Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsteuer
Leitsatz (amtlich)
Auch die mit Rücksicht auf die Wohnungsnot an Außenstehende vermieteten Räume einer Pfarrerdienstwohnung sind steuerbefreit. Dabei kommt es nicht darauf an, ob Untervermietung durch den Dienstwohnungsinhaber (Pfarrer) oder unmittelbare Vermietung durch die Kirchengemeinde selbst vorliegt.
Normenkette
GrStG § 4/5/c
Tatbestand
Streitig ist der Umfang der ab 1. April 1951 für das im Eigentum der Beschwerdeführerin (Bfin.) stehende Pfarrwohnhaus zu gewährenden Befreiung von der Grundsteuer. Das Finanzamt hat im Veranlagungs- bzw. Einspruchsverfahren die Steuerbefreiung nur für die in dem Pfarrhaus befindliche Pfarrer- bzw. Pfarrwitwenwohnung gewährt, sie dagegen für die fremdvermieteten Räume versagt. Die auf völlige Freistellung des Steuergegenstands gerichtete Berufung der Bfin. ist erfolglos geblieben. Mit der Rechtsbeschwerde (Rb.) begehrt die Bfin. erneut völlige Befreiung von der Grundsteuer.
Entscheidungsgründe
Die Rb. ist begründet.
Die angefochtene Entscheidung geht davon aus, § 4 Ziff. 5c des Grundsteuergesetzes (GrStG) 1951 habe den Sinn und Zweck, kirchliche, für Dienstwohnungen in Anspruch genommene Grundstücke wegen ihrer aus diesem Verwendungszweck folgenden Ertragslosigkeit von der Grundsteuer zu befreien. Mit diesem Sinn des Gesetzes sei es nicht zu vereinbaren, auch die an Außenstehende vermieteten (fremdvermieteten) Räume zu befreien. Dem kann nicht gefolgt werden. Zwecks des § 4 Ziff. 5c GrStG 1951 war nicht die - übrigens infolge der Anrechnung des Werts der Dienstwohnung auf die Pfarrerbesoldung auch gar nicht vorliegende - Ertragslosigkeit der kirchlichen Dienstwohnungsgrundstücke, sondern die Wiedereinführung der durch das Grundsteuergesetz 1936 unter Verletzung der Art. 138, 173 der Verfassung des Deutschen Reiches vom 11. August 1919 aufgehobenen Grundsteuerfreiheit für die Dienstgrundstücke und Dienstwohnungen der Geistlichen und Kirchendiener als sogenannter negativer Staatsleistungen (vgl. hierzu die Ausführungen des Abgeordneten Dr. Bertram in der 158. Sitzung des Bundestags vom 9. Juli 1951, Protokoll S. 6337/38, ferner Stenger "Das neue Grundsteuerrecht", Anm. 5 zu § 4 Ziff. 5c auf S. 60). Der Umstand, daß im vorliegenden Fall die sogenannten fremdvermieteten Räume für die Kirchengemeinde einen Mietertrag abwerfen, kann also für die Frage der Grundsteuerbefreiung dieser Räume nicht ausschlaggebend sein. Es kommt vielmehr einzig und allein darauf an, ob die fremdvermieteten Räume einer Pfarrerdienstwohnung durch die überlassung an Außenstehende den Charakter einer Dienstwohnung verlieren. Dies muß nun überall da verneint werden, wo eine solche überlassung mit Rücksicht auf die Wohnungsnot, also einerseits im öffentlichen Interesse, andererseits nur für die begrenzte Zeit des Wohnraummangels erfolgt. Entgegen der Auffassung des Finanzgerichts macht es dabei der Natur der Sache nach keinen Unterschied, ob Untervermietung durch den Dienstwohnungsinhaber (Pfarrer) oder unmittelbare Vermietung durch die Kirchengemeinde selbst vorliegt.
Da die angefochtene Entscheidung die vorstehend dargelegten Grundsätze verkannt hat, ist sie aufzuheben und das Grundstück der Bfin. ab 1. April 1951 in vollem Umfang von der Grundsteuer freizustellen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 307 ff. der Reichsabgabenordnung.
Fundstellen
Haufe-Index 424054 |
BStBl III 1953, 286 |
BFHE 1954, 754 |
BFHE 57, 754 |