Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
Die Vorläufigkeit einer Steuerfestsetzung nach § 100 Abs. 1 AO kann sich auf einzelne Punkte beschränken oder die ganze Steuerfestsetzung betreffen.
Ein vorläufiger Bescheid ist nur hinsichtlich einzelner Punkte beschränkt vorläufig, wenn dies in dem Vorläufigkeitsvermerk selbst eindeutig zum Ausdruck gebracht ist.
Die Vorläufigkeit ist nicht schon deswegen beschränkt, weil das Finanzamt die Vorläufigkeit mit bestimmten Punkten begründet hat.
Normenkette
AO § 100 Abs. 1-2
Tatbestand
Der Bg. war bis zum Jahre 1960 Geschäftsführer einer GmbH. Zur Sicherung seiner Altersversorgung waren ihm bestimmte Zusagen gegeben. Zur Ablösung eines Teiles dieser Zusagen erhielt er im Jahre 1956 84.665 DM. Bei der Einkommensteuerveranlagung 1956 versteuerte das Finanzamt den Ablösungsbetrag dem Antrag des Bg. entsprechend mit einem ermäßigten Steuersatz. Der Bescheid vom 25. März 1957 war vorläufig ergangen, weil, wie das Finanzamt in der Erläuterung mitteilte, über die steuerliche Behandlung der brasilianischen Einkünfte noch nicht entschieden sei. Nachdem das Finanzministerium über diese Einkünfte entschieden hatte, erließ das Finanzamt einen zweiten vorläufigen Steuerbescheid, dessen Vorläufigkeit es damit begründete, daß es weisungsgemäß noch nachzuprüfen habe, ob der Ablösungsbetrag richtig berechnet worden sei. Dieser zweite Bescheid, der als Berichtigungsbescheid nach § 222 Abs. 1 Ziff. 1 AO bezeichnet wurde, erfaßte den Ablösungsbetrag zum normalen Steuersatz. In der Erläuterung war ausgeführt: "Die Berichtigung war notwendig, weil im vorangegangenen Bescheid die Einkünfte aus Brasilien nicht enthalten waren. Diese wurden am 29. Mai 1958 nachträglich erklärt. Die tarifliche Vergünstigung auf die Einkünfte aus der Ablösung der Pensionsverpflichtungen in Höhe von 84.665 DM gemäß § 34 Abs. 2 Ziff. 2 EStG konnte nicht gewährt werden, weil die Ablösung kein zwingender Anlaß zugrunde liegt. Auch stellen diese Einkünfte keine Entschädigung im Sinne des § 24 Ziff. 1 Buchst. a EStG dar. - Die Veranlagung ist in vollem Umfange vorläufig (ß 100 AO)."
Die Berufung hatte Erfolg. Das Finanzgericht, dessen Urteil in den "Entscheidungen der Finanzgerichte" (EFG) 1963 S. 480 veröffentlicht ist, wandte auf den Ablösungsbetrag den ermäßigten Steuersatz an. Es führte aus, für eine Berichtigung nach § 222 Abs. 1 Ziff. 1 AO habe kein Grund bestanden, weil das Finanzamt vor Erlaß des späteren Bescheides keine neuen Tatsachen erfahren habe. Der erste Steuerbescheid sei zwar vorläufig gewesen, aber nur in dem Punkt "brasilianische Einkünfte". Wenn das Finanzamt den Bescheid in vollem Umfange habe vorläufig machen wollen, dann hätte es dies sagen müssen. Der Bundesfinanzhof habe zwar in dem Urteil IV 10/57 U vom 12. Dezember 1957 (BStBl 1958 III S. 154, Slg. Bd. 66 S. 401) entschieden, daß eine für vorläufig erklärte Steuerfestsetzung regelmäßig in vollem Umfang vorläufig sei. Dieser Entscheidung sei indessen nicht für solche Fälle zu folgen, in denen sich das Ergebnis zuungunsten des Steuerpflichtigen auswirke. Selbst wenn man aber eine unbeschränkte Vorläufigkeit annehmen wollte, so müsse hier der ermäßigte Steuersatz doch deshalb angewandt werden, weil der Bg. auf die weitere Gewährung der Steuerermäßigung habe vertrauen können.
Mit der Rb. rügt der Vorsteher des Finanzamt Verletzung des bestehenden Rechts. Nach seiner Ansicht war der erste Bescheid mangels eines einschränkenden Zusatzes in vollem Umfange vorläufig. Ein Verstoß gegen Treu und Glauben liege nicht vor. Wollte man der Begründung des Finanzgerichts folgen, so hätte die Vorläufigkeit eines Bescheides überhaupt keine Bedeutung.
Der Bundesminister der Finanzen, der wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Streitfrage auf Ersuchen des Senats dem Verfahren gemäß 287 Ziff. 2 AO beigetreten war, meint, der Umfang einer für vorläufig erklärten Steuerfestsetzung könne nicht danach beurteilt werden, ob sich das Ergebnis zugunsten oder zuungunsten des Steuerpflichtigen auswirke. Im übrigen hält der Bundesminister der Finanzen die Entscheidung des Finanzgerichts im Ergebnis für zutreffend. Er will zwischen § 100 Abs. 1 AO und § 100 Abs. 2 AO unterscheiden. § 100 Abs. 1 AO ermächtige die Finanzverwaltung nur dazu, die Steuerfestsetzung hinsichtlich der zur Zeit der Veranlagung noch unklaren Umstände für vorläufig zu erklären; weiter könne der Ermessensspielraum dieser Vorschrift nicht gezogen werden. § 100 Abs. 1 AO könne nicht dazu dienen, die Entscheidung des ganzen Steuerfalls in der Schwebe zu halten. Soweit der Steuerfall entscheidungsreif sei, müsse die Steuerfestsetzung endgültig ergehen. Eine andere Auslegung würde dem berechtigten Interesse der Steuerpflichtigen an alsbaldiger Gewißheit über die endgültige Höhe der Steuerschuld zuwiderlaufen. § 100 Abs. 2 AO spreche dagegen von der Vorläufigkeit in vollem Umfange. Das Finanzamt könne nach dieser Vorschrift bei Steuerpflichtigen, die der Betriebsprüfung unterlägen, einen Steuerfall zunächst vorläufig veranlagen, um ihn dann nach der Betriebsprüfung endgültig abzuschließen. Ferner könne das Finanzamt nach Ermessen eine vorläufige Steuerfestsetzung auf der Grundlage der Steuererklärung des Steuerpflichtigen durchführen, um den Fall vor der endgültigen Veranlagung dann noch eingehend zu prüfen. In den Fällen des § 100 Abs. 2 AO sei eine Beschränkung der Vorläufigkeit fehl am Platze. Während das Finanzamt die Vorläufigkeit nach § 100 Abs. 2 AO nur mit dem Hinweis auf diese Vorschrift zu begründen brauche, müßte es im Falle des § 100 Abs. 1 AO die Punkte angeben, hinsichtlich deren die Steuerfestsetzung nur vorläufig sei. Der Begründungszwang sei hier ein notwendiges Gegenstück zur beschränkten Vorläufigkeit, weil die Grenzen einer späteren Berichtigung gemäß § 225 AO festgelegt werden müßten. Geschehe das nicht, so müsse der Steuerpflichtige gegen die Vorläufigkeitserklärung ein Rechtsmittel einlegen können, weil die Begründung für die Vorläufigkeit fehle. Es müsse Klarheit über den Umfang der Vorläufigkeit geschaffen werden. Im übrigen könne ein vorläufiger Steuerbescheid nach § 225 AO bei der endgültigen Steuerfestsetzung nur berichtigt werden, soweit die Vorläufigkeit reiche. Dabei könnten jedoch im Rahmen des § 234 AO auch solche Fehler berücksichtigt werden, die in dem endgültigen Teil des Steuerbescheids unterlaufen seien.
Entscheidungsgründe
Die Rb. des Vorstehers des Finanzamts ist begründet.
Das Finanzgericht stellt zutreffend darauf ab, ob der Steuerbescheid vom 25. März 1957 in vollem Umfange oder nur teilweise vorläufig ergangen war. Dem Finanzgericht ist aber nicht darin beizutreten, daß der streitige Bescheid nur teilweise vorläufig gewesen sei und daß die Versagung des ermäßigten Steuersatzes auf jeden Fall gegen Treu und Glauben verstoßen würde.
Der Steuerbescheid vom 25. März 1957 läßt nicht eindeutig erkennen, ob er sich auf § 100 Abs. 1 oder auf § 100 Abs. 2 stützt. Wenn es auch genügt, daß die Vorläufigkeit eines Bescheides deutlich zum Ausdruck gebraucht ist, so dient es doch der Rechtsklarheit, den Grund und den Umfang der Vorläufigkeit genau anzugeben.
Auf jeden Fall ist dem Bundesminister der Finanzen darin zuzustimmen, daß ein Steuerpflichtiger einen vorläufigen Steuerbescheid im Rechtsmittelweg angreifen kann, um die Benennung der offenen Punkte zu erreichen oder um geltend zu machen, daß ein Grund für eine nur vorläufige Veranlagung nicht bestehe. Wenn auch § 232 AO eine Anfechtung nur wegen der Höhe der festgesetzten Steuer oder wegen der Bejahung der Steuerpflicht zuläßt, so ist hierunter doch auch der Fall zu rechnen, daß der Steuerbescheid nicht endgültig, sondern lediglich vorläufig ergangen ist. Wie der Bundesfinanzhof in dem Urteil II 53/61 U vom 3. Mai 1963 (BStBl 1963 III S. 389, Slg. Bd. 77 S. 196) ausgesprochen hat, kann, wenn ein vorläufiger Steuerbescheid rechtskräftig geworden ist, später nicht mehr geltend gemacht werden, daß der Bescheid nicht als vorläufiger hätte ergehen dürfen. Der Steuerpflichtige hatte hier den Bescheid vom 25. März 1957 aber nicht angegriffen. Gegen die Vorläufigkeit dieses Bescheides bestehen also insoweit keine Bedenken.
Weil der streitige Bescheid zur Erläuterung der Vorläufigkeit auf die Zweifel wegen der Behandlung der brasilianischen Einkünfte hinwies, liegt die Auffassung nahe, daß das Finanzamt sich auf § 100 Abs. 1 AO, nicht aber auf § 100 Abs. 2 AO stützen wollte. Doch kann diese Frage dahingestellt bleiben. Denn auch, wenn das Finanzamt sich auf § 100 Abs. 1 AO stützten wollte, ist die Vorläufigkeit nicht auf den Punkt der brasilianischen Einkünfte beschränkt, wie das Finanzgericht angenommen hat.
Mit dem Bundesminister der Finanzen ist davon auszugehen, daß die Vorläufigkeit im Falle des § 100 Abs. 2 AO normalerweise den ganzen Steuerbescheid betrifft; denn hier ergibt sich schon aus der Art der Begründung (bevorstehende Betriebsprüfung oder Zugrundelegung der Angaben aus der Steuererklärung), daß nicht nur an einzelne Punkte gedacht ist.
Im Gegensatz zum Bundesminister der Finanzen nimmt der Senat aber an, daß auch im Falle des § 100 Abs. 1 AO die Vorläufigkeit die ganze Steuerfestsetzung betreffen kann.
Bei der Auslegung des § 100 Abs. 2 AO - und insofern stimmt der Senat dem Bundesminister der Finanzen bei - kann man nicht etwa, wie das Finanzgericht anscheinend will, darauf abstellen, ob sich die Auslegung zugunsten oder zuungunsten des Steuerpflichtigen auswirkt. Für diese Unterscheidung bietet das Gesetz keinen Anhalt. Sie ist auch innerlich nicht gerechtfertigt. Die Auslegung muß für alle Fälle sowie für die Finanzverwaltungsbehörden und die Steuerpflichtigen gleichmäßig sein, gleichviel, ob sie einem Beteiligten günstig oder ungünstig ist.
Der Wortlaut des § 100 Abs. 1 AO spricht eher für die Zulässigkeit einer in vollem Umfange vorläufigen Festsetzung, als dagegen. In § 100 Abs. 1 AO werden zwar einzelne Punkte angegeben - neben der Ungewißheit des Eintritts der Voraussetzungen für die Entstehung einer Steuerschuld z. B. noch die Ungewißheit über die Zurechnung eines Gegenstands oder die Verwirkung eines Rechts -. Hier werden aber nur beispielhaft Gründe angeführt, die die Vorläufigkeit des Steuerbescheids rechtfertigen können. Jedenfalls bestimmt § 100 Abs. 1 AO allgemein, daß "das Finanzamt die Steuer vorläufig festsetzen oder die Festsetzung gegen Sicherheitsleistung aussetzen" kann. Eine Beschränkung der Vorläufigkeit auf den als Grund für die Vorläufigkeit angeführten Punkt sieht der Wortlaut also nicht vor. Auch der Sinn der Vorschrift gibt keinen Anlaß, zwingend eine beschränkte Vorläufigkeit anzunehmen. Die Aussetzung der Festsetzung ist offenbar der Wortfassung nach schlechthin zulässig. Aber auch bei der Steuerfestsetzung können wichtige Gründe dafür sprechen, die Festsetzung, obwohl Ungewißheit nur über einige bestimmte Punkte besteht, in vollem Umfang vorläufig zu machen. In einem Fall z. B., in dem ungewiß ist, ob Verluste aus der Vermietung eines Hauses dem Steuerpflichtigen oder einem anderen zuzurechnen sind, kann es, wenn der Steuerpflichtige auch noch andere Einkünfte hat, derentwegen zwischen ihm und dem Finanzamt zwar Streit, aber keine "Ungewißheit" im Sinne des § 100 Abs. 1 AO besteht, für ihn und für das Finanzamt durchaus zweckmäßig sein, die Klärung der Streitfrage bis zur Beseitigung der Ungewißheit zu vertagen und zunächst die ganze Steuerfestsetzung nur vorläufig zu machen. Allerdings kann nicht ohne weiteres jeder Punkt dazu herangezogen werden, den Grundsatz der Endgültigkeit der Steuerfestsetzung zu durchbrechen. Hier spielen die Grenzen des pflichtgemäßen Ermessens eine Rolle. Jedenfalls steht, wie oben ausgeführt, der Steuerpflichtige in solchen Fällen nicht rechtlos, sondern kann sich gegen die Vorläufigkeit im Rechtsmittelweg wehren. Auch die Entwicklungsgeschichte des § 100 AO spricht nicht gegen die Auslegung des Senats. Die AO 1919 befaßte sich in ihrem § 82 mit vorläufigen Steuerfestsetzungen; auf diese Vorschrift gehen die Absätze 1 und 4 der heutigen Fassung des § 100 AO zurück. Die Absätze 2 und 3 wurden durch das Einführungsgesetz zu den Realsteuergesetzen vom 1. Dezember 1936 (RGBl 1936 I S. 961, 968) eingefügt. Die heutige Fassung des Abs. 2 beruht auf Abschn. VI Art. 12 des Gesetzes zur Neuordnung von Steuern vom 16. Dezember 1954 (BGBl 1954 I S. 373, BStBl 1954 I S. 575). Bis zum Erlaß dieses Gesetzes konnte auch im Rahmen des Abs. 1 eine Steuerfestsetzung in vollem Umfange für vorläufig erklärt werden (Becker, Reichsabgabenordnung, 7. Aufl., § 82, S. 278 ff.). Hieran hat die Neufassung des § 100 Abs. 2 AO nichts geändert. Durch die Neufassung des § 100 Abs. 2 AO ist für die Finanzämter die Möglichkeit, vorläufig zu veranlagen, erweitert worden. Daraus kann nichts für die Auslegung des § 100 Abs. 1 AO gefolgert werden. Für die Annahme, daß durch die Erweiterung des § 100 Abs. 2 AO der § 100 Abs. 1 AO eingeschränkt werden sollte, spricht jedenfalls nichts.
Was die Angaben des Finanzamts über den Umfang der Vorläufigkeit angeht, so haben der Reichsfinanzhof und der Bundesfinanzhof (z. B. Urteile des Reichsfinanzhofs VI A 831/34 vom 4. September 1935, RStBl 1935 S. 1299; I 258/35 vom 3. März 1936, RStBl 1936 S. 440; I 322/40 vom 25. Februar 1941, RStBl 1941 S. 308; Urteile des Bundesfinanzhofs IV 10/57 U vom 12. Dezember 1957, BStBl 1958 III S. 154, Slg. Bd. 66 S. 401; VI 124/60 U vom 12. Mai 1961, BStBl 1961 III S. 377, Slg. Bd. 73 S. 305; I 127/60 vom 25. September 1962, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1963 S. 62, und III 292/61 vom 22. Februar 1963, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Reichsabgabenordnung, § 100, Rechtsspruch 20) ausgesprochen, daß ein nur allgemein als vorläufig bezeichneter Bescheid in vollem Umfang vorläufig sei. An dieser Auslegung hält der Senat fest. Die Rechtssicherheit erfordert Klarheit. Enthält ein Bescheid hinsichtlich der Vorläufigkeit keinen einschränkenden Zusatz, so braucht der Steuerpflichtige den Steuerbescheid in vollem Umfang nicht als endgültig hinzunehmen; er kann bis zur endgültigen Veranlagung noch alle ihm günstigen Tatsachen unbeschränkt geltend machen. Andererseits hat aber auch das Finanzamt freie Hand. Die bisherige Rechtsprechung dient also nicht etwa einseitig den Belangen des Steuerfiskus, sondern wirkt zweischneidig. Der Steuerpflichtige hat sogar die Möglichkeit, daß er, wie betont, ein Rechtsmittel wegen der Vorläufigkeit einlegen kann, wenn es ihm auf baldige endgültige Klärung ankommt.
Der Bescheid vom 25. März 1957 enthielt keinen die Vorläufigkeit einschränkenden Zusatz. Wenn in der Erläuterung zu diesem Bescheid mitgeteilt wurde, daß der Bescheid gemäß § 100 AO vorläufig sei, "weil über die steuerliche Behandlung der brasilianischen Einkünfte noch nicht entschieden ist", so gibt der Weil-Satz nur eine Begründung für die Vorläufigkeit, beschränkt aber nicht den Umfang der Vorläufigkeit ein. Der Bescheid war im Kopf unter Bezugnahme auf § 100 AO und ohne einen einschränkenden Zusatz als vorläufig bezeichnet. Wer einen solchen Bescheid erhält, kann sich nicht in diesem oder jenem Punkte "sicher" fühlen, sondern rechnet damit, daß das Finanzamt sich "alles vorbehält".
Ist ein Bescheid in vollem Umfange vorläufig, so muß das Finanzamt bei der endgültigen Veranlagung den Steuerfall in vollem Umfange nochmals prüfen. Es kann also kein Verstoß gegen Treu und Glauben sein, wenn das Finanzamt von dem Recht und der Pflicht zur Prüfung des Falles Gebrauch macht (Urteil des Bundesfinanzhofs I 127/60 vom 25. September 1962, HFR 1963 S. 62). Der gegenteiligen Auffassung des Finanzgerichts ist nicht zuzustimmen.
Die Vorentscheidung, die von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, war danach aufzuheben. Die Sache ist nicht spruchreif. Wenn auch in der Prüfung des ganzen Steuerfalls, also auch der Tarifbegünstigung, keine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben liegt, so ist doch noch aufzuklären, ob im Streitfall nicht besondere Umstände zu einer Bindung des Finanzamts geführt haben, vor allem die vor der Veranlagung gepflogenen Verhandlungen zwischen dem Finanzamt und dem Bg., über die Gewährung der Vergünstigung. Die Sache wird zur Prüfung dieser Frage an das Finanzgericht zurückverwiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 411440 |
BStBl III 1965, 203 |
BFHE 1965, 563 |
BFHE 81, 563 |