Leitsatz (amtlich)
Es kann nur ausnahmsweise angenommen werden, daß sich ein bestehendes Arbeitsverhältnis zu einem Gesellschaftsverhältnis und zur Mitunternehmerschaft umgestaltet hat.
Orientierungssatz
1. Die Beteiligten können ein Arbeitsverhältnis in ein Gesellschaftsverhältnis (Innengesellschaft mit Mitunternehmern) umwandeln. Voraussetzung ist zumindest eine Vereinbarung, wonach der bisher zu Dienstleistungen Verpflichtete nunmehr Beitragsleistungen zu gemeinsamem Zweck (Handelsvertretung) erbringt und auf seine Gläubigerrechte als Arbeitnehmer verzichtet, andererseits der bisherige Alleinunternehmer seinem Partner ein Widerspruchsrecht gegen eigene Entscheidungen einräumt (vgl. § 709 Abs. 1 BGB). Art und Höhe der Bezüge können zwar ein Merkmal für die Annahme eines Gesellschaftsverhältnisses sein. Fehlt es aber schon an der Vereinbarung einer Beteiligung am Unternehmenserfolg, da die Vergütungen nicht vom Unternehmensergebnis, sondern von Einzelleistungen abhängen, kann nicht auf ein Gesellschaftsverhältnis geschlossen werden.
2. Zahlt der Unternehmer seinem Schwiegersohn als Arbeitnehmer überhöhten Arbeitslohn, so sind die ungerechtfertigten Mehrbeträge private Zuwendungen, die den Unternehmensgewinn nicht mindern dürfen.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 4 Abs. 4, § 12 Nr. 2
Tatbestand
Der Kläger A unterhielt eine Textilvertretung. In ihr war seit langen Jahren der Kläger B, sein späterer Schwiegersohn, als Angestellter tätig. Er erhielt ein Festgehalt sowie Provisionen für die von ihm zugunsten des A vermittelten Verträge. Anläßlich einer für die Jahre 1973 bis 1975 durchgeführten Betriebsprüfung stellte die Prüferin fest, daß A im Hinblick auf sein Alter vor allem seine Reisetätigkeit stark eingeschränkt und an den Kläger zu 2 abgegeben habe. B erhielt in den Prüfungsjahren ein jährliches Festgehalt von 60 000 DM. Seine Gesamtbezüge in den Jahren 1973 bis 1975 betrugen 164 000 DM, 220 000 DM und 302 000 DM; dem Kläger zu 1 verblieben danach Gewinne von 12 000 DM, 48 000 DM und 42 000 DM. Die Prüferin ging davon aus, daß B Art und Umfang seiner Tätigkeit habe frei gestalten können, daß er den Gewinn der Handelsvertretung überwiegend erwirtschaftet und ebenfalls überwiegend das unternehmerische Risiko getragen habe. Deshalb bestehe zwischen den Klägern kein Arbeitsverhältnis, sondern eine Innengesellschaft, die zur Mitunternehmerschaft führe. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) schloß sich den Feststellungen der Prüferin an und erließ auf dieser Grundlage für die Jahre 1973 bis 1975 Gewinnfeststellungsbescheide, Umsatzsteuerbescheide, Gewerbesteuermeßbescheide und einen Bescheid über den Einheitswert des Betriebsvermögens auf den 1.Januar 1975; die Bescheide wurden jeweils an die "A und B GdbR" gerichtet.
Die Kläger machten hiergegen geltend, daß zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis bestanden habe. B habe zwar zum 1.Januar 1978 das Geschäft übernommen. Die einzelnen Vertretungen seien aber nicht mitübergegangen; er habe sich vielmehr jeweils um den Neuabschluß entsprechender Verträge bemühen müssen. Vor diesem Zeitpunkt sei allein A Inhaber des Unternehmens gewesen, dessen Risiko er auch allein getragen habe. Die Einsprüche blieben erfolglos. Die Klage hatte nur hinsichtlich der Umsatzsteuerbescheide Erfolg. Das Finanzgericht (FG) sah insoweit ausschließlich A als Unternehmer an. Im übrigen ging das FG aber davon aus, daß zwischen den Klägern eine mitunternehmerische Innengesellschaft bestanden habe.
Hiergegen richtet sich die Revision der Kläger, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet; die tatsächlichen Feststellungen des FG gestatten es nicht, die Kläger als Mitunternehmer der Handelsvertretung anzusehen.
1. Mitunternehmer i.S. von § 15 Abs.1 Nr.2 des Einkommensteuergesetzes ist, wer als zivilrechtlicher Gesellschafter einer Personengesellschaft oder aufgrund eines wirtschaftlich einem Gesellschaftsverhältnis vergleichbaren Gemeinschaftsverhältnisses Unternehmerrisiko trägt und Unternehmerinitiative entfalten kann (Beschluß des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 25.Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751). Zu Recht hat das FG daher erwogen, ob zwischen den Klägern ein Gesellschaftsverhältnis zustande gekommen ist. Es hat den Abschluß eines solchen Gesellschaftsvertrags damit begründet, daß beide Kläger die wirtschaftlichen Ziele der Handelsvertretung zuletzt in partnerschaftlicher Gleichberechtigung verfolgt hätten und daß B nicht mehr in dem für einen Angestellten typischen Unterordnungsverhältnis gestanden habe. Das FG hat dies aus Äußerungen des A in der Betriebsprüfung geschlossen, B habe in der vergangenen Zeit so tüchtig gearbeitet, daß er ihm nicht habe dreinreden können; beide Kläger hätten zudem eingeräumt, daß sie die unternehmenswichtigen Fragen jeweils gemeinsam beraten und entschieden hätten. Insbesondere hat das FG aber die Höhe der an B gezahlten Vergütung als Indiz für den Abschluß eines Gesellschaftsvertrags herangezogen.
Unter den Verhältnissen des Streitfalls kann den rechtlichen Folgerungen des FG jedoch nicht beigepflichtet werden.
2. Das FG hat nicht hinreichend gewürdigt, daß B als Arbeitnehmer, d.h. als Handlungsgehilfe (§ 59 des Handelsgesetzbuches --HGB--) in das Unternehmen des A eingetreten ist und hier als Reisender für die Vermittlung von Verträgen durch das Unternehmen des A gesorgt hat. Es ist nicht ungewöhnlich, daß ein Arbeitnehmer, dem ohnehin eine verantwortungsvolle Tätigkeit übertragen ist, mit zunehmender Erfahrung und Bewährung weitere Aufgaben durch den Arbeitgeber zugewiesen erhält und daß er schließlich in ähnlicher Weise maßgebenden Einfluß auf den Unternehmensablauf gewinnt, wie das bei einem Geschäftsführer oder leitenden Angestellten der Fall ist. Dies ändert aber nichts daran, daß ein solcher Angestellter weiterhin Arbeitnehmer und im Konfliktfall weisungsgebunden ist. Im Streitfall mag B auch deshalb eine besondere Vertrauensstellung erlangt haben, weil er der Schwiegersohn des A geworden war und demnächst das Geschäft übernehmen sollte; auch in derartigen Fällen stellen sich die Rechtsbeziehungen aber weiterhin als Arbeitsverhältnis dar (vgl. dazu Fenn, Der Betrieb --DB-- 1974, 1062, 1066, 1112 mit Rechtsprechungsnachweisen).
Zwar kann ein Dauerschuldverhältnis wie das Arbeitsverhältnis durch die Beteiligten in ein Gesellschaftsverhältnis umgewandelt werden. Dies würde im Streitfall eine Vereinbarung dahin vorausgesetzt haben, daß der bisher zu Dienstleistungen verpflichtete B diese Dienste nunmehr als Beitrag zu gemeinsamem Zweck leistete und auf die ihm bisher als Arbeitnehmer zustehenden Gläubigerrechte Verzicht leistete. Andererseits hätte A bereit sein müssen, seinem Angestellten nicht nur ein Mitspracherecht einzuräumen, wie dies in Arbeitsverhältnissen durchaus vorkommt, sondern ihm ein Widerspruchsrecht gegen eigene Entscheidungen zu gewähren, wie es den zur gemeinsamen Geschäftsführung berufenen Gesellschaftern einer BGB-Gesellschaft zukommt (§ 709 Abs.1 des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--). Dafür ergeben sich aus den tatsächlichen Feststellungen des FG jedoch keine Anhaltspunkte.
3. Das FG hat das Zustandekommen einer Personengesellschaft vor allem auch aus Art und Höhe der Bezüge des B abgeleitet. Hierin kann in der Tat ein Merkmal liegen, das zur Abgrenzung zwischen einem Arbeits- und einem Gesellschaftsverhältnis herangezogen werden kann. Denn wer als Gesellschafter an einem Unternehmen beteiligt ist, hat regelmäßig auch am Ergebnis dieses Unternehmens Anteil.
Im Streitfall war B aber nicht am Gesamtergebnis des Unternehmens beteiligt, sondern erhielt neben einem Festgehalt von Anfang an jeweils Provisionen für die einzelnen von ihm für Rechnung des Unternehmens des A vermittelten Geschäfte. Wie sich aus § 65 HGB ergibt, werden solche Vermittlungsprovisionen auch als Lohnbestandteil an Handlungsgehilfen, d.h. in einem Arbeitsverhältnis geleistet. Solche Provisionen hat B ersichtlich bereits in früheren Jahren erhalten, ohne daß aus dieser den persönlichen Arbeitseinsatz berücksichtigenden Gestaltung der Vergütung geschlossen werden konnte, er sei nunmehr Gesellschafter des Unternehmens.
Auch die Höhe der Vergütung läßt diesen Schluß nicht zu. Zwar hat die Rechtsprechung verschiedentlich aus einer für ein Arbeitsverhältnis ungewöhnlich hohen Beteiligung am Unternehmenserfolg auf ein Gesellschaftsverhältnis geschlossen (BFH-Urteile vom 6.Oktober 1971 I R 215/69, BFHE 103, 572, BStBl II 1972, 187; vom 28.Januar 1982 IV R 197/79, BFHE 135, 297, BStBl II 1982, 389). Eine solche Beteiligung am Unternehmenserfolg ist hier aber nicht vereinbart. Vielmehr handelte es sich bei den gezahlten Provisionen nicht anders als bei dem Festgehalt um Einzelvergütungen, die nicht vom Unternehmensergebnis abhängig waren, sondern dieses ihrerseits beeinflußten. Sie mögen im Hinblick auf die Stellung des B als Schwiegersohn und künftigen Unternehmensinhaber überhöht gewesen sein. Dies hätte aber zur Folge, daß die Mehrbeträge keine Betriebsausgaben, sondern private Zuwendungen bildeten, die den Gewinn des A nicht mindern durften. Hierüber kann im anhängigen Verfahren nicht entschieden werden.
Die angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide und Gewerbesteuermeßbescheide 1973 bis 1975 sowie die Feststellung über den Einheitswert des Betriebsvermögens zum 1.Januar 1975 müssen aus diesem Grund aufgehoben werden; die angefochtenen Umsatzsteuerbescheide 1973 bis 1975 sind bereits durch das FG-Urteil aufgehoben worden, das insoweit Bestand hat.
Fundstellen
Haufe-Index 61462 |
BStBl II 1987, 111 |
BFHE 148, 135 |
BFHE 1987, 135 |
BB 1987, 110 |
BB 1987, 110-111 (ST) |
DB 1987, 310-311 (ST) |
DStR 1987, 102-102 (ST) |
HFR 1987, 65-65 (ST) |