Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht/Abgabenordnung Bewertung Bewertung/Vermögen-/Erbschaft-/Schenkungsteuer
Leitsatz (amtlich)
Für die Bestimmung des Fortschreibungszeitpunktes in einem von Amts wegen auf Grund veränderter rechtlicher Auffassung ergehenden Wertfortschreibungsbescheid ist nicht maßgeblich, wann das Finanzamt den Fehler festgestellt hat.
Normenkette
AO § 225a/2/1; BewG § 22
Tatbestand
Streitig ist die Zulässigkeit der Wertfortschreibung des Einheitswertes für das Grundstück der Beschwerdeführerin (Bfin.) auf den 1. Januar 1948. Das Grundstück war für den 1. Januar 1935 nach einem Vielfachen der Jahresrohmiete bewertet worden. Auf Grund einer Mitteilung der Bauaufsichtsbehörde über einen Werkstatt- und Garagenneubau auf diesem Grundstück im Jahre 1950 nahm das Finanzamt eine Prüfung vor, ob eine Wertfortschreibung aus diesem Grunde vorzunehmen sei. Dabei kam das Finanzamt zu der überzeugung, daß die Einheitswertfeststellung auf den 1. Januar 1935 wegen Nichtanwendung des § 52 Abs. 2 des Bewertungsgesetzes - BewG - (RBewG) fehlerhaft gewesen sei. Durch die mit der Sprungberufung angefochtene Wertfortschreibung wurde der Bewertungsfehler mit Wirkung vom 1. Januar 1948 beseitigt. Die Bfin. hält die Wertfortschreibung für unzulässig. Sie bemängelt auch die Höhe des für den Grund und Boden angesetzten Wertes. Das Finanzgericht hat den Bedenken der Bfin. hinsichtlich der Höhe des angesetzten Wertes durch Zubilligung eines Abschlags Rechnung getragen. Im übrigen hat es die Wertfortschreibung aufrechterhalten.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) gegen das Urteil des Finanzgerichts ist unbegründet.
Rechtsgrundlage für die Wertfortschreibung ist § 22 Abs. 1 BewG (RBewG) 1934. Danach genügt es für die Zulässigkeit der Wertfortschreibung, daß der Wert, der sich für den Beginn eines Kalenderjahres ergibt, in dem dort vorgeschriebenen Ausmaß von dem Einheitswert des letzten Feststellungszeitpunktes abweicht. Der Reichsfinanzhof hat in dem Urteil III 303/37 vom 31. März 1938 (Slg. Bd. 43 S. 325) ausgesprochen, daß das Abweichen des Einheitswertes nicht auf einer Veränderung des Wertes der zu bewertenden wirtschaftlichen Einheit zu beruhen braucht, daß vielmehr nach der Fassung des § 22 BewG (RBewG) 1934 die Wertfortschreibung auch bei änderung der rechtlichen Auffassung über die Bewertung und damit zwecks Berichtigung eines Bewertungsfehlers mit Wirkung für die Zukunft vorgenommen werden könne. Hiernach kann auch eine zu Unrecht unterlassene Mindestbewertung zu einer Wertfortschreibung führen. Die Bfin. hält diese Entscheidung für unzutreffend, weil sie auf nationalsozialistischen Gedankengängen beruhe und das Prinzip der Rechtskraft einseitig zum Nachteil der Steuerpflichtigen aufhebe. Dem kann nicht gefolgt werden. Maßgebend für die Auffassung des Reichsfinanzhofs war die änderung des Wortlautes des § 22 Abs. 1 BewG (RBewG) 1934 gegenüber § 24 Abs. 1 BewG (RBewG) 1931 und § 75 Abs. 1 BewG (RBewG) 1925. Für diese Rechtsansicht spricht auch die Erwägung, daß die lange Geltungsdauer der Einheitswerte die Berichtigung fehlerhafter Einheitswerte erfordert. Es handelt sich insoweit nicht um eine Fehlerberichtigung, die nur zugunsten des Steuergläubigers zugelassen wurde, sondern sie gilt auch zugunsten des Steuerpflichtigen. Danach kann von einer einseitigen Bevorzugung des Steuergläubigers keine Rede sein. Der Bundesfinanzhof ist der Auslegung des § 22 a. a. O. durch den Reichsfinanzhof in dem Urteil III 110/50 S vom 24. Januar 1952 (Bundessteuerblatt 1952 Teil III S. 84) mit eingehender Begründung beigetreten. Hieran wird festgehalten. Gegen die Vornahme der Wertfortschreibung auf den 1. Januar 1948 bestehen keine Bedenken. Das Finanzamt hätte die Wertfortschreibung sogar auf einen noch früheren Zeitpunkt vornehmen können, es sei denn, daß sämtliche auf ihr beruhenden Steuern unzweifelhaft bereits verjährt gewesen wären. Wenn das Finanzamt im Streitfall davon Abstand genommen hat, den Einheitswert auf einen früheren Zeitpunkt fortzuschreiben, so lag dies in seinem Ermessen. Die Auffassung der Bfin., daß das Finanzamt auf den Bewertungsfehler erst im Jahre 1950 gestoßen und der früheste Wertfortschreibungszeitpunkt daher der 1. Januar 1951 sei, ist unzutreffend (Urteil des Reichsfinanzhofs III 176/41 vom 29. Januar 1942, Slg. Bd. 51 S. 151 bes. S. 153, dem der Senat beitritt).
Die Rb. war hiernach als unbegründet zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 307 der Reichsabgabenordnung.
Fundstellen
Haufe-Index 407425 |
BStBl III 1952, 189 |
BFHE 1953, 490 |
BFHE 56, 490 |