Leitsatz (amtlich)
Im Anzeigengeschäft sind Inhalt der Leistung der Druck und die Verbreitung der Anzeige. Zur Verbreitung gehört nicht die Werbung von Abnehmern der Druckerzeugnisse entsprechend den Vorstellungen der Inserenten.
Normenkette
UStG 1951 § 1 Nr. 1; UStDB 1951 § 7 Abs. 2
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), der seit dem 1. Juni 1964 unter dem Namen "G-X Verlag" einen Werbeverlag betreibt, bringt für die Länder ... ein sogenanntes "X-Verzeichnis" heraus. Dieses besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil enthält die ... -teilnehmer in diesen Ländern, der zweite Teil Werbeanzeigen. Die Aufträge für diese Anzeigen werden ausschließlich von in den vorstehend bezeichneten Ländern ansässigen Auftraggebern erteilt, die von Vertretern des Klägers (hauptberuflich für ihn tätige freie Mitarbeiter) geworben werden. Diese beraten den Auftraggeber hinsichtlich der Gestaltung des Inserats. Gleichzeitig versuchen sie, den Auftraggeber als Abnehmer des X-Verzeichnisses zu gewinnen. Regelmäßig wird dies auch von den Auftraggebern bestellt. Eine besondere (darüber hinausgehende) Werbung für den Verkauf des Verzeichnisses wird nicht betrieben. Den Auftraggebern wird auch keine Auflagengarantie gegeben. Das Entgelt für den Insertionsauftrag und der Kaufpreis für das Verzeichnis werden in der Regel bei Auftragserteilung kassiert.
Nach dem Inhalt der formularmäßig erteilten Aufträge bestellt der Auftraggeber die Aufnahme eines bestimmten Textes in dem Anzeigenteil des Verzeichnisses.
Der Kläger bearbeitet das Verzeichnis redaktionell im Inland. Die Auftraggeber erhalten Probeabdrucke, die ihnen die Möglichkeit von Korrekturen geben. Die Verzeichnisse werden sodann im Inland - im Lohnauftrag - gedruckt und mit der Post an die Abnehmer versandt. ...
Der Kläger hat aus dem Anzeigengeschäft im Jahre 1964 ... DM vereinnahmt. Seine Gesamteinnahmen einschließlich des vorgenannten Betrages betrugen in diesem Jahre ... DM.
Der Kläger ist der Auffassung, bei seinen Umsätzen im Rahmen des Anzeigengeschäftes handele es sich um nichtsteuerbare Umsätze im Ausland, während auf den restlichen Umsatz § 7a UStG 1951 anzuwenden sei mit der Folge, daß für ihn die Umsatzsteuer gänzlich entfalle.
Der Beklagte und Revisionskläger (FA) sah jedoch die aus dem Anzeigengeschäft vereinnahmten Beträge als Entgelte für im Inland ausgeführte sonstige Leistungen an und legte der Umsatzbesteuerung des Klägers im Umsatzsteuerbescheid 1964 den Gesamtbetrag der in diesem Jahr vereinnahmten Entgelte zugrunde.
Nach erfolglosem Einspruch hatte der Kläger mit der Klage Erfolg.
Zu der hier streitigen materiellen Rechtsfrage hat das FG im wesentlichen die folgende Auffassung vertreten:
Die aus dem Insertionsgeschäft vereinnahmten Entgelte seien für Leistungen vereinnahmt worden, die zum wesentlichen Teil im Ausland ausgeführt worden seien. Aus dem Insertionsvertrag ergäben sich zwei Verpflichtungen für den Kläger, nämlich der Abdruck der Anzeigen und ihre Verbreitung. Zur Verbreitung gehöre auch die Werbung solcher Abnehmer, die an den Werbeanzeigen interessiert seien. Diese Werbung sei ein wesentlicher Teil der vertraglichen Verpflichtung des Klägers und werde im Ausland durchgeführt.
Gegen dieses Urteil des FG richtet sich die Revision des FA. Es ist der Auffassung, daß die Werbung von an den Inseraten interessierten Abnehmern nicht zur Verbreitungspflicht des Klägers gehöre. Da sich aber die gesamte übrige Tätigkeit des Klägers auf Handlungen im Inland beschränke, lägen steuerpflichtige Inlandsleistungen vor.
Das FA beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben.
Der Kläger hält die Revision für unzulässig.
Er ist der Auffassung, das Revisionsvorbringen richte sich gegen die tatsächlichen Feststellungen des FG, ohne daß insoweit zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht würden. In materiell-rechtlicher Hinsicht teilt er im wesentlichen die Auffassung des FG.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
Das FG hat zunächst richtig ausgeführt, daß die Entscheidung des Rechtsstreits allein davon abhängig ist, ob die von dem Kläger im Zusammenhang mit dem Anzeigengeschäft erbrachten sonstigen Leistungen im Inland durchgeführt worden sind, da nach § 1 Nr. 1 UStG 1951 nur solche der Umsatzsteuer unterliegen.
Eine in einer Tätigkeit bestehende sonstige Leistung wird dann im Inland ausgeführt, wenn der Unternehmer ausschließlich oder zum wesentlichen Teil im Inland tätig wird (§ 7 Abs. 2 UStDB 1951). Das aber ist hier der Fall.
Der Senat hat sich ausführlich in dem Urteil vom 28. November 1957 V 235/57 U (BFHE 66, 319, BStBl III 1958, 122) mit der Frage nach dem Inhalt einer Leistung befaßt, die ein Unternehmer erbringt, der in seine Zeitung oder Zeitschrift Werbeanzeigen aufnimmt. Es sind keine Gesichtspunkte erkennbar, die Aufnahmen von Werbeanzeigen in das vom Kläger herausgebrachte X-Verzeichnis anders zu beurteilen. Hiernach besteht der Inhalt der Leistung des Klägers aus dem Druck entsprechend dem erteilten Auftrag und der Verbreitung. Unter Verbreitung ist - wie in dem vorgenannten Urteil ebenfalls ausgeführt ist - "die Versendung oder sonstige Verteilung" der Druckerzeugnisse an die Abonnenten oder sonstigen Abnehmer zu verstehen. Diese Tätigkeiten aber sind im vorliegenden Fall ausschließlich im Inland durchgeführt worden.
Soweit sich der Kläger für seine gegenteilige Auffassung auf das Urteil des Senats vom 10. März 1966 V 7/63 (BFHE 85, 257, BStBl III 1966, 302) beruft, ist dieses nicht einschlägig, da es sich in diesem Urteil um Duldungsleistungen handelte, bei denen die Frage nach dem Ort der Leistung einer anderen Beurteilung unterliegt als in den Fällen, in denen eine Leistung in einem positiven Tun besteht. Dasselbe gilt hinsichtlich des vom Kläger in Bezug genommenen Urteils des RFH vom 11. Januar 1927 V A 769/26, RFHE 20, 159, RStBl 1927, 80 (Überlassung von Kesselwagen zur Nutzung im Ausland).
Zutreffend weist schließlich der Kläger darauf hin, daß die zweite Richtlinie des Rates vom 11. April 1967 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ... - 67/228/EWG - (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1967 S. 1303) für die Entscheidung im vorliegenden Falle ohne Bedeutung ist.
In die revisionsgerichtliche Entscheidung muß indessen auch die vom FG getroffene Feststellung einbezogen werden, daß der Kläger im Ausland einen den Interessen und Wünschen der Auftraggeber entsprechenden Abnehmerkreis für das X-Verzeichnis geworben hat. Der Senat ist jedoch der Auffassung, daß dieser Teil der Tätigkeit des Klägers nicht in den hier zu beurteilenden Leistungsaustausch einbezogen werden kann und daß insoweit überhaupt keine konkreten Leistungen des Klägers gegenüber den Auftraggebern vorliegen. Nach Auffassung des Senats ist eine Verpflichtung des Klägers, den Abnehmerkreis entsprechend den Interessen und Wünschen der Auftraggeber zu werben, entgegen der Rechtsauffassung des FG nicht zum Inhalt der jeweiligen zwischen den Auftraggebern und dem Kläger geschlossenen Verträge geworden. Es handelt sich insoweit vielmehr um "die bei Abschluß des Vertrages zutage getretenen ... gemeinsamen Vorstellungen beider Parteien von dem Vorhandensein ... bestimmter Umstände", auf denen der Geschäftswille der Parteien aufgebaut ist (vgl. Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 29. Aufl., Anm. 6 aa zu § 242). Die Vorstellung der Parteien, unter den Abnehmern der Druckerzeugnisse werde sich eine möglichst große Anzahl solcher befinden, die durch das Inserat angesprochen werden, liegt im Wesen des Anzeigengeschäfts; sie ist nicht Vertragsinhalt, sondern Geschäftsgrundlage. Das diesen Vorstellungen entsprechende Verhalten des Klägers ist daher auch kein konkreter Teil des Leistungsaustausches. Wie wenig eine Verbreitung des Verzeichnisses entsprechend den Wünschen der Inserenten zu den Leistungen des Klägers gehören konnte, ergibt sich gerade aus seinem Hinweis, daß der "Zielgruppenabnehmerkreis" ... "von vornherein durch die Verbreitung des X-Verzeichnisses in den ...-Ländern.... abgegrenzt" war. Da nach Auffassung des Senats die Verbreitung des Verzeichnisses entsprechend den Wünschen der Inserenten nicht konkreter Teil der Leistung des Klägers war, ist auch das vom Kläger in Bezug genommene Urteil vom 26. November 1953 V 138/53 U (BFHE 58, 397, BStBl III 1954, 63) nicht einschlägig, dem der Sachverhalt zugrunde liegt, daß ein Steuerberater die mehreren zu seiner Leistung gehörenden Tätigkeiten zum Teil im Inland und zum Teil im Ausland ausgeübt hat.
Es ist daher nicht richtig, daß sich die Rüge des FA gegen die Beweiswürdigung richte, an die der Senat gebunden sei.
Da sich insoweit die gesamte Tätigkeit, die der Inhalt der Leistung des Klägers bildet, im Inland abgespielt hat, hat das FA diese Leistung mit Recht zur Umsatzsteuer herangezogen.
Fundstellen
BStBl II 1973, 751 |
BFHE 1974, 70 |