Entscheidungsstichwort (Thema)
(Ferienwohnung: Liebhaberei)
Leitsatz (amtlich)
Erzielt der Eigentümer einer Ferienwohnung durch deren Vermietung ständig Werbungskostenüberschüsse, ist zu prüfen, ob die Grundsätze der sog. "Liebhaberei" anzuwenden sind (Anschluß an BFH-Urteil vom 25. Juni 1991 IX R 163/84, BFHE 165, 63, BStBl II 1992, 23).
Normenkette
EStG § 2 Abs. 1 Nr. 6, § 21
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist Eigentümerin eines Ferienhauses im Feriendorf X. Nachdem sie zunächst nur einen Hausverwaltungsvertrag abgeschlossen hatte, schloß sie mit dem Verwalter des Feriendorfes 1984 einen Vermietungsvertrag. Darin heißt es u.a.: "Die Verwaltung übernimmt für die Zeit der Nichtbenutzung durch den Eigentümer die Vermietung des o.a. Objekts. Um eine reibungslose Vermietung zu gewährleisten, soll der Eigentümer womöglich die Eigenbenutzung seines/r Hauses/Wohnung/en der Verwaltung Anfang jedes Jahres mitteilen. Die Werbung für die Vermietung des/der Hauses/ Wohnung/en übernimmt die Verwaltung." Im Juni 1985 wurde dieser Vertrag (nur) wegen der Miethöhe abgeändert. Die Klägerin und der Verwalter waren sich einig, daß sich dessen Vermietungsrecht nicht auf die Berliner Oster-, Pfingst- und Herbstferienzeit erstreckte und daß eine Selbstnutzung während der Sommerferien ausgeschlossen war. Im Streitjahr vermietete der Verwalter das Ferienhaus an 108 Tagen für 4 299 DM. Die Klägerin und ihre Familie nutzten das Ferienhaus in den Oster-, Pfingst- und Herbstferien 1985 an insgesamt 28 Tagen, nachdem sie ihre Eigennutzungsabsicht Anfang 1985 dem Verwalter mitgeteilt hatten.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr berechneten die Kläger die Einkünfte für das Ferienhaus wie folgt: Einnahmen 4 299 DM zuzüglich Mietwert für Selbstnutzung 1 300 DM, Werbungskosten 10 612 DM, Einkünfte ./. 5 014 DM. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) beurteilte die Vermietung des Ferienhauses zunächst als Liebhaberei. In der Einspruchsentscheidung ermittelte das FA die Einkünfte für die Zeit der Vermietung und für die Sommerferien durch Gegenüberstellung der Einnahmen und der Werbungskosten und für die übrige Zeit nach § 21a des Einkommensteuergesetzes (EStG) durch Pauschalierung. Das führte zu einem Werbungskostenüberschuß von 1 182 DM.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt, mit der die Kläger weiterhin begehrten, die Einkünfte aus der Vermietung des Ferienhauses für das ganze Streitjahr durch Überschußrechnung zu ermitteln. Das FG ging davon aus, daß die Klägerin es während der Leerzeiten nicht selbst entscheiden könne, ob sie das Haus vermieten oder selbst nutzen wolle. Für die Frage, ob und wieweit das Haus der Klägerin zur Verfügung stand, komme es nicht auf die Verhältnisse am Jahresanfang an. Am Jahresanfang habe es der Klägerin zwar noch freigestanden, Selbstnutzung bzw. Nutzung durch Freunde oder Bekannte auch außerhalb der Oster-, Pfingst- und Herbstferien mit Ausnahme der Sommerferien anzumelden. Entscheidend sei jedoch, daß die Klägerin für eine Selbstnutzung im Laufe des Jahres der Einwilligung der Verwaltung des Feriendorfes X bedurft habe. Das ergebe sich aus einer 1980 mündlich getroffenen Absprache und der schriftlichen Äußerung der Feriendorf-Verwaltung vom 1. Dezember 1993.
Dagegen richtet sich die Revision des FA, mit der es den Verfahrensmangel der Verletzung der Sachaufklärungspflicht und die Verletzung materiellen Rechts rügt. Das FG habe außer acht gelassen, daß die schriftliche Äußerung der Feriendorf-Verwaltung vom 1. Dezember 1993 im Widerspruch zu dem Vermietungsvertrag vom 12. Juni 1985 stehe. Das FG habe ferner den Begriff der Selbstnutzung verkannt. Aufgrund des Vermietungsvertrages habe die Klägerin bestimmen können, wann sie das Ferienhaus selbst nutzen wollte bzw. selbst vermieten wollte.
Das FA beantragt, die Klage unter Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils abzuweisen.
Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs.3 Nr.2 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Das FG hat es rechtsfehlerhaft unterlassen zu prüfen, ob die Klägerin die Absicht hatte, mit der Vermietung des Ferienhauses einen Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen (Liebhaberei).
1. Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, daß der Nutzungswert von Ferienhäusern und Ferieneigentumswohnungen, die der Steuerpflichtige zeitweise an Feriengäste vermietet und zeitweise selbst nutzt, für die Zeit der Selbstnutzung nach § 21a EStG zu ermitteln ist. Zur Selbstnutzung gehört auch der Zeitraum, in dem die Ferienwohnung weder vermietet noch selbst bewohnt wird, sie dem Steuerpflichtigen aber zur jederzeitigen Nutzung zur Verfügung steht. Das ist jedenfalls dann der Fall, wenn er sie selbst vermietet oder sich bei Vermietung über eine Ferien-Dienstorganisation die Entscheidung, die Wohnung selbst zu nutzen, vorbehält. Ob und für welchen Zeitraum die Ferienwohnung dem Steuerpflichtigen zur Selbstnutzung zur Verfügung steht, ist weitgehend eine Frage der tatsächlichen Würdigung des Sachverhalts, die dem FG vorbehalten ist. Der Bundesfinanzhof (BFH) als Revisionsinstanz kann die Tatsachenwürdigung des FG nur daraufhin überprüfen, ob sie gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstößt. Im übrigen hat er sie seiner Entscheidung zugrunde zu legen, auch wenn er sie nicht für zwingend, sondern nur für möglich hält (zuletzt Senatsurteil vom 12. September 1995 IX R 117/92, BFHE 180, 18, BStBl II 1996, 355). Im Streitfall konnte das FG im Rahmen der ihm obliegenden Tatsachenwürdigung zu dem Ergebnis kommen, das Ferienhaus habe den Klägern außerhalb der Oster-, Pfingst- und Herbstferien nicht frei zur Selbstnutzung zur Verfügung gestanden. Das FA weist zwar zutreffend darauf hin, daß die Klägerin nach dem Vermietungsvertrag freie Hand hatte, wann sie das Haus selbst nutzten wollte. Das FG konnte aber aufgrund der schriftlichen Äußerung der Feriendorf-Verwaltung in Verbindung mit der von dem FG als Tatsacheninstanz festgestellten mündlichen Abrede aus dem Jahr 1980 zu dem Ergebnis kommen, die Selbstnutzung des Ferienhauses durch die Kläger sei von einer Einwilligung des Verwalters abhängig gewesen. Die tatsächliche Würdigung durch das FG ist möglich und deshalb für den BFH als Revisionsgericht bindend. Die insoweit erhobenen Verfahrensrügen des FA sind unbegründet; der Senat sieht gemäß Art.1 Nr.8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs von einer Begründung ab.
2. Das FG hätte jedoch darüber hinaus prüfen müssen, ob die Klägerin Einkünfteerzielungsabsicht hatte. Der Senat hat wiederholt darauf hingewiesen, daß sich gerade bei der Vermietung von Ferienhäusern und Ferienwohnungen die Frage der Liebhaberei stellt, wenn die Eigentümer der Ferienwohnung ständig Werbungskostenüberschüsse erzielen (vgl. zuletzt Senatsurteil vom 7. Juni 1994 IX R 125/92, BFH/NV 1994, 858, m.w.N.). Werden ständig Werbungskostenüberschüsse erwirtschaftet, ist auch zu prüfen, aus welchen Gründen die Kläger das Ferienhaus trotz der erkennbaren Unwirtschaftlichkeit weiter behalten haben (Senatsurteil vom 25. Februar 1992 IX R 171/87, BFH/NV 1993, 603). Die Prüfung, ob die Klägerin die Absicht hatte, mit der Vermietung des Ferienhauses einen Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten zu erzielen, durfte nicht deshalb unterbleiben, weil das FA in der Einspruchsentscheidung auf diese Frage nicht mehr eingegangen ist, sondern den Werbungskostenüberschuß durch Anwendung des § 21a EStG begrenzt hat.
3. Die nicht spruchreife Sache ist an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen. Das FG wird im zweiten Rechtsgang zu prüfen haben, ob die Klägerin in einem überschaubaren Zeitraum aus der Vermietung des Ferienhauses einen Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten erzielen konnte.
Fundstellen
Haufe-Index 66124 |
BFH/NV 1997, 22 |
BStBl II 1997, 42 |
BFHE 181, 83 |
BFHE 1997, 83 |
BB 1996, 2290 (Leitsatz) |
BB 1996, 2663 |
DB 1996, 2209 (Leitsatz und Gründe) |
DStR 1996, 1804-1805 (Kurzwiedergabe) |
HFR 1997, 74 (Leitsatz) |
StE 1996, 698 (Kurzwiedergabe) |