Leitsatz (amtlich)
Die für die Hinzurechnungen beim Gewerbeertrag und Gewerbekapital wegen Nutzung eines immateriellen Wirtschaftsguts (Geschäftswert) erforderliche klare Abgrenzung des Entgelts für diese Nutzung von der Raumpacht (vgl. BFH-Urteil vom 22. März 1972 I R 179/70, BFHE 105, 490, BStBl II 1972, 632) ist nicht gegeben, wenn nur der auf die bloße Raummiete entfallende Teilbetrag feststeht.
Normenkette
GewStG § 8 Nr. 7, § 12 Abs. 2 Nr. 2
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) pachtete ab 1. Juli 1965 eine in gemieteten Räumen betriebene Apotheke. Der Pachtvertrag bezog sich auf "den eingerichteten Gewerbebetrieb" der Apotheke. Hinsichtlich der Apothekenräume sollte der Kläger Untermieter der Verpächter sein. In dem Pachtvertrag heißt es dazu: "Auf die dem Apothekenbetrieb dienenden Räume entfällt zur Zeit des Vertragsschlusses eine monatliche Miete laut Mietvertrag vom 16. November 1964 in Höhe von 2 875 DM." Der Kläger hatte außerdem "die Kosten für Heizung, Müllabfuhr und sonstige Mietnebenkosten und Umlagen des Vermieters" zu tragen. Der Kläger rechnete diese Kosten unmittelbar mit dem Grundstückseigentümer (Vermieter) ab. Der Pachtzins sollte "einschließlich Nutzungsentschädigung für die gewerblichen Räume" 9,5 v. H. des Umsatzes, mindestens jedoch 4 000 DM monatlich betragen. Für bestimmte Umsätze war ein geringerer oder kein Pachtanteil vereinbart. Bei der Bemessung des Pachtzinses gingen die Vertragsbeteiligten von dem durchschnittlichen Umsatz der letzten drei Jahre vor Pachtbeginn (rund 734 000 DM jährlich) aus.
Aufgrund des Ergebnisses einer Betriebsprüfung, die Anfang 1970 stattfand, erließ der Beklagte und Revisionskläger (FA), nachdem die Gewerbesteuerfestsetzungen 1965 bis 1967 vorläufig getroffen waren, endgültige Gewerbesteuerbescheide für die Streitjahre (1965 bis 1968). Dabei nahm das FA an, daß nach Abzug des in der Umsatzpacht enthaltenen Mietbetrages und des Pachtzinses für die Apothekeneinrichtung ein Betrag von jährlich 30 000 DM auf einen gepachteten Geschäftswert entfalle. Den Teilwert dieses Geschäftswerts schätzte das FA auf 150 000 DM. Es rechnete dem Gewerbeertrag der einzelnen Streitjahre jeweils die Hälfte der Mietund Pachtzinsen und bei der Ermittlung des Gewerbekapitals die geschätzten Teilwerte der gepachteten Wirtschaftsgüter einschließlich eines Geschäftswerts hinzu (§§ 8 Nr. 7, 12 Abs. 2 Nr. 2 GewStG). Im Einspruchsverfahren erhöhte das FA die Hinzurechnungsbeträge.
Auf die Klage, mit der sich der Kläger gegen die Hinzurechnungen wegen Überlassung eines Geschäftswerts wandte, hob das FG, dessen Entscheidung in den EFG 1973, 82, veröffentlicht ist, die Einspruchsentscheidung auf. Es änderte die Gewerbesteuerbescheide zugunsten des Klägers, wobei es davon ausging, daß auf einen Geschäftswert entfallende Pachtzinsen dem Gewerbeertrag ebensowenig wie ein Geschäftswert selbst bei der Ermittlung des Gewerbekapitals hinzugerechnet werden könnten. Das FG führte aus, daß die vom Kläger für die gepachteten Räume aufgewendeten Pachtzinsen nicht von Pachtzinsen für einen Geschäftswert abzugrenzen seien. Nach der neueren Rechtsprechung des BFH seien Hinzurechnungen wegen der Überlassung eines Geschäftswerts nur dann vorzunehmen, wenn der Geschäftswert durch von der Raumpacht abgrenzbare Pachtzahlungen konkretisiert worden sei (vgl. Urteile vom 29. April 1970 IV R 20/67, BFHE 99, 485, BStBl II 1970, 726; vom 14. Oktober 1970 I R 94/70, BFHE 100, 407, BStBl II 1971, 28; vom 5. Oktober 1971 VIII R 19/68, BFHE 103, 437, BStBl II 1972, 62). Bei den in Vomhundertsätzen des Umsatzes bemessenen Pachtzinsen lägen von der Raumpacht abgrenzbare Pachtzahlungen für den Geschäftswert auch dann nicht vor, wenn - wie hier - der Verpächter Mieter der Pachträume sei, im Pachtvertrag die Höhe des Mietpreises genannt sei und der Pächter anhand dieses Mietpreises in seiner Verlust- und Gewinnrechnung einen Aufwandsposten "Miete und Heizung" ausgewiesen habe. Im Pachtvertrag selbst sei keine Aufteilung des Pachtzinses vorgenommen worden. Sie ergebe sich auch nicht aus der Buchführung des Klägers. Es fehle ein neben der Umsatzpacht gezahltes Entgelt. Eine Schätzung der Raumpacht stünde indessen mit der angeführten Rechtsprechung des BFH nicht in Einklang.
Das FA beantragt in seiner Revision die Aufhebung der Vorentscheidung und anderweitige Festsetzung der Gewerbesteuer. Es rügt unrichtige Anwendung der Vorschriften des § 8 Nr. 7 Satz 1 und § 12 Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 GewStG. Das FG habe die Grundsätze der Rechtsprechung des BFH verkannt. Zu Unrecht sei das FG der Ansicht, daß ein Geschäftswert nur dann berücksichtigt werden dürfe, wenn er von den Parteien tatsächlich abgegrenzt worden sei. Es genüge vielmehr die Abgrenzbarkeit. Der Ansatz eines Geschäftswerts komme nämlich auch dann in Frage, wenn sonstige Umstände eine klare und eindeutige Aufteilung gestatteten (vgl. BFH-Urteile I R 94/70, VIII R 19/68). Diese Abgrenzbarkeit sei hier gegeben. Die Gesamtpacht sei zwar nach einheitlichen Vomhundertsätzen des Umsatzes bemessen. Der hiervon auf die Raummiete entfallende Anteil sei aber im Pachtvertrag der Höhe nach erwähnt und ergebe sich außerdem aus der Buchführung des Klägers.
Der Kläger beantragt Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet.
Nach ständiger Rechtsprechung des BFH ist ein Geschäftswert bei Verpachtung eines Gewerbebetriebes dem Gewerbekapital des Pächters nur dann hinzuzurechnen, wenn er durch von der Raumpacht eindeutig abgrenzbare Pachtzahlungen konkretisiert ist. Entsprechendes gilt für die Hinzurechnung von Pachtzinsen gemäß § 8 Nr. 7 GewStG, soweit sie mit der Überlassung eines Geschäftswerts zusammenhängen (vgl. außer den vom FG angeführten Entscheidungen das zuletzt ergangene BFH-Urteil vom 22. März 1972 I R 179/70, BFHE 105, 490, BStBl II 1972, 632). Danach entfällt eine Hinzurechnung, wenn eine reine Umsatzpacht vereinbart wurde und weder die Vertragsparteien eine Aufteilung der Pachtzahlungen vorgenommen haben noch sonstige Umstände eine klare und eindeutige Aufteilung ermöglichen.
Die Auffassung des FA, daß im Streitfall Umstände vorlägen, die eine solche Aufteilung zuließen, hat das FG ohne Rechtsfehler verneint. Dabei kommt es nicht, wie das FG meint, darauf an, ob eine klare Vereinbarung darüber vorhanden sei, welches Entgelt der Pächter in seiner Eigenschaft als Untermieter der betrieblich genutzten Räume zu zahlen hatte. Denn auch bei einer solchen ausdrücklichen Regelung der Raummiete blieben diejenigen Pachtelemente ununterschieden, die sich einerseits auf die das Wesen der Pacht kennzeichnende normale geschäftliche Ausnutzbarkeit der Räume und andererseits auf die besonderen Ertragsaussichten beziehen, die vermöge bestimmter Vorzüge der Lage, der Kundschaft usw. den Kern eines Geschäftswerts bilden. Auf die wesentlichen Unterschiede zwischen Raummiete und Raumpacht hat der erkennende Senat besonders in den Urteilen I R 94/70 und I R 179/70 hingewiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die dortigen Ausführungen Bezug genommen.
Auch wenn eine Verpflichtung des Pächters, in seiner Eigenschaft als Untermieter Zahlungen für die reine Raummiete einschließlich der Mietnebenkosten als Bestandteil des Pachtvertrages zu leisten, vereinbart wäre, fehlte es an einer Konkretisierung des Teiles der Umsatzpacht, der ausschließlich durch die Überlassung eines Geschäftswerts bedingt wäre. Bei der hier streitigen Frage ist zu berücksichtigen, daß sich der Apothekenpachtzins hauptsächlich aus vier in Betracht kommenden Elementen zusammensetzt. Es sind dies 1. die reine Raummiete, 2. die darüber hinaus gezahlte Raumpacht im engeren Sinn, 3. das Entgelt für Benutzung der Apothekeneinrichtung, 4. ein Entgelt für Überlassung eines Geschäftswerts. Von diesen steht im Streitfall nur die Raummiete fest. Die Vergütung für die Überlassung der Einrichtung wurde vom FG geschätzt. Dagegen fehlte es an einer Aufteilung und Aufteilbarkeit von Raumpacht und Entgelt für einen etwa zur Nutzung überlassenen Geschäftswert. Hieraus ergibt sich zugleich, daß es für die Entscheidung ohne Bedeutung ist, ob in der Buchführung des Klägers die Miete und die Mietnebenkosten gesondert ausgewiesen wurden.
Mit der vorstehend dargelegten Rechtsauffassung, nach der an das Vorliegen eindeutig abgrenzbarer Pachtzahlungen für einen Geschäftswert ein strenger Maßstab anzulegen ist, befindet sich der erkennende Senat im Einklang mit der Rechtsprechung des III. Senats des BFH, die zu den entsprechenden Vorschriften des Bewertungsrechts (§§ 2, 95 BewG 1965) ergangen ist (vgl. Urteil vom 6. August 1971 III R 9/71, BFHE 102, 573, BStBl II 1971, 677). Seine Auffassung, daß der Ansatz eines Geschäftswerts nur dann gerechtfertigt sei, wenn gezahlte Entgelte sich eindeutig auf den Geschäftswert bezögen und dessen klare Bestimmung ermöglichten, hat der III. Senat in einer Anzahl weiterer Entscheidungen hervorgehoben (vgl. Urteile vom 26. November 1971 III R 87/70, BFHE 104, 367, BStBl II 1972, 310; vom 26. November 1971 III R 110/70, BFHE 104, 370, BStBl II 1972, 311; vom 26. November 1971 III R 74/71, BFHE 104, 371, BStBl II 1972, 312; vom 12. Juni 1974 III R 54/73, BFHE 112, 528).
Da nach alledem eine schätzungsweise Aufteilung der Umsatzpacht die vom FA vorgenommenen gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnungen nicht rechtfertigt, muß der Revision der Erfolg versagt bleiben.
Fundstellen
Haufe-Index 71215 |
BStBl II 1975, 178 |
BFHE 1975, 239 |