Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Bewertung Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Bewohnt der Miteigentümer eines Einfamilienhauses das Haus in geringerem Umfang als es seinem Miteigentumsanteil entspricht, so ist der von ihm zu versteuernde Nutzungswert seiner Wohnung nicht nach der Einfamilienhaus-VO zu ermitteln.
Normenkette
EStG § 21 Abs. 2; EinfHausVO 3/2; EinfHausVO 1
Tatbestand
Streitig ist die Ermittlung der Einkünfte aus einem Einfamilienhaus, das zur Hälfte dem Bf. und zur anderen Hälfte einer Erbengemeinschaft gehört, an der vier Miterben zu gleichen Teilen beteiligt sind. Der Bf. bewohnte im Jahre 1953 1/3 dieses Hauses; die übrigen 2/3 waren an Fremde zu Wohnzwecken vermietet. In der Erklärung zur einheitlichen Feststellung der Einkünfte beantragte der Bf., seinen Anteil unter Zugrundelegung des halben Einheitswerts des Hauses nach der Verordnung über die Bemessung des Nutzungswerts der Wohnung im eigenen Einfamilienhaus (Einfamilienhaus-VO) festzusetzen. Für die vier Miterben beantragte er je 1/8 des überschusses der tatsächlichen Mieteinnahmen über die Werbungskosten zuzüglich des Mietwertes der von ihm genutzten Räume als anteilige Mieteinkünfte festzusetzen. Das Finanzamt nahm die einheitliche Feststellung der Mieteinkünfte in der Weise vor, daß es die tatsächlichen Mieteinnahmen um den Nutzungswert der vom Bf. bewohnten Räume erhöhte und nach Abzug der angefallenen Werbungskosten die Hälfte dem Bf. und je 1/8 den an der Erbengemeinschaft Beteiligten zurechnete. Der Nutzungswert der Räume des Bf. wurde hierbei ebenso wie bei den Abrechnungen des Bf. mit der Erbengemeinschaft mit 1.240,80 zugrunde gelegt.
Der gegen diese einheitliche Feststellung vom Bf. eingelegte Einspruch hatte zum Teil Erfolg. In der Einspruchsentscheidung wurden die Mieteinkünfte des Bf. nach der Einfamilienhaus-VO ermittelt, und zwar unter Zugrundelegung von 1/3 des Einheitswerts. Da sein Miteigentumsanteil jedoch die Hälfte des Hauses umfaßt, wurde ihm außerdem noch 1/6 der tatsächlichen Mieterträge zugerechnet, so daß seine Mieteinkünfte aus dem Haus mit (229 DM + 415 DM =) 644 DM angesetzt wurden. Die Mieteinkünfte der Erbengemeinschaft beliefen sich danach auf 2.073 DM, also auf 518 DM für jeden Miterben.
Gegen die Einspruchsentscheidung legten die an der Erbengemeinschaft beteiligten und vom Bf. vertretenen Miterben Berufung ein. Der Bf. selbst wurde vom Finanzgericht gemäß § 239 Abs. 3 AO zum Verfahren zugezogen. Die Berufung führte zur Aufhebung der Einspruchsentscheidung und zur Wiederherstellung der ursprünglichen einheitlichen Feststellung des Finanzamts. Das Finanzgericht lehnte in der Vorentscheidung die Anwendung der Einfamilienhaus-VO ab. Mit der Festsetzung eines Mietwertes für die vom Bf. genutzten Räume sei zwischen dem Bf. und der Erbengemeinschaft ein mietähnliches Rechtsverhältnis begründet worden. Der Bf. habe, wenn auch durch Verrechnung, ein Entgelt für die überlassung der von ihm bewohnten Räume bezahlt. Alle Miteigentümer seien im Verhältnis ihrer Miteigentumsanteile an den tatsächlich vereinnahmten Mieten, dem Mietwert der vom Bf. genutzten Räume und allen Ausgaben beteiligt gewesen. Einkommensteuerlich sei unter diesen Umständen der Mietwert wie ein Mietzins zu behandeln und den tatsächlichen Mieteinnahmen zuzurechnen. Der nach Abzug der Werbungskosten verbleibende Betrag sei zur Hälfte bei dem Bf. und zu je 1/8 bei jedem Miterben steuerlich zu erfassen.
Der Bf. beantragt mit der Rb. die Wiederherstellung der Einspruchsentscheidung, soweit sie ihn persönlich betroffen hat. Er bezieht sich zur Begründung seines Antrags auf das Urteil des Bundesfinanzhofs IV 131/52 U vom 27. November 1952 (BStBl 1953 III S. 14, Slg. Bd. 57 S. 38), das die Anwendung der Einfamilienhaus- VO anerkannt habe für den Teil eines Einfamilienhauses, den ein Eigentümer selbst benutzt. Seine Stellung in dem Haus sei nicht die eines Mieters. Das Verrechnungsverhältnis, das er mit der Erbengemeinschaft über die Nutzungen und die Ausgaben des Grundstücks habe, bringe es mit sich, daß auch für die von ihm benutzten Räume eine Entschädigung angesetzt werden müsse. Dadurch entstehe aber kein Mietverhältnis zwischen der Erbengemeinschaft und ihm.
Entscheidungsgründe
Die wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Rb. kann keinen Erfolg haben.
Nach § 21 Abs. 2 EStG gehört zu den Einkünften der Einkunftsart Vermietung und Verpachtung auch der Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus. Da dieser Nutzungswert bei eigengenutzten Einfamilienhäusern oft schwer zu ermitteln ist, wurde durch die Einfamilienhaus-VO vom 26. Januar 1937 in verbindlicher Form angeordnet, wie der Nutzungswert eines Einfamilienhauses für die Einkommensbesteuerung festzustellen ist, wenn der Eigentümer es selbst bewohnt. Falls ein Einfamilienhaus nicht ausschließlich vom Eigentümer bewohnt wird, sondern zum Teil auch von ihm oder Fremden gewerblich, beruflich oder auch für öffentliche Zwecke benutzt wird, bleibt die Einfamilienhaus-VO nach § 3 Abs. 2 anwendbar für den Teil des Hauses, der den Wohnzwecken des Eigentümers dient. Für andere Fälle der Nutzung hat die Einfamilienhaus-VO keine Bedeutung. So ist, wie in dem vom Bf. angeführten Urteil des Bundesfinanzhofs IV 131/52 U ausgeführt wurde, die Einfamilienhaus-VO insbesondere nicht anzuwenden, wenn ein Einfamilienhaus ganz oder teilweise für Wohnzwecke vermietet wird. Es besteht in einem solchen Fall auch kein Bedürfnis für die Ermittlung eines Nutzungswerts nach der Einfamilienhaus-VO. Das Finanzgericht hat den vorliegenden Fall wie eine Vermietung des ganzen Hauses behandelt. Diese Würdigung dürfte den wirtschaftlichen Verhältnissen gerecht werden. Sie ist deshalb nach Auffassung des Senats nicht zu beanstanden. Da der Bf. das Haus nicht in einem seinem Miteigentumsanteil entsprechenden Umfange selbst bewohnt, liegt keiner der in der Einfamilienhaus-VO vorgesehenen Anwendungsfälle vor.
Jeder Versuch, die Einfamilienhaus-VO trotzdem für die Ermittlung der Einkünfte des Bf. anzuwenden, zwingt - wie insbesondere die Einspruchsentscheidung beweist - zu umständlichen Ermittlungen und Berechnungen, deren Ergebnis infolge der Zusammenfassung eines nach der Einfamilienhaus-VO errechneten Nutzungswerts mit einem anteiligen Mietertrag zu einem für die Beteiligten kaum verständlichen Betrag führt. Die Ungenauigkeiten und Mängel, die bei der Feststellung von Mieteinkünften nach Durchschnittsätzen nicht zu vermeiden sind, können in Kauf genommen werden, solange das Ziel der Einfamilienhaus-VO, auf einfache Weise einen für steuerliche Verhältnisse verwendbaren Mietertrag zu ermitteln, erreicht wird. Ist ein Nutzungswert jedoch nur mit Hilfe umständlicher Ermittlungen und Berechnungen festzustellen, würde es dem Sinn und Zweck der Einfamilienhaus-VO widersprechen, durch ihre Anwendung einen mehr oder weniger zweifelhaften Betrag für diese Einkünfte zu errechnen. Es besteht in einem Fall wie dem vorliegenden auch kein Bedürfnis für die Ermittlung eines Nutzungswerts nach der Einfamilienhaus-VO. Das Finanzgericht hebt mit Recht hervor, daß der Bf. und die Erbengemeinschaft zum Zweck der Abrechnung der Miete für die vom Bf. benutzten Räume einen Mietwert festgelegt haben, gegen dessen Angemessenheit aus den Akten nichts zu entnehmen ist. Bei dieser Sachlage hat der Senat keine Bedenken, in übereinstimmung mit dem Finanzgericht die Anwendbarkeit der Einfamilienhaus-VO in vollem Umfang zu verneinen. Daß die Mieter nach Angabe des Bf. ihm und der Erbengemeinschaft vom Wohnungsamt zugewiesen worden sind, vermag hieran nichts zu ändern.
Fundstellen
Haufe-Index 423985 |
BStBl III 1960, 93 |
BFHE 1960, 251 |
BFHE 70, 251 |