Leitsatz (amtlich)
Nachlässe bei den Provisionen für den Kauf und Verkauf von Wertpapieren, die eine Bank ihren Arbeitnehmern gewährt, gehören insoweit nicht zum steuerpflichtigen Arbeitslohn, als die Bank Nachlässe in gleicher Höhe auch dritten Personen gewährt.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1; LStDV § 2 Abs. 1, § 3 Abs. 1
Tatbestand
Zum Geschäftsbereich der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) gehört der Handel mit Aktien und festverzinslichen Wertpapieren. Sie berechnet bei Verkäufen und Käufen von Aktien eine Provision von 0,8 v. H., bei solchen von festverzinslichen Wertpapieren eine Provision von 0,4 v. H.; Großabnehmern, Kreditinstituten sowie einzelnen Dauerkunden stellt sie nur eine Provision von 0,2 v. H. bzw. 0,1 v. H. in Rechnung. Dieselbe Vergünstigung erhalten auch die Arbeitnehmer der Klägerin.
Der Beklagte und Revisionskläger (FA) hat den Unterschied zwischen der ermäßigten und der normalen Provision als lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn angesehen, wenn die Wertpapierumsätze eines Angestellten jährlich eine bestimmte Mindestsumme überstiegen. Es hat hierfür von der Klägerin für das Kalenderjahr 1967 mit Haftungsbescheid vom 7. Oktober 1968 auf Grund einer Schätzung ermittelte und pauschal festgesetzte Lohnsteuer und Kirchensteuer von insgesamt 2 187 DM nachgefordert.
Die Sprungklage hatte Erfolg. Das FG führte aus, nach § 2 Abs. 1 in Verbindung mit § 3 Abs. 1 LStDV seien als Arbeitslohn nur Güter anzusehen, die in Geld oder Geldeswert bestehen und dem Arbeitnehmer "aus dem Dienstverhältnis" zufließen. Voraussetzung hierfür sei aber nicht nur, daß die dem Arbeitnehmer gewährte Zuwendung in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis stehe; erforderlich sei vielmehr außerdem, daß das Dienstverhältnis die alleinige Zuwendungsgrundlage und Ursache für die Vergünstigung darstelle. Hierfür spreche einmal das Wesen des Arbeitslohns als die vom Dienstherrn gewährte Vergütung für die im Rahmen des Arbeitsverhältnisses erbrachte Leistung des Arbeitnehmers. Dieser Charakter des Arbeitslohns lasse es nicht zu, auch solche dem Arbeitnehmer gewährten Vergünstigungen dem Arbeitslohn zuzurechnen und damit der Lohnsteuerpflicht zu unterwerfen, die nicht alleiniger Ausfluß des gegenseitigen Austauschverhältnisses von Arbeitsleistung einerseits und Arbeitsvergütung andererseits seien. Das zeigten auch die Beispiele für Arbeitslohn in § 2 Abs. 2 LStDV. Angesichts dieser Abgrenzung könne von einem lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn in all den Fällen nicht gesprochen werden, in denen der Arbeitnehmer nur eine Vergünstigung erhalte, die der Dienstherr auch Dritten, außerhalb des Unternehmens stehenden Personen gewähre, und der Arbeitnehmer - sei es für sich allein oder im Verbund mit der übrigen Belegschaft - die Voraussetzungen erfülle, unter denen solche Vergünstigungen grundsätzlich gewährt würden. Dies treffe aber im Streitfall zu. Die Belegschaft der Klägerin stehe einem außerhalb des Unternehmens stehenden Großkunden seinem Umsatzvolumen nach auch dann zumindest gleich, wenn nicht alle Belegschaftsmitglieder Aktien oder festverzinsliche Wertpapiere ankauften. Es sei daher vertretbar, ihr dieselben Vergünstigungen wie Dritten zukommen zu lassen, gleichgültig, ob die Belegschaftsmitglieder in einem Sammelverfahren oder als Einzelpersonen Wertpapiere ankauften. Dies gelte um so mehr, als die Klägerin ihren Großkunden die Provisionsvergünstigung unabhängig von dem jeweils getätigten Einzelumsatz gewähre.
Mit der Revision beantragt das FA, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen. Es rügt einen Verstoß gegen den klaren Akteninhalt und die Verletzung von Bundesrecht, insbesondere der §§ 2 und 3 LStDV.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Eine Verletzung der lohnsteuerlichen Vorschriften über den Arbeitslohnbegriff, wie er von der Rechtsprechung des RFH, des Obersten Finanzgerichtshofs und des BFH entwickelt worden ist, läßt das angefochtene Urteil nicht erkennen. Arbeitslohn sind nach § 2 Abs. 1 LStDV alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen. Ob das zutrifft, ist grundsätzlich aus der Sicht des Arbeitnehmers zu entscheiden. Es gibt Fälle, in denen die Zuwendungen zwar im Rahmen des Dienstverhältnisses gewährt, aber vom Arbeitnehmer trotzdem aus den verschiedensten Gründen nicht als steuerpflichtiger Arbeitslohn angesehen werden. Das gilt insbesondere für die Zuwendungen, die unter die von der Rechtsprechung entwickelten Begriffe der Annehmlichkeiten und der Gelegenheitsgeschenke fallen (vgl. wegen einzelner Beispiele aus der Rechtsprechung Oeftering-Görbing, Das gesamte Lohnsteuerrecht, § 2 Anm. 5b und c). Die Annahme von Arbeitslohn kann ferner dann abzulehnen sein, wenn die Arbeitnehmer außerhalb der erwähnten oder ähnlicher Fälle zwar einen Vorteil aus dem Dienstverhältnis erhalten, wenn bei der Vorteilsgewährung aber wesentlich die Interessen des Arbeitgebers mitsprechen. Das trifft z. B. zu, wenn der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern von ihm hergestellte oder vertriebene Wirtschaftsgüter zu einem Vorzugspreis überläßt, um Diebstähle solcher Wirtschaftsgüter durch Angehörige der Belegschaft möglichst einzuschränken. Ein solches Eigentinteresse des Arbeitgebers spricht auch mit, wenn er seinen Arbeitnehmern Vorzugspreise einräumt, um sie anzuregen, die in Betracht kommenden Wirtschaftsgüter bei dem Arbeitgeber zu kaufen und nicht etwa bei anderen Unternehmen, die, wie das heute weitgehend üblich ist, Abschläge vom üblichen Preis gewähren. Es ist dem FG darin zu folgen, daß die Belegschaft in solchen Fällen einem außerhalb des Unternehmens stehenden Großkunden gleichzustellen ist, zumal sie im Hinblick auf die auf einen längeren Zeitraum gestellten Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer in vielen Fällen als Dauerkunde anzusehen ist. Gewährt der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern Vorteile, die nicht über die Vorteile hinausgehen, die er dritten Personen oder Unternehmen, insbesondere Großkunden und Dauerkunden, einräumt, so rechtfertigt es sich aus den vorstehenden Darlegungen, die Gesamtheit der Belegschaft gleichfalls als Großkunde bzw. Dauerkunde anzusehen und von der Annahme von Arbeitslohn abzusehen.
Der Senat tritt insoweit im Ergebnis dem RFH-Urteil vom 5. Januar 1939 IV 31/38 (RStBl 1939, 299) bei, ohne sich dessen Begründung zu eigen zu machen und ohne die weitergehende Auffassung des RFH hinsichtlich der Rabattgewährung bei Gegenständen des täglichen Bedarfs zu billigen. Er bestätigt damit zugleich insoweit die jahrzehntelange Handhabung der Verwaltung (vgl. LSt-Kartei der Oberfinanzdirektionen Düsseldorf - Köln - Münster Nr. 13 zu § 3 LStDV).
Die verbilligte Gewährung von Dienstleistungen, um die es sich im Streitfall handelt, ist ebenso zu behandeln. Auch hier ist ein Interesse des Arbeitgebers anzuerkennen, die Arbeitnehmer anzuregen, ihre Wertpapiergeschäfte bei der Klägerin abzuwickeln. Die Grenze, bis zu der von der Annahme von Arbeitslohn abgesehen werden kann, ist so zu ziehen, daß den Angehörigen der Belegschaft keine größeren Vorteile gwährt werden als fremden Großkunden oder Dauerkunden. Die Gewährung der Provisionsvorteile an die Arbeitnehmer der Klägerin bewegt sich im Streitfall unstreitig in diesem Rahmen.
Fundstellen
Haufe-Index 70877 |
BStBl II 1974, 413 |
BFHE 1974, 70 |