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BFH Urteil vom 10.10.1952 - I 99/52 U

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Gewerbesteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer

 

Leitsatz (amtlich)

Vergütungen einer Personengesellschaft an ihre Gesellschafter für Dienstleistungen, Darlehen oder überlassung von Wirtschaftsgütern im Sinne des § 15 Ziff. 2 EStG dürfen den Gewerbeertrag (Gewinn) aus dem Gewerbebetrieb für die Gewerbesteuerveranlagung nicht mindern.

 

Normenkette

GewStG § 7; EStG § 15 Nr. 2

 

Tatbestand

Streitig ist die Anwendbarkeit des § 15 Ziff. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) bei der Gewerbesteuerveranlagung.

Die beschwerdeführende OHG, die eine Holzgroßhandlung betreibt, hat von drei Gesellschaftern, die am Gewinn und Verlust mit insgesamt 62,5 % beteiligt sind, das ihnen gehörige Grundstück als Holzlagerplatz gemietet (gepachtet). Die Kündigungsfrist beträgt ein Jahr.

Das Finanzamt hat bei der Ermittlung des Gewerbeertrages die Mietzahlungen (Pacht) dem steuerpflichtigen Gewerbeertrag wieder hinzugerechnet, andererseits 3 % des Einheitswertes des Grundstücks nach § 9 Ziff. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) gekürzt. Es folgte dabei der Behandlung bei der einheitlichen Gewinnfeststellung, wo das Grundstück als notwendiges Betriebsvermögen angesehen und die Pachtzahlungen als Entnahmen betrachtet sind. Die einheitlichen Gewinnfeststellungen sind rechtskräftig geworden.

Die Beschwerdeführerin (Bfin.) macht geltend, daß die Hinzurechnung bei der Gewerbesteuerveranlagung auf § 15 Ziff. 2 EStG nicht gestützt werden könne, weil sie dem Wesen der Gewerbesteuer als Sachsteuer widerspreche.

Einspruch und Berufung blieben erfolglos.

 

Entscheidungsgründe

Die Rechtsbeschwerde (Rb.) ist nicht begründet.

Das Finanzgericht hat zutreffend § 7 GewStG zugrunde gelegt. Danach ist zur Errechnung des Gewerbeertrages von dem Gewinn aus dem Gewerbebetrieb auszugehen, der nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes oder Körperschaftsteuergesetzes (KörpStG) zu ermitteln ist. Damit ist aber nicht gesagt, daß die Anwendung einer Vorschrift des Einkommensteuergesetzes für die Gewerbesteuer in allen Fällen zwingend sei, vielmehr ist der Grundsatz anerkannt, daß Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und Körperschaftsteuergesetzes, die mit dem Charakter der Gewerbesteuer als Sachsteuer nicht im Einklang stehen, bei der Ermittlung des Gewinnes für die Zwecke der Gewerbesteuer nicht angewendet werden dürfen (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs I 132/40 vom 21. Mai 1940, Reichssteuerblatt - RStBl. - S. 667, Slg. Bd. 48 S. 326). Das Finanzgericht hat auch nicht verkannt, daß das Ergebnis der einheitlichen Gewinnfeststellung für die Ermittlung des Gewerbeertrages zur Festsetzung des Steuermeßbetrages an sich nicht bindend ist (Urteil des Reichsfinanzhofs VI 704/39 vom 10. Januar 1940, RStBl. S. 134, Slg. Bd. 48 S. 95).

Der Senat hält auch die Auffassung des Finanzgerichts für zutreffend, daß § 15 Ziff. 2 EStG für die Ermittlung des Gewerbeertrages nach dem Gewerbesteuergesetz anzuwenden ist und daß die Pachtzahlungen für die von der Gesellschaft gewerblich genützten Grundstücke der Gesellschafter dem Gewinn hinzuzurechnen sind.

Nach § 15 Ziff. 2 EStG sind bei einer OHG Einkünfte aus Gewerbebetrieb neben dem Gewinnanteil der Gesellschafter die Vergütungen, die die Gesellschafter von der Gesellschaft für ihre Tätigkeit im Dienste der Gesellschaft oder für Hingabe von Darlehen oder für die überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen haben. Diese Einbeziehung in den gewerblichen Gewinn ist nach der Begründung zu § 15 (RStBl. 1935 S. 33, 42) durch die Rücksichtnahme auf das kommende Gewerbesteuergesetz veranlaßt. Die auf Grund des § 15 getroffenen Ermittlungen sollten hiernach unmittelbar für die Feststellungen des gewerbesteuerpflichtigen Gewinnes verwendet werden. Von einer Zweideutigkeit dieser Begründung kann im Gegensatz zur Auffassung der Bfin. keine Rede sein. Wenn die Bfin. einwendet, die Begründung sei für die Auslegung ohne Bedeutung, weil sie auf ein künftiges Gesetz Bezug nehme, so ist dem entgegenzuhalten, daß das Gewerbesteuergesetz von 1936 die in der Begründung zum Einkommensteuergesetz angedeutete Fassung gefunden hat. Das Gewerbesteuergesetz geht wie das Einkommensteuergesetz grundsätzlich davon aus, alles was ein Einzelkaufmann oder der Mitunternehmer einer Personengesellschaft dem Unternehmen zur Verfügung stellt, ist Einlage, und was dem Gesellschafter dafür vergütet wird, ist Unternehmerlohn. Eine derartige Vergütung kann vom Gewerbeertrag nicht abgezogen werden. Wenn das Gewerbesteuergesetz die Gehälter und sonstigen Vergütungen jeder Art, die für eine Beschäftigung des Ehegatten eines Mitunternehmers im Betriebe oder der eines stillen Gesellschafters oder seines Ehegatten gewährt worden sind, dem Gewinn wieder hinzurechnet, also nicht absetzen läßt (ß 8 Ziff. 5, Ziff. 3 GewStG), so folgt in Verbindung mit § 15 Ziff. 2 EStG zwingend, daß Vergütungen an die Mitunternehmer selbst keinesfalls abzugsfähig sind. Dies gilt für Dienstleistungen, für Zinsen aus Darlehen und Nutzungsentgelte für überlassene Gegenstände.

Die Bfin. irrt, wenn sie meint, durch die Verordnung zur Durchführung des Gewerbesteuergesetzes (GewStDV) sei der Gewinn aus Gewerbebetrieb abschließend dahin geregelt, daß nur der Gewinn nach §§ 4 bis 7 EStG in Frage komme. § 17 der Dritten GewStDV kann eine derartige Bedeutung nicht haben, weil er sonst dem § 7 GewStG widersprechen würde. Es ist also bedeutungslos, daß § 15 Ziff. 2 EStG in der Verordnung zur Durchführung des Gewerbesteuergesetzes nicht ausdrücklich erwähnt ist. Mit Recht hat das Finanzgericht ausgeführt, daß derartige Vergütungen, wie sie im Streitfalle vorliegen, auch nicht abgesetzt werden dürften, wenn die Vorschrift der Ziff. 2 des § 15 EStG nicht vorhanden wäre. Die Hinzurechnung wird somit nicht dadurch beeinflußt, daß zwar im § 174 Abs. 1 Satz 2 der Ersten und Zweiten GewStDV, nicht aber im § 17 Abs. 1 der Dritten GewStDV ausdrücklich Vergütungen, wie sie im § 15 Ziff. 2 EStG ausgeführt sind, als zum gewerblichen Gewinn bei Personengesellschaften gehörig aufgeführt sind. Offenbar ist die frühere Bestimmung weggelassen, weil sie dem Verordnungsgeber selbstverständlich schien. Einkünfte nach § 15 Ziff. 2 EStG stellen eindeutig gewerbliche Einkünfte dar. Der Grund für die steuerliche Zuweisung zum Betriebsvermögen und Gewerbeertrag liegt in dem Gedanken, daß von der Gewerbesteuer sämtliche Leistungen der Mitunternehmer, bzw. der Vereinigung der Mitunternehmer, als der der Gewerbesteuer unterliegenden wirtschaftlichen Einheit erfaßt werden sollen. Daß die Gesellschafter in einem anderen Verhältnis an den Grundstücken beteiligt sind als an der Gesellschaft, ist für die Heranziehung der Vergütungen zur Gewerbesteuer ebenfalls ohne Bedeutung. Auch ist ohne Einfluß, ob Bruchteilseigentum oder Gesamthandeigentum vorliegt. Dem Umstand kann ebenfalls keine Wirkung beigemessen werden, daß die Mietzahlungen von den Eigentümern stets als Einkünfte aus Vermietung erklärt worden sind und daß das Finanzamt bei der Veranlagung dem gefolgt ist.

Schließlich ist von den Vorbehörden mit Recht die Kürzung des Gewinnes um 3 v. H. des Einheitswertes des Grundstücks gemäß § 9 Ziff. 1 GewStG anerkannt worden.

Somit war im Ergebnis der Rechtsbeschwerde der Steuerpflichtigen der Erfolg zu versagen. Die Entscheidung im Kostenpunkt beruht auf § 307 der Reichsabgabenordnung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 407506

BStBl III 1953, 94

BFHE 1954, 236

BFHE 57, 236

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