Leitsatz (amtlich)
1. Die Berücksichtigung verdeckter Gewinnausschüttungen beim Einkommen von Körperschaften ist nicht von einem entsprechenden Einnahmenzufluß beim Empfänger abhängig.
2. In die Angemessenheitsprüfung der Gesamtbezüge von Gesellschafter-Geschäftsführern sind auch Pensionsrückstellungen der GmbH einzubeziehen, die sich vor dem Eintritt des Versorgungsfalles der begünstigten Personen in deren Einkommen noch nicht auswirken.
Normenkette
KStG § 6 Abs. 1 S. 2; EStG § 6a
Tatbestand
Die Revisionsklägerin (Steuerpflichtige), eine GmbH, betreibt den Handel mit Kraftfahrzeugen (Kfz.) und unterhält eine Reparaturwerkstatt mit Lackiererei, Garagen, einer Großtankstelle und Wagenpflegestation. An ihrem Stammkapital von 50 000 DM waren A. mit 15 000 DM, seine Ehefrau E. mit 18 000 DM und deren Bruder M. mit 17 000 DM beteiligt. Die drei Gesellschafter (M. bis zum 14. April 1957) waren auch Geschäftsführer der Steuerpflichtigen, A. als verantwortlicher Leiter des Gesamtbetriebs, M. für die kaufmännische Leitung, Frau E: für die Verwaltung des Ersatzteillagers. Die Steuerpflichtige hat für die Streitjahre 1955 bis 1957 folgende Aufwendungen gebucht:
1955 A. M. E. Summe
a) Barbezüge DM DM DM DM
einschließlich
Tantieme 30 000 30 000 12 000 72 000
b) Zuführung zur
Pensionsrückstellung 50 413 25 429 0 75 842
80 413 55 429 12 000 147 842
1956
a) 24 000 24 000 12 000 60 000
b) 58 312 28 062 0 86 374
82 312 52 062 12 000 146 374
1957
a) 24 500 6 000 16 875 47 375
b) ./. 4 4001 31 814 0 27 413
(7 000) (24 814)
17 500 37 814 16 875 72 189
Die Steuerpflichtige legte dem FA ein Gutachten eines Steuerberaters über die hier angemessenen Bezüge vor, das ausgehend von dem Unternehmerlohn nach der Formel 25 mal Wurzel aus Umsatz plus 20 % jedem der drei Geschäftsführer gleichmäßig 67 % der jährlichen Barbezüge nach folgender Aufstellung zuwies:
Errechnete Barbezüge Davon für jeden der drei
Geschäftsführer 67 %
DM DM
1955 49 320 33 044
1956 53 820 36 059
1957 55 740 37 345
Davon abweichend berücksichtigte das FA das Gewicht der unterschiedlichen Geschäftsführungsaufgaben, legte für alle Streitjahre gleiche abgerundete Zahlen zugrunde und kam dadurch auf folgende angemessene jährliche Gesamtaufwendungen:
Für A. 50 000 DM,
für M. 35 000 DM,
für E. 25 000 DM.
Dabei verwendete das FA auch eine der Steuerpflichtigen erteilte Auskunft einer anderen (größeren) Kfz- Firma am Sitz der Steuerpflichtigen, deren alleiniger Geschäftsführer seine Bezüge von rd. 48 000 DM jährlich als angemessen erachtete.
Für die Pensionsrückstellungen ging das FA bei der Errechnung der fiktiven jahresnettoprämie vom Lebensalter der Berechtigten im Zeitpunkt der Pensionszusage aus.
Das FA nahm demnach in seiner Einspruchsentscheidung folgende verdeckte Gewinnausschüttungen an:
Für 1955 44 973 DM,
für 1956 32 973 DM,
für 1957 4 964 DM.
Die Berufung hatte nur geringen Erfolg.
Die den Geschäftsführern gewährten Vergütungen einschließlich der am 24. Dezember 1954 gegebenen Pensionszusagen hätten die Gewinne der Steuerpflichtigen unter Berücksichtigung der Verluste aus der Zeit bis zum 31. Dezember 1957 voll in Anspruch genommen. Dritten Geschäftsführern gegenüber hätte die GmbH unter verständlichen betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht in dieser Weise auf eigenen Gewinn verzichtet.
Mit der gegen die Entscheidung des FG rechtzeitig eingelegten, als Revision zu behandelnden Rechtsbeschwerde wird beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des FG die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen, bei unmittelbarer Entscheidung durch den Senat das Urteil des FG nebst den zugrunde liegenden Steuerbescheiden aufzuheben und für die Körperschaftsteuerveranlagung 1955 bis 1957 von verdeckten Gewinnausschüttungen abzusehen.
Die Steuerpflichtige begründet die Revision wie folgt:
Unrichtig sei die Auffassung des FG, ein Zufluß im Sinne verdeckter Gewinnausschüttung brauche nicht in einem bereits im Zeitpunkt der Ausstattung greifbaren materiellen Wert zu bestehen, es genüge auch die bloße Pensionsanwartschaft. In der Versorgungszusage sei noch kein aktives Wirtschaftsgut vorhanden, wenngleich eine bewertbare Last entstanden sei. Es bestehe keine Beziehungsgebundenheit zwischen aufschiebend bedingter Last und aufschiebend bedingtem Anwartschaftsrecht als Wirtschaftsgüter. Selbst wenn man dieser rechtlichen Auffassung des FG folgen könne, scheitere diese möglicherweise denkbare Wertgleichung für den Fall einer Altersversorgung daran, daß die Anwartschaft hier noch nicht zum Vollanspruch erstarkt sei. Das FG habe auch die Grundsätze des BFH-Urteils I 203/61 S vom 9. März 1962 (BFH 75, 193, BStBl III 1962, 338) außer acht gelassen, wonach infolge der nach § 6 Abs. 1 Satz 2 KStG vorgeschriebenen Unterstellung ein in Geld sicher meß barer Vorteil zufließen müsse, an dem es hier fehle.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist unbegründet.
Bei der steuerlichen Gewinnermittlung einer GmbH sind die Bezüge von Gesellschafter-Geschäftsführern auf Grund von Dienstverträgen nur insoweit abzugsfähig, als sie angemessen sind, d. h. auch einem an der Gesellschaft unbeteiligten Dritten gezahlt würden. Die dazu erforderliche Prüfung gehört im wesentlichen zu den tatsächlichen Feststellungen des FG, an die der BFH nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden ist, wenn nicht zulässige und begründete Revisionsgründe dagegen vorgebracht werden. Dem FG sind im Rahmen der ihm obliegenden Tatsachenwürdigung keine Verstöße gegen das Recht und die Denkgesetze unterlaufen. Der Angemessenheitsprüfung in diesem Sinn unterliegen die Gesamtbezüge, die sich im Streitfall aus Barbezügen und Ruhegeldzusagen zusammensetzen. Der Einwand der Steuerpflichtigen, daß mangels Zuflusses von Einnahmen im Sinne des § 11 EStG auch keine verdeckte Gewinnausschüttung durch Ruhegeldzusagen angenommen werden könne, betrachtet die Rechtslage zu Unrecht von der Seite des Empfängers statt von der hier allein maßgebenden Seite des Gebers. Vor Beginn von Rentenzahlungen werden allerdings Einkünfte der begünstigten Arbeitnehmer weder durch die betriebliche Ruhegeldzusage noch durch die dafür gebildeten Rückstellungen berührt. Das ändert aber nichts daran, daß bei der Kapitalgesellschaft durch die Passivierung eine das Einkommen erhöhende verdeckte Gewinnausschüttung nach § 6 Abs. 1 Satz 2 KStG entstehen kann. Darüber sind sich Rechtsprechung und Schrifttum einig. Dem steht auch nicht das von der Steuerpflichtigen angeführte, einen abweichenden Sachverhalt betreffende Urteil des BFH I 203/61 S (a. a. O.) entgegen, das den durch ein zinsloses Darlehen der Kapitalgesellschaft A an eine von demselben Gesellschafter beherrschte Kapitalgesellschaft B eingetretenen Vorteil der Zinsersparnis bei der Kapitalgesellschaft A als verdeckte Gewinnausschüttung behandelte.
Der Revision kann auch hinsichtlich der Bedenken gegen die ausreichende, d. h. 50 v. H. überschreitende Beteiligung jedes der drei Gesellschafter-Geschäftsführer am Stammkapital der GmbH nicht gefolgt werden. Im Streitfall geht es nicht um die Anwendung des § 6a EStG, sondern um die Frage der verdeckten Gewinnausschüttung nach § 6 Abs. 1 Satz 2 KStG, die an die Gesamtausstattung der Gesellschafter-Geschäftsführer anzuknüpfen hat. Diese wird durch die festgestellten und nicht bestrittenen Pensionsrückstellungen zugunsten der Gesellschafter-Geschäftsführer wesentlich mitbestimmt.
Fundstellen
Haufe-Index 68210 |
BStBl II 1968, 809 |