Leitsatz (amtlich)
1. Gibt eine Sparkasse ihrem Gewährträger oder einer dem Gewährträger nahestehenden Person eine Spende, so liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung vor, wenn die Sparkasse bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters die Spende einer fremden Körperschaft nicht gegeben hätte.
2. Die öffentlich-rechtlichen Aufgaben, die das Gesetz den Gemeinden zugewiesen hat, stellen eine wirtschaftliche Belastung der Gemeinde, von der sie - mit der Folge einer verdeckten Gewinnausschüttung der Sparkasse - befreit werden könnte, erst dann dar, wenn eine konkrete Aufgabe zur Erfüllung heransteht.
Normenkette
KStG § 11 Nr. 5, § 6 Abs. 1 S. 2
Tatbestand
Die Revisionsbeklagte, die Stadtsparkasse A. - Steuerpflichtige -, gab in den Streitjahren 1962 und 1963 Spenden in Höhe von 307 279 DM und 302 284 DM an eine rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts, die zum Zweck der Errichtung und Unterhaltung eines Altersheims in der Stadt A. gegründet worden war.
Der Revisionskläger (das FA) behandelte die Spenden als verdeckte Gewinnausschüttungen. Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Auf die Klage hin hat das FG, dessen Entscheidung in EFG 1968, 317 veröffentlicht ist, die Spenden zum Teil als abzugsfähig anerkannt und die Körperschaftsteuer für die Streitjahre entsprechend herabgesetzt. Zur Begründung hat das FG ausgeführt:
Echte Spenden, das heiße Ausgaben im Sinne des § 11 Nr. 5 KStG, lägen ihrer Natur nach weder im betrieblichen Interesse der Gesellschaft noch im eigenwirtschaftlichen Interesse des Gesellschafters. Sie dienten vielmehr einem höheren Gut, dem Allgemeinwohl. Eine verdeckte Gewinnausschüttung setze begrifflich die Zuwendung eigenwirtschaftlicher Vorteile an den Gesellschafter voraus und könne deshalb grundsätzlich in der Hingabe von Spenden nach § 11 Nr. 5 KStG nicht erblickt werden. Eine abzugsfähige Spende im Sinne des § 11 Nr. 5 KStG müsse daher grundsätzlich unabhängig davon anerkannt werden, wer der Geber und wer der Veranlasser der Spende sei. Eine andere Beurteilung komme in Betracht, wenn eine Stiftung der Stadt konkrete, kostspielige Aufgaben abnehmen würde, zu deren Erfüllung die Stadt durch Gesetz verpflichtet sei. Das sei hier nicht der Fall. In keinem Gesetz sei vorgeschrieben, daß die Gemeinden verpflichtet seien, Altersheime zu bauen.
Die Spenden könnten allerdings im Streitfall nur bis zur Höhe von 5 v. H. des Einkommens abgezogen werden.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des FA, mit der die Verletzung des § 6 KStG, § 19 KStDV und mangelnde Sachaufklärung gerügt werden.
Das FA meint, die Auffassung des FG, die Stiftung nehme der Stadt keine Aufgabe ab, werde schon durch die Vorschriften des Stiftungsgesetzes und der dazu ergangenen Ausführungsverordnung widerlegt. Nach § 5 der Verordnung zur Ausführung des Stiftungsgesetzes vom 22. August 1958 (Bayerisches Gesetz- und Verordnungsblatt 1958 S. 238 - BayGVBl 1958, 238 -) sei für den Rechtscharakter einer Stiftung des öffentlichen Rechts ausschließlich der öffentliche Zweck und der organische Zusammenhang mit einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft bestimmend. Die Stiftung müsse damit betraut sein, öffentliche, der Körperschaft obliegende Aufgaben zu erfüllen. Im Hinblick auf das Urteil des BFH I 158/63 vom 15. Mai 1968 (BFH 92, 444, BStBl II 1968, 629) führt das FA weiter aus, die Stadt sei nach §§ 93, 75, 96 Abs. 1 des Bundessozialhilfegesetzes vom 30. Juni 1961 (BSHG) - BGBl I 1961, 815 - verpflichtet, Altersheime zu schaffen. Von dieser Aufgabe habe die Steuerpflichtige die Stadt durch die Spenden, die sie an die Stiftung gegeben habe, teilweise entlastet.
Das FA weist außerdem auf den engen organischen Zusammenhang zwischen der Stadt und der Stiftung hin, der es rechtfertige, die Stiftung als eine der Stadt nahestehende Person im Sinne der Rechtsprechung zur verdeckten Gewinnausschüttung anzusehen. Der organische Zusammenhang bestehe vor allem darin, daß die Stadt die Stiftung selbst verwalte oder in den Stiftungsorganen maßgeblich vertreten sei. Das sei hier der Fall.
Mangelnde Sachaufklärung werde gerügt, weil das FG es unterlassen habe, den Rechtscharakter der Stiftung und die daraus sich ergebenden steuerrechtlichen Folgen festzustellen und zu prüfen, ob ähnliche hohe Aufwendungen auch gegenüber dritten Personen getätigt worden seien.
Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben.
Die Steuerpflichtige beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Aus den Gründen:
Die Revision ist nicht begründet. Die Spenden, die die Steuerpflichtige an die Stiftung gegeben hat, sind in der vom FG festgestellten Höhe abzugsfähig (§ 11 Nr. 5 KStG).
Der Senat hat in dem Urteil I 158/63, a. a. O., daran festgehalten, daß auch im Verhältnis zwischen einer Sparkasse und ihrem Gewährträger oder einer diesem nahestehenden Person verdeckte Gewinnausschüttungen möglich sind und daß auch Spenden, die eine Sparkasse ihrem Gewährträger oder einer diesem nahestehenden Person gibt, verdeckte Gewinnausschüttungen sein können. Wann das der Fall ist, bestimmt sich nach dem BFH-Urteil I 31/61 S vom 5. Juni 1962 (BFH 75, 241, BStBl III 1962, 355), dessen Auffassung der Senat in dem Urteil I 158/63, a. a. O., insoweit nicht aufgegeben hat, danach, ob die Sparkasse auch eine ähnliche Spende einer anderen öffentlich-rechtlichen oder gemeinnützigen Körperschaft gewährt hätte oder ob die Zuwendung auf der Eigenschaft des Empfängers als Gewährträger der Sparkasse beruht. Anders ausgedrückt: Eine verdeckte Gewinnausschüttung liegt vor, wenn die Sparkasse bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters die Spende einer Körperschaft, die nicht ihr Gewährträger ist, nicht gegeben hätte (vgl. BFH-Urteile I 261/63 vom 16. März 1967, BFH 89, 208, BStBl III 1967, 626; I 187/64 vom 10. Mai 1967, BFH 88, 518, BStBl III 1967, 498). Bei dieser Beurteilung wird einerseits das Recht der Sparkassen, abzugsfähige Spenden im üblichen Rahmen auch an ihre Gewährträger oder diesen nahestehende Personen zu gewähren, nicht beschnitten. Andererseits bleibt der steuerrechtliche Grundsatz gewahrt, daß Vorgänge, die ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis haben, das steuerpflichtige Einkommen der Körperschaft nicht berühren dürfen (§ 6 Abs. 1 Satz 2, § 7 KStG).
Auf den Streitfall angewandt bedeuten diese Grundsätze, daß die Spenden, die die Steuerpflichtige an die Stiftung gegeben hat, keine verdeckten Gewinnausschüttungen darstellen. Empfänger der Spenden war nicht der Gewährträger der Steuerpflichtigen, sondern eine rechtsfähige Stiftung des öffentlichen Rechts und damit eine von der Steuerpflichtigen und von der Stadt A. rechtlich verschiedene Rechtspersönlichkeit. Eine verdeckte Gewinnausschüttung an die Stadt A. könnte daher nur angenommen werden, wenn die Spenden mittelbare Zuwendungen an die Stadt A. darstellten. Das ist, wie das FG im Ergebnis zutreffend ausgeführt hat, nicht der Fall. Das Verhältnis der Stadt A. zur Stiftung kann nicht dem Verhältnis eines Gesellschafters zu seiner Gesellschaft gleichgestellt werden, das im allgemeinen die Annahme einer mittelbaren Zuwendung an die Gesellschafter durch Vorteilsgewährung an die Gesellschaft rechtfertigt. Denn die Stadt A. hat zwar Anteil an der Verwaltung der Stiftung, ist aber weder rechtlich noch wirtschaftlich am Vermögen der Stiftung beteiligt. Das Vermögen der Stadt und das Vermögen der Stiftung sind vielmehr rechtlich und wirtschaftlich streng getrennt, wie sich aus dem Verbot der Einverleibung von Stiftungsvermögen und aus dem Gebot der ausschließlichen Verwendung des Ertrags des Stiftungsvermögens entsprechend dem Stiftungszweck deutlich ergibt (Art. 11, 12 des Stiftungsgesetzes vom 26. November 1954, BayGVBl 1954, 301). Der organische Zusammenhang zwischen der Stiftung und der Stadt A. (Art. 1 Abs. 2 Stiftungsgesetz) reicht entgegen der Ansicht des FA nicht aus, um die Stiftung zu einer der Stadt A. nahestehenden Person zu stempeln.
Eine mittelbare Zuwendung und damit eine verdeckte Gewinnausschüttung an die Stadt A. wäre weiter möglich, wenn die Steuerpflichtige durch die Spenden eine Aufgabe wahrgenommen hätte, zu deren Erfüllung die Stadt A. rechtlich verpflichtet gewesen wäre oder der sie sich nicht hätte entziehen können (BFH-Urteil I 158/63, a. a. O.). Auch diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Denn es ist nicht ersichtlich, daß die Stadt A. rechtlich oder tatsächlich verpflichtet gewesen wäre, der Stiftung die Beträge zuzuwenden, die ihr die Steuerpflichtige in Gestalt der Spenden gegeben hat. Weder das Bayerische Stiftungsgesetz noch die Ausführungsverordnung zu diesem Gesetz sehen eine derartige Verpflichtung vor. Auch der Bayerischen Gemeindeordnung ist eine solche Verpflichtung der Stadt A. nicht zu entnehmen. Der Vermögensvorteil der Stadt A. kann auch nicht darin erblickt werden, daß die Stadt A. durch das mit Hilfe der Spenden errichtete Altersheim von der öffentlich-rechtlichen Aufgabe, selbst ein Altersheim zu bauen, befreit worden wäre. Denn eine konkrete Pflicht der Stadt A., Altersheime zu errichten und zu unterhalten, besteht weder nach Art. 57 der Bayerischen Gemeindeordnung (GemO) noch nach den Vorschriften des BSHG. Nach § 93 BSHG "sollen" die Träger der Sozialhilfe - das sind die kreisfreien Städte und die Landkreise - darauf hinwirken, daß die zur Gewährung der Sozialhilfe geeigneten Einrichtungen - dazu zählen auch Altersheime (§ 75 BSHG) - in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen. Die Träger der Sozialhilfe sollen aber nach § 93 Abs. 1 Satz 2 BSHG nur hilfsweise tätig werden, nämlich dann nicht, wenn geeignete Einrichtungen der Träger der freien Wohlfahrtspflege vorhanden sind, ausgebaut oder geschaffen werden können. Die öffentlich-rechtlichen Aufgaben, die Art. 57 GemO und ähnliche allgemeine Vorschriften den Gemeinden zugewiesen haben, stellen eine wirtschaftliche Belastung der Gemeinde, von der sie - mit der Folge einer verdeckten Gewinnausschüttung - befreit werden könnte, erst dar, wenn eine konkrete Aufgabe zur Erfüllung heransteht, z. B. wenn die Gemeinde förmlich beschlossen hat, sie in Angriff zu nehmen, oder wenn die Aufsichtsbehörde ihre Erfüllung fordert.
Da somit die Steuerpflichtige im Streitfall ihrem Gewährträger weder unmittelbar noch mittelbar (über eine dem Gewährträger nahestehende Person) Vorteile zugewendet hat, braucht nicht weiter geprüft zu werden, ob die Steuerpflichtige ähnlich hohe Spenden auch anderen Empfängern gewährt hat.
Fundstellen
Haufe-Index 68995 |
BStBl II 1970, 468 |
BFHE 1970, 473 |