Leitsatz (amtlich)
Die Motoranlage eines ausgeführten Seeschiffes kann nicht in die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuervergütung für das Schiff einbezogen werden, wenn bereits für die Stoffe zur Herstellung der Motoranlage Vergütung gewährt wurde.
Normenkette
UStG § 16 Abs. 2; UStDB § 76 Abs. 1
Tatbestand
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Steuerpflichtige -- Stpfl. --) baute im Jahre 1961 im Auftrag ausländischer Abnehmer drei Seeschiffe. Er erhielt dafür Umsatzsteuervergütung. Anläßlich einer Vergütungsprüfung wurde festgestellt, daß der Stpfl. die für die Schiffe erforderlichen Motoranlagen bzw. Teile davon von der X bezogen hatte. Diese hatte die Anlagen im Freihafen hergestellt. Für die Stoffe zur Herstellung der Anlagen hatte die Firma X Umsatzsteuervergütung erhalten.
Das Finanzamt (FA) forderte daraufhin mit Rückforderungsbescheid vom 23. Juli 1962 Ausfuhrvergütung und Ausfuhrhändlervergütung in Höhe von ...DM gemäß § 76 Abs. 1 UStDB mit der Begründung zurück, daß die Firma X für Stoffe zur Herstellung der Motoranlagen Umsatzsteuervergütung beantragt und erhalten hatte und deshalb dem Stpfl. zu Unrecht Vergütung gewährt worden sei.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Auf die Berufung änderte das Finanzgericht (FG) die angefochtene Entscheidung und den Rückforderungsbescheid in dem beantragten Umfang ab und setzte die noch zurückzuzahlende Umsatzsteuervergütung auf den unstreitigen Betrag von ... DM fest.
Mit der Revision beantragt der Beklagte und Revisionskläger (FA), die Vorentscheidung insoweit aufzuheben, als Umsatzsteuervergütung auch für die Motoranlage des Schiffes N durch die Vorentscheidung zugestanden wurde, und die Berufung gegen die Einspruchsentscheidung insoweit als unbegründet zurückzuweisen.
Das FA führte hierzu aus, daß die Frage, ob "derselbe Gegenstand" im Sinne des § 76 Abs. 1 UStDB vorliege, nicht nach bürgerlich-rechtlichen, sondern nach vergütungsrechtlichen Gesichtspunkten zu entscheiden sei. In der vom Stpfl. ausgeführten Schiffseinheit seien vergütungsrechtlich zwei Gegenstände enthalten, und zwar die Motoranlage und der übrige Schiffsanteil. Für die Motoranlage könne keine Vergütung mehr gewährt werden, weil bereits für die zu ihrer Herstellung verwendeten Stoffe Vergütung gezahlt worden sei. Die Ausfuhrvergütung habe den Zweck, die bei der Herstellung des Ausfuhrgegenstandes als Kostenfaktor in Erscheinung getretene Umsatzsteuer auszugleichen.
Entscheidungsgründe
Die Rb., die nunmehr als Revision zu behandeln ist (§ 184 Abs. 2 Ziff. 1 FGO), führt zur Aufhebung der Vorentscheidung in dem angefochtenen Umfang.
1. Nach § 76 Abs. 1 UStDB (jetzt § 22 Abs. 1 UStG) sind die in § 70 Abs. 1 und § 77 Abs. 1 UStDB genannten Vorgänge nichtvergütungsfähig, wenn für die Ausfuhr desselben Gegenstandes oder im Fall einer Werklieferung für die Ausfuhr der verwendeten Stoffe ein anderer als der Antragsteller vergütungsberechtigt ist. Soweit es auf die Ausfuhr desselben Gegenstandes ankommt, hat der Senat darauf abgestellt, ob der Vergütungsantrag sich jeweils auf den gleichen Gegenstand bezieht (vgl. Urteil V 151/61 U vom 10. Mai 1962, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 75 S. 73, 76 -- BFH 75, 73, 76 --, BStBl III 1962, 295). Ist der Gegenstand beider Anträge identisch, dann kann dem zuletzt gestellten Antrag nicht entsprochen werden, es sei denn, daß die weiteren Voraussetzungen des § 76 Abs. 1 UStDB vorliegen.
Bei einer Werklieferung ist die Anwendung dieses Grundsatzes nicht möglich, weil hier nach dem klaren Wortlaut der Bestimmung die Vergütung dann zu versagen ist, wenn für die bei der Herstellung des ausgeführten Werkes verwendeten Stoffe ein anderer als der Antragsteller vergütungsberechtigt ist. Ist für alle verwendeten Stoffe Vergütung gewährt worden, dann ist die Vergütung ganz zu versagen, weil mit der Lieferung des fertigen Werkes keine Ausfuhr von mit Umsatzsteuer belasteten Gegenständen mehr stattfindet. Der Bestimmung kann jedoch nicht entnommen werden, daß dann wenn nur für einen Teil der verwendeten Stoffe ein anderer vergütungsberechtigt ist, auch in diesem Falle die Vergütung anläßlich der Werklieferung ganz zu versagen wäre. Eine solche Annahme würde dem Sinn des § 16 Abs. 2 UStG a. F. widersprechen. Denn das auszuführende fertige Werk ist mit der Umsatzsteuer eines Teiles der verwendeten Stoffe belastet. Auf die Vergütung dieser Umsatzsteuer besteht aber ein Anspruch. In einem solchen Fall ist daher das fertige Werk vergütungsrechtlich nicht als Einheit anzusehen, wie der Stpfl. meint. Es ist vielmehr vergütungsrechtlich aufzuteilen in den Teil, zu dessen Herstellung Stoffe verwendet wurden, für die eine Vergütung gewährt worden ist, und in einen solchen Teil, bei dem dies nicht zutrifft.
2. Soweit es sich um die Versagung der Vergütung für die zur Herstellung verwendeten Stoffe handelt, ist der Wortlaut "für die Ausfuhr der verwendeten Stoffe" ganz allgemein gehalten. Aus dem Wortlaut ergibt sich nicht eindeutig, daß der zur Herstellung des Werkes verwendete Stoff in seiner Beschaffenheit derselbe sein muß wie der, für den Ausfuhrvergütung gewährt worden ist. Mit anderen Worten, es läßt sich dem Wortlaut nicht mit Sicherheit entnehmen, ob die Vergütung für das fertige Werk nur dann und in dem Umfang ausgeschlossen werden soll, wenn und insoweit für die zur Herstellung des Werkes verwendeten Halberzeugnisse Vergütung gewährt worden ist oder auch dann, wenn bereits für die Vorprodukte der Halberzeugnisse Vergütung gewährt worden ist. Da der Wortlaut der Bestimmung nicht eindeutig ist, muß auf den Sinn und Zweck der Vorschrift zurückgegangen werden. Der Sinn des § 76 Abs. 1 UStDB besteht in erster Linie darin, zu verhindern, daß für denselben Gegenstand mehrfach Vergütung gewährt wird. Die mit der Vergütung bezweckte Entlastung von der umsatzsteuerlichen Vorbelastung darf nur einmal stattfinden (Urteil V 151/61 U vom 10. Mai 1962, a. a. O.; V 238/63 vom 21. April 1966, BFH 85, 355, BStBl III 1966, 336). Da bei der Werklieferung zwischen der Vergütung für das fertige Werk und der für die dazu verwendeten Stoffe unterschieden wird, liegt hier eine Doppelvergütung dann vor, wenn für das gesamte Werk Vergütung gewährt wird, obwohl bereits für einen Teil der zur Herstellung verwendeten Stoffe Vergütung gewährt worden ist.
Ist aber der Zweck des § 76 Abs. 1 UStDB, Doppelvergütungen zu verhindern, dann muß es gleichgültig sein, ob für die Ausfuhr der bei der Herstellung des Werkes verwendeten Halberzeugnisse bereits Vergütung gewährt worden ist oder für deren Vorprodukte. Im Streitfall kann es deshalb keinen Unterschied machen, daß lediglich für die zur Herstellung der Motoranlage verwendeten Stoffe Umsatzsteuervergütung gewährt worden ist, nicht aber für die in das Schiff eingebaute Motoranlage selbst. Entscheidend ist, daß eine Vergütung für die zur Herstellung der Motoranlage verwendeten Stoffe stattgefunden hat. Würde im Streitfall die Motoranlage in die Bemessungsgrundlage für die Schiffsvergütung einbezogen werden, so würde damit unzweifelhaft hinsichtlich der zur Herstellung der Anlage verwendeten Stoffe eine doppelte Vergütung gewährt werden. Gerade dies soll aber durch § 76 Abs. 1 UStDB verhindert werden. Es kann deshalb der Preis für die Motoranlage nicht in die Bemessungsgrundlage für die Schiffsvergütung einbezogen werden. Unter diesen Umständen war die Vorentscheidung in dem angefochtenen Umfang aufzuheben und die Berufung (Klage) gegen die Einspruchsentscheidung insoweit als unbegründet zurückzuweisen. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1, § 136 Abs. 1 FGO, die Bestimmung des Streitwerts auf § 140 Abs. 3 FGO.
Fundstellen
BStBl III 1967, 39 |
BFHE 1967, 57 |