Leitsatz (amtlich)
Schuldzinsen für einen Kredit zur Anschaffung einer Beteiligung an einer Aktiengesellschaft sind in vollem Umfang Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, wenn auf Dauer gesehen ein Überschuß der Einnahmen über die Ausgaben erwartet werden kann (Änderung der Rechtsprechung).
Normenkette
EStG 1974 § 9 Abs. 1 Sätze 1, 3 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Arbeitnehmer im Betrieb einer AG und seit Jahren an der Kapitalgesellschaft wesentlich beteiligt. Im Jahr 1973 erwarb er ein Aktienpaket von etwa 25 v. H. des Grundkapitals hinzu, um die Aktienmehrheit zu erhalten. Den Aktienerwerb finanzierte er im wesentlichen durch einen Kredit, für den im Streitjahr 1974 Zinsen in Höhe von 232 096 DM anfielen. Davon erkannte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) einen Teil in Höhe der erklärten Einkünfte aus Kapitalvermögen von 129 269 DM als Werbungskosten an. Das Begehren des Klägers, die Einkünfte aus Kapitalvermögen mit dem Verlust von 102 827 DM anzusetzen und diesen mit den erklärten Einkünften von 89 860 DM aus nichtselbständiger Arbeit bei der AG auszugleichen, lehnte das FA im Einspruchsverfahren ab.
Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus, die restlichen Kreditzinsen von 102 827 DM seien weder als Werbungskosten noch als Betriebsausgaben abziehbar. Bei den Einkünften aus Kapitalvermögen könnten Werbungskosten nur in Höhe der im Streitjahr bezogenen Erträge abgezogen werden. Auch unter dem Gesichtspunkt vorweggenommener Betriebsausgaben sei ein Abzug nicht möglich. Der Kläger sei zwar wesentlich an der AG beteiligt, so daß eine spätere Veräußerung seiner Beteiligung nach § 17 des Einkommensteuergesetzes 1974 (EStG) zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führen könnte. Die Aufwendungen stünden jedoch in keinem klar erkennbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit dieser Einkunftsart, weil der Kläger die Aktien nicht erworben habe, um sie in absehbarer Zeit wieder zu veräußern. Er habe vielmehr beabsichtigt, die Aktienmehrheit an der Gesellschaft zu erlangen, um aus der Beteiligung auf Dauer Einkünfte aus Kapitalvermögen zu ziehen. Die restlichen Zinsen seien auch nicht als Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit anzuerkennen. Es fehle hier ebenfalls an einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Zinszahlungen und Arbeitseinkünften.
Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts. Er macht geltend: Die restlichen Zinsen müßten zumindest als vorweggenommene Betriebsausgaben im Hinblick auf das mögliche Entstehen eines künftigen Veräußerungsgewinns im Sinne des § 17 EStG angesetzt werden.
Der Kläger beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Einkommensteuer auf null DM festzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Der Bundesminister der Finanzen (BdF) ist dem Verfahren beigetreten. Er meint, wenn an einer AG eine wesentliche Beteiligung, die der Steuerpflichtige im Privatvermögen halte, mit Kredit erworben werde, so seien die Schuldzinsen für den Kredit bei den Einkünften aus Kapitalvermögen nur in Höhe der Einnahmen als Werbungskosten abziehbar.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und Herabsetzung der Einkommensteuer auf null DM. Die Schuldzinsen sind in vollem Umfang Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen (§§ 9, 20 EStG).
1. Nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen Werbungskosten. Dies gilt auch für Schuldzinsen, soweit sie mit einer Einkunftsart im wirtschaftlichen Zusammenhang stehen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG).
Bei Einkünften aus Kapitalvermögen hat der Bundesfinanzhof (BFH) im Zusammenhang mit Kreditkäufen bei Aktien entschieden, daß die Schuldzinsen nur in Höhe der Erträge des jeweiligen Veranlagungszeitraumes als Werbungskosten anzuerkennen seien. Begründet wurde diese Auffassung damit, daß die darüber hinausgehenden Schuldzinsen als Aufwendungen zum Erwerb einer Vermögensanlage oder in Erwartung von Wertsteigerungen vorgenommen würden, die mit Ausnahme der in den §§ 17 und 23 EStG geregelten Fälle nicht steuerbar seien. Diese Einschränkung des Schuldzinsenabzugs sei zwar vereinfachend, aber noch sachangemessen, weil sie der doppelten wirtschaftlichen Zwecksetzung des Wertpapiererwerbs Rechnung trage und wegen der uneingeschränkten Möglichkeit des Abzugs der restlichen Schuldzinsen als Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG i. d. F. bis zum 31. Dezember 1973 zur vollen Berücksichtigung der gezahlten Kreditzinsen führe (BFH-Urteil vom 26. November 1974 VIII R 266/72, BFHE 114, 229, BStBl II 1975, 331, mit weiteren Nachweisen).
An dieser Rechtsprechung über eine Begrenzung des Schuldzinsenabzugs als Werbungskosten hält der erkennende Senat nicht mehr fest.
Begehrt ein Steuerpflichtiger den Abzug von Schuldzinsen im Rahmen von Einkünften aus Kapitalvermögen, so ist ebenso wie bei den anderen Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Nrn. 4-7 EStG nach § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG zu entscheiden, ob Werbungskosten vorliegen. Aus der Streichung des Schuldzinsenabzugs in § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG durch das Steueränderungsgesetz 1973 vom 26. Juni 1973 (BGBl I 1973, 676, BStBl I 1973, 545) ab 1974 ist nichts anderes abzuleiten, weil mit dieser Gesetzesänderung lediglich der Abzug von solchen Schuldzinsen ausgeschlossen wurde, die keine Werbungskosten und keine Betriebsausgaben darstellen, und weil - wie nachfolgend auszuführen ist - Schuldzinsen bei Einkünften aus Kapitalvermögen auch über die Erträge eines jeweiligen Veranlagungszeitraums hinaus Werbungskosten sein können.
2. Schuldzinsen gehören ebenso wie andere Aufwendungen im Rahmen von Einkünften aus Kapitalvermögen zu den Werbungskosten, wenn sie durch die entgeltliche Überlassung von Kapital zur Nutzung veranlaßt sind.
Daß für Betriebsausgaben und Werbungskosten gleichermaßen das Veranlassungsprinzip gilt, wurde für Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 EStG z. B. im BFH-Beschluß vom 28. November 1977 GrS 2- 3/77 (BFHE 124, 43, BStBl II 1978, 105) und im BFH-Urteil vom 28. November 1980 VI R 193/77 (BFHE 132, 431, BStBl II 1981 368) ausgesprochen. Bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung nach § 21 EStG hat der erkennende Senat es in seinen Urteilen vom 25. Juli 1972 VIII R 56/68 (BFHE 106, 532, BStBl II 1972, 880) und vom 3. Juni 1975 VIII R 274/71 (BFHE 116, 35, BStBl II 1975, 664) in Anlehnung an den Begriff der Betriebsausgaben und zur gleichmäßigen Abgrenzung gegenüber den nichtabziehbaren Kosten der Lebensführung als für den Werbungskostenabzug ausreichend angesehen, daß die Aufwendungen durch die Einkunftsart veranlaßt sind. Hiernach können Aufwendungen mit Ausnahme der Anschaffungs- oder Herstellungskosten einschließlich der Anschaffungsnebenkosten der zur Erzielung von Einkünften verwendeten Wirtschaftsgüter (BFH-Urteile vom 15. September 1961 VI 224/61 U, BFHE 73, 772, BStBl III 1961, 547; vom 14. Februar 1978 VIII R 9/76, BFHE 125, 153, BStBl II 1978, 455) Werbungskosten nicht nur dann sein, wenn bereits Einnahmen fließen, sondern auch dann, wenn noch keine Einnahmen erzielt werden. Sie können selbst dann abziehbar sein, wenn es entgegen den Planungen des Steuerpflichtigen nicht zu Einnahmen kommt, sofern nur eine erkennbare Beziehung zu den angestrebten Einkünften besteht (BFH-Urteile vom 13. November 1973 VIII R 157/70, BFHE 110, 556, BStBl II 1974, 161; BFHE 125, 153, BStBl II 1978, 455).
Dies alles gilt auch für Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 EStG. Aus dem Gesetz ist nicht zu entnehmen, daß der Begriff der Werbungskosten in § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG bei den Überschußeinkünften nach § 2 Abs. 3 Nrn. 4-7 EStG einen unterschiedlichen Inhalt haben und je nach Einkunftsart enger oder weiter sein sollte. Deshalb kann auch für einen Werbungskostenabzug von Schuldzinsen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen nicht verlangt werden, daß den Schuldzinsen im selben Jahr Erträge in entsprechender Höhe gegenüberstehen. Maßgebend für den Abzug ist allein, daß die Aufwendungen durch Erzielung von Einkünften dieser Einkunftsart veranlaßt sind.
3. Schuldzinsen und andere Kreditkosten sind in vollem Umfang durch die Erzielung von Einkünften aus Kapitalvermögen veranlaßt, wenn sie für eine Schuld geleistet werden, deren Gegenwert die entgeltliche Überlassung von Kapital zur Nutzung ermöglicht oder fördert.
a) Veranlassung von Aufwendungen durch die Einkunftserzielung ist bei Einkünften aus Kapitalvermögen gegeben, wenn objektiv ein Zusammenhang der Aufwendungen mit der Überlassung von Kapital zur Nutzung besteht und subjektiv die Aufwendungen zur Förderung der Nutzungsüberlassung gemacht werden. Dem objektiven und dem subjektiven Merkmal kommt hier die gleiche Bedeutung zu wie bei den anderen Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Nrn. 4-7 EStG (vgl. zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nach § 19 EStG Beschluß in BFHE 124, 43, BStBl II 1978, 105). Für das Vorliegen dieser Merkmale ist bei Schuldzinsen und anderen Kreditkosten allein auf den Zweck der Schuldaufnahme abzustellen, wie der Senat in seinem Urteil vom 18. November 1980 VIII R 194/78 (BFHE 132, 522, BStBl II 1981, 510) für den Schuldzinsenabzug bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung entschieden hat. Besteht dieser Zweck darin, Einkünfte zu erzielen, und werden die aufgenommenen Mittel zweckentsprechend verwendet, dann sind die Kreditkosten Werbungskosten. Demzufolge gehören auch bei Einkünften aus Kapitalvermögen zu diesen Werbungskosten in erster Linie die Kosten eines Kredits zur Finanzierung der Anschaffungs- und Anschaffungsnebenkosten von Anteilen, deren Erträge nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG steuerbar sind. Unerheblich ist es, ob die Anschaffungskosten selbst bei der Überschußermittlung zu berücksichtigen sind oder nicht. Wenn die Anschaffungskosten für nicht abnutzbare Wirtschaftsgüter bei der Überschußermittlung von Einkünften der Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Nrn. 4-7 EStG außer Betracht bleiben - anders als abnutzbare Wirtschaftsgüter mit der Möglichkeit einer Aufwandsverteilung nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG -, so hat dies keine Auswirkungen auf die Abziehbarkeit von Schuldzinsen für Finanzierungskosten, weil letztere nicht zu den Anschaffungskosten oder Anschaffungsnebenkosten gehören (vgl. BFH-Urteil vom 2. August 1977 VIII R 104/74, BFHE 124, 27, BStBl II 1978, 143).
b) Der Annahme einer Veranlassung von Schuldzinsen und anderen Kreditkosten durch die Einkunftserzielung bei Einkünften aus Kapitalvermögen steht es nicht entgegen, daß beim Erwerb der Kapitalanlage auch die Hoffnung auf Wertsteigerung eine Rolle spielt. Solange die Erwartung eines Wertzuwachses im Vermögensbereich für die Anschaffung einer ertragbringenden Kapitalanlage nur mitursächlich ist, reicht das Vorliegen auch dieses Beweggrundes im allgemeinen nicht aus, die Veranlassung und damit den wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen den Aufwendungen und der Einkunftsart i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 1 EStG aufzuheben.
Eine neben der Ertragserwartung bestehende Hoffnung auf Wertsteigerung rechtfertigt nicht eine Begrenzung des Werbungskostenabzugs unter dem Gesichtspunkt der Zurechnung eines Teils der Aufwendungen zu den Kosten der privaten Lebenshaltung. Denn ein auch durch die Erwartung von Wertsteigerungen veranlaßter Erwerb einer Kapitalanlage ist ein einkommensteuerrechtlich neutraler Vorgang und nicht in den Regelungsbereich des § 12 EStG einzuordnen. Die Verhältnisse liegen insoweit nicht wesentlich anders als beim Erwerb eines Grundstücks, bei dem gleichfalls Ertragserwartung und Wertsteigerungserwartung nebeneinanderstehen. In all diesen Fällen ist außerdem eine Aufteilung in Anlehnung an die Grundsätze, nach denen eine Aufteilung bei teils beruflicher und teils privater Nutzung eines Wirtschaftsguts nach der Rechtsprechung des BFH in Betracht kommt (vgl. dazu Beschluß vom 19. Oktober 1970 GrS 2/70, BFHE 100, 309, BStBl II 1971, 17), nicht möglich, weil es an zuverlässigen Abgrenzungsmerkmalen fehlt. Ein auf die Vermögenssphäre entfallender Anteil läßt sich nicht eindeutig bestimmen. Wenn gleichwohl nach der bis zum 31. Dezember 1973 maßgebenden Rechtslage eine Aufteilung vorgenommen wurde, so war diese in ihrer groben Vereinfachung allenfalls solange vertretbar, als der gesamte Aufwand steuerlich berücksichtigt werden konnte.
c) Mit der Anerkennung vorab entstandener Werbungskosten in vollem Umfang setzt der erkennende Senat sich nicht in Widerspruch zu der zum Abzugsverbot des § 13 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) i. V. m. § 3 c EStG ergangenen Rechtsprechung des BFH (vgl. u. a. Urteile vom 21. Februar 1973 I R 26/72, BFHE 109, 27, BStBl II 1973, 508; vom 25. Oktober 1966 I 26/64, BFHE 87, 243, BStBl III 1967, 92). Die dort angestellten Überlegungen können nicht uneingeschränkt zur Auslegung des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG herangezogen werden, weil die Abziehbarkeit von Aufwendungen nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 EStG nicht als Umkehrung des sich aus § 3 c EStG ergebenden Abzugsverbots anzusehen ist. Hiervon abgesehen sind nach § 3 c EStG nur solche Betriebsausgaben oder Werbungskosten vom Abzug ausgeschlossen, bei denen sich eine abgrenzbare Beziehung zu steuerfreien Einnahmen feststellen läßt. Bei der vorliegenden Frage geht es nicht um die Beziehung von Aufwendungen zu bestimmten Einnahmen, sondern um ihre Beziehung zu einer Einkunftsart.
4. Keine Veranlassung von Schuldzinsen und anderen Kreditkosten durch die Einkunftserzielung besteht, wenn die Aufwendungen zwar objektiv mit der Überlassung von Kapital zusammenhängen, aber subjektiv vorwiegend zur Ausnutzung von Wertsteigerungen im Vermögen gemacht werden, deren Realisierung nicht steuerbar ist. Die Ausgaben werden dann nicht zur Erzielung von Kapitalerträgen gemacht, sondern fallen bei einer Kapitalüberlassung an, welche nicht den Tatbestand der Einkunftserzielung nach § 20 EStG erfüllt. Deshalb fehlt oder entfällt der Werbungskostencharakter bei Schuldzinsen und anderen Kreditkosten, wenn die Finanzierung der Anschaffung oder dem Halten einer Kapitalanlage dient, bei der die Absicht zur Realisierung von Wertsteigerungen im Vordergrung steht.
Die Frage, ob Ausgaben der in Rede stehenden Art mit der Finanzierung einer Kapitalanlage zusammenhängen, die vorwiegend zur Realisierung von Wertsteigerungen erworben wurde oder gehalten wird, kann wie alle in der Vorstellung von Menschen sich abspielenden Vorgänge nur anhand äußerlich erkennbarer Merkmale beurteilt werden. Eine im Vordergrund stehende Realisationsabsicht ist zu verneinen, wenn, auf Dauer gesehen, voraussichtlich mit Überschüssen zu rechnen ist. Davon ist bei dem Erwerb einer ertragbringenden Kapitalanlage auszugehen, sofern der Gedanke der - wenn auch nur bescheidenen - Rendite eine Rolle spielt und keine erkennbaren objektiven Anhaltspunkte dafür vorliegen, daß eine solche nicht erwartet wird oder mit ihr nicht zu rechnen ist. Für Erwerb oder Halten der Kapitalanlage in Realisationsabsicht unter bloßer Mitnahme von laufenden Erträgen spricht es, wenn die Kapitalanlage mit Gewinn veräußert wird, ohne daß die Finanzierungskosten durch die laufenden Erträge abgedeckt werden konnten, oder wenn die Kapitalanlage über einen langen Zeitraum hinweg gehalten wird und die Finanzierungskosten ständig die laufenden Erträge übersteigen.
5. Bei Anwendung dieser Grundsätze sind im Streitfall die Voraussetzungen für einen unbegrenzten Schuldzinsenabzug erfüllt.
Der Vorentscheidung ist zu entnehmen, daß der Erwerb des Aktienpakets durch die Erzielung steuerpflichtiger Einkünfte aus Kapitalvermögen veranlaßt war. Nach den Feststellungen des FG kann davon ausgegangen werden, daß der Kläger zumindest längerfristig einen Überschuß aus der Beteiligung anstrebte und unter Berücksichtigung der bisherigen Ertragslage des Unternehmens auch erwarten konnte.
Der vom FG festgestellte Sachverhalt läßt auch nicht den Schluß zu, daß für den Erwerb der Beteiligung die Absicht der Erzielung eines alsbaldigen Veräußerungsgewinns maßgebend war. Aus den Gründen der Vorentscheidung ergibt sich vielmehr, daß der Kläger die Beteiligung erwarb, um die Aktienmehrheit zu erlangen und auf Dauer zu behalten.
Im Hinblick auf den Erwerb der Beteiligung als Daueranlage kann offenbleiben, ob die Schuldzinsen auch in einem gewissen Zusammenhang mit der Absicherung von Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit i. S. des § 19 EStG sowie mit der Erzielung einer im Zeitpunkt der Veräußerung gemäß § 17 EStG steuerpflichtigen Vermögensmehrung stehen. Denn auch wenn dies zu bejahen wäre, stünde der wirtschaftliche Zusammenhang der Aufwendungen mit den Einkünften aus Kapitalvermögen im Vordergrund und verdrängte die Beziehung zu den Einkünften nach §§ 17, 19 EStG (vgl. BFH-Urteil vom 21. April 1961 VI 158/59 U unter Nr. 1, BFHE 73, 449, BStBl III 1961, 431).
6. Da die Vorinstanz noch von anderen Grundsätzen ausgegangen ist, war die darauf beruhende Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist nach den vorstehenden Ausführungen spruchreif. Unter Berücksichtigung des geltend gemachten Verlustes von 102 827 DM ist die Einkommensteuer auf null DM festzusetzen.
Fundstellen
Haufe-Index 74114 |
BStBl II 1982, 37 |
BFHE 1981, 113 |