Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer, Lohnsteuer, Kirchensteuer
Leitsatz (amtlich)
Das Finanzgericht ist im Berufungsverfahren gemäß § 4 Absatz 2 Satz 2 EStG 1939 auch dann berechtigt, seine Zustimmung zur änderung der Vermögensübersicht (Bilanz) zu geben, wenn sich die Ablehnung der Bilanzänderung durch das Finanzamt innerhalb der gesetzlichen Ermessensgrenzen bewegt hat.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 2 S. 2
Tatbestand
Die Firma, eine OHG, hat für den Veranlagungszeitraum I/1948 einen Gewinn von 62.738 RM erklärt. In der RM-Schlußbilanz auf den 20. Juni 1948 hat sie die Rücklage für Ersatzbeschaffung (RfE) in Höhe von 59.065 RM, die bisher bestanden hatte, gewinnerhöhend aufgelöst. Das Finanzamt hat durch einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheid den Gewinn entsprechend festgestellt. Durch Einspruch hat die Firma die Herabsetzung des Gewinns auf 3.673 RM beantragt, weil keine Veranlassung zur Auflösung der Rücklage bestanden habe, da sie nicht in die DM-Eröffnungsbilanz zu übernehmen wäre. Sie hat eine entsprechend geänderte Bilanz eingereicht. Das Finanzamt lehnte den Antrag entsprechend einer Anweisung in dem Erlaß der Gemeinsamen Steuer- und Zollabteilung - S 2158 - 39/St 1 C - vom 27. Januar 1950 ab. Das Finanzgericht gab der Berufung statt. Die Firma sei lediglich durch die seinerzeitige unklare Rechtslage, die infolge der späten Verkündung des D-Markbilanzgesetzes entstanden sei, und die sie nicht zu vertreten habe, dazu geführt worden, die Rücklage aufzulösen. Es entspreche den Grundsätzen der Billigkeit, die Bilanzänderung zu gestatten, nachdem der Gesetzgeber durch Erlaß des Gesetzes die Unklarheiten beseitigt habe.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Finanzamtsvorstehers muß ohne Erfolg bleiben.
Das Finanzgericht ist im Berufungsverfahren berechtigt, hinsichtlich der Zulassung der Bilanzänderung nach § 4 Absatz 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) sein Ermessen an die Stelle des Ermessens des Finanzamts auch dann zu setzen, wenn sich die Entscheidung des Finanzamts im Rahmen der vom Gesetzgeber aufgestellten Ermessensgrenzen hält. Der Senat tritt dem Rechtssatz 1 der Entscheidung IV 44/50 S vom 2. Februar 1951, Bundessteuerblatt (BStBl) 1951 Teil III S. 55, Amtsblatt des Bayer. Staatsministeriums der Finanzen (Bay. FMBl) 1951 S. 131, bei. Der in den Verwaltungsgerichtsbarkeitsgesetzen ausgesprochene Grundsatz, daß das Gericht bei Ermessensentscheidungen der Verwaltungsbehörden nur im begrenzten Rahmen ein Nachprüfungsrecht habe (siehe hierzu das Gutachten des Bundesfinanzhofs Gr. S. D 1/51 vom 17. April 1951, BStBl. 1951 Teil III S. 107, Bay. FMBl. 1951 S. 304) , trifft auf Ermessensentscheidungen, die im Rahmen der Veranlagung ergehen, nicht zu, da der Steuerbescheid keine Ermessensentscheidung darstellt. Der Steuerbescheid ist eine einheitliche Verfügung, gegen die es nur ein einheitliches Rechtsmittelverfahren gibt. Die Rechtsmittelbehörden haben nach § 244 Absatz 1 Satz 1 der Reichsabgabenordnung (AO) die Befugnisse, die das Finanzamt im Besteuerungsverfahren hat. Im einzelnen wird hierzu auf die Ausführung in der Entscheidung des Bundesfinanzhofs IV 44/50 verwiesen. Im übrigen spricht § 4 Absatz 2 Satz 2 EStG 1939 ausdrücklich aus, daß die Bilanzänderung mit Zustimmung der Rechtsmittelbehörde zulässig ist.
Das Finanzgericht hat mit ausreichender Begründung die Bilanzänderung anerkannt. Es hat hierbei die Ermessensgrenzen nicht überschritten. Seine Entscheidung ist deshalb gemäß § 297 AO im Rb. - Verfahren nicht angreifbar.
Die Rb. wird als unbegründet zurückgewiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 407261 |
BStBl III 1951, 160 |
BFHE 1952, 403 |
BFHE 55, 403 |
BB 1951, 661 |
DB 1951, 714 |