Leitsatz (amtlich)
1) Die Beschränkung der Wertfortschreibung der Einheftswerte des kriegsbeschädigten und kriegszerstörten Grundbesitzes durch § 6 Abs. 3 der für Nord-Württemberg ergangenen Durchführungsbestimmungen zum Kontrollratgesetz Nr. 13 ist rechtsungültig.
2) In den Fällen der rechtsungültigen Beschränkung der Wertfortschreibung beginnt die Frist für die Antragstellung auf Wertfortschreibung auf einen vor dem 21. Juni 1948 liegenden Zeitpunkt für Steuerpflichtige in der amerikanischen Zone grundsätzlich mit dem Bekanntwerden des Urteils des Obersten Finanzgerichtshofs III 65/49 S vom 22. März 1950 (StuW 1950 Nr. 64 = DStZ 1950 -- Eildienst -- S. 212) zu laufen.
Normenkette
BewG § 22; AO § 225a Abs. 2
Tatbestand
Der Einheitswert des Geschäftsgrundstücks des Beschwerdeführers (Bf.) wurde wegen Kriegsschäden auf den 21. Juni 1948 von bisher 130 800 RM auf 94 700 DM fortgeschrieben. Das Städtische Steueramt hat Ermäßigung der Grundsteuer auf Grund der Wertfortschreibung für die Zeit vor dem Rechnungsjahr 1951 abgelehnt. Daraufhin beantragte der Bf., die Fortschreibung des Einheitswerts seines Grundstücks bereits auf den 1. Januar 1948 vorzunehmen. Dieser Antrag wurde vom Finanzamt abgelehnt. Die hiergegen eingelegte Sprungberufung blieb erfolglos. Das Finanzgericht räumt ein, daß § 6 Abs. 3 der für Nord-Württemberg ergangenen, die Wertfortschreibung kriegsbeschädigten Grundbesitzes wesentlich einschränkenden Durchführungsbestimmungen zum Kontrollratgesetz Nr. 13 (Finanz und Steuer I 1947 S. 25, 68) rechtsungültig sei, wie dies bereits der Oberste Finanzgerichtshof in dem Urteil III 65/49 vom 22. März 1950 (Steuer und Wirtschaft 1950 Nr 64 = Deutsche Steuer-Zeitung 1950 -- Eildienst -- S. 212) für die entsprechende Bestimmung des § 6 Abs. 3 der Hessischen Durchführungsverordnung zum Kontrollratgesetz Nr. 13 und der Bundesfinanzhof in dem Urteil III 107/50 S vom 22. November 1951 (Slg. Bd. 56 S. 1, Bundessteuerblatt -- BStBl. -- 1952 Teil III S. 1) zu § 6 Abs. 3 der Durchführungsbestimmungen der Leitstelle der Finanzverualtung für die brit. Zone zum Kontrollratgesetz Nr. 13 ausgesprochen habe. Das Finanzgericht hat gleichwohl die von dem Bf. begehrte Wertfortschreibung abgelehnt. Die Antragsfrist des § 225a Abs. 2 der Reichsabgabenordnung (AO) sei im Zeitpunkt der Antragstellung längst abgelaufen gewesen. Grund zur Nachsichtgewährung bestehe nicht, da der Bf. nicht ohne sein Verschulden verhindert gewesen sei, die Frist für die Antragstellung innezuhalten. Die in der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Urteil III 183/52 U vom 10. April 1953, Slg. Bd. 57 S. 424, BStBl. 1953 III S. 165) vertretene Auffassung, daß die Frist für die Antragstellung auf Wertfortschreibung der Einheitswerte kriegszerstörter oder kriegsbeschädigter Grundstücke auf einen vor dem 21. Juni 1948 liegenden Zeitpunkt für die Steuerpflichtigen in der brit. Zone grundsätzlich von dem Bekanntwerden des Urteils des Bundesfinanzhofs III 107/50 S ab zu laufen beginne, sei abzulehnen. Im übrigen sei auch bei Zugrundelegung dieser Rechtsauffassung des Bundesfinanzhofs im Streitfalle die Frist zur Antragstellung von dem Bf. nach § 87 Abs. 2 AO versäumt. Das Urteil des Obersten Finanzgerichtshofs, das die inhaltlich gleichlautende Bestimmung der Hessischen Durchführungsverordnung für rechtsungültig erklärt habe, sei bereits im Jahre 1950 ergangen, während der Bf. seinen Antrag auf Wertfortschreibung erst im Februar 1952 gestellt habe. Schließlich sei die Frist des § 87 Abs. 2 a. a. O. selbst dann überschritten, wenn man davon ausgehen könnte, daß die Rechtsungültigkeit des § 6 Abs. 3 der Durchführungsbestimmungen zum Kontrollratgesetz Nr. 13 in Württemberg erst mit dem Urteil des Bundesfinanzhofs III 107/50 S. veröffentlicht im BStBl. vom 9. Januar 1952, bekannt geworden sei. Zur Vornahme einer Wertfortschreibung vom Amts wegen bestehe im Streitfall keine Veranlassung.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Rechtsbeschwerde (Rb.) des Bf.
Er macht geltend, daß für Württemberg (Nord) noch kein Urteil des obersten Steuergerichts über die Rechtsungültigkeit des § 6 Abs. 3 der Durchführungsbestimmungen zum Kontrollratgesetz Nr. 13 ergangen sei, und daß bis zum Ergehen eines solchen Urteils ein Antrag auf Wertfortschreibung kriegsbeschädigten Grundbesitzes auf einen vor dem 21. Juni 1948 liegenden Zeitpunkt immer als rechtzeitig gestellt angesehen werden müsse. Vertrete man jedoch den Standpunkt, daß das Urteil des Bundesfinanzhofs III 107/50 S für alle Länder der Bundesrepublik die Voraussetzungen für die Antragstellung auf Wertfortschreibung geschaffen habe, so sei der Antrag im Streitfall rechtzeitig gestellt. Das fragliche Urteil des Bundesfinanzhofs sei im Laufe des Januar 1952 bekanntgeworden. Die Wirtschaftstreuhand GmbH habe den Bf. mit Schreiben vom 31. Januar 1952 auf dieses Urteil hingewiesen, worauf der Bf. zunächst beim Städtischen Steueramt am 13. Februar 1952 versucht habe, im Billigkeitswege den Grundsteuererlaß zu erreichen und, nach Ablehnung dieses Antrags am 25. Februar 1952, den Antrag auf Wertfortschreibung beim Finanzamt gestellt habe. Im übrigen hätte das Städtische Steueramt schon den Antrag vom 13. Februar 1952, da in ihm die Wertfortschreibung zum 1. Januar 1948 beantragt gewesen sei, zuständigkeitshalber an das Finanzamt weiterleiten sollen. Sollte gleichwohl die Meinung vertretbar sein, daß die Antragsfrist des § 225a Abs. 2 AO von dem Bf. versäumt sei, dann hätte unter Berücksichtigung der Grundsätze von Treu und Glauben die Frage der Gewährung von Nachsicht geprüft oder eine Fortschreibung von Amts wegen vorgenommen werden müssen. Die Finanzverwaltung habe mit ihrer Durchführungsbestimmung zum Kontrollratgesetz Nr. 13 die meisten Steuerpflichtigen, die auf die Rechtsgültigkeit dieser Bestimmung vertrauten, von einer früheren Antragstellung abgehalten. Es sei eine Anstandspflicht der Verwaltung, den Steuerpflichtigen, denen die Gemeinden Ermäßigung der Grundsteuer verweigert hätten, soweit als nur irgendwie möglich, zu helfen. Das Urteil des Finanzgerichts lasse jedoch jede Erwägung in dieser Richtung vermissen.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist begründet.
Das Finanzgericht hat mit Recht festgestellt, daß § 6 Abs. 3 der für Nord-Württemberg ergangenen Durchführungsbestimmungen zum Kontrollratgesetz Nr. 13 rechtsungültig ist. Gemäß § 225a Abs. 2 AO ist der Antrag auf Wertfortschreibung bis zum Ablauf des Kalenderjahres, auf dessen Beginn die Neufeststellung begehrt wird, zu stellen, bei Wertfortschreibung auf den 1. Januar 1948 somit bis zum 31. Dezember 1948. Es fragt sich, ob diese Bestimmung auch für die Wertfortschreibung des kriegsbeschädigten Grundbesitzes auf einen vor dem 21. Juni 1948 liegenden Fortschreibungszeitpunkt zu gelten hat, obwohl durch die später für rechtsungültig erklärten Durchführungsbestimmungen der Länder zum Kontrollratgesetz Nr. 13 diese Fortschreibungen, von wenigen, hier nicht in Betracht kommenden Ausnahmefällen abgesehen, ausgeschlossen waren. Das Finanzgericht bejaht dies, weil die Steuerpflichtigen durch die erwähnten Durchführungsbestimmungen nicht gehindert gewesen seien, dennoch Anträge auf Wertfortschreibung zu stellen und gegen die Ablehnung solcher Anträge das Rechtsmittelverfahren einzuleiten. Wenn die Steuerpflichtigen dies unterlassen hätten, sei dies auf ihre Willensentschließung und infolgedessen auf ihr Verschulden zurückzuführen. Sie seien somit nicht ohne Verschulden verhindert gewesen, die Frist zur Antragstellung innezuhalten. Es ist zutreffend, daß die Steuerpflichtigen trotz der entgegenstehenden Durchführungsbestimmungen Anträge auf Wertfortschreibung stellen konnten. Die Antragsteller mußten dann allerdings damit rechnen, daß sie mit ihren Anträgen wegen der entgegenstehenden Durchführungsbestimmungen abgewiesen würden, und sie konnten im damaligen Zeitpunkt auch nicht voraussehen, daß der Oberste Finanzgerichtshof bzw. Bundesfinanzhof diese Bestimmungen später für rechtsungültig erklären würde. Wenn das Finanzgericht gleichwohl die Unterlassung der Antragstellung als auf freier Willensentschließung eines Steuerpflichtigen beruhend und von ihm verschuldet ansieht, berücksichtigt es nicht, daß sich der Steuerpflichtige auf die Rechtsgültigkeit der von den Ländern erlassenen Durchführungsbestimmungen verlassen durfte, und daß ursächlich für die Unterlassung der Antragstellung hiernach in erster Linie nicht der freie Wille des Steuerpflichtigen, sondern das Verbot der Vornahme der Fortschreibung war. Man kann es bei dieser Sachlage dem Bf. nicht als Verschulden anrechnen, wenn er seinerzeit keinen Fortschreibungsantrag gestellt hat. Die vom Finanzgericht vertretene gegenteilige Ansicht überspannt die Anforderungen an den Bf. und läßt Berücksichtigung seines Vertrauens auf die Rechtsgültigkeit der vom Verordnungsgeber getroffenen Regelung vermissen. Es ist im Schrifttum und in der Rechtsprechung wiederholt anerkannt, daß behördliche Maßnahmen eine Fristversäumung entschuldbar erscheinen lassen können. Nach Becker (AO 7. Aufl. § 68 Anm. 1a) vermag das Verhalten einer Behörde die Fristversäumnis zu entschuldigen, und dem Verhalten der Behörde ist gleichzustellen, wenn das Gesetz die Rechtsbehelfe in einer Weise ordnet, daß sich niemand durchzufinden weiß (vgl. Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 358/30 vom 20. März 1930, Slg.Bd. 26 S. 266). Nach dem Urteil des Reichsfinanzhofs I A 54/27 vom 6. Dezember 1927 (Slg.Bd. 22 S. 231, 234) mußte in dem dort entschiedenen Falle die Genossenschaft annehmen, daß sie den ihr zustehenden Rechtsbehelf -- Erstattungsanspruch -- noch innerhalb dreier Monate nach Schluß des Steuerabschnitts stellen könne. Da sie das Rechtsmittel schon vor Ablauf des Steuerabschnitts eingelegt habe, also den zeitlichen Rahmen, den die Ausführungsbestimmung irrigerweise zu weit gezogen hatte, nicht überschritten habe, sei die Nachsichtgewährung geboten. Hinzuweisen ist noch auf Riewald (AO § 153 Anm. 2), demzufolge die Frist für die Geltendmachung von Erstattungsansprüchen solange nicht zu laufen beginnen dürfe, wie dem Steuerpflichtigen die den Anspruch begründenden Ereignisse infolge eines Versehens der Steuerbehörden unbekannt blieben. Schließlich läßt das Urteil des Reichsfinanzhofs VI 315/40 vom 22. Januar. 1941 (Reichssteuerblatt -- RStBl. -- 1941 S. 210, 211) die Frist für die Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs nach § 153 AO erst mit dem Zeitpunkt beginnen, in dem der Steuerpflichtige die Tragweite der Ereignisse, die den Anspruch begründen, erkennen konnte und mußte. Aus den gleichen Erwägungen, die dem vorstehend bezeichneten Schrifttum und der Rechtsprechung zugrunde liegen, insbesondere im Hinblick auf den Rechts- und Vertrauensschutz des Steuerpflichtigen, hat der Senat in seinem Urteil III 183/52 U ausgesprochen, daß die Frist für die Antragstellung auf Wertfortschreibung der Einheitswerte kriegszerstörter oder kriegsbeschädigter Grundstücke auf einen vor dem 21.Juni 1948 liegenden Zeitpunkt für die Steuerpflichtigen in der brit. Zone grundsätzlich von dem Bekanntwerden des Urteils des Bundesfinanzhofs III 107/50 S ab zu laufen beginne. Der Senat hat in dem Urteil III 183/52 U noch darauf hingewiesen, daß das Urteil des Bundesfinanzhofs über die Rechtsungültigkeit der Durchführungsbestimmungen (§ 6 Abs. 3) zum Kontrollratgesetz Nr. 13 den Lauf der Frist für den Wertfortschreibungsantrag nur deshalb beeinflusse, weil die Antragstellung bzw. Rechtsmitteleinlegung selbst durch die später für rechtsungültig erklärte Bestimmung behindert gewesen sei, und daß gleiche Wirkung nicht auch einem Urteil des Bundesfinanzhofs zukomme, das eine Rechtsfrage, anders als bisher geschehen, entscheide (§ 222 Abs. 2 AO). Diese einschränkende Äußerung ist zur Klarstellung erfolgt. Sie ist aber nicht, wie das Finanzgericht vermuten zu können glaubt, ein Anhaltspunkt dafür, daß dem Senat selbst Bedenken gegen seine Rechtsauffassung hinsichtlich der Auswirkung des Urteils über die Rechtsunwirksamkeit der Beschränkung der Wertfortschreibung auf den Fristablauf für Fortschreibungsanträge aufgestiegen seien. Hiernach ist daran festzuhalten, daß in den bezeichneten Fällen die Frist für Wertfortschreibungsanträge erst mit dem Bekanntwerden der höchstrichterlichen Rechtsprechung über die Rechtsungültigkeit des § 6 Abs. 3 der Durchführungsbestimmungen zum Kontrollratgesetz Nr. 13 zu laufen begonnen hat. Die Rb. ist der Auffassung, daß für Württemberg ein Urteil des obersten Steuergerichts (Oberster Finanzgerichtshof bzw. Bundesfinanzhof) noch nicht ergangen und daher die Antragsfrist noch nicht in Lauf gesetzt worden sei. Diese Ansicht ist zu weitgehend. Nachdem der Oberste Finanzgerichtshof der Hessischen Durchführungsbestimmung insoweit die Anerkennung versagt, und der Bundesfinanzhof für die entsprechende Bestimmung der Leitstelle der Finanzverwaltung für die brit. Zone den gleichen Standpunkt eingenommen hatte, muß Entsprechendes für die gleichlautenden Durchführungsbestimmungen anderer Länder der Bundesrepublik gelten. Fraglich ist, ob bereits durch das Urteil des Obersten Finanzgerichtshofs hinsichtlich der Hessischen Durchführungsbestimmungen allgemein für Länder der amerikanischen Zone die Rechtsungültigkeit der einschränkenden Anordnungen über die Wertfortschreibung kriegsbeschädigten Grundbesitzes klargestellt worden ist. Das Finanzgericht bejaht diese Frage. Da die Durchführungsbestimmungen, obwohl sie von den Ländern in eigener Zuständigkeit erlassen sind, in dem hier maßgebenden § 6 Abs. 3 übereinstimmen, muß der Entscheidung des Obersten Finanzgerichtshofs eine über das Land Hessen hinausgehende, auch für andere Länder der amerikanischen Zone geltende Bedeutung zugesprochen werden. Ob diese Auffassung dazu führen kann, Gleiches auch für die brit. Zone anzunehmen, weil auch die Bestimmung des § 6 Abs. 3 der Leitstelle der Finanzverwaltung den gleichen Inhalt hat wie die entsprechenden Bestimmungen von Ländern der amerikanischen Zone, während andererseits allerdings der Oberste Finanzgerichtshof nur oberstes Steuergericht für die Länder der amerikanischen Zone war, braucht hier nicht entschieden zu werden. Sollte diese Frage zu bejahen sein, würde dies zu einer Einschränkung des Rechtsanspruchs Nr. 2 des Urteils III 183/52 U führen müssen, in dem ausgeführt ist, daß die Frist für die Antragstellung auf Wertfortschreibungen der Einheitswerte des kriegsbeschädigten Grundbesitzes auf einen vor dem 21. Juni 1948 liegenden Zeitpunkt für die Steuerpflichtigen in der brit. Zone grundsätzlich erst von dem Bekanntwerden des Urteils des Bundesfinanzhofs III 107/50 S ab zu laufen beginne. Im Streitfall ist jedenfalls in Übereinstimmung mit dem angefochtenen Urteil davon auszugehen, daß der Lauf der Frist für den Wertfortschreibungsantrag mit dem Bekanntwerden des Urteils des Obersten Finanzgerichtshofs vom 22. März 1950 begonnen hat. Bekanntgeworden ist dieses Urteil etwa Mitte 1950 (die Veröffentlichung in der Deutschen Steuer-Zeitung -- Eildienst -- 1950 ist in der Ausgabe vom 9. Mai 1950 erfolgt). Der Antrag mußte bis spätestens Ende 1950 gestellt werden. Wegen Versäumnis der Antragsfrist kann Nachsicht gewährt werden vorbehaltlich des § 87 Abs. 5 a. a. O. Im Streitfall war von 1948 bis 1950 Eigentümer des Grundstücks der Reichsinnungsverband, Abwicklungsstelle. Auf den 1. Januar 1951 ist das Grundstück durch Zurechnungsfortschreibung dem Bf. zugerechnet worden. Der Umstand, daß in der für die Antragstellung maßgebenden Zeit ein Wechsel des Eigentümers stattgefunden hat, schließt die Anwendung des § 87 Abs. 5 a. a. O. nicht aus, zumal im Streitfall der Eigentümerwechsel wohl mehr formeller Natur war (bisheriger Eigentümer Reichsinnungsverband des ........, neuer Eigentümer Fachverband in der Landesvereinigung). Dem erst im Februar 1952 gestellten Antrag auf Wertfortschreibung könnte somit auch unter Nachsichtgewährung wegen § 87 Abs. 5 AO nicht stattgegeben werden. Es bleibt jedoch zu prüfen, ob in diesem Falle Wertfortschreibung von Amts wegen gemäß § 225a Abs. 2 AO vorzunehmen ist. Das Finanzgericht hat dies verneint und begründet es damit, daß die Verwaltung die Vornahme der Wertfortschreibung nicht für erforderlich gehalten habe, und daß sie in ihrer Entscheidung hierüber freie Hand habe. Der Senat hat bereits mehrfach dazu Stellung genommen, wann "erforderlichenfalls" eine Fortschreibung von Amts wegen zu erlassen ist. Danach (Urteile des Bundesfinanzhofs III 266/51 S vom 31. Oktober 1952, Slg.Bd. 56 S. 816, BStBl. 1952 III S. 313, und III 3/52 U vom 6. Februar 1953, Slg.Bd. 57 S. 164, BStBl. 1953 III S. 65) bedeutet dieser Begriff soviel wie "wenn die Steuergerechtigkeit es erfordert". Letzteres trifft zu, wenn der Steuerpflichtige einen gerechtfertigten Grund für eine Fortschreibung geltend machen kann, es sich auch nicht um eine ganz geringfügige Abweichung handelt und der Steuerpflichtige schließlich nicht jahrelang grundlos mit seiner Antragstellung gewartet hat. Hieran wird festgehalten. Im Streitfall kann kein Zweifel bestehen, daß der Bf. ein berechtigtes Interesse an der Fortschreibung des Einheitswerts für sein Grundstück von Amts wegen hat, nachdem das Städtische Steueramt es abgelehnt hatte, die Grundsteuer gemäß dem auf den 21. Juni 1948 wegen Kriegsschadens fortgeschriebenen Einheitswerts aus Billigkeitsgründen zu ermäßigen. Gemäß § 33 Abs. 2a des Grundsteuergesetzes vom 10. August 1951 sind die auf den 21. Juni 1948 fortgeschriebenen Einheitswerte des kriegszerstörten oder kriegsbeschädigten Grundbesitzes für die Grundsteuer erst vom Rechnungsjahr 1951 ab maßgebend, während bei einer Fortschreibung des Einheitswerts zum 1. Januar 1948 die Fortschreibungsveranlagung des Steuermeßbetrags bereits ab 1. April 1948 gilt (§ 14 Abs. 1, 2 des Grundsteuergestzes). Hiernach war das angefochtene Urteil aufzuheben. Die nicht spruchreife Sache wird aus Zweckmäßigkeitsgründen an das Finanzamt zurückverwiesen, das gemäß vorstehenden Ausführungen erneut die Fortschreibung des Einheitswerts des Grundstücks des Bf. zum 1. Januar 1948 vom Amts wegen zu prüfen haben wird.
Fundstellen
Haufe-Index 407959 |
BStBl III 1954, 233 |
BFHE 1955, 62 |