzelfalles lösen. Insbesondere ist es nach dieser Entscheidung nicht zutreffend, für die Frage der Geringfügigkeit lediglich auf das Verhältnis des wirtschaftlichen Aufwands der Bearbeitung zum Erlös für das Endprodukt abzustellen. Im übrigen ist dieser Aufwand im vorliegenden Fall bei einer Zusammenrechnung aller angefallenen Bearbeitungskosten in Höhe von gut 15 v. H. als durchaus erheblich anzusehen. Mit dem Zweck der Geringfügigkeitsklausel, mißbräuchliche Inanspruchnahmen der Präferenzen zu unterbinden, ist es auch nicht vereinbar, bei einem bearbeitungsmäßigen Gesamtvorgang einzelne Arbeitsvorgänge herauszugreifen und aufgrund einer isolierten Betrachtung festzustellen, daß ein einzelner Vorgang lediglich als eine geringfügige Behandlung anzusehen sei. Wenn nach § 6 Abs. 1 Satz 2 BerlinFG das Kennzeichnen, Umpacken, Umfüllen, Sortieren, das Zusammenstellen von erworbenen Gegenständen zu Sachgesamtheiten und das Anbringen von Steuerzeichen nicht als Be- oder Verarbeitung gelten, so betrifft diese Regelung stets nur Fälle, in denen sich die Be- oder Verarbeitung auf diese Maßnahmen beschränkt. Bei der Feststellung, ob nur eine geringfügige Behandlung eines Gegenstandes vorliegt, bedarf es vielmehr ebenso wie bei der Prüfung, ob eine Herstellung in Gestalt der Be- oder Verarbeitung vorliegt, einer Gesamtbetrachtung sämtlicher Bearbeitungsvorgänge. Es kann daher im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob allein das Bleichen von Saitlingen geeignet wäre, das Merkmal der Geringfügigkeit zu bejahen, weil hier noch weitere Bearbeitungsvorgänge hinzugekommen sind. Auf das Gesamtbild dieser Vorgänge ist jedoch nach der Entscheidung des Senats V R 160/73 abzustellen.
Die Feststellungen des FG über die Einzelheiten der Bearbeitung von Saitlingen im Betrieb der Klägerin lassen nach Auffassung des Senats keinen Zweifel darüber aufkommen, daß die Behandlung der Därme insgesamt betrachtet nicht nur geringfügig war. Hierbei ist auch zu berücksichtigen, daß es sich bei dem Tatbestandsmerkmal der Geringfügigkeit um einen Umstand handelt, der die Anwendbarkeit einer Ausnahmeregelung begründet ("... es sei denn, daß ..."). Derartige Ausnahmeregelungen sind aber nach allgemeinen Grundsätzen eng auszulegen. Verbleibende Zweifel gehen zu Lasten desjenigen, der eine Ausnahmevorschrift zur Anwendung bringen möchte. Diese Auslegung der Geringfügigkeitsklausel steht auch sonst in Übereinstimmung mit den Darlegungen des Senats im Urteil V R 160/73, in dem er sich ausführlich mit der Zielsetzung dieser Regelung anhand der Entstehungsgeschichte befaßt hat. Daran wird festgehalten.
Fundstellen
BStBl II 1977, 519 |
BFHE 1977, 567 |