Leitsatz (amtlich)
Steuerberater dürfen im beruflichen Verkehr nicht auf das von einer Verwaltungsakademie des Landes Nordrhein-Westfalen erteilte Diplom "Betriebswirt (VWA)" als Zusatz zu ihrer Berufsbezeichnung hinweisen.
Orientierungssatz
Für einen Rechtsstreit, der die Frage nach der Befugnis zur Führung einer Bezeichnung oder eines Zusatzes i.S. des § 43 Abs. 2 und 3 StBerG zum Gegenstand hat, ist der Finanzrechtsweg gegeben.
Normenkette
StBerG § 43 Abs. 1 Fassung: 1975-11-04, Abs. 2 Fassung: 1975-11-04, Abs. 3 Fassung: 1975-11-04; FGO § 33 Abs. 1 Nr. 3
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer zugelassen. Er hat im Jahre 19.. an der Verwaltungs- und Wirtschaftsakademie ... eine Prüfung bestanden und darf sich seitdem "Betriebswirt (VWA)" nennen.
Im Jahre 1980 fragte er bei der Beklagten und Revisionsbeklagten (Steuerberaterkammer ... --Kammer--) an, ob er zusätzlich zu der Berufsbezeichnung "Steuerberater" auch die Bezeichnung "Betriebswirt (VWA)" führen dürfe. Die Kammer antwortete dem Kläger, dies sei nach § 43 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) i.V.m. Nr.32 der Richtlinien für Steuerberater nicht zulässig.
Die dagegen nach erfolglosem "Widerspruch bzw. Beschwerde" erhobene Klage mit dem Antrag, die Kammer zu verpflichten, ihn --den Kläger-- zu belehren, daß er die Bezeichnung "Betriebswirt (VWA)" zusätzlich zur Berufsbezeichnung "Steuerberater" führen dürfe, hilfsweise festzustellen, daß die Bezeichnung "Betriebswirt (VWA)" im beruflichen Verkehr zusätzlich geführt werden dürfe, blieb erfolglos.
Das Finanzgericht (FG) führte zur Begründung seiner Entscheidung aus: Der materielle Streit sei nach § 43 StBerG zu entscheiden, und damit sei der Finanzrechtsweg eröffnet. Die Klage sei jedoch nicht begründet, da es an einem anfechtbaren Verwaltungsakt und --für eine Verpflichtungsklage-- an einer Anspruchsgrundlage für die begehrte Auskunft fehle. Der Feststellungsklage fehle ein Feststellungsinteresse, da sich der Kläger entsprechend seiner Rechtsansicht verhalten und eine gerichtliche Überprüfung erzwingen könne, wenn die Kammer gegen ihn nach § 81 StBerG vorgehe.
Mit seiner Revision macht der Kläger geltend, die Kammer müsse die Mitglieder in Fragen der Berufspflicht auch beraten und belehren, wobei unrichtige Belehrungen als Verwaltungsakte anzusehen seien. Er hält ein Feststellungsinteresse für gegeben und stellt die Anträge wie in der Vorinstanz.
Die Kammer beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Dem Begehren des Klägers ist zu entnehmen, daß in erster Linie die Kammer verpflichtet werden soll, ihn über die Berechtigung zur Führung der Bezeichnung "Betriebswirt (VWA)" zu belehren. Daraus ergibt sich, daß der Rechtsstreit die Frage nach der Befugnis zur Führung einer Bezeichnung oder eines Zusatzes i.S. des § 43 Abs.2 und 3 StBerG zum Gegenstand hat und daß folglich nach § 33 Abs.1 Nr.3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) der Finanzrechtsweg gegeben ist.
Wenn der Senat von der Zulässigkeit der Klage ausgeht, kann die Revision gleichwohl aus materiell-rechtlichen Gründen keinen Erfolg haben. Der Kläger ist nicht befugt, die Bezeichnung "Betriebswirt (VWA)" neben seinen Berufsbezeichnungen "Steuerberater" und "Wirtschaftsprüfer" zu führen.
1. Eine solche Befugnis ergibt sich nicht aus § 43 Abs.2 StBerG. Nach dieser Vorschrift ist die Führung weiterer Berufsbezeichnungen nur dann gestattet, wenn sie amtlich verliehen worden sind. Die im Streitfall maßgebliche Bezeichnung "Betriebswirt (VWA)" stellt keine Berufsbezeichnung dar. Sie weist lediglich aus, daß ihr Träger einen bestimmten Ausbildungsweg durchlaufen hat. Über den Beruf ihres Inhabers sagt sie nichts aus (vgl. dazu Urteil des Oberlandesgerichts --OLG-- Frankfurt vom 11.Mai 1966 StO 1/66, in: Klöcker/Mittelsteiner/Gehre, Handbuch der Steuerberatung, Gruppe 12(2) S.31). Westfalen (Runderlaß des Innenministers vom 1.September 1969 II A 2 -25.36-159/69, Ministerialblatt für das Land Nordrhein-Westfalen --MBl NW--, Jahrgang 1969 S.1596, 1598) ist kein akademischer Grad i.S. von § 43 Abs.3 StBerG. Das ist bereits der Ausdrucksweise in § 9 Abs.3 der Rahmen-Prüfungsordnung für die Erteilung des Verwaltungs-Akademie-Diploms an den Verwaltungs-Akademien in Nordrhein-Westfalen (Bekanntmachung des Innenministers vom 21.August 1950 II B - 4/29.63/00, MBl NW, Ausgabe A Nr.83 vom 30.September 1950 S.894, 901) zu entnehmen, wonach der Inhaber des Diploms "gegebenenfalls vor einem akademischen Grade" seinem Namen die Abkürzung "Wirtsch.-Dipl.-Inh." beifügen darf.
Der "Betriebswirt (VWA)" ist aber auch deshalb kein akademischer Grad, weil er von einer Verwaltungs-Akademie und nicht von einer wissenschaftlichen Hochschule verliehen worden ist. Nur die von wissenschaftlichen Hochschulen verliehenen Bezeichnungen stellen akademische Grade dar (vgl. Urteil des OLG Frankfurt vom 11.Mai 1966 StO 1/66, in: Klöcker/Mittelsteiner/Gehre, a.a.O., m.w.N.; Starringer, Das Recht der Führung ausländischer akademischer Grade, S.3, 4, 8; Schöner, Das Recht der akademischen Grade in der Bundesrepublik Deutschland, S.17, 18).
3. Die Bezeichnung "Betriebswirt (VWA)" stellt schließlich keine "staatlich verliehene Graduierung" i.S. des § 43 Abs.3 StBerG dar. Als solche kommen nur die Graduierungen von Fachhochschulen in Betracht, die von den Bundesländern als akademische Grade anerkannt werden (vgl. Beschluß der Kultusministerkonferenz vom 20.Januar 1972, Bundesanzeiger 1972, Nr.49 S.3; Mutze, Steuerberater- und Steuerbevollmächtigtenhandbuch, Kz.140 A Anm.3). Außerdem ist aus der für den Erwerb der Bezeichnung "Betriebswirt (VWA)" maßgeblichen Prüfungsordnung zu entnehmen, daß Prüfungszweck nur die Erteilung eines Befähigungsnachweises ist, der durch die Erteilung eines Diploms nachgewiesen wird, nicht aber die Erteilung einer staatlich verliehenen Graduierung.
Fundstellen
Haufe-Index 61379 |
BStBl II 1987, 144 |
BFHE 148, 201 |
BFHE 1987, 201 |
BB 1987, 119 |
BB 1987, 119-120 (ST) |
DB 1987, 468 (ST) |