Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
überläßt ein Ehegatte der Personengesellschaft, an der der andere Ehegatte als Gesellschafter beteiligt ist, Erfindungen gegen Lizenzzahlungen zur gewerblichen Auswertung, so gehören, solange die Ehegatten zusammenleben, die Lizenzgebühren zum gewerblichen Gewinn der Ehegatten.
Normenkette
EStG § 15 Nr. 2, § 26
Tatbestand
Die Beschwerdeführerin (Bfin.) zu 1 ist eine KG. Bis Ende 1950 sind an ihr beteiligt gewesen der Beschwerdeführer zu 2 (abgekürzt: Bf.) als Komplementär und seine Ehefrau und sein Sohn als Kommanditisten. Am 20. Januar 1951 vereinbarten der Bf. und sein Sohn, daß der Bf. mit Wirkung vom 1. Januar 1951 aus der KG ausscheide und seinen Anteil schenkungsweise auf den Sohn übertrage, der damit alleiniger Komplementär wurde. Durch notariellen Vertrag vom 27. Dezember 1951 wurde folgende Vereinbarung getroffen: Der Sohn scheidet mit Wirkung vom 1. Januar 1951 aus der KG als Kommanditist aus und tritt am selben Tage als Komplementär ein; der Bf. scheidet an demselben Tage als Komplementär ebenfalls aus und überträgt seinen Kapitalanteil schenkungsweise auf den Sohn. Die Eintragung des Gesellschafterwechsels im Handelsregister erfolgte am 14. Januar 1952. Eine förmliche Einverständniserklärung der Ehefrau des Bf. liegt nicht vor. Der notarielle Vertrag vom 27. Dezember 1951 brachte auch eine änderung der Gewinnverteilung. Außerdem wurden der Kommanditistin im Innenverhältnis die Befugnisse eines Komplementärs eingeräumt.
Die Bfin. setzte Lizenzgebühren von 624.000 DM, die sie im Jahr 1951 an den Bf. gezahlt hatte, als Betriebsausgaben ab. Das Finanzamt erkannte den Abzug nicht an, sondern rechnete den Betrag als Gesellschaftereinkünfte zum Gewinn. Es war der Auffassung, daß der Bf. auch für 1951 als Gesellschafter zu behandeln sei. Er sei trotz seines angeblichen Ausscheidens weiterhin für die Gesellschaft tätig gewesen. Der Sohn habe mangels entsprechender Erfahrung und wegen seines Studiums die Stellung des Komplementärs nicht ausfüllen können. Der Bf. habe über das seiner Frau eingeräumte Mitbestimmungsrecht auch nach wie vor die Rechte eines Komplementärs gehabt. Der Einspruch der Bfin. zu 1 wurde als unbegründet zurückgewiesen.
Die Berufung hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht führte aus, es könne dahingestellt bleiben, ob der Bf. nach seinem angeblichen Ausscheiden noch für das Unternehmen tätig gewesen sei. Er müsse jedenfalls schon deshalb als Gesellschafter behandelt werden, weil seine Ehefrau Gesellschafterin sei und er mit ihr zusammen veranlagt werde. Die beantragte tarifliche Vergünstigung gemäß der Verordnung über die einkommensteuerliche Behandlung der freien Erfinder vom 30. Mai 1951 (Bundessteuerblatt - BStBl - 1951 I S. 181) komme für den Bf. nicht in Betracht, weil er seine Erfindung eigengewerblich genutzt habe.
Nach Auffassung der Rechtsbeschwerde kann aus der Tatsache der Zusammenveranlagung nicht gefolgert werden, daß der Ehemann wie ein Mitunternehmer behandelt werden müsse. Der Reichsfinanzhof habe nur bei Dienstleistungen einen anderen Standpunkt vertreten. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs bildeten Ehegatten trotz Zusammenveranlagung keine Einheit; ihre Einkünfte müßten je für sich ermittelt werden. Dies folge insbesondere auch aus der Entscheidung I 30/54 U vom 7. Mai 1954 (Slg. Bd. 59 S. 113, BStBl 1954 III S. 252). Das Finanzgericht übersehe, daß es im anhängigen Rechtsstreit um die einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellung der KG gehe. Die erst bei der Einkommensteuerveranlagung der Gesellschaft auftauchende Frage der Zusammenveranlagung von Ehegatten sei nicht im Verfahren der einheitlichen Gewinnfeststellung zu entscheiden. Die Erfindung des Bf. sei nicht im Betriebe der Gesellschaft entwickelt worden; sie gehöre daher nicht zum Betriebe der Gesellschaft. Sie sei in dem Betrieb der Gesellschaft erst nach dem Ausscheiden des Bf. verwertet worden. Die Lizenzgebühren seien der Höhe nach angemessen.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet.
Nach § 15 Ziff. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) gehören zum Gewinn eines Gesellschafters einer KG auch alle Vergütungen, die der Gesellschafter von der Gesellschaft für seine Tätigkeit im Dienst der Gesellschaft oder für die Hingabe von Darlehen oder für die überlassung von Wirtschaftsgütern bezogen hat. Zu den Vergütungen für die überlassung von Wirtschaftsgütern gehören auch Lizenzgebühren. Ist der Bf., wofür vieles spricht, trotz des formellen Ausscheidens bei wirtschaftlicher Betrachtung auch noch im Jahr 1951 Gesellschafter der KG gewesen, so ist nicht zweifelhaft, daß die Lizenzgebühren zu seinem Gewinnanteil im Sinne des § 15 Ziff. 2 EStG gehören. Eine Stellungnahme erübrigt sich aber, da das Finanzgericht die Frage offen gelassen hat und die vom Finanzgericht angeführten anderen Gründe die Vorentscheidung tragen.
Es ist von jeher anerkannter Grundsatz des Einkommensteuerrechts, daß Ehegatten, die zusammenleben und "in einen Topf wirtschaften", insofern als Einheit zu behandeln sind, als Einkünfte aus einer einheitlichen Einkunftsquelle nicht aufgespalten und getrennt betrachtet werden können. Dies gilt für Dienstverträge zwischen zusammenlebenden Ehegatten ebenso wie für Verträge, durch die ein Ehegatte dem anderen Wirtschaftsgüter für dessen Betrieb überläßt. Der Grundsatz ist zwar im EStG nicht ausdrücklich festgelegt. Das geltende Einkommensteuerrecht beruht aber auf diesem Grundsatz. Er ist ein Ausfluß der das Steuerrecht beherrschenden wirtschaftlichen Betrachtungsweise und ist bei der Auslegung der §§ 4 bis 6 EStG und deshalb auch im Verfahren der einheitlichen Gewinnfeststellung zu beachten. Seine Begründung findet er darin, daß die Ehegatten, solange sie zusammenleben, auch eine Wirtschaftsgemeinschaft bilden, kraft deren sie gemeinsam das gleiche wirtschaftliche Ergebnis erstreben. Eine Aufspaltung der wirtschaftlich zusammengehörenden Einkünfte, die aus der gleichen Einkunftsquelle stammen, würde den heute noch maßgebenden Anschauungen vom Wesen der Ehe, die auch eine Wirtschaftsgemeinschaft ist, nicht entsprechen. Dazu kommt die Erwägung, daß, wenn Dienstverträge oder andere entgeltliche Verträge zwischen Ehegatten einkommensteuerlich anerkannt würden, Mißbräuchen Tür und Tor geöffnet würde. Bei der engen Interessenverflechtung zwischen zusammenlebenden Ehegatten in einer gesunden Ehe würde ein steter Anreiz zu wirtschaftlich nicht gerechtfertigten Gestaltungen aus steuerlichen Erwägungen bestehen, die die Finanzämter vor große Schwierigkeiten stellen und die Gleichmäßigkeit der Besteuerung gefährden würden. Es wäre dann auch unvermeidbar, entgegen den bisherigen Grundsätzen dem ehelichen Güterrecht, dessen Regelung weithin dem Belieben der Ehegatten überlassen ist, entscheidende Bedeutung für die Einkommensteuer beizumessen. Die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs ist deshalb vom Grundsatz der Einheit der Ehegatten, die eine Einkunftsquelle gemeinsam nutzen, ausgegangen (vgl. z. B. die Entscheidungen des Reichsfinanzhofs VI A 1299/28 vom 25. Juni 1930, Reichssteuerblatt - RStBl - 1931 S. 102; VI A 270/37 vom 26. Mai 1937, RStBl S. 976, und VI A 473/37 vom 29. September 1937, RStBl S. 1204; ferner Schefold in Steuer und Wirtschaft 1937 Spalte 1241 und Steuer und Wirtschaft 1948 S. 95; Hoffmann in Deutsche Steuer-Zeitung 1955 S. 186).
Es sei darauf hingewiesen, daß der Gedanke der Einheit zusammenlebender Ehegatten aus den angeführten Erwägungen in § 24 Ziff. 1 des Bewertungsgesetzes (BewG) zu der gesetzlichen Bestimmung geführt hat, daß Wirtschaftsgüter, die zum Teil dem einen, zum Teil dem anderen Ehegatten gehören, zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengefaßt werden, sofern die Ehegatten zusammenleben. Es handelt sich hier um eine Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz, daß nur Wirtschaftsgüter, die dem gleichen Eigentümer gehören, zu einer wirtschaftlichen Einheit zusammengefaßt werden können (vgl. dazu Schmitt-Degenhardt-Gruß, Bewertungsgesetz, 3. Aufl., S. 12/13).
Welche Schwierigkeiten ein Abweichen von der ständigen Rechtsprechung zur Folge hätte, zeigt der hier zu entscheidende Fall, dessen Gestaltung nur daraus zu erklären ist, daß der Bf., weil er über den Sohn und die Ehefrau die volle Herrschaft über die Bfin. behielt, wirtschaftlich mit dem formellen Austritt aus der Gesellschaft nichts aufgegeben hat. Es waren offenbar rein steuerliche Erwägungen ohne wirtschaftlichen Gehalt, die zu der gewählten Vertragsgestaltung geführt haben.
Die Einwendungen der Rechtsbeschwerde greifen demgegenüber nicht durch. § 26 EStG steht im Teil III des EStG unter der überschrift "Veranlagung". Er regelt also die Technik der Veranlagung. Es ist nicht die Rechtsgrundlage für die vorstehend entwickelten Rechtsgedanken, sondern ist selbst die verfahrenstechnische Auswirkung eines dem Einkommensteuerrecht zugrunde liegenden, aber nicht im Gesetz ausdrücklich festgelegten Grundsatzes. Insbesondere hat die Viermonatsfrist, die in § 26 EStG eine Rolle spielt, für die hier zu entscheidende Frage keine Bedeutung.
Auch der Bundesfinanzhof ist in seiner Entscheidung IV 303/51 U vom 6. März 1952 (Slg. Bd. 56 S. 273, BStBl 1952 III S. 107) von der bisherigen Rechtsprechung ausgegangen, wenn er die Frage der Abzugsfähigkeit eines zwischen Ehegatten gegebenen 7c-Darlehens mit der Begründung verneint hat, daß die Einkünfte beider Ehegatten "als eine Einheit behandelt werden und zu behandeln sind und daß es richtig ist, wenn die Haushaltsbesteuerung als eine Art steuerlicher Einkommens- und Gütergemeinschaft bezeichnet wird". In demselben Sinne äußert sich die Entscheidung des Bundesfinanzhofs IV 605/53 U vom 9. September 1954 (Slg. Bd. 59 S. 240, BStBl 1954 III S. 303).
Wenn in anderen Entscheidungen, z. B. im Urteil des Bundesfinanzhofs IV 296/54 U vom 3. November 1955 (Slg. Bd. 61 S. 492, BStBl 1955 III S. 389) betreffend die Zubilligung des Betriebsausgabenpauschsatzes bei den Einkünften der Ehefrau und IV 325/54 U vom 3. November 1955 (Slg. Bd. 61 S. 495, BStBl III S. 390) betreffend die Zubilligung je eines Werbungskostenpauschsatzes bei Arbeitseinkünften des Ehemannes und der Ehefrau, die Einkünfte jedes Ehegatten gesondert behandelt worden sind, so lagen diese Fälle entscheidend anders, weil es sich nicht um Einkünfte aus ein und derselben Einkunftsquelle handelte, die die Ehegatten gemeinsam nutzten. Das Problem der Vertragsgestaltung zwischen zusammenlebenden Ehegatten spielte keine Rolle. Der hier entwickelte Grundsatz der Einheit zusammenlebender Ehegatten schließt also nicht aus, daß bei der Auslegung bestimmter steuerlicher Vorschriften ausschlaggebend berücksichtigt wird, daß zwei Personen vorhanden sind, die jeder für sich Einkünfte haben können. Um Fälle solcher Art handelte es sich bei den erwähnten Entscheidungen des IV. Senats, von denen demnach der Senat nicht abweicht.
Zu der vom Bf. angeführten Entscheidung I 30/54 U braucht der Senat keine Stellung zu nehmen, weil sie zur Gewerbesteuer ergangen ist und ausdrücklich auf die andere Rechtslage bei der Gewerbesteuer abstellt.
Fundstellen
Haufe-Index 408416 |
BStBl III 1956, 233 |
BFHE 1957, 93 |
BFHE 63, 93 |