Entscheidungsstichwort (Thema)
Körperschaftsteuer
Leitsatz (amtlich)
Will der geschäftsführende alleinige Gesellschafter einer GmbH neben der GmbH auf dem dieser im Gesellschaftsvertrag zugewiesenen Gebiet persönlich geschäftlich tätig werden, so ist Voraussetzung für die steuerliche Anerkennung eine von vornherein vereinbarte klare und bis ins einzelne gehende Aufgabenabgrenzung. Andernfalls sind die erzielten Einkünfte als solche der Gesellschaft anzusehen.
Normenkette
KStG § 6 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist bei der Körperschaftsteuerveranlagung 1954 und 1955 die Behandlung von Beträgen, die der alleinige Gesellschafter und Geschäftsführer der Bfin. als seine Einnahmen, das Finanzamt dagegen als Einnahmen der Bfin. ansieht.
Die Bfin. ist eine Einmanngesellschaft. Gegenstand ihres Unternehmens ist laut Auszug aus dem Handelsregister "die Vertretung inländischer und ausländischer technischer, chemischer und anderer Unternehmungen aller Art im In- und Ausland, sowie der Vertrieb und die Herstellung von Apparaten, Maschinen und Fahrzeugen aller Art".
Im Jahre 1954 gelang es dem Gesellschafter-Geschäftsführer der Bfin., anläßlich einer Geschäftsreise nach Japan die bereits im Jahre 1953 angebahnten Verhandlungen über die Lieferung einer Hochdruckkesselanlage zwischen einer deutschen und einer japanischen Firma zum Abschluß zu bringen. Für die der japanischen Firma dabei geleisteten Beratungsdienste zahlte ihm diese einen Betrag von 3.000 Dollar. Ferner erhielt die Bfin. später während des Baues der Anlage durch ihren japanischen Vertreter den Auftrag über die Lieferung der ausgeschriebenen Nebenanlagen.
Desgleichen erhielt die Bfin. in den Streitjahren von einer schweizer Firma 3.955 DM, die als Provision bezeichnet waren und dafür gezahlt wurden, daß der Gesellschafter-Geschäftsführer der Bfin. verschiedene deutsche Firmen auf das schweizerische Unternehmen hingewiesen und sein Hinweis zu Abschlüssen geführt hatte.
Diese hier streitigen Beträge hatte der Gesellschafter- Geschäftsführer der Bfin. in seinen Einkommensteuererklärungen als Einkünfte aus selbständiger Arbeit ausgewiesen. Das Finanzamt hatte gewerbliche Einkünfte als gegeben angesehen, während im Laufe des darüber entstandenen Rechtsstreits das Berufungsgericht Einkünfte der Bfin. angenommen und den Gesellschafter- Geschäftsführer von der Gewerbesteuer freigestellt hatte. Seine Rb. wurde als unzulässig verworfen, da er durch die Freistellung nicht beschwert sei und das Finanzamt durch die Entscheidung der Vorinstanz hinsichtlich der Einordnung der streitigen Beträge als Einkünfte der Bfin. nicht gebunden sei.
Das Finanzamt sah jedoch in übernahme der Auffassung des Berufungsgerichts Provisionseinnahmen der Bfin. als gegeben an, die diese ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer als verdeckte Gewinnausschüttung zugeführt habe.
Einspruch und Berufung der Bfin. blieben ohne Erfolg. Die Vorinstanz begründet ihre Entscheidung wie folgt:
Das Gericht sei in Abwägung aller Umstände der Auffassung, daß die vom Gesellschafter-Geschäftsführer für seine Beratungen und Empfehlungen bezogenen Beträge steuerrechtlich Einnahmen der Bfin. seien. Er sei alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer der Bfin., zu deren Geschäftsbereich u. a. Ausfuhrvermittlungen für technische Erzeugnisse, mithin auch Beratungen und Empfehlungen über die Zweckmäßigkeit der Anschaffung von Maschinen und dergleichen gehörten. Der Gesellschafter-Geschäftsführer der Bfin. sei somit mit seinen Beratungen und Empfehlungen nicht als Privatmann, sondern als Geschäftsführer der Bfin. im Rahmen ihres Geschäftsbereichs tätig geworden. Wolle man es einem Gesellschafter-Geschäftsführer überlassen, zu entscheiden, welche Einkünfte aus einer Betätigung im Geschäftsbereich des Unternehmens ihm persönlich oder dem Unternehmen zustünden, so würde das einer mißbräuchlichen Steuerumgehung gleichkommen (§ 6 StAnpG). Entscheidend sei deshalb, daß die streitigen Vorgänge sich im Rahmen des Geschäftsbereichs der Bfin. abgespielt hätten.
Hiergegen richtet sich die Rb. der Bfin., zu deren Begründung sie folgendes vortragen läßt:
Die Annahme eines Zuflusses von Einnahmen bei der Bfin. sei lediglich die Folge einer rechtlich nicht haltbaren Konstruktion. Es gehe nicht an, das selbständige und eigenverantwortliche Handeln ihres Gesellschafter-Geschäftsführers ihr aus fiskalischen Gründen als eigenes Handeln zu unterstellen, um so zu einem Zufluß der Gegenleistung bei der Bfin. und zur Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung zu gelangen.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist nicht begründet.
Die Vorinstanz ist in übereinstimmung mit der Bfin. davon ausgegangen, daß die streitigen Beträge nicht für die - dem Geschäftsbereich der Bfin. eigene - Vertretungstätigkeit, sondern für Beratungen und Empfehlungen gezahlt worden sind, die ihr Gesellschafter-Geschäftsführer vorgenommen bzw. gegeben hat. Die Vorinstanz hat jedoch - im Gegensatz zur Bfin. - die Gegenleistungen, die dem Gesellschafter-Geschäftsführer der Bfin. bzw. dieser selbst unmittelbar zugeflossen sind, der Bfin. zugerechnet, weil auch die von ihrem Gesellschafter- Geschäftsführer vorgenommenen Beratungen und gegebenen Empfehlungen im Rahmen des Geschäftsbereichs der Bfin. gelegen seien.
Der Bfin. ist darin zuzustimmen, daß der Gesellschafter- Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft außerhalb seiner Geschäftsführertätigkeit für die Gesellschaft auch noch persönlich selbständig oder gewerblich tätig werden kann. Dies setzt jedoch voraus, daß er sich, nachdem er einmal die Gesellschaft zwecks Aufnahme einer von seiner persönlichen abgegrenzten Geschäftstätigkeit ins Leben gerufen hat, nicht anders als ein der Gesellschaft fremd gegenüber stehender Geschäftsführer jeder die Interessen der Gesellschaft schädigenden oder beeinträchtigenden Tätigkeit enthält. Bewegt er sich gleichwohl mit seiner persönlichen Tätigkeit auf dem gleichen Gebiet, auf dem er auch als Geschäftsführer der Gesellschaft für diese tätig wird, so hat er überdies von vornherein für eine klare und bis ins einzelne gehende Abgrenzung seiner persönlichen von seiner Geschäftsführertätigkeit in geeigneter Weise Sorge zu tragen. Insoweit müssen hier die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über die Klarstellung der Rechtsbeziehungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter entsprechend angewendet werden (Urteile des Bundesfinanzhofs I 4-5/55 U vom 31. Juli 1956, BStBl 1956 III S. 288, Slg. Bd. 63 S. 237; I 11/58 S vom 5. Mai 1959, BStBl 1959 III S. 369, Slg. Bd. 69 S. 286). Fehlt es an solchen die Abgrenzung bis ins einzelne von vornherein klarstellenden Vereinbarungen, so muß davon ausgegangen werden, daß der Gesellschafter-Geschäftsführer für die Gesellschaft tätig geworden ist. Keinesfalls kann es dem Gesellschafter-Geschäftsführer der Kapitalgesellschaft überlassen bleiben, jeweils von Fall zu Fall darüber zu entscheiden, welche - im Rahmen des gleichen Geschäftsbereichs ausgeführten - Geschäfte er der Gesellschaft und welche er seiner persönlichen Tätigkeit zurechnen will.
Der Gesellschafter-Geschäftsführer der Bfin. hat in einem an sein Finanzamt gerichteten Schreiben vom 13. April 1956 dargelegt, daß die Zahlung der 3.000 Dollar für seine Beratungstätigkeit im Zusammenhang mit der Vermittlung eines Vertragsabschlusses erfolgte, dessen Ausführung auch der Bfin. noch einen eigenen Lieferungsauftrag einbrachte. Wenn die Vorinstanz daraus den Schluß zog, daß die Beratung und die Vermittlung des Abschlusses über die Lieferung der Hochdruckkesselanlage so eng miteinander verbunden seien, daß diese Verbindung auch die Beratungstätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers der Bfin. notwendig in den Bereich seiner Geschäftsführungstätigkeit für die Bfin. verweise, so ist das nicht zu beanstanden. Das gilt um so mehr, als auch der steuerliche Berater der Bfin. diese Auslegung in seinem Schreiben vom 22. November 1957 als möglich einräumte. Der Senat war danach an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz gebunden (§§ 288, 296 Abs. 1 AO).
Was die von der Schweizer Firma als Provisionszahlung bezeichnete überweisung betrifft, so sprechen ebenfalls die vom Gesellschafter-Geschäftsführer der Bfin. im Schreiben vom 13. April 1956 geschilderten Umstände für die Feststellung der Vorinstanz, daß der streitige Betrag vom Leistenden als Provision gedacht war, ohne daß dabei eine Unterscheidung zwischen dem Gesellschafter-Geschäftsführer der Bfin. persönlich und der von ihm als Geschäftsführer vertretenen Gesellschaft gemacht wurde. Der Umstand, daß die Geschäfte zwischen den deutschen Firmen und der ihnen vom Gesellschafter-Geschäftsführer der Bfin. empfohlenen Schweizer Firma direkt abgeschlossen wurden, steht dieser Annahme nicht entgegen. Der Senat war danach auch insoweit an die tatsächlichen und in übereinstimmung mit dem Akteninhalt getroffenen Feststellungen der Vorinstanz gebunden.
Da nach diesen tatsächlichen Feststellungen die streitigen Beträge der Bfin. zugeflossen sind, war ihre überlassung an den Gesellschafter-Geschäftsführer außerhalb einer offenen Ausschüttung als verdeckte Gewinnausschüttung zu beurteilen und ihrem Betriebsergebnis außerhalb der Bilanz der Streitjahre hinzuzurechnen (vgl. § 6 Abs. 1 KStG).
Fundstellen
Haufe-Index 411903 |
BStBl III 1966, 123 |
BFHE 1966, 342 |
BFHE 84, 342 |
BB 1966, 317 |
DB 1966, 486 |
DStR 1966, 219 |