Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufteilung der Vorsteuerbeträge bei Nutzung eines Gebäudes teils zu gewerblichen Zwecken und teils zu Wohnzwecken
Leitsatz (amtlich)
Läßt ein Unternehmer ein Gebäude für sein Unternehmen errichten und verwendet er es zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, sind die Vorsteuerbeträge, die nicht ganz der den Vorsteuerabzug ausschließenden oder nicht ausschließenden Verwendung zugerechnet werden können, im Regelfall nach dem Verhältnis der vorsteuerabzugsschädlich genutzten zu den nicht vorsteuerabzugsschädlich genutzten Nutzflächen aufzuteilen.
Normenkette
UStG 1980 § 15 Abs. 4-6
Verfahrensgang
FG Köln (Entscheidung vom 22.05.1987; Aktenzeichen 5 K 308/84) |
Tatbestand
Die Revisionsklägerin ist als Alleinerbin Rechtsnachfolgerin des am 10.Januar 1989 verstorbenen früheren Klägers und Revisionsklägers L.
L errichtete in den Jahren 1982 und 1983 auf einem ihm gehörenden Grundstück ein Gebäude, das gewerblich genutzte Räume und entsprechend einer Auflage im Baugenehmigungsverfahren drei Wohnungen umfaßt. Er verzichtete hinsichtlich der Vermietung der Gewerberäume auf die Umsatzsteuerbefreiung nach § 4 Nr.12 Buchst.a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980. Er ordnete einen Teil der insgesamt angefallenen Vorsteuerbeträge den gewerblich verwendeten Räumen zu und verteilte den Rest nach dem Verhältnis der erzielten Mieten (Gewerbemiete 83,04 v.H.).
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) gelangte aufgrund einer Umsatzsteuersonderprüfung zu dem Ergebnis, daß von den insgesamt angefallenen Vorsteuerbeträgen in Höhe von 56 137,86 DM 4 079,33 DM voll dem gewerblichen Teil des Gebäudes und 1 372,37 DM voll dem Wohnteil zuzurechnen seien und der Rest im Verhältnis der Nutzflächen (gewerblicher Teil: 264 qm, Wohnteil: 176 qm) aufzuteilen sei (Gewerbe: 30 411,70 DM, Wohnteil: 20 274,46 DM). Das FA setzte für das Streitjahr 1983 unter Berücksichtigung eines steuerpflichtigen Umsatzes von 14 000 DM (Umsatzsteuer: 1 960 DM) und der nach seiner Auffassung abziehbaren Vorsteuerbeträge von 34 491,03 DM Umsatzsteuer von ./. 32 531 DM fest.
Die hiergegen gerichtete Sprungklage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG), dessen Urteil in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1987, 528 abgedruckt ist, vertrat die Auffassung, daß die von L begehrte Verteilung der Vorsteuerbeträge nach den Umsätzen zu ungerechtfertigten Steuervorteilen führe und die Aufteilung daher nach dem Verhältnis der Nutzflächen vorzunehmen sei.
Mit der Revision wird Verletzung des § 15 Abs.5, 6 UStG 1980 gerügt. Die Revisionsklägerin führt aus: Die Verteilung der Umsatzsteuerbeträge nach dem Verhältnis der steuerpflichtigen und steuerfreien Mieteinnahmen sei sachgerecht, weil L das Gebäude ohne die Wohnungen errichtet hätte, wenn er dies im Baugenehmigungsverfahren hätte durchsetzen können. Dies ergebe sowohl die betriebswirtschaftliche Marktwertrechnung als auch die Restwertrechnung.
Die Revisionsklägerin beantragt sinngemäß, die Umsatzsteuer für 1983 auf ./. 44 209,12 DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet (§ 126 Abs.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Der Revisionsklägerin steht die begehrte Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach den von ihr angeführten Methoden nicht zu.
1. Maßgebend für die Entscheidung über die Abziehbarkeit der Vorsteuerbeträge sind die Vorschriften des § 15 Abs.1 bis 6 UStG 1980 in der im Streitjahr geltenden Fassung, die an die Stelle des § 15 Abs.1 bis 5 UStG 1967/1973 getreten sind.
a) Nach § 15 Abs.1 Nr.1 Satz 1 UStG 1980 kann der Unternehmer die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG 1980 gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Gemäß § 15 Abs.2 Nr.1 UStG 1980 ist vorbehaltlich der Regelung in § 15 Abs.3 Nr.1 UStG 1980 vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen u.a. die Steuer für die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet.
Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist nach § 15 Abs.4 Satz 1 UStG 1980 der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln (§ 15 Abs.4 Satz 2 UStG 1980).
Nach § 15 Abs.5 UStG 1980 kann der Unternehmer für Veranlagungszeiträume bis einschließlich 1989 anstelle einer Aufteilung nach § 15 Abs.4 UStG 1980 die nicht abziehbaren Teile der nach dieser Vorschrift aufzuteilenden Vorsteuerbeträge einheitlich nach dem Verhältnis der zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug führenden Umsätze zu den übrigen Umsätzen ermitteln, wenn dies nicht zu ungerechtfertigten Steuervorteilen führt (§ 15 Abs.6 UStG 1980 a.F.).
Demnach sind bei einem Unternehmer, der sowohl Umsätze ausführt, die zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug nach § 15 Abs.2 UStG 1980 führen, als auch solche, bei denen ein solcher Ausschluß nicht eintritt, zunächst die Vorsteuerbeträge zu ermitteln, die ausschließlich (nicht nur zum Teil) den vorsteuerabzugsschädlichen und ausschließlich den nichtvorsteuerabzugsschädlichen Umsätzen zuzurechnen sind. Es ist also grundsätzlich bei jedem dem Unternehmer gelieferten Gegenstand und bei jeder von ihm in Anspruch genommenen sonstigen Leistung zu prüfen, ob sie ausschließlich zur Ausführung von den Vorsteuerabzug ausschließenden oder nicht ausschließenden Umsätzen verwandt worden sind. Erhalten z.B. bei einem gemischt genutzten Gebäude der vorliegenden Art die gewerblich genutzten Räume einen Bodenbelag aus Linoleum und die Wohnräume Parkett, so sind die Vorsteuerbeträge aus der Werklieferung des Linoleumverlegers ausschließlich den nichtvorsteuerabzugsschädlichen Umsätzen aus der steuerpflichtigen Vermietung der Gewerberäume und die Vorsteuerbeträge aus der Werklieferung des Parkettverlegers ausschließlich den vorsteuerabzugsschädlichen Umsätzen aus der steuerfreien Vermietung der Wohnungen zuzurechnen.
Ist diese Zurechnung erfolgt und verbleiben dem Unternehmer gelieferte Gegenstände oder von ihm in Anspruch genommene Leistungen, die er nicht ausschließlich, sondern nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen verwendet, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist bezüglich dieser restlichen Vorbezüge nach § 15 Abs.4 bis 6 UStG 1980 a.F. zu verfahren. So wäre es in dem gerade geschilderten Beispielsfall, wenn im gesamten Gebäude Linoleumböden verlegt worden wären. Der Unternehmer hätte dann den ihm gelieferten Gegenstand (die Linoleumböden) nur zum Teil zur Ausführung von steuerfreien Umsätzen verwendet, die den Vorsteuerabzug ausschließen. Die Vorsteuer aus der Werklieferung des Bodenverlegers wäre nach § 15 Abs.4 bis 6 UStG 1980 a.F. aufzuteilen.
b) Die Aufteilungsmethode nach § 15 Abs.1 bis 6 UStG 1980 a.F. wird noch deutlicher nach einem Vergleich mit dem UStG 1967/1973. Diesem lag zwar eine andere Systematik für die Aufteilung von Vorsteuerbeträgen zugrunde. Bei den Einzelheiten und im praktischen Ergebnis besteht jedoch vielfache Übereinstimmung mit der vom 1.Januar 1980 bis einschließlich 1989 geltenden Regelung über die Aufteilung von Vorsteuerbeträgen (§ 15 Abs.1 bis 6 UStG 1980).
aa) Bewirkt der Unternehmer neben Umsätzen, die nach § 15 Abs.2 UStG 1967/1973 zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug führen, auch Umsätze, bei denen ein solcher Ausschluß nicht eintritt, so sind die Vorsteuerbeträge gemäß § 15 Abs.3 bis 6 UStG 1967/1973 aufzuteilen. Die Vorsteueraufteilung erfolgt nicht nur dann, wenn dieselben vorsteuerbelasteten Leistungsbezüge jeweils "gemischt" verwendet werden, und ist demzufolge nicht auf entsprechende Fälle beschränkt (Senatsurteil vom 21.Juli 1988 V R 87/83, BFHE 155, 177, BStBl II 1989, 60).
In § 15 Abs.3 und 4 UStG 1967/1973 sind drei Aufteilungsmethoden vorgesehen, von denen die ausschließlich nach dem Umsatzschlüssel vorzunehmende Aufteilung (§ 15 Abs.3 UStG 1967/1973) --anders als nach dem UStG 1980-- die gesetzliche Regelaufteilungsmethode ist.
Dagegen sind die Aufteilungsmethoden nach § 15 Abs.4 Nrn.1 und 2 UStG 1967/1973 darauf abgestellt, ob und inwieweit sich eine Beziehung der in Betracht kommenden Vorsteuerbeträge zu den abzugsschädlichen bzw. nichtabzugsschädlichen Umsätzen des Unternehmers herstellen läßt; dies bringt das Gesetz durch die Verwendung des Zeitwortes "zurechnen" zum Ausdruck. Damit ist eine wirtschaftliche Zuordnung gemeint, wie sie auch bei § 15 Abs.2 UStG 1967/1973 zur Anwendung kommt (Senatsurteil in BFHE 155, 177, BStBl II 1989, 60, m.w.N.). Die beiden Aufteilungsmethoden in § 15 Abs.4 UStG 1967/1973 stimmen darin überein, daß zunächst die Vorsteuerbeträge zu ermitteln sind, die den zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug nach § 15 Abs.2 UStG 1967/1973 führenden Umsätzen oder den übrigen Umsätzen ausschließlich zuzurechnen sind. Die verbleibenden restlichen Vorsteuerbeträge sind gemäß § 15 Abs.4 Nr.1 UStG 1967/1973 nach dem Verhältnis der Umsätze aufzuteilen, gemäß § 15 Abs.4 Nr.2 UStG 1967/1973 danach, inwieweit sie den Umsatzarten wirtschaftlich zuzuordnen sind.
bb) Das System des Vorsteuerabzugs nach altem (UStG 1967/1973) und neuem (UStG 1980) Recht unterscheidet sich darin, daß eine Aufteilung der gesamten Vorsteuerbeträge nach dem Umsatzschlüssel (bisheriger § 15 Abs.3 UStG 1967/1973) entfallen ist. Vielmehr sind nach dem UStG 1980 die Vorsteuerbeträge aus den Vorbezügen, die ausschließlich zur Ausführung abzugsschädlicher oder nichtabzugsschädlicher Umsätze verwandt worden sind, nunmehr zwingend diesen Umsätzen zuzurechnen. Dies folgt aus dem Gesetzeswortlaut und der Gesetzesgeschichte.
Der Regierungsentwurf eines Umsatzsteuergesetzes 1979 (BTDrucks 8/1779 vom 5.Mai 1978; BRDrucks 145/78 vom 15.März 1978) sah folgende Fassung des § 15 Abs.4 und 5 vor:
"(4) Verwendet der Unternehmer einen für sein Unternehmen gelieferten oder eingeführten Gegenstand oder eine von ihm in Anspruch genommene sonstige Leistung nur zum Teil zur Ausführung von Umsätzen, die den Vorsteuerabzug ausschließen, so ist der Teil der jeweiligen Vorsteuerbeträge nicht abziehbar, der den zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug führenden Umsätzen wirtschaftlich zuzurechnen ist. Der Unternehmer kann die nicht abziehbaren Teilbeträge im Wege einer sachgerechten Schätzung ermitteln.
(5) Anstelle einer Aufteilung nach Absatz 4 kann der Unternehmer entweder
1. alle Vorsteuerbeträge oder
2. nur die nach Absatz 4 aufzuteilenden Vorsteuerbeträge
einheitlich nach dem Verhältnis der zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug führenden Umsätze zu den übrigen Umsätzen in einen abziehbaren und einen nichtabziehbaren Teil aufteilen. Einfuhren sind nicht Umsätze im Sinne dieser Vorschrift."
Dabei sollte die Vorschrift des § 15 Abs.4 inhaltlich dem bisherigen § 15 Abs.4 Nr.2 UStG 1973, die Vorschrift des § 15 Abs.5 Nr.1 dem bisherigen § 15 Abs.3 UStG 1973 und die Vorschrift des § 15 Abs.5 Nr.2 dem bisherigen § 15 Abs.4 Nr.1 UStG 1973 entsprechen.
§ 15 Abs.4 des Gesetzentwurfs ist unverändert Gesetz (§ 15 Abs.4 UStG 1980) geworden. Dagegen ist die in § 15 Abs.5 Nr.1 des Gesetzentwurfs vorgesehene Aufteilung der gesamten Vorsteuerbeträge nach dem Umsatzschlüssel aufgrund der ablehnenden Stellungnahme des Bundesrates und des Finanzausschusses entfallen. Der Bundesrat hat dies wie folgt begründet:
"Nach § 15 Abs.3 des geltenden UStG kann der Unternehmer seine gesamten Vorsteuern nach dem Verhältnis der zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug führenden Umsätze zu den übrigen Umsätzen in einen abziehbaren und einen nicht abziehbaren Teil aufteilen. Diese rein schematische Aufteilungsmethode hat sich wegen ihrer großen Ungenauigkeit und der erheblichen Gefahr von Steuerausfällen nicht bewährt und ist daher in den Referentenentwurf nicht übernommen worden. Nach Absatz 5 Nr.1 des vorliegenden Gesetzentwurfs der Bundesregierung soll diese Methode jedoch zulässig bleiben. Hiergegen bestehen die oben genannten Bedenken, so daß im Interesse einer sachgerechten Besteuerung die Fassung des Regierungsentwurfs durch die des Referentenentwurfs ersetzt werden sollte."
Regelmäßiger Aufteilungsmaßstab ist demnach die Aufteilung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten (§ 15 Abs.4 UStG 1980); zur Vermeidung praktischer Schwierigkeiten kann die Aufteilung auch im Wege der Schätzung vorgenommen werden (so die Gesetzesbegründung zu § 15 Abs.4 Satz 2 UStG 1980). Abweichend hiervon erlaubt § 15 Abs.5 UStG 1980 bis einschließlich 1989 noch eine partielle Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach dem Umsatzschlüssel; die Vorsteuerbeträge aus den Vorbezügen, die nicht ausschließlich zur Ausführung abzugsschädlicher oder nichtabzugsschädlicher Umsätze verwandt werden, können nach dem Umsatzschlüssel aufgeteilt werden, falls dies nicht zu ungerechtfertigten Steuervorteilen führt (§ 15 Abs.6 UStG 1980 a.F.).
2. Das Urteil des FG verletzt nicht die Vorschriften des § 15 Abs.1 bis 6 UStG 1980 a.F.
FA und FG haben zu Recht die L in Rechnung gestellten Vorsteuern den nach § 15 Abs.2 UStG 1980 vorsteuerabzugsschädlichen Umsätzen aus der steuerfreien Vermietung der Wohnungen und den nichtvorsteuerabzugsschädlichen Umsätzen aus der steuerpflichtigen Vermietung der gewerblich genutzten Räume zugerechnet.
a) Nach dem Urteil des FG waren 4 079,33 DM ausschließlich den steuerpflichtigen Umsätzen und 1 372,37 DM ausschließlich den steuerfreien Umsätzen gemäß § 15 Abs.1 und 2 UStG 1980 zuzurechnen.
b) Die restlichen Vorsteuerbeträge, die weder den vorsteuerabzugsschädlichen noch den nichtvorsteuerabzugsschädlichen Umsätzen ausschließlich zuzurechnen sind, sind zutreffend gemäß § 15 Abs.4 UStG 1980 nach dem Verhältnis der umsatzsteuerfrei und umsatzsteuerpflichtig verwendeten Nutzflächen aufgeteilt worden.
Die Aufteilung nach der Marktwertrechnung und der Restwertrechnung entspricht nicht der von § 15 Abs.4 UStG 1980 geforderten wirtschaftlichen Zurechnung und ist auch keine sachgerechte Schätzung i.S. des § 15 Abs.4 Satz 2 UStG 1980. Die Anwendung des Umsatzschlüssels nach § 15 Abs.5 UStG 1980 a.F. würde zu ungerechtfertigten Steuervorteilen i.S. des § 15 Abs.6 UStG 1980 a.F. führen und ist daher nicht zulässig.
aa) Maßstab für die Aufteilung der Vorsteuerbeträge in abziehbare und nichtabziehbare ist bei Gebäuden in der Regel das Verhältnis der den verschiedenen Zwecken dienenden Grundflächen; denn in der unterschiedlichen Nutzung der Flächen drückt sich die Zuordnung des Gebäudes bzw. der Gebäudeteile zu den mit ihnen ausgeführten Umsätzen aus. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob alle Gebäudeteile körperlich einem bestimmten Nutzungszweck zugeordnet werden können; maßgebend ist, daß die Nutzung der Grundflächen in der Regel einen sachgerechten Maßstab für die schätzungsweise Aufteilung der anteiligen Herstellungskosten des Gebäudes und damit der auf diese Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge darstellt. Die Anwendung dieses Schätzungsmaßstabes muß allerdings Einschränkungen unterworfen werden, wenn die Ausstattung der den unterschiedlichen Zwecken dienenden Räume (z.B. Höhe der Räume, Dicke der Wände und Decken, Innenausstattung) erhebliche Unterschiede aufweist, so wenn etwa eine besonders aufwendige Ausstattung der Wohnräume bei gleichzeitig einfacher Ausstattung der zur Ausführung steuerpflichtiger Umsätze genutzten Räume bei der Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach dem Flächenverhältnis zur Annahme eines unverhältnismäßig hohen Anteils des steuerpflichtig verwendeten Leistungsbezugs und damit zu einem zu hohen Vorsteuerabzug führen würde (vgl. Senatsbeschluß vom 21.Mai 1987 V S 11/85, BFH/NV 1987, 536).
bb) L hat nach der vom FG und in der Revisionsbegründungsschrift in Bezug genommenen Tz.4 des Berichts vom 6.September 1984 über die Umsatzsteuersonderprüfung ausdrücklich bestätigt, daß der Herstellungsaufwand im Verhältnis von Gewerbeteil und Wohnteil nach gesonderter Berücksichtigung der ausschließlich den unterschiedlichen Umsatzarten zurechenbaren Vorbezüge ausgewogen war. Die Aufteilung der nicht ausschließlich zuzurechnenden Vorsteuerbeträge nach Nutzflächen entspricht daher den Anforderungen des § 15 Abs.4 UStG 1980.
cc) Die von der Revisionsklägerin bezeichneten Rechnungsmethoden genügen dieser Vorschrift nicht.
Bei der Marktwertrechnung soll von den jeweils erzielbaren Erlösen ausgegangen werden. Hierbei handelt es sich --mit anderen Worten ausgedrückt-- um die Anwendung des in § 15 Abs.5 UStG 1980 a.F. geregelten Umsatzschlüssels. Dieser Schlüssel entspricht indes systematisch nicht einer Aufteilung nach der wirtschaftlichen Zuordnung der Vorsteuerbeträge zu den ausgeführten Umsätzen (vgl. Senatsurteil vom 14.Februar 1980 V R 49/74, BFHE 130, 107, BStBl II 1980, 533 zu § 15 UStG 1967 und oben unter II. 1. b, bb). Ob eine Aufteilung nach dem Umsatzschlüssel zulässig ist, richtet sich danach, ob hierdurch ungerechtfertigte Steuervorteile erzielt werden (§ 15 Abs.6 UStG a.F.; dazu unten dd).
Nach der Restwertrechnung sollen die Herstellungskosten der Mietwohnungen dadurch ermittelt werden, daß von den Gesamtherstellungskosten des Gebäudes dessen Herstellungskosten ohne Mietwohnungen, aber mit Unterkellerung, Versorgungssystemen und Dach abgezogen werden. Diese Methode setzt voraus, daß die ursprüngliche Absicht des L, ein Gebäude ohne Wohnungen zu errichten, berücksichtigt wird. Das ist jedoch mit § 15 UStG 1980 nicht vereinbar. Für die Beurteilung, ob und inwieweit nach der wirtschaftlichen Zuordnung von Vorbezügen zu den Umsätzen des Unternehmers eine abzugsschädliche Verwendung i.S. von § 15 Abs.2 UStG 1980 vorliegt, kommt es nach dieser Vorschrift ebenso wie nach § 15 UStG 1967/1973 auf die tatsächliche erstmalige Verwendung an (Senatsurteil vom 30.November 1989 V R 85/84, BFHE 159, 272, BStBl II 1990, 345). Ohne Bedeutung ist dagegen der Anlaß, aus dem der Unternehmer die Leistung bezogen hat. So hat der Senat in dem zu § 15 UStG 1967 ergangenen Urteil vom 18.Dezember 1986 V R 18/80 (BFHE 148, 557, BStBl II 1987, 280) dem Umstand, daß die damalige Klägerin aufgrund einer Auflage der Gemeinde anstelle des zunächst geplanten eingeschossigen Betriebsgebäudes ein zweigeschossiges Gebäude mit vier Wohnungen im Obergeschoß errichtet hatte, für die Verteilung der Vorsteuerbeträge keine Bedeutung zugemessen, sondern auf die tatsächliche Verwendung der verschiedenen Räume abgestellt. Dadurch wird vermieden, daß bei gleicher tatsächlicher Gebäudenutzung die Besteuerung von ursprünglichen, nicht verwirklichten Absichten und Zielen des Steuerpflichtigen abhängt. Eine Gewichtung von Motiven ist in tatsächlicher Hinsicht sowie mangels rechtlicher Kriterien nicht möglich (Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 27.Juli 1988 X R 52/81, BFHE 155, 187, BStBl II 1989, 65 zu 2.).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der dem Unternehmer durch § 15 Abs.4 Satz 2 UStG 1980 eingeräumten Schätzungsbefugnis. Diese Schätzungsbefugnis dient, wie dargelegt (oben II. 1. b, bb), der Vermeidung praktischer Schwierigkeiten bei der Vorsteueraufteilung. Es ist in vielen Fällen nicht oder nur mit unangemessenem Aufwand möglich, genau zu ermitteln, in welcher Höhe die Aufteilung der Vorsteuerbeträge auf Leistungsbezüge, die zur Ausführung von unterschiedlichen Umsätzen verwendet werden, erfolgen soll. Einen weitergehenden Inhalt hat die dem Unternehmer eingeräumte Schätzungsmöglichkeit nicht. Sie betrifft nur die Höhe der Aufteilungsbeträge, berechtigt aber nicht zu einer Abweichung vom Prinzip der wirtschaftlichen Zurechnung nach § 15 Abs.4 Satz 1 UStG 1980. § 15 Abs.4 Satz 2 UStG 1980 knüpft systematisch an diese Vorschrift an. Nimmt der Unternehmer keine Schätzung vor oder ist diese nicht sachgerecht, hat ggf. das FA (§ 162 der Abgabenordnung --AO 1977--) bzw. das FG (§ 96 Abs.1 Satz 1 Halbsatz 2 FGO i.V.m. § 162 AO 1977) zu schätzen.
dd) Die Anwendung des Umsatzschlüssels nach § 15 Abs.5 UStG 1980 a.F. würde zu einem ungerechtfertigten Steuervorteil i.S. des § 15 Abs.6 UStG 1980 a.F. führen. Der Senat braucht nicht zu entscheiden, von welcher Grenze an ein ungerechtfertigter Steuervorteil in diesem Sinne vorliegt. Jedenfalls ist im Streitfall unter Berücksichtigung der absoluten Höhe des Steuervorteils von 11 678 DM und von dessen Verhältnis zu den insgesamt zu verteilenden Vorsteuerbeträgen von 50 686,16 DM die Grenze überschritten. Ein solcher Vorteil kann durch den Zweck des § 15 Abs.5 UStG 1980 a.F., den Vorsteuerabzug technisch zu erleichtern, nicht gerechtfertigt werden.
Fundstellen
Haufe-Index 64274 |
BFH/NV 1992, 63 |
BStBl II 1992, 755 |
BFHE 168, 447 |
BFHE 1993, 447 |
BB 1992, 1482 (L) |
DB 1992, 1711-1713 (LT) |
DStR 1992, 1167 (KT) |
HFR 1992, 491 (LT) |
StE 1992, 426 (K) |