Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer
Leitsatz (amtlich)
Ist die "leihweise" überlassung von Wirtschaftseinrichtungsgegenständen unter Eigentumsvorbehalt durch Brauereien an Bierabnehmer mit langjähriger Bierabnahmeverpflichtung umsatzsteuerpflichtig?
Normenkette
UStG § 1 Ziff. 1, § 5/1, § 1/1/1, § 10/1
Tatbestand
Bei der Beschwerdeführerin (Bfin.) hat für die Jahre 1950 bis 1955 eine Betriebsprüfung stattgefunden. Der Betriebsprüfer hat die "leihweise" überlassung von Wirtschaftseinrichtungsgegenständen (unter Eigentumsvorbehalt) seitens der beschwerdeführenden Bierbrauerei an Bierabnehmer, die eine langjährige Bierabnahmeverpflichtung eingegangen sind, für umsatzsteuerpflichtig gehalten. Der Leistungsaustausch bestehe in der überlassung der Mobilien zur Nutzung seitens der Bfin. und in dem Eingehen der langjährigen Bierabnahmeverpflichtung seitens der Bierabnehmer. Während für die Berechnung der Körperschaftsteuer mit Rücksicht auf die Absetzung für Abnutzung Ausgleich bei den langlebigen Wirtschaftsgütern nur diejenigen Bierlieferungsrechte bewertet worden seien, in denen die Bfin. kurzlebige Wirtschaftsgüter als Mobilien hingegeben habe, müßten für die Umsatzsteuer auch die Fälle von überlassungen der langlebigen Wirtschaftsgüter erfaßt werden. Das Finanzamt hat sich der Auffassung des Betriebsprüfers angeschlossen und die Umsatzsteuer dementsprechend berichtigt bzw. veranlagt.
Mit der Sprungberufung gegen diese Umsatzsteuerbescheide hat die Bfin. geltend gemacht, sie habe keine Gegenstände veräußert. Es liege nur Leihe, nämlich eine unentgeltliche überlassung vor, weil es an einem Entgelt fehle; die Gewährung des Lieferungsrechts durch den Wirt an die Bfin. sei keine Gegenleistung für Mobiliarüberlassung, sondern sie sei nur die Grundlage für einen anschließenden Bierlieferungs-Leistungsaustausch. Das Dulden der Mobiliarnutzung seitens der Bfin. sei eine zusätzliche Leistung zu ihren Bierlieferungen. Gegenstand des Leistungsaustausches seien die Bierlieferungen nebst Mobiliargebrauchsüberlassung seitens der Bfin. einerseits, die Bezahlung der Bierlieferungspreise seitens der Gastwirte andererseits. - Die Sprungberufung hatte keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die Rechtsbeschwerde (Rb.) führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur änderung der Umsatzsteuerbescheide für 1950, 1951 und 1953 bis 1955.
Es ist den Vorinstanzen zuzustimmen, daß die - ohne Zahlung erfolgende - überlassung des Wirtschaftsmobiliars seitens der Bfin. an ihre Bierabnehmer eine steuerbare Leistung der Bfin. darstellt, wenn die Bfin. dafür irgendein Entgelt vereinnahmt. Es fragt sich nur, worin für die Bfin. die Gegenleistung (das Entgelt) der Gastwirte besteht, deren Wert bei der Bfin. der Umsatzsteuer zugrunde zu legen wäre. Die Bewertung der Bierabnahmeverpflichtung als solche für die Gewinnermittlung für Zwecke der Körperschaftsteuerberechnung (bilanzierung und Abschreibung) steht hier nicht im Streit; für die Umsatzsteuerberechnung ist sie unbrauchbar. Es wird nicht der Wert der Mobiliarstücke gegen einen Gegenwert (Bierlieferungsrecht) hingegeben, sondern es wird die Nutzung der Mobiliargegenstände überlassen gegen die Abnahme von Bier. Das Entgelt der Bfin. sowohl für ihre Bierlieferungen als auch für den Mobiliargebrauch besteht in den Bierlieferungseinnahmen. Es ist hierbei gleich, ob die Mobiliarstücke nach einem vereinbarten Fristablauf Eigentum des Gastwirts werden oder ob sie nach (z. B. vorzeitigem) Ablauf des Bierlieferungsvertrages an die Bfin. zurückgegeben sind. Im ersten Falle wäre das Entgelt für die Mobiliarübertragung, im zweiten Falle das Entgelt für die zeitweilige Mobiliargebrauchsgewährung (Miete) in den laufenden Bierlieferungsentgelten enthalten und mit diesen der Umsatzsteuer seitens der Bfin. unterworfen.
Da es demnach an einem Entgelt fehlt, das durch die Bfin. nicht der Umsatzsteuer unterworfen wurde, war die Vorentscheidung aufzuheben; die Steuerbescheide waren, soweit es sich um die Mobilienüberlassung gegen Bierabnahmeverpflichtungen handelt, zu ändern. Die Umsatzsteuer ist zu ermäßigen für
1950 um --------------------------------- 168,49 DM, I/1951 um ------------------------------- 289,18 DM, II/1951 um ------------------------------- 78,72 DM, 1953 um --------------------------------- 473,68 DM, 1954 um --------------------------------- 554,88 DM, 1955 um --------------------------------- 623,59 DM ---------------------------------------2. 188,54 DM. Die Kosten der Berufung und der Rb. trägt gemäß § 309 der Reichsabgabenordnung der Bund.
Fundstellen
Haufe-Index 408958 |
BStBl III 1958, 90 |
BFHE 1958, 235 |
BFHE 66, 235 |