Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Ersatzleistungen des Eigentümers an den abziehenden Pächter für Bodenbestellungskosten sind keine Aufwendungen auf den Grund und Boden (ß 4 Abs. 1 letzter Satz EStG), sondern abzugsfähige Betriebsausgaben. Dem Urteil des Reichsfinanzhofs VI 223/43 vom 1. März 1944 (RStBl 1944 S. 532) wird nicht beigetreten.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, § 13/1
Tatbestand
Die Vorinstanzen haben es abgelehnt, einen Betrag von 3000 DM, den die Beschwerdeführerin (Bfin.) bei Rückübernahme eines bis zum 31. Januar 1952 verpachteten landwirtschaftlichen Betriebes in Eigenbewirtschaftung an ihre frühere Pächterin gezahlt hat, gewinnmindernd zu berücksichtigen. Nach dem Pachtvertrag mußte die Pächterin bei Ablauf der Pachtung die äcker so eingesät zurückgeben, wie sie sie bei Pachtbeginn übernommen hatte. Sie hatte zum 1. Februar 1952 eine größere Fläche mit Weizen eingesät, als sie bei Beginn der Pachtung übernommen hatte. Für diesen Mehraufwand für Saatgut und Bodenbearbeitung erhielt sie von der Bfin. eine Entschädigung von 3000 DM, die die Bfin. gewinnmindernd im Rumpfwirtschaftsjahr 1. Februar bis 30. Juni 1952 verbuchte. Das Finanzgericht stützt die Ablehnung des Abzugs von 3000 DM unter Hinweis auf die Entscheidung des Reichsfinanzhofs VI 223/43 vom 1. März 1944 (Reichssteuerblatt - RStBl - 1944 S. 532) auf § 4 Abs. 1 letzter Satz des Einkommensteuergesetzes (EStG), wonach der Wert des Grund und Bodens, der zum Anlagevermögen gehöre, außer Ansatz bleibe. Zum Grund und Boden zähle bei Landwirten auch das Feldinventar. Die Bfin. ist der Ansicht, daß die Bestimmung über die Nichtberücksichtigung des Wertes von Grund und Boden dann nicht anwendbar sei, wenn dies zu einem wirtschaftlich unrichtigen Ergebnis führe. Ein wirtschaftlich unrichtiges Ergebnis liege darin, daß sie den gesamten Erlös für die Ernte als Gewinn versteuern müsse, obwohl sie einen Teil der Bestellungskosten dem Pächter habe ersetzen müssen.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Bei Anwendung des Urteil VI 223/43 wird ein wirtschaftlich gleicher Aufwand steuerlich ungleich behandelt, je nach dem die abziehende Pächterin oder erst die übernehmende Eigentümerin (die Bfin.) ausgesät hat. Hätte die abziehende Pächterin die Ackerfläche in dem Zustand zurückgegeben, wie sie sie übernommen hatte, so hätte die Bfin. selbst aussäen müssen und dadurch 3000 DM Bestellungskosten im Rumpfwirtschaftsjahr 1. Februar 1952 bis 30. Juni 1952 als Betriebsausgaben abziehen können. Dadurch hätte sich der von ihr ausgewiesene Verlust um weitere 3000 DM erhöht.
Tatsächlich entstandene Bewirtschaftungskosten müssen steuerlich als Betriebsausgaben das Ergebnis mindern können. Im Streitfall hat die Bfin., nicht die frühere Pächterin den Aufwand in Höhe von 3000 DM getragen. Er gehört deshalb zu ihren Betriebsausgaben, die ihren entsprechenden Einnahmen aus der Ernte gegenüberstehen. Der Grundsatz, daß wirtschaftlich gleicher Aufwand auch steuerlich gleich behandelt werden muß, hat den Vorrang vor den Erwägungen, die in dem Urteil VI 223/43 unter Bezugnahme auf den Erlaß den Reichsministers der Finanzen vom 23. Juli 1938 - S. 2141 - 70 III (RStBl 1938 S. 721) angestellt sind. Dieser Erlaß bindet die Steuergerichte nicht. Im Verhältnis Verpächter - Pächter handelt es sich bei den Ersatzleistungen für Bodenbestellungskosten nicht um den Ansatz des Wertes von Grund und Boden im Sinn von § 4 Abs. 1 letzter Satz EStG, sondern um den Ausgleich von schuldrechtlichen Forderungen und Gegenforderungen aus dem Pachtvertrag, denen Betriebsausgaben zugrunde liegen. Diese schuldrechtlichen Forderungen und Gegenforderungen sind bei einem anderen Bilanzposten als dem Festwert Grund und Boden zu erfassen. Der ersetzte Aufwand von 3000 DM ist bei der Bfin. abzugsfähige Betriebsausgabe und bei der Empfängerin steuerpflichtige Betriebseinnahme. Danach muß die Vorentscheidung aufgehoben werden. Das Finanzamt hat den Feststellungsbescheid zu ändern.
Fundstellen
Haufe-Index 408817 |
BStBl III 1957, 323 |
BFHE 1958, 231 |
BFHE 65, 231 |
BB 1957, 989 |
DB 1957, 1115 |