Leitsatz (amtlich)
1. Der Abschluß eines Fachhochschulstudiums steht für die Zulassung zur Steuerberaterprüfung nicht einem wissenschaftlichen Hochschulstudium gleich.
2. Die Lehrzeit i. S. des § 36 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b StBerG, die der Bewerber vor dem Abschluß des Fachhochschulstudiums mit der Ablegung der Gehilfenprüfung abgeschlossen hat, kann nicht als hauptberufliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens angesehen oder dieser gleichgestellt werden (Bestätigung des BFH-Urteils vom 17. Mai 1977 VII R 101/76, BFHE 122, 376, BStBl II 1977, 706).
Normenkette
StBerG § 36 Abs. 1 Nrn. 1, 2 Buchst. b, c
Verfahrensgang
Tatbestand
Nachdem der Kläger und Revisionskläger (Kläger) eine dreijährige Lehre bei einem Steuerbevollmächtigten mit der erfolgreichen Ablegung der Gehilfenprüfung abgeschlossen hatte, besuchte er von August 1974 bis Juni 1975 die Fachoberschule für Wirtschaft Osnabrück und erlangte dort die Fachhochschulreife. Von August 1975 bis Februar 1979 studierte er an der Fachhochschule Osnabrück, Fachbereich Wirtschaft, und beendete das Studium mit der erfolgreichen Ablegung der Abschlußprüfung als Diplom-Kaufmann im Studiengang Betriebswirtschaft. Seit dem 1. März 1979 ist er bei einer Wirtschaftsprüfer- und Steuerberatersozietät beschäftigt. Seinem Antrag an den Niedersächsischen Minister der Finanzen (Beklagter und Revisionsbeklagter - Beklagter -), ihm eine verbindliche Auskunft nach § 7 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung des Steuerberatungsgesetzes (DVStBerG) dahin zu erteilen, daß er spätestens am 1. März 1983 die Voraussetzungen für die Zulassung zur Steuerberaterprüfung erfülle, wurde nicht entsprochen. Durch Bescheid vom 23. Februar 1983 wurde ihm dem Sinne nach vielmehr lediglich mitgeteilt, daß für seine Zulassung zur Steuerberaterprüfung die Regelung in § 36 Abs. 1 Nr. 2 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) maßgebend sei, und daß auf die danach geforderte zehnjährige hauptberufliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens drei Jahre seines Fachhochschulstudiums sowie seine Tätigkeit bei der Wirtschaftsprüfer- und Steuerberatersozietät, nicht jedoch die Lehrzeit, angerechnet werden könnten.
Die Klage hatte keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
Die Entscheidung des FG, nach der dem Kläger die beantragte Auskunft über die Erfüllung der Voraussetzungen für eine Zulassung zur Steuerberaterprüfung zu Recht nicht erteilt worden sei, ist rechtlich nicht zu beanstanden.
1. Das FG ist bei seiner Entscheidung zutreffend davon ausgegangen, daß der Abschluß eines Fachhochschulstudiums im Sinne der Regelung in § 36 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c Satz 2 StBerG nicht dem Abschluß eines wissenschaftlichen Hochschulstudiums i. S. des § 36 Abs. 1 Nr. 1 StBerG gleichgestellt ist. Das Gesetz unterscheidet ausdrücklich zwischen dem Abschluß eines wissenschaftlichen Hochschulstudiums und dem eines Fachhochschulstudiums. Der Abschluß des einen oder des anderen Studiums führt zur Anwendung verschiedener Normen mit unterschiedlichem Regelungsinhalt. Während das wissenschaftliche Hochschulstudium i. S. des § 36 Abs. 1 Nr. 1 StBerG eine - schulische - Voraussetzung für die Erfüllung der hauptberuflichen Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens in dem bestimmten Umfang ist, wird das Fachhochschulstudium i. S. des § 36 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c Satz 2 StBerG in dem bestimmten Ausmaß der hauptberuflichen Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens gleichgestellt. Diese Regelungen lassen erkennen, daß der Gesetzgeber dem wissenschaftlichen Hochschulstudium und dem Fachhochschulstudium als Voraussetzungen für die Zulassung zur Steuerberaterprüfung wesensmäßig unterschiedliche Bedeutungen beigemessen hat.
Eine andere Beurteilung ist nicht deshalb gerechtfertigt, weil das Fachhochschulstudium gleichzeitig auch als Vorbildungsvoraussetzung angesehen wird (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 17. Mai 1977 VII R 101/76, BFHE 122, 376, 381, BStBl II 1977, 706). Nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung in § 36 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c Satz 2 StBerG ist das Fachhochschulstudium im Sinne dieser Vorschrift als hauptberufliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens anzurechnen. Das bedeutet, daß es dieser hauptberuflichen Tätigkeit gleichgestellt ist. Daran zeigt sich, daß das Erfordernis eines erfolgreich abgeschlossenen Fachhochschulstudiums im Sinne der genannten Vorschrift einem anderen gesetzlichen Zweck dient als das wissenschaftliche Studium i. S. des § 36 Abs. 1 Nr. 1 StBerG und diesem somit nicht gleichgestellt ist.
Dafür spricht auch, daß das in § 36 Abs. 1 Nr. 1 StBerG bestimmte Ausmaß der erforderlichen hauptberuflichen Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens auf die besonders geartete Vorbildung ausgerichtet ist, die durch das wissenschaftliche Hochschulstudium erreicht wird. Daraus, daß der Gesetzgeber in § 36 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c Satz 2 StBerG eine Sonderregelung für Fachhochschulabsolventen geschaffen hat, ist zu folgern, daß der Gesetzgeber die Vorbildung, die mit einem Fachhochschulstudium erreicht wird, der im Wege eines wissenschaftlichen Hochschulstudiums erlangten Vorbildung nicht gleichgestellt wissen will.
Die unterschiedliche Behandlung des wissenschaftlichen Studiums einerseits und des Fachhochschulstudiums andererseits durch den Gesetzgeber in § 36 Abs. 1 StBerG begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die aufgezeigte wesensmäßige Unterscheidung und die darauf gegründete unterschiedliche Regelung der Voraussetzungen der Zulassung zur Steuerberaterprüfung ist unter dem Gesichtspunkt des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) nicht sachwidrig.
Da, wie dargelegt, das Fachhochschulstudium aufgrund der Vorschrift des § 36 Abs. 1 StBerG dem wissenschaftlichen Hochschulstudium nicht gleichgestellt ist, ist es ohne Bedeutung, ob und in welchem Ausmaß eine Gleichstellung durch landesrechtliche Regelungen des Hochschulwesens vorgenommen worden ist. Maßgebend ist hier allein, daß der Kläger, wie das FG dargelegt und der Kläger auch nicht bestritten hat, ein Fachhochschulstudium und nicht ein wissenschaftliches Hochschulstudium i. S. des § 36 Abs. 1 Nr. 1 StBerG abgeschlossen hat.
2. Das FG ist auch ohne Rechtsfehler zu dem Ergebnis gelangt, daß die Lehrzeit nicht als hauptberufliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens i. S. des § 36 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c StBerG anzusehen ist. Insoweit wird auf die Entscheidung des erkennenden Senats in seinem Urteil in BFHE 122, 376, 381, BStBl II 1977, 706 verwiesen. Wie dort entschieden ist, gehört die Lehrzeit zu den Vorbildungsvoraussetzungen, deren Erfüllung erforderlich ist, um mit einer hauptberuflichen Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens als weiterer Voraussetzung für die Zulassung zur Steuerberaterprüfung beginnen zu können. Daraus folgt, daß die Lehrzeit auch dann nicht als hauptberufliche Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens anerkannt werden kann, wenn sie nicht mit einer erfolgreichen Gehilfenprüfung abgeschlossen wird. Der entgegenstehenden Auffassung des Klägers kann nicht gefolgt werden.
Unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten (Art. 3 Abs. 1 GG) ist es ebenfalls unbedenklich, daß der Gesetzgeber die Lehrzeit nicht der hauptberuflichen Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens gleichgestellt hat. Er hat der Lehrzeit erkennbar die Bedeutung einer Vorbildung beigemessen. Diese Wertung erscheint nicht sachwidrig. Gegen sie spricht insbesondere nicht, daß ein Auszubildender während der Lehrzeit bei einem Steuerberater oder Steuerbevollmächtigten in besonderem Maße mit den Tätigkeiten auf dem Gebiet des Steuerwesens befaßt wird. Das Erfordernis einer hauptberuflichen Tätigkeit auf dem Gebiet des Steuerwesens für die Zulassung zur Steuerberaterprüfung hat offenbar zum Ziel, nur solche Kandidaten zur Steuerberatung zuzulassen, die nach Abschluß einer qualifizierenden Ausbildung in hinreichendem Maße eigenverantwortlich auf dem Gebiet des Steuerwesens tätig gewesen sind. Aus dieser Sicht ist es sachgerecht, die Tätigkeit während der Lehrzeit und die hauptberufliche Tätigkeit nach Abschluß der mit der Lehrzeit angestrebten Vorbildung nicht gleichzustellen.
Fundstellen
Haufe-Index 74941 |
BStBl II 1984, 339 |
BFHE 1984, 352 |