Entscheidungsstichwort (Thema)
Bestimmung des leistenden Unternehmers aus der Rechnung als Voraussetzung für den Vorsteuerabzug
Leitsatz (amtlich)
Der Vorsteuerabzug kann nicht auf Grund einer Rechnung geltend gemacht werden, in der sich der abrechnende (leistende) Unternehmer eines fremden Namens bedient hat, ohne daß aus der Rechnung der (wirklich) leistende Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar bestimmt werden kann. Dies gilt auch dann, wenn der Abrechnende bereits bei der Leistungsbewirkung unter dem fremden Namen aufgetreten ist.
Normenkette
UStG 1980 § 14 Abs. 4, § 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 1
Tatbestand
I. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt ein Gerüstbauunternehmen. Er setzt Subunternehmer ein.
Für die Streitjahre (1983 und 1984) machte er Vorsteuerabzug u.a. aus Rechnungen geltend, die durch X unter Verwendung des Namens von Y über solche Leistungen ausgestellt worden waren, die nicht Y, sondern X ausgeführt hatte.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) ließ diese Vorsteuerbeträge in geänderten Umsatzsteuerbescheiden nicht zum Abzug zu.
Das Finanzgericht (FG) wies die nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage mit der Begründung ab, den von Y ausgestellten Abrechnungspapieren lasse sich nicht eindeutig und leicht nachprüfbar entnehmen, daß leistender Unternehmer X gewesen sei. Erst die mit gewissem Aufwand angestellten Ermittlungen hätten zur Aufdeckung der wirklichen Sachlage geführt. Es komme nicht darauf an, daß Y --wie der Kläger vortrage-- X die Verwendung ihres Namens "gestattet" habe; denn eine solche Gestattung ergebe sich nicht aus den Abrechnungspapieren.
Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung von § 14 Abs.4 und § 15 Abs.1 Nr.1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1980). Die ausgeführten Umsätze seien --so bringt der Kläger vor-- X zuzurechnen, weil Y diesem die Verwendung ihres Namens gestattet habe. Unerheblich sei, daß in den Abrechnungspapieren nicht X selbst als leistender Unternehmer genannt sei. Die zugrundeliegenden Umstände seien für das FA ohne weiteres erkennbar gewesen.
Der Kläger beantragt, den während des Revisionsverfahrens erlassenen geänderten Umsatzsteuerbescheid für 1984 vom 17.April 1991 zum Gegenstand des Verfahrens zu machen sowie unter Aufhebung der Vorentscheidung für die Jahre 1983 bzw. 1984 Vorsteuerbeträge in Höhe von ... DM bzw. ... DM zusätzlich zum Abzug zuzulassen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet.
1. Der geänderte Umsatzsteuerbescheid für 1984 vom 17.April 1991 ist auf Antrag des Klägers Gegenstand des Verfahrens geworden (§ 68 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Ein entsprechender Antrag kann noch im Revisionsverfahren gestellt werden (§§ 121, 123 FGO; Senatsurteil vom 21.Februar 1991 V R 130/86, BFHE 163, 408, BStBl II 1991, 465).
2. Die Entscheidung des FG, daß dem Kläger der Vorsteuerabzug aus den unter dem Namen von Y ausgestellten Rechnungen nicht zusteht, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
a) Ein Unternehmer kann nach § 15 Abs.1 Nr.1 Satz 1 UStG 1980 die in Rechnungen i.S. des § 14 UStG 1980 gesondert ausgewiesene Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von anderen Unternehmern für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuerbeträge abziehen. Die Vorschrift verweist nicht auf § 14 Abs.1, sondern auf § 14 Abs.4 UStG 1980 (Senatsurteile vom 24.September 1987 V R 50/85, BFHE 153, 65, BStBl II 1988, 688, und V R 125/86, BFHE 153, 77, BStBl II 1988, 694). Rechnung i.S. des § 14 Abs.4 UStG 1980 ist jede Urkunde, mit der ein Unternehmer oder in seinem Auftrag ein Dritter über eine Lieferung oder sonstige Leistung gegenüber dem Leistungsempfänger abrechnet, gleichgültig, wie diese Urkunde im Geschäftsverkehr bezeichnet wird.
b) Demzufolge kommt --abgesehen von den hier nicht interessierenden Fällen der Abrechnung mittels Gutschrift (vgl. § 14 Abs.5 UStG 1980) sowie der Abrechnung durch einen Dritten im Auftrage des leistenden Unternehmers (§ 14 Abs.4 UStG 1980)-- für den Vorsteuerabzug nur diejenige gesondert ausgewiesene Steuer in Betracht, die in einem vom leistenden Unternehmer erteilten Abrechnungspapier enthalten ist. Hieraus folgt weiter, daß das Abrechnungspapier solche Angaben über den abrechnenden (leistenden) Unternehmer aufweisen muß, die dessen Identifizierung ermöglichen.
Ob Identifizierbarkeit mit Hilfe der Angaben im Abrechnungspapier vorliegt, kann nicht ohne Berücksichtigung des Aufwandes bestimmt werden, der für die Ermittlung des abrechnenden (leistenden) Unternehmers erforderlich ist. Wegen der den Abrechnungspapieren im Rahmen des Vorsteuerabzugs zugedachten Funktion eines Belegnachweises (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- in BFHE 153, 65, BStBl II 1988, 688, und in BFHE 153, 77, BStBl II 1988, 694, jeweils unter 7. letzter Absatz) muß der Aufwand zur Identifizierung des Unternehmers begrenzt sein. Es ist deshalb für die Angaben im Abrechnungspapier zu fordern, daß diese eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung des Unternehmers ermöglichen (vgl. BFH-Urteil vom 7.Oktober 1987 X R 60/82, drittletzter Absatz, BFHE 151, 233, BStBl II 1988, 34).
An der Erfüllung dieser Voraussetzung wird es regelmäßig fehlen, wenn der abrechnende (leistende) Unternehmer sich bei der Abrechnung eines fremden Namens (und ggf. der entsprechenden fremden Anschrift) bedient. Dies gilt nicht weniger für den Fall, daß der Unternehmer ebenfalls bei der Leistungsbewirkung unter dem fremdem Namen auftritt bzw. aufgetreten ist. Auch unter solchen Umständen kann grundsätzlich davon ausgegangen werden, daß es an der leicht nachprüfbaren Feststellung fehlt.
c) Nichts Gegenteiliges ergibt sich aus dem BFH-Urteil in BFHE 151, 233, BStBl II 1988, 34 (drittletzter Absatz). Dort hat der --seinerzeit für die Entscheidung in Umsatzsteuerfällen ebenfalls zuständige-- X.Senat des BFH zwar dahin erkannt, daß das Abrechnungspapier nicht immer den wirklichen Namen des Lieferanten enthalten muß. Hieraus folgt aber nicht, daß der leistende Unternehmer sich im Abrechnungspapier nach Belieben eines ihm nicht zustehenden Namens oder einer ihm nicht zustehenden Firma bedienen dürfte, ohne daß dies schädliche Folgen für den Vorsteuerabzug des Leistungsempfängers hätte. Der erkennende (V.) Senat, der inzwischen wieder allein für die Entscheidung in Umsatzsteuersachen zuständig ist, versteht das zitierte Urteil in dem Sinne, daß ein Spielraum für die Namens- bzw. Firmenangabe im Rahmen der Leistungsabrechnung lediglich insoweit besteht, als aus dem Abrechnungspapier der leistende Unternehmer eindeutig und leicht nachprüfbar festzustellen bleibt. Nur insoweit kann von einem gesetzgeberischen Anliegen ausgegangen werden, den üblichen Geschäftsverkehr nicht zu beeinträchtigen, der anstelle des wirklichen Namens oder der wirklichen Firma die Verwendung anderer Bezeichnungen zuläßt (z.B. Künstlernamen, zur Identifizierung geeignete Pseudonyme, Firmen bzw. Etablissementbezeichnungen bei Handwerkern, firmenrechtlich unzulässige Verwendung des Namens oder der Firma eines früheren Betriebsinhabers). Hierunter fällt grundsätzlich nicht das Auftreten unter einem fremden Namen oder unter einer fremden Firma, da dies nicht dem üblichen Geschäftsverkehr entspricht und demzufolge dem Gesetzgeber nicht als schützenswert erschienen sein kann.
d) Diese Grundsätze sind in der Vorentscheidung beachtet und zutreffend angewendet worden. Das FG hat festgestellt, daß die dem Kläger unter dem Namen von Y erteilten Rechnungen nicht eindeutig und leicht nachprüfbar die Feststellung ermöglichen, daß nicht Y, sondern X leistender Unternehmer ist. Hieran ist der Senat gebunden; denn der Kläger hat insoweit keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht (§ 118 Abs.2 FGO). Er hat im Gegenteil in seiner Revisionsbegründung (vom 8.Mai 1989, unter 6.) vorgetragen, "daß sich der eigentlich Leistende nicht unmittelbar selbst aus dem Abrechnungspapier ergibt".
Fundstellen
Haufe-Index 64227 |
BFH/NV 1993, 13 |
BStBl II 1993, 205 |
BFHE 169, 540 |
BFHE 1993, 540 |
BB 1993, 131-132 (L) |
DB 1993, 416 (LT) |
DStR 1993, 162 (KT) |
HFR 1993, 123 (LT) |
StE 1993, 26 (K) |