Leitsatz (amtlich)
Aus dem üblichen Rahmen fallende Spenden eines städtischen Versorgungsbetriebs an die Stadtgemeinde zum Bau oder zur Unterhaltung eines städtischen Hallenbades können auch dann verdeckte Gewinnausschüttungen sein, wenn die örtliche gewerbliche Wirtschaft aufgrund eines Spendenaufrufs größere Beträge der Stadt zuwendet.
Normenkette
KStG § 6 Abs. 1, § 8b Abs. 7 S. 1, § 11 Nr. 5a
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) - eine Stadtgemeinde - hatte von ihren Stadtwerken (Strom- und Wasserversorgungsbetrieb) im Streitjahr 1969 5 000 DM und in den Jahren 1970 und 1971 jeweils weitere 10 000 DM für den Bau eines Hallenbades erhalten Bei der Veranlagung mit dem Einkommen ihrer Stadtwerke zur Körperschaftsteuer 1969 beantragte die Klägerin für die Zuwendung von 5 000 DM den Spendenabzug nach § 11 Nr. 5 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) erkannte hiervon lediglich 250 DM als abzugsfähig an. Es rechnete 4 750 DM als verdeckte Gewinnausschüttung dem steuerpflichtigen Einkommen der Klägerin (Stadtwerke) hinzu. Der Einspruch hatte keinen Erfolg Das Finanzgericht (FG) gab der Klage, mit der insbesondere geltend gemacht wurde, zur Finanzierung des Hallenbadbaues hätten nicht nur die Stadtwerke, sondern fremde Steuerpflichtige mit Spenden beigetragen, statt Das Urteil ist unmittelbar gegen die Stadtwerke gerichtet.
Gegen dieses Urteil wendet sich das FA mit der Revision, mit der Verletzung materiellen Rechts gerügt wird Zur Begründung führt das FA aus, das Spendenverhalten der örtlichen gewerblichen Wirtschaft könne nicht maß gebend dafür sein, welche Beweggründe für die Spende der eigenen Stadtwerke tragend gewesen seien. Die Stadtwerke hätten über einen längeren Zeitraum nur geringfügige Spenden an fremde gemeinnützige Einrichtungen gegeben. Für die Hingabe verhältnismäßig hoher Spenden an die Stadt sei der Gedanke bestimmend gewesen, daß die Spendenbeträge im Vermögen der Stad verblieben. Kein fremder Betrieb würde innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren insgesamt 25 000 DM für ein öffentliches Unternehmen spenden, wenn seine Umsätze mit diesem Unternehmen - hier die Lieferung von Strom und Wasser für das Hallenbad - jährlich nur 30 000 bis 40 000 DM ausmachten.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
Das FG hat zu Unrecht eine verdeckte Gewinnausschüttung der Stadtwerke an die sie tragende Gemeinde verneint.
1. Die Stadtwerke sind ein Betrieb gewerblicher Art einer Körperschaft des öffentlichen Rechts und mit ihrem Einkommen steuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG). Subjekt der Körperschaftsteuer dieses Betriebs ist die Körperschaft des öffentlichen Rechts, hier die Stadtgemeinde, gegen die die Körperschaftsteuer für diesen Betrieb festzusetzen ist und gegen die sich Rechtsmittelentscheidungen wegen dieser Steuerfestsetzung richten müssen (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 13. März 1974 I R 7/71, BFHE 112, 61, BStBl II 1974, 391). Die Revisionsentscheidung muß demnach gegen die Stadtgemeinde als die Klägerin mit dem entsprechenden Hinweis auf ihre Stadtwerke ergehen.
2. Für die Zwecke der Ermittlung des körperschaftsteuerpflichtigen Einkommens wird der Betrieb gewerblicher Art der öffentlich-rechtlichen Körperschaft gewissermaßen verselbständigt. Das schließt grundsätzlich die steuerrechtliche Anerkennung von Vereinbarungen und sonstigen Geschäftsvorfällen zwischen Eigenbetrieb und Trägerkörperschaft ein. Abzugsfähige Spenden i. S. des § 11 Nr. 5 KStG an die Trägerkörperschaft - hier die Stadtgemeinde - sind daher möglich (BFH-Urteil vom 5. Juni 1962 I 31/61 S, BFHE 75, 241, BStBl III 1962, 355).
Wegen der Zuordnung des Eigenbetriebs an die ihn tragende Gemeinde ist aber § 7 Satz 1 KStG zu beachten; danach ist es für die Ermittlung des Einkommens ohne Bedeutung, ob das Einkommen verteilt wird oder nicht. Die Vorschriften über die Gewinnermittlung (§ 6 Abs. 1 Satz 1, § 7 KStG) werden durch § 6 Abs. 1 Satz 2 KStG dahin ergänzt, daß auch verdeckte Gewinnausschüttungen bei der Einkommensermittlung zu berücksichtigen sind.
Spenden, die ein Eigenbetrieb seiner Trägergemeinde gibt, mindern bei Vorliegen der im Gesetz näher angeführten Voraussetzungen das Einkommen des laufenden Geschäftsjahres. Sie können aber wegen der engen Bindung des Eigenbetriebs an die Trägergemeinde eine verdeckte Gewinnausschüttung sein. Die Abzugsmöglichkeit nach § 11 Nr. 5 KStG hat dann hinter der Anwendung des § 6 Abs. 1 Satz 2 KStG (Hinzurechnung von verdeckten Gewinnausschüttungen) zurückzutreten (BFH-Urteil vom 19. Juni 1974 I R 94/71, BFHE 112, 494, BStBl II 1974, 586).
Ob eine als Spende bezeichnete Zuwendung eines Betriebs gewerblicher Art i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 6 KStG an die ihn tragende öffentlich-rechtliche Körperschaft sachlich eine verdeckte Gewinnausschüttung ist, ist danach zu beurteilen, ob der Betrieb bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters die Spende einer Körperschaft, die nicht ihr Träger ist oder ihr nahesteht, nicht gegeben hätte. Das ist jeweils unter Würdigung aller Umstände zu entscheiden.
Lassen die Umstände des betreffenden Streitjahres keine eindeutige Aussage zu, ob eine Spende an die tragende Gemeinde abzugsfähig ist oder ob der abgezogene Spendenbetrag als verdeckte Gewinnausschüttung dem Einkommen wieder hinzugesetzt werden muß, ist das Spendenverhalten während eines längeren Zeitraums zu würdigen. Im Vordergrund steht hierbei, in welchem Verhältnis die der Trägergemeinde gewährten Spenden zu Spenden an fremde gemeinnützige Körperschaften oder Einrichtungen stehen (vgl. die schon genannten BFH-Urteile I 31/61 S und I R 94/71).
Nach den Feststellungen des FG haben die Stadtwerke in den Jahren 1967 bis 1971 Spenden an fremde Dritte im Gesamtbetrag von jährlich nur 135 DM bis 415 DM gegeben. Dem stehen in den Jahren 1969 bis 1971 Spenden im Gesamtbetrag von 25 000 DM an die Klägerin (Stadtgemeinde) als den Träger der Stadtwerke gegenüber, wovon 5 000 DM auf das Streitjahr 1969 entfallen. Dem ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiter, dessen Verhalten der Beurteilung zugrunde zu legen ist, steht zwar ein gewisser Spielraum zu, nach welchen Grundsätzen er die Spendenverteilung in den einzelnen Jahren einrichtet. Im vorliegenden Streitfall steht aber das Spendenverhalten gegenüber der Trägergemeinde sowohl im Streitjahr 1969 als auch bei der Gesamtbetrachtung eines längeren Zeitraums in krassem Mißverhältnis zu dem Verhalten gegenüber fremden Spendenempfängern. Dies läßt sich letztlich nur damit erklären, daß der Eigenbetrieb mit herangezogen worden ist, um den Bau oder den Betrieb des städtischen Hallenbades mitzufinanzieren.
Besondere Umstände, die es erlauben, die Hingabe einer größeren Spende an die Trägergemeinde unabhängig von dem üblichen Spendenverhalten der Stadtwerke zu würdigen, können entgegen der Auffassung des FG im Streitfall nicht darin gesehen werden, daß infolge eines allgemeinen Spendenaufrufs, insbesondere von der örtlichen gewerblichen Wirtschaft, erhebliche Spendenbeträge eingegangen sind. Die Stadtwerke sind mit ihrer Stadtgemeinde eng verbunden und gewissermaßen mit ihr identisch. Als reiner Versorgungsbetrieb stehen sie außerhalb jeden Wettbewerbs und können sich daher nicht, wie etwa die privaten Gewerbebetriebe, aus geschäftlichen Rücksichten zur Zahlung einer namhaften Spende für verpflichtet halten.
Das FA hat nach alledem zu Recht die Spende der Stadtwerke nur in Höhe der Beträge, wie sie üblicherweise an fremde Dritte gegeben worden sind, zum Abzug zugelassen und den überschießenden Betrag als verdeckte Gewinnausschüttung dem steuerpflichtigen Einkommen wieder hinzugerechnet. Die Revision des FA erweist sich daher schon aus diesem Grunde als begründet, ohne daß darauf einzugehen ist, ob mit dem Betrieb eines städtischen Hallenbades, für das die Spenden der Stadtwerke verwendet worden sind, überhaupt gemeinnützige Zwecke verfolgt werden (vgl. BFH-Urteil I 31/61 S).
Die Vorentscheidung ist daher aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 73022 |
BStBl II 1979, 192 |
BFHE 1979, 396 |