Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Abschn. 132 EStR 1951 ist kein Milderungserlaß, der von den Steuergerichten zu beachten ist.
Zur Frage von Arbeitsverhältnissen zwischen Eltern und Kindern in der Landwirtschaft.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 1, § 4/4, § 12 Nr. 1, § 13
Tatbestand
Der Steuerpflichtige (Stpfl.), ein buchführender Landwirt, brachte bei der Gewinnermittlung für das Wirtschaftsjahr 1951/1952 für die Mitarbeit eines Sohnes einen Betrag von 900 DM, den er als die Hälfte des ortsüblichen Arbeitslohnes eines volljährigen Knechtes bezeichnete, in Abzug. Das Finanzamt erkannte nur 600 DM an, weil dieser Betrag auf Grund einer Rundverfügung der Oberfinanzdirektion bei Landwirten, deren Gewinn nach der Verordnung über die Aufstellung von Durchschnittsätzen für die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft (VOL) ermittelt werde, angesetzt werde. Der Einspruch blieb ohne Erfolg:
Das Finanzgericht gab der Berufung statt und begründete seine Entscheidung wie folgt: Zwischen der Gewinnermittlung bei buchführenden Landwirten und der VOL-Besteuerung bestehe kein Zusammenhang. § 4 Abs. 2 VOL, wonach für die Mitarbeit eines männlichen Familienangehörigen dem Grundbetrag der halbe ortsübliche Lohn eines Knechtes zuzusetzen sei, wolle eine Gleichstellung mit den Betrieben, die nur mit fremden Arbeitskräften arbeiteten, erreichen. Gemäß § 4 Abs. 6 VOL hätten die oberen Finanzbehörden die ortsüblichen Arbeitslöhne festzusetzen. Diese Sätze seien zwar bei der VOL-Besteuerung verbindlich, bei buchführenden Landwirten aber müßten die tatsächlichen ortsüblichen Löhne berücksichtigt werden. Daß in Abschn. 132 Abs. 1 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1951 auf § 4 Abs. 2 VOL hingewiesen sei, besage nicht, daß die Sätze der VOL maßgebend sein sollten. Wäre das beabsichtigt, so wäre auf § 4 Abs. 6 VOL hingewiesen worden. Die süddeutschen Finanzverwaltungen gingen denn auch davon aus, daß nicht die Sätze der VOL, sondern die tatsächlich gezahlten ortsüblichen Löhne anzusetzen seien (Deutsche Steuer-Zeitung, Eildienst, 1953 S. 202).
In der Rechtsbeschwerde (Rb.), die das Finanzgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen hat, hält der Vorsteher des Finanzamts an seiner bisherigen Auffassung fest. Das Niedersächsische Finanzministerium hat inzwischen im Erlaß vom 16. November 1953 zugelassen, daß buchführende Landwirte ab dem Wirtschaftsjahr 1952/1953 die Hälfte des ortsüblichen Lohnes abziehen können. Der Vorsteher des Finanzamts ist der Auffassung, daß diese Regelung nicht auf das streitige Wirtschaftsjahr 1951/1952 zurückwirke.
Entscheidungsgründe
Die Rb. führt zur Aufhebung der Vorentscheidung.
Das Finanzgericht legt den Abschn. 132 EStR 1951 aus, ohne zu prüfen, ob es als Steuergericht dazu berufen war. Nach der ständigen Rechtsprechung können die Steuergerichte Verwaltungsanweisungen nur anwenden und auslegen, wenn es sich um sogenannte Milderungserlasse aus der Zeit vor Inkrafttreten des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) handelt. Unter Milderungserlassen versteht man dabei Steuermilderungen, die die obersten Verwaltungsbehörden allgemein aus Billigkeitsgründen auf Grund von § 13 der Reichsabgabenordnung (AO) angeordnet haben. Wegen der Entwicklung der Rechtsprechung wird auf das Urteil des Bundesfinanzhofs I 94/54 U vom 16. November 1954 (Bundessteuerblatt - BStBl. - 1955 III S. 6) hingewiesen.
Nach Auffassung des Senats ist Abschn. 132 EStR 1951 kein Milderungserlaß in diesem Sinn. Der Reichsminister der Finanzen gewährte seit langer Zeit für Kinder, die im landwirtschaftlichen Betrieb der Eltern mitarbeiteten, aus Billigkeitsgründen steuerliche Erleichterungen in ähnlicher Form, wie sie in Abschn. 132 Abs. 1 EStR 1951 vorgesehen sind. Diese Billigkeitsmaßnahme ging ursprünglich auf einen Reichstags-Beschluß vom 31. März 1926 zurück, wonach die Verwaltung für die in einem landwirtschaftlichen Betrieb mitarbeitenden Familienangehörigen eine entgegenkommende Behandlung treffen sollte. Der Reichsminister der Finanzen trug dem in Abschn. D III seines Erlasses vom 12. August 1926 (Reichssteuerblatt 1926 S. 277) Rechnung. Die Billigkeitsregelung wurde in Abschn. 8 EStR 1934 (Reichssteuerblatt 1935 S. 383) mit einigen änderungen übernommen. Land- und Forstwirte konnten danach für volljährige mitarbeitende Kinder die Hälfte des ortsüblichen Lohnes für eine fremde Arbeitskraft vom Gewinn absetzen. Im Abschn. 89 EStR 1946 wurde die Vergünstigung auf Kinder ausgedehnt, die bei Beginn des Wirtschaftsjahres das 17. Lebensjahr vollendet hatten. Im Abschn. 132 Abs. 2 EStR II/1948 und 1949 wurde erstmalig bestimmt, daß statt des erwähnten Abzugs bei buchführenden Betrieben für mitarbeitende Kinder, die zu Beginn des Wirtschaftsjahres das 19. Lebensjahr vollendet hatten, in allen Fällen aus Billigkeitsgründen ein Dienstverhältnis anerkannt werden könne, sofern ein ernstlich gemeinter Arbeitsvertrag geschlossen sei, der vereinbarte Barlohn mindestens in Höhe des Tariflohns gezahlt werde und die Lohnsteuer und die Sozialversicherungsbeiträge einbehalten und abgeführt würden. In Abschn. 132 Abs. 2 EStR 1951 wurde diese Vergünstigung auch auf nichtbuchführende Land- und Forstwirte erweitert.
Im Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 359/31 vom 25. Februar 1931 (Slg. Bd. 28 S. 92, Reichssteuerblatt 1931 S. 277), das sich mit dem erwähnten Erlaß des Reichsministers der Finanzen vom 12. August 1926 befaßte, hat der Reichsfinanzhof ausgesprochen, daß die Steuermilderung in Form des Abzugs vom Gewinn eine auf § 108 Abs. 1 AO alter Fassung (jetzt § 131 AO), nicht aber auf § 13 AO gestützte Milderungsmaßnahme der Verwaltungsbehörden sei. Die Steuerpflichtigen hätten infolgedessen keinen im Rechtsmittelverfahren vor den Steuergerichten verfolgbaren Anspruch darauf, daß die Verwaltung ihnen die Vergünstigung gewähre; sie könnten vielmehr gegen eine ablehnende Entscheidung der Finanzämter nur die vorgesetzten Verwaltungsbehörden anrufen (vgl. Hoffmann, Steuer und Wirtschaft 1948 S. 114). Es kann dahingestellt bleiben, ob diese Auffassung des Reichsfinanzhofs auch für die in Abschn. 8 EStR 1934 und in den späteren Richtlinien getroffene ähnliche Regelung gilt. Denn selbst, wenn der Reichsminister der Finanzen nach 1933 eine entsprechende Regelung auf Grund von § 13 AO hätte erlassen können und erlassen hätte, so ist doch jedenfalls durch die EStR II/1948 und 1949 die bis dahin geltende Regelung so wesentlich geändert worden, daß die neue und der vorangegangene Zustand nicht mehr als gleich angesehen werden können, vielmehr eine Neuregelung getroffen worden ist. Im Abschn. 132 EStR II/1948 und 1949 wurde nämlich nicht nur wie bisher der Abzug des halben ortsüblichen Arbeitslohns einer fremden Arbeitskraft zugelassen, sondern allgemein auch die Möglichkeit gegeben, entgegen der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs aus Billigkeitsgründen Arbeitsverhältnisse zwischen Eltern und Kindern anzuerkennen. Während der Abzug der Hälfte des ortsüblichen Lohnes sich nur auf den landwirtschaftlichen Gewinn der Eltern auswirkte und der abgesetzte Betrag nicht etwa als (steuerpflichtiger) Arbeitslohn der Kinder anzusehen war, führte die Regelung des Abschn. 132 Abs. 2 EStR II/1948 und 1949 dazu, daß die Eltern den vollen Arbeitslohn vom Gewinn absetzen konnten, der aber dann nach allgemeinen Grundsätzen als Arbeitslohn bei den Kindern der Einkommensteuer (Lohnsteuer) unterlag. Abschn. 132 EStR II/1948 und 1949 gewährte den Beteiligten ein Wahlrecht, welche von mehreren Regelungen sie in Anspruch nehmen wollten. Die steuerlichen Auswirkungen bei den einzelnen Regelungen waren verschieden. Die Gesamtregelung, die Abschn. 132 EStR II/1948 und 1949 traf, ging also in verschiedener Hinsicht über den bisherigen Zustand hinaus. Abschn. 132 Abs. 2 EStR 1951 erweiterte diese Regelung noch dadurch, daß auch bei nicht buchführenden Land- und Forstwirten entgegen der bisherigen übung Arbeitsverhältnisse zwischen Eltern und Kindern anerkannt wurden. Auffallend ist auch, daß seit den EStR 1946 für den Abzug des halben ortsüblichen Arbeitslohnes die Vollendung des 17. Lebensjahres genügte, während nach Abschn. 132 Abs. 2 EStR II/1948 und 1949 für die Anerkennung eines Arbeitsverhältnisses das Kind das 19. Lebensjahr vollendet haben mußte. Die Abweichung ist nicht ohne weiteres verständlich, da ernsthafte Mitarbeit in beiden Fällen Voraussetzung für einen Abzug bei der Gewinnermittlung war. Zieht man die Gesamtregelung, wie sie seit Abschn. 132 EStR II/1948 und 1949 getroffen wurde, in Betracht, muß man annehmen, daß es sich weniger um eine Billigkeitsmaßnahme handelte, als um eine Anordnung durch die verwaltungsmäßig die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs ausgeschaltet werden sollte, die Arbeitsverhältnisse zwischen Eltern und Kindern in der Landwirtschaft nur mit starken Einschränkungen anerkannt hatte. Daß diese überlegung Ausgangspunkt für die Regelung war, ergibt sich aus dem Einleitungssatz zu Abschn. 132 Abs. 1 EStR II/1948 und 1949. Nach Auffassung des Senats wollten die Verwaltungsbehörden in Abschn. 132 EStR II/1948 und 1949 und in den späteren Richtlinien die Frage der Mitarbeit von Kindern in der elterlichen Landwirtschaft außerhalb des Gesetzes und abweichend von der Auslegung der Rechtsprechung für die Verwaltung umfassend regeln. Eine solche Maßnahme wäre bis zum Inkrafttreten des GG (23. Mai 1949) möglicherweise durch § 13 AO gedeckt gewesen. Nach Inkrafttreten des GG konnten aber die unter dem 5. Juli 1950 ergangenen EStR II/1948 und 1949 sich für eine solche Regelung nicht mehr auf die Ermächtigung des § 13 AO stützen (Art. 129 Abs. 3 GG). Es hätte vielmehr einer speziellen gesetzlichen Ermächtigung für die Neuregelung bedurft (Art. 80 Abs. 1 GG).
Nach allem kommt der Senat zu dem Ergebnis, daß Abschn. 132 EStR II/1948 und 1949 sowie die entsprechenden Regelungen in den späteren Richtlinien, vor allem auch der hier streitige Abschn. 132 EStR 1951, nicht einen von den Steuergerichten anzuwendenden und auszulegenden Milderungserlaß im Sinne der bisherigen Rechtsprechung darstellen. Es handelt sich um eine Verwaltungsanweisung, die die Steuergerichte nicht bindet. Die Vorentscheidung war, weil sie das verkannt hat, aufzuheben.
Die nicht spruchreife Sache wird an das Finanzgericht zurückverwiesen, das bei der erneuten Entscheidung die folgenden rechtlichen Gesichtspunkte zu beachten hat: Land- und Forstwirte, die den Gewinn nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermitteln, können Aufwendungen für die Mitarbeit von Familienangehörigen im Betrieb absetzen, wenn die Aufwendungen Betriebsausgaben sind. d. h. wenn sie durch den Betrieb veranlaßt sind (ß 4 Abs. 4 EStG). Die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs hat überwiegend die Mitarbeit von Kindern in der Landwirtschaft der Eltern auf Grund typischer Betrachtungsweise als Angelegenheit der privaten Lebensführung (ß 12 Ziff. 1 EStG), nicht des Betriebes, angesehen. Er hat die Auffassung hauptsächlich darauf gestützt, daß in der Landwirtschaft der Abschluß von Arbeitsverhältnissen zwischen Eltern und Kindern im allgemeinen nicht üblich sei (Urteile des Reichsfinanzhofs VI A 69/29 vom 15. Januar 1930, Reichssteuerblatt 1930 S. 265; VI A 967/30 vom 17. Juli 1930, Reichssteuerblatt 1930 S. 706); die Mitarbeit der haushaltszugehörigen Familienangehörigen, einschließlich der volljährigen Kinder, geschehe vorwiegend auf Grund von § 1617 BGB im Rahmen des Familienverhältnisses (Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 1057/31 vom 27. Januar 1932, Reichssteuerblatt 1932 S. 1021) und im Hinblick auf die künftige Erbschaft. In den Urteilen des Reichsfinanzhofs VI A 91/34 vom 31. Oktober 1934 (Reichssteuerblatt 1935 S. 91) und VI 191/38 vom 24. August 1938 (Reichssteuerblatt 1938 S. 979) wurde einschränkend hervorgehoben, daß Arbeitsverhältnisse auch in der Landwirtschaft anerkannt werden könnten, "wo die Umstände des Falles für ein solches Verhältnis sprechen". An welche Umstände dabei gedacht war, wurde nicht abschließend klargestellt. In den damals entschiedenen Fällen handelte es sich um größere landwirtschaftliche Betriebe, in denen die entsprechend vorgebildeten Schwiegersöhne und Söhne eine volle Arbeitskraft im elterlichen Betrieb ersetzten. Die erwähnten Urteile betonten, daß die Einschränkung in der Anerkennung von Arbeitsverhältnissen nur bei kleineren bäuerlichen Betrieben gelte. Welche Betriebe dabei als "kleinere bäuerliche Betriebe" anzusehen waren, wurde ebenfalls nicht abschließend klargestellt.
Der Senat ist der Auffassung, daß die bisherige Rechtsprechung zur Frage von Arbeitsverhältnissen zwischen Eltern und Kindern in der Landwirtschaft zumindest wegen der inzwischen eingetretenen Entwicklung der Verhältnisse (ß 1 Abs. 2 des Steueranpassungsgesetzes - StAnpG -) einer überprüfung bedarf. Die wirtschaftlichen Verhältnisse in der Landwirtschaft haben sich infolge der Technisierung und der Wandlung in den Bewirtschaftungsmethoden weitgehend geändert. Die traditionelle bäuerliche Haltung, die den Hof in den Mittelpunkt des Denkens der Familie stellte und mehr oder minder alles auf ihn bezog, hat sich weithin gewandelt; ein mehr kaufmännisches Denken ist vielfach an seine Stelle getreten. Unter dem Einfluß der Verhältnisse ist auch die Art der landwirtschaftlichen Arbeit im allgemeinen anders geworden. Sie ist nicht mehr überwiegend mechanisch. Die Erfahrungen der Technik, der Biologie, der Chemie, der Betriebswirtschaftslehre usw. müssen laufend berücksichtigt werden, wenn ein Betrieb wirtschaftlich gedeihen soll. Die junge Generation wird in mannigfacher Weise fachlich vorgebildet; sie ist nicht selten die entscheidende Triebkraft zur Verbesserung der Bewirtschaftungsmethoden. Es ist unter diesen Umständen nicht einzusehen, warum Arbeitsverhältnisse in der Landwirtschaft in wesentlich kleinerem Umfange anerkannt werden sollten, als es im Bereich der gewerblichen Wirtschaft nach anfänglichem Schwanken durch das Urteil des Reichsfinanzhofs VI 803 und 804/38 vom 21. Dezember 1938 (Reichssteuerblatt 1939 S. 261) geschehen ist. Die bisherige verallgemeinernde Betrachtung der Verhältnisse (Typisierung) führt zu einer Einschränkung in der Berücksichtigung der Verhältnisse des Einzelfalles und vor allem auch der rechtlichen Gestaltungsfreiheit der Steuerpflichtigen. Die neue Rechtsprechung hat in verschiedenem Zusammenhang den Grundsatz herausgestellt, daß das Steuerrecht nicht die bürgerlich-rechtlichen Verhältnisse zu gestalten habe, sondern daß es grundsätzlich an die bürgerlich-rechtlichen Formen anknüpfen müsse, die die Beteiligten frei gestalten könnten, solange kein Mißbrauch vorliege. Aus dieser Erwägung ist z. B. auch die enge Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs zur Frage eines Gesellschaftsverhältnisses zwischen Eltern und Kindern in der Landwirtschaft im Urteil des Bundesfinanzhofs I 133/52 U vom 26. November 1952 (Slg. Bd. 57 S. 34, BStBl 1953 III S. 13) aufgelockert worden. Die bisherige Rechtsprechung führt im Ergebnis dazu, in vielen Fällen den Ertrag der ganzen mitarbeitenden Familie beim Betriebsinhaber (Vater) zu versteuern. Die dadurch ausgelöste Tarifprogression ist insbesondere unter den gegenwärtigen angespannten Steuersätzen schwer zu vertreten. Es ist nicht einzusehen, warum nicht ernsthaft und wirtschaftlich vernünftige Vereinbarungen zwischen Eltern und Kindern anerkannt werden sollen, auch wenn sie zu einer Steuerminderung führen (Urteil des Bundesfinanzhofs IV 246/50 S vom 22. August 1951, Slg. Bd. 55 S. 449, BStBl III S. 181). Die Erwägung, daß die Mitarbeit der Familienangehörigen im Hinblick auf die künftige Erbschaft geleistet werde, trifft in dieser Allgemeinheit jedenfalls gegenwärtig nicht zu. Aus dem gleichen Grund müßten auch Arbeitsverhältnisse zwischen Eltern und Kindern in der gewerblichen Wirtschaft in vielen Fällen abgelehnt werden. Wäre die überlegung richtig, so müßten Arbeitsverhältnisse mindestens dann als möglich angenommen werden, wenn die mitarbeitenden Familienangehörigen nicht als Erben berufen sind. Es leuchtet auch nicht ein, wie in dem erwähnten Urteil VI 191/38 vom 24. August 1938 schon angedeutet ist, warum Miterben, die im elterlichen Betrieb nicht mitgearbeitet haben, daraus Nutzen ziehen sollten, daß die mitarbeitenden Familienangehörigen ihre Arbeitskraft dem Betrieb unentgeltlich zur Verfügung stellen mußten und damit zur Erhöhung des Nachlasses beigetragen haben. Gerade im Hinblick auf die Erbverhältnisse scheint es gerechter, mitarbeitenden Familienangehörigen die Möglichkeit zu geben, das Entgelt für ihre Mitarbeit auch steuerlich vorweg in Form von Arbeitslohn zu erhalten.
Nach allem ist der Senat der Auffassung, daß die Ablehnung von Arbeitsverhältnissen zwischen Eltern und Kindern in der Landwirtschaft mit im bisherigen Umfang aufrechterhalten werden sollte. Bürgerlich-rechtlich wirksam vereinbarte und ernsthafte Arbeitsverträge zwischen Eltern und Kindern müssen grundsätzlich auch steuerlich anerkannt werden. Die Arbeitsverträge brauchen nicht schriftlich oder mündlich ausdrücklich geschlossen zu sein. Sie können sich, wie bei Arbeitsverhältnissen zwischen Fremden, auch aus den Umständen ergeben. Eine besondere Rolle spielt dabei, ob die Arbeitskraft des Kindes im Betrieb benötigt wird, so daß eine fremde Arbeitskraft eingestellt werden müßte, wenn das Kind nicht mitarbeitete. Es kommt auch darauf an, ob alle Folgerungen aus dem behaupteten Arbeitsverhältnis gezogen worden sind, insbesondere auch für die Sozialversicherung, ob das Kind den Lohn in der üblichen Form und Höhe tatsächlich ausgezahlt erhalten hat usw. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein ernsthaftes Arbeitsverhältnis vorliegt, sind alle Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen.
Die bisherigen Feststellungen des Finanzgerichts lassen keinen eindeutigen Schluß zu, ob unter Zugrundelegung der Vorstehenden Rechtsgrundsätze ein ernsthaftes Arbeitsverhältnis zwischen dem Beschwerdegegner und seinem Sohn anerkannt werden kann. Liegt ein Arbeitsverhältnis vor, so ist der an den Sohn gezahlte Lohn, zu dem neben dem Barlohn auch die freie Station gehört (Urteil des Reichsfinanzhofs VI 803 und 804/38 vom 21. Dezember 1938, Reichssteuerblatt 1939 S. 261), beim Gewinn des Beschwerdegegners zu berücksichtigen. Kann das Finanzgericht indes ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Beschwerdegegner und seinem Sohn nicht feststellen, so kann wegen der Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung des Abschn. 132 Abs. 1 EStR 1951 der Beschwerdegegner nur die dem Finanzamt vorgesetzten Verwaltungsbehörden anrufen.
Fundstellen
Haufe-Index 408130 |
BStBl III 1955, 102 |
BFHE 1955, 262 |
BFHE 60, 262 |